Freitag, 9. Mai 2008

sänk juh werrie matsch!

Die F.A.Z. hat die abenteuerliche Idee, ihr Literaturforum ausgerechnet »Reading Room« zu nennen, reumütig aufgegeben. Nunmehr heißt es Lesesaal. Die Leserinnen und Leser sind erleichtert und applaudieren lauthals, soweit das schriftlich möglich ist. Dem Jubel schließe ich mich gerne an.

Hier geht es zur frohen Botschaft: Reading Room heißt jetzt Lesesaal

P.S.: Bei der Nominierung für den Grimme Online Award ist noch die Rede vom Reading Room. Beweis: Getwittertes

Die Bibel, das unbekannte Buch

Aus erster Hand oder nur gehört?

Es klingt verrückt, aber es ist wahr: Ungefähr 70% dessen, was die meisten Christen in der westlichen Welt glauben, haben sie von anderen gehört und nicht selbst in der Bibel entdeckt. Bei der Frage nach Lektüregewohnheiten in einer Umfrage Anfang 2008 gaben 83 Prozent der Deutschen an, sie hätten im vergangenen Jahr ein Buch in die Hand genommen; jedoch nur 28 Prozent lasen in diesem Zeitraum auch einen Abschnitt in der Bibel.

Das öffnet natürlich Tür und Tor für alle erdenklichen Irrtümer und falsch Verstandenes. Diejenigen, die damit anfangen, das Wort Gottes zu lesen, sind in der Regel überrascht, dass vieles von dem, was sie an Überzeugungen haben, gar nicht dort zu finden ist. Damit fing einmal, lang ist es her, eine Reformation in Deutschland an. Ein Mönch las die Bibel, stellte fest, dass seine Kirche etwas ganz anderes predigte und übersetzte schließlich die Heilige Schrift in die Sprache des Volkes. Das Volk im Jahr 2008 liest aber nicht mehr darin. Logische Folge:
In der Bibelkenntnis lagen die Deutschen im Mittelfeld: 15 Prozent konnten etwa Fragen korrekt beantworten, ob Jesus eine biblische Schrift verfasst habe oder ob Moses eine alttestamentliche oder neutestamentliche Figur ist. Die besten Werte erzielten die Polen, gefolgt von US-Amerikanern und Engländern. Das Schlusslicht bildete Russland: 50 Prozent gaben so gut wie keinen richtigen Tipp ab.
Das spiegelt sich auch in den Kirchen und Gemeinden wieder. Ich bin immer wieder überrascht, wenn ich im Hausbibelkreis Aussagen höre, dass dieses oder jenes doch in der Bibel stehen würde. Auf Nachfrage, wo es denn stünde, herrscht meist eher betretenes Schweigen. Bei anderen Dingen besteht einfach Unverständnis. Kürzlich sprachen wir über die Frage, was es wohl heißt, dass wir »die Gerechtigkeit Gottes geworden« sind (2. Korinther 5, 21). Es gab da eine Menge recht abenteuerlicher Ideen...

Natürlich schützt auch Bibelkenntnis nicht vor Irrtum. Das beste Beispiel geben die Pharisäer und Schriftgelehrten ab, die sich ganz hervorragend in den Schriften auskannten, aber (zum großen Teil, es gab ja auch etliche, die Jesus nachfogten) nicht begreifen wollten oder konnten, dass Jesus derjenige war, von dem eben diese Schriften zeugten.
Man kann auch heute eine ganze Menge »Kopfwissen« mit sich herum tragen, ohne dass das Leben jemals davon berührt wird. Es bedarf schon eines offenen Herzens, damit der Geist Gottes durch die geschriebenen Texte sprechen, sie lebendig werden lassen kann.

Wer die Bibel aber erst gar nicht liest, wird im Fall der Fälle das glauben, was ihm irgend jemand erzählt, dass es in der Bibel stünde. Es ist ja viel bequemer, einer Predigt zu lauschen oder einem religiösen Fernsehprogramm zu folgen, als selbst nachzuforschen, was dieses Buch zu sagen hat. Predigten, Andachten, Gottesdienste, meinetwegen auch im Fernsehen und im Internet... - alles gut und wertvoll.

Aber taugen sie als Ersatz für die eigene Lektüre?