Donnerstag, 12. Juli 2007

Nobody told me...

Im Jahr 1984 beschwerte sich John Lennon posthum mittels einer Single, die ich für eine seiner besten halte:

Everybody's talking and no one says a word
Everybody's making love and no one really cares
There's nazis in the bathroom just below the stairs.

So weit, so schlecht. Wer mag schon Nazis im Klo gleich ein Stockwerk tiefer ertragen. Der Frust ging aber noch weiter.

Always something happening and nothing going on
There's always something cooking and nothing in the pot
They're starving back in China so finish what you got.

Das hatte mir meine Oma sinngemäß auch oft erzählt, nämlich dass in Afrika Kinder hungern würden und ich deshalb gefälligst meinen Spinat essen solle. Meine Bitte, doch den Spinat nach Afrika zu schicken, verhallte ungehört.

Nobody told me there'd be days like these
Strange days indeed!

Es gibt Tage, die mag ich nicht. Ich fühle mich nicht etwa krank, sondern einfach erschöpft, lebensunlustig, traurig, ohne dass es einen erkennbaren Grund gibt. Selbst wenn ich den Auslöser der trüben Stimmung kenne, hilft das in der konkreten Situation nicht weiter.

Was weiter hilft, kommt nicht aus mir heraus, sondern in mich hinein. Die Psalmen in der Bibel beispielsweise haben mich schon häufig aus days like these hinausbegleitet. Auch der König David hatte seine depressiven Phasen:

Meine Worte nimm zu Ohren, HERR, merke auf mein Seufzen! Sei mir gnädig, HERR, denn ich bin welk; heile mich, HERR, denn meine Gebeine sind bestürzt. Meine Seele ist tief bestürzt. Aber du, HERR, bis wann -? Müde bin ich durch mein Seufzen; die ganze Nacht schwemme ich mein Bett, mache mit meinen Tränen mein Lager zerfließen. Warum, HERR, stehst du fern, verbirgst dich in Zeiten der Drangsal? Bis wann soll ich Sorgen hegen in meiner Seele, Kummer in meinem Herzen bei Tage?


Vielleicht sind kreative Menschen besonders anfällig, auch David war ja kein staubbehafteter Beamter sondern Dichter und Komponist, Baumeister und ausgelassener Tänzer. Viele großartige Kunstwerke sind von traurigen Menschen erschaffen worden, sei es in der Malerei, Literatur oder Musik. Man kann den Traurigkeiten, die ich hier meine, nicht den Weg verstellen. Aber wenn sie da sind, hat man die Wahl:

Will ich sie bewusst pflegen und nähren, bis aus grauen Schatten tiefes Schwarz wird? Sie kultivieren, bis sie mir über den Kopf gewachsen sind?

Oder will ich mich darum bemühen, dass aus dem dämmerigen Zwielicht ein Morgen wird statt einer Nacht. An den eigenen Haaren aus dem Sumpf ziehen funktioniert nicht, aber die Hand ausstrecken wie David und sich hochheben lassen, das geht:

Woher wird meine Hilfe kommen? Meine Hilfe kommt vom HERRN, der Himmel und Erde gemacht hat. Er wird nicht zulassen, dass dein Fuß wanke. Dein Hüter schlummert nicht. Der HERR ist dein Hüter, der HERR ist dein Schatten über deiner rechten Hand. Am Tag wird die Sonne dich nicht stechen, der Mond nicht bei Nacht. Der HERR wird dich behüten vor allem Unheil, er wird dein Leben behüten. Der HERR wird deinen Ausgang und deinen Eingang behüten von nun an bis in Ewigkeit.

Wenn ich mir solche Worte vorlese – also etwas ausspreche, was meinen Gefühlen im jeweiligen Augenblick überhaupt nicht entsprechen mag – dann erlebe ich, wie sich die Schleier wieder heben. Nicht sofort, aber in absehbarer Zeit. Mit Sicherheit.

Zur Nachahmung bei Bedarf empfohlen.

Foto: www.johnlennon.com