Mittwoch, 2. April 2008

300 - mitten in der Arbeit!

Dies ist der 300ste Beitrag auf diesem Blog - na so was. Da hört sich doch alles auf, was habe ich da bloß alles für Sinn und Unsinn von mir gegeben?

Es sei an dieser Stelle angesichts des Jubiläums mal ganz herzlich und aufrichtig den treuen Leserinnen und Lesern gedankt, die mit ihren Kommentaren (allen voran eine gewisse Barbara aus Lübeck-Travemünde) diesen Blog so lebendig machen und dafür sorgen, dass er keine Einbahnstraße vom Blogger ins Nirgendwo ist. All Euch stummen Lesern sei versichert: Nur Mut, das Ding beißt nicht, wenn man einen Kommentar schreiben will. Das einzig doofe ist diese Sicherheitsabfrage, aber ohne landet hier wirklich zu viel als Kommentar getarnter Müll. Also seid ermutigt: Ich lese jeden Kommentar und schaffe es in der Regel auch, innerhalb von ein paar Tagen (bei Bedarf) zu reagieren. Und ihr wisst doch, dass in der Bibel steht: »Einen fröhlichen Kommentator hat Gott lieb.« Oder so ähnlich.

So, genug lobgehudelt, jetzt zur Arbeit:

Mich haben einige liebe Menschen schon im Lauf der Jahre gefragt, was das Geheimnis sei, wenn man ein Buch veröffentlichen will. Ich habe keine Ahnung. Aber ich weiß: Ohne Mühe und Arbeit am Text geht es nicht. Ich lese in einem Forum so manchen Text von Autorinnen und Autoren, die sich nicht einmal die Mühe machen, die deutsche Grammatik und Rechtschreibung zu erlernen und sich gleichzeitig fragen, wie sie wohl zu Bestsellerautoren werden können. The naked truth is: No way, Joze!

Die Sache mit dem Schreiben ist wie bei einem Koch. Erst wenn ihm selbst die Suppe schmeckt, darf er andere einladen, sie zu kosten. Wenn sie den anderen nicht schmeckt, muss er an den Zutaten arbeiten, erneut kosten, erneut einladen, abschmecken, nachwürzen, und - wer weiß - erneut einen Reinfall erleben. Der Koch aber liebt seine Tätigkeit und bleibt dran. (Wenn jemand unbedingt ein Geheimnis braucht - da ist es!) Er gibt nicht auf. Und selbst wenn es Jahre dauern mag - irgendwann wird er die Suppe so komponiert haben, dass sie ihm und den Gästen schmeckt. Er erntet Applaus und zufriedene Gesichter. Und unverzüglich macht er sich daran eine zweite Suppe zu kreieren...

Was meinen nächsten Roman betrifft, so bin ich dabei, nachdem die grundlegenden Zutaten fest stehen, die Raffinesse der Gewürze auszubalancieren. Zum Beispiel:

Der Notarztwagen, der sich am Stau vorbei in Richtung Unfallstelle gequält hatte, stand auf der Fahrbahn, die hinteren Türen offen. Gestalten beugten sich über einen Körper.

Sabrina!

Man ließ mich nicht zu ihr. Mit sanfter Gewalt hinderte mich ein uniformierter Mann daran, redete beruhigend auf mich ein, appellierte an meine Einsicht, dass ich mir den Anblick ersparen sollte. Ich tobte und wollte mich losreißen.

Schließlich sagte mir ein dem Polizisten zur Hilfe kommender Arzt unumwunden, dass der Kopf meiner Frau bei dem Aufprall zwischen Auto und Glascontainer am Straßenrand geraten war und überzeugte mich davon, Sabrina lieber so in Erinnerung zu behalten, wie ich sie gekannt hatte.

Das war die gestrige Fassung. Heute steht im Manuskript statt dessen:

Der Notarztwagen, der sich am Stau vorbei in Richtung Unfallstelle gequält hatte, stand auf der Fahrbahn, die hinteren Türen offen. Gestalten beugten sich über einen Körper. Ich erkannte Sabrinas neues Kleid im Neonlicht, und noch etwas fiel mir auf, aber das drang nicht bis in mein Bewusstsein vor – es sollte noch Monate dauern, bis mir dieses Detail gewärtig wurde. Dort auf der Straße hatte ich nur einen Gedanken: Sabrina!

Man ließ mich nicht zu ihr. Mit sanfter Gewalt hinderte mich ein uniformierter Mann daran, redete beruhigend auf mich ein, appellierte an meine Einsicht, dass ich mir den Anblick ersparen sollte. Ich tobte und wollte mich losreißen.

Schließlich sagte mir ein dem Polizisten zur Hilfe kommender Arzt unumwunden, dass der Kopf meiner Frau bei dem Aufprall zwischen Auto und Glascontainer am Straßenrand geraten war und überzeugte mich davon, Sabrina lieber so in Erinnerung zu behalten, wie ich sie gekannt hatte.

»Aber der…« fing ich an, ohne zu wissen, was ich eigentlich sagen wollte. Mein Unterbewusstsein hatte etwas aufgeschnappt und behielt es für sich wie ein trotziges Kind den letzten Keks in der Blechdose. »Der… - ich meine – ich…«

Der Arzt fragte mich, ob ich ein Beruhigungsmittel wollte, aber ich lehnte ab. Ich wollte Sabrina zurückhaben, und wenn das unmöglich war, gar nichts mehr.

So verfeinert man ein Süppchen nach und nach, bis es dem Koch und dann - wirklich erst dann - hoffentlich den Gästen schmeckt.

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Danke,danke-ich kann den Dank für 300Impulse nur zurückgeben, derartige Vielfalt langweilt nicht!
Weiter so!

Gruß von der schönen Ostseeküste
Barbara

Anonym hat gesagt…

Wo hast Du denn die Grafitti"300" heimlich hingesprüht...? ;-)

Bento hat gesagt…

Hallo Herr Kollege!

Zunächst meine Gratulation zum 300sten! Wie hast Du das nur gemacht?? Ich bemühe mich ja redlich, bin in der gleichen Zeit aber nur auf gut die Hälfte an Einträgen gekommen - tztztz - wenn da mal alles mit rechten Dingen zugeht...

Hier ein paar korinthenmässige Bemerkungen zu Deinem (Vor)Süppchen:

1.) Appeliert man nun auch an die Einsicht - zu meiner Zeit war es noch die Vernunft und man versuchte jmd. zur Einsicht zu bewegen - aber falls doch, werde ich vernünftig bleiben und habe eine neue Einsicht gewonnen!

2.) Ein Artzt, der einem Polizisten zu Hilfe kommt? Das kann ich mir bestenfalls so vorstellen, indem er den Betroffenen beruhigen will und nicht indem er ihn mit so krassen Tatsachen wie Glascontainern am Strassenrand konfrontiert.

3.) An der Troika aus Auto - Glascontainer und Strassenrand ist nicht nur Sabrina gescheitert, sondern auch ich hatte beim ersten (und zweiten) lesen ein leichtes Unwohlsein, welches durch das Hinzufügen eines Artikels - "..zwischen Auto und DEM Glascontainer am Strassenrand.." - leicht behoben werden könnte. Allerdings bin ich mir bewusst, das sich das dann mit "DEM Aufprall" im selben Satz beißt und empfehle dann "diesem Aufprall" zu nehmen.

..nun aber genug - ich möchte ja nicht als Nöselheimer in die Geschichte eingehen (..man beachte den doppelten Sinn!) und gebe neidlos zu, daß der Appetithappen Lust auf das Menue macht!

Eigentlich wollte ich auch nur Deiner Bitte nach hemmungslosen Kommentaren entgegenkommen, selber wissend wie erfreulich das Feedback aus der Community für uns "Blogger" immer wieder ist! Darauf bezog sich übrigens auch meine obige Anrede - ich würde mir nie anmassen mich schriftstellerisch als Kollegen zu bezeichnen... ;-)

Gruß + Segen
Bento

Günter J. Matthia hat gesagt…

Lieber Kollege Bento,

believe it or not - alle drei Bemerkungen haben mich veranlasst, den Text entsprechend anzupassen. Bei Anmerkung 2 habe ich einen Nebensatz davor geschoben, um Rolands Schockzustand ein wenig klarer zu machen; auf den Arzt, der ihn - um überhaupt Gehör zu finden - mit der brutalen Wahrheit konfrontiert, mag ich allerdings nicht verzichten.

Jedenfalls: Danke, lieber Kollege!

:-)