Donnerstag, 28. Mai 2009

John Grisham: The Associate

Ein Haus ohne Bücher ist arm, auch wenn schöne Teppiche seinen Boden und kostbare Tapeten und Bilder die Wände bedecken. -Hermann Hesse
Wenn Herr Hesse recht hat, dann sind die beste aller Ehefrauen und ich sehr reich. Stinkin' rich, sozusagen. An Büchern mangelt es wahrlich nicht in unserem Zuhause.
Wer allerdings auf materielle Weise reich werden möchte, wird es vielleicht so anstellen, wie es ein neuer Arbeitgeber dem Protagonisten in John Grishams Buch The Associate vorzeichnet: 20 Stunden Arbeitstage, Übernachten im Schlafsack unter dem Schreibtisch, rund um die Uhr mit dem Firmen-Mobiltelefon erreich- und abrufbar. So fängt nämlich jeder Associate an, der einmal Partner in der großen Firma werden will.

Kyle ist zu Beginn der Geschichte noch Jurastudent. Zwei Männer vom FBI beobachten ihn beim Training einer Jugendmannschaft und sprechen ihn an.
»Got a minute to talk?«
»Not really.«
»You might want to. It could be very productive.«
»I doubt that...«
Die Zweifel schwinden bald. Ein dunkler Punkt aus Kyles Vergangenheit, eine Geschichte, die er für begraben und vergessen hält, wird ihm präsentiert. Samt Videoaufnahme. Ein Film, der seine gesamte Karriere zunichte machen kann, bevor sie überhaupt begonnen hat.

Grisham nimmt den Leser - keine große Überraschung - wieder mit in die Welt der Juristen. Doch in diesem Buch täuscht so gut wie jeder so gut wie jeden. Nichts ist so, wie es auf den ersten Blick scheint. Und das machte den besonderen Reiz des vorliegenden Romans aus.
Kyle wird getäuscht und Kyle täuscht andere, samt seinem Vater. Er hat es mit professionellen Verbrechern zu tun, es geht um unvorstellbare Summen, und dass sein Freund zu Tode kommt, ist für diese Leute nur eine Notwendigkeit am Rande. Auch Kyle selbst muss um sein Leben fürchten.

Das Buch ist, obwohl es im Grisham-typischen Millieu spielt, anders als frühere Werke. Kyle ist nicht nur der Gute, der Held, sondern er muss sich mit seiner Vergangenheit auseinandersetzen, weil sie ihn eingeholt hat. Diese Vergangenheit ist schmutzig:
»So you're willing to risk the spectacle of a trial, and a conviction? You want the jury to see that video? You and your three roomies drunk out of your minds while a young woman is taken advantage of?«
»I didn't touch her.«
»No, but you were there, very close by, ten feet away. Come on.«
»I don't remember.«
»How convenient.«
Es hilft ja nichts, sich nicht zu erinnern, wenn ein Videobeweis vorliegt. Es hilft auch nichts, das wahrscheinlich betäubte Mädchen nicht selbst vergewaltigt zu haben, wenn man der Gastgeber der Party war. Also folgt Kyle dem Weg, den diejenigen, die den Beweis in Händen halten, ihm vorschreiben. Oder doch nicht?

Es ist eine spannende Geschichte, die Grisham in diesem Buch erzählt. Und, was nicht anders zu erwarten war, er erzählt sie gekonnt.
Die beste aller Ehefrauen war angeschichts des Schlusses nicht gerade begeistert. Ich gab zu bedenken: »So ist es eben im Leben. Warum also nicht auch mal im Roman?«

Mein Fazit: Lesenswert, weil unterhaltsam und spannend - was will man mehr? Langeweile kommt nicht auf. Überraschungen schon.
Nicht unbedingt der beste Grisham, aber ein sehr guter.

Gebundene Ausgabe: 384 Seiten
€ 10,90
Verlag: Doubleday (27. Januar 2009)
Sprache: Englisch
ISBN-10: 0385517831, ISBN-13: 978-0385517836
Zum Beispiel hier bei Amazon: The Associate

4 Kommentare:

Sec hat gesagt…

Solche Beschreibungen verlocken zum Buchkauf... Ich werde also meiner "Buchwunschliste" ein weiteres Buch hinzufügen. Ich weiß nicht, warum "die beste aller Ehefrauen" vom Schluss nicht so begeistert ist, aber mir geht es auch so - weil ich ihn noch nicht kenne.

Grüßle, Sec

Günter J. Matthia hat gesagt…

Ja, das mit dem Schluss kann ich nun nicht verraten, ohne dem zukünftigen Leser die Spannung / Überraschung zu verderben. Daher belibt nur: Selbst lesen.

:-)

die Vorgärtnerin hat gesagt…

räusper...
war das jetzt Konserve oder die Widerlegung der Sparflamme?

Günter J. Matthia hat gesagt…

Juppi, das war auf Sparflamme gekochte Kost.
Sonst wäre der Ausdruck eloquenter und die Zitate aussagekräftiger.

Ab 20 Uhr spätestens ist Tag für Tag Schluss mit der Arbeit. Sonst wird man ja ra- - ach nee, ich wiederhole mich...