Samstag, 15. September 2007

Über das Schreiben 2

Vor kurzem habe ich als Beteiligung an einer Ausschreibung einen Auszug aus einem Buch übersetzt, das ich freiwillig nicht lesen würde. Das Genre war mir fremd und meine Frau kommentierte meine Übersetzung sinngemäß so:

Du schreibst auf einem zu hohen sprachlichen Niveau. Du musst beim Übersetzen an BZ und Bild-Zeitung denken, wer solche Bücher liest, ist mit Literatur überfordert.


Eva hatte recht, wie immer, sie ist meine beste Kritikerin. Die Vorlage war ein lupenreiner Schundroman, sogenannte Frauenliteratur mit dem niedrigsten Niveau, das denkbar ist – nein, ohne jegliches Niveau. Ich wäre der falsche Übersetzer für solche Texte gewesen, das hat wohl auch der betreffende Verlag festgestellt und den Auftrag anderweitig vergeben. Ich bin überhaupt nicht böse darüber, im Gegenteil, jetzt muss ich mir nicht die übrigen 150 Seiten antun...

Damit sind wir beim zweiten Thema der Serie über das Schreiben:

Herausfinden, was man kann

Ich ernte nicht ungern Lob für meine Arbeiten und freue mich über zahlreiche Leser. Ob das Narzissmus ist, darüber schreibe ich demnächst eine Glosse, der Titel steht schon fest: Ein Narzisstenstrauß. Da geht es dann den Bloggern an den Kragen, und ich bin ein solcher. Mir schwant schon Schlimmes...
Doch zurück zum Thema dieser Zeilen. Eine angehende Autorin erklärte kürzlich zu einer misslungenen Kurzgeschichte:

Ich versuche rauszufinden, was ich überhaupt schreiben kann. Bei Krimis sollte immer eine Portion Sex drin sein, hat mal irgendwer gesagt. Ich komme aus Norddeutschland, da macht man das zwar, aber man spricht nicht drüber.


Ganz abgesehen davon, dass auch ein Krimi ohne eine Portion Sex die Leser durchaus fesseln kann, wenn er gut geschrieben ist, macht sie genau das Richtige: Sie testet sich, indem sie schreibt und das Ergebnis der kritischen Betrachtung von Fremden aussetzt. Nur so kann man besser werden und herausfinden, was man kann und was man lieber sein lassen sollte.

Ich habe viel hilfreiche Kritik in einem Kurzgeschichtenforum bekommen. Von sachlichen Hinweisen (vertauschte Namen im Lauf der Erzählung, Unmöglichkeiten auf der Zeitachse, Irrtümer geographischer Natur) bis zu der Erkenntnis, dass manche Kurzgeschichte misslungen war. Wenn ich nämlich den Lesern die Handlung hinterher erklären muss, dann taugt die Geschichte einfach nichts. Sie muss neu geschrieben oder verworfen werden.
Wer es ernsthaft mit Kurzgeschichten, ob nun Liebesgeschichte, Krimi oder sonst ein genre, versuchen möchte, dem kann ich das Forum und die zugehörige Geschichtensammlung nur empfehlen. Hier die Homepage mit Hinweisen, wie man eine Geschichte einreicht, dort das Forum, wo die Kritiker sich tummeln. Angemerkt sei lediglich, dass manche Mitglieder im Forum wirklich fundiert kritisieren, andere dagegen kaum Hilfreiches beizutragen wissen und trotzdem ihren Senf beisteuern. Wie im richtigen Leben eben.

Nach einer gewissen Probierphase kommt eigentlich jeder Autor bei sich selbst an. Das soll heißen, dass er seinen Stil und seine Inhalte findet, sich darin wohlfühlt und dann – fortgesetzte Belehrbarkeit vorausgesetzt - immer sicherer wird. Das heißt nicht, dass er sich künftig auf ein einziges Gebiet beschränkt, sondern dass er aus seinen eigenen schlechten Geschichten gelernt hat. Kreative Menschen werden immer wieder Neues ausprobieren.
Ich habe mit Science Fiction experimentiert und festgestellt, dass ich da nichts Ansehnliches zustande bringe. Auch kafkaeske Szenen liegen mir nicht. Anderes gelingt mir besser und macht mir Freude.

Mein Tipp Nummer 2 zum Schreiben: Verschiedenes Ausprobieren!

Man weiß nur, ob etwas gelingt, wenn man es ausprobiert hat. Wer nicht wagt, kann weder gewinnen noch verlieren.

Frage vornehmlich an die Leser, die selbst Autoren sind: Schon mal was ausprobiert und grandios gescheitert? Nichtautoren dürfen natürlich ebenfalls antworten, sie können ja über das grandiose Scheitern von Autoren plaudern...