Dienstag, 15. Dezember 2009

Vom Tanzen, von metaphorischen Händen und von der Zeit, die ist

sponcom[1] Ich mag Musik. Gerne. Sehr gerne. Ich singe auch mehr oder weniger gekonnt mit, wenn mir ein Lied gefällt (und ich den Text kann). Ich habe jedoch häufig ein Problem mit »Anbetungszeiten«.

Es geht schon mit ganz irdischen Dingen los: »...denn du schenkst die Freiheit, die mich wieder tanzen lässt ... vor deinem Thron tanze ich nun...« - Ich tanze überhaupt nicht gerne. Ergo wäre mir eine Freiheit, die mich womöglich gegen meine Neigung tanzen lässt, höchst unwillkommen. Und deshalb will ich auch nicht singend behaupten, dass ich nun »vor seinem Thron«, den man meinetwegen metaphorisch deuten kann, tanzen würde.
Also lasse ich solche Textzeilen – in der Regel gleich das ganze Lied – aus und höre nur zu. Leider findet sich im Repertoire vieler freikirchlicher Gemeinden selten mal ein Lied, bei dem ich tatsächlich lückenlos mitsingen kann, weil ich das, was gesungen wird, auch meine.
Es scheint auch metaphorische Hände zu geben. »Wir heben die Hände, auf zu dir Herr...« - und wenn es hoch kommt, sieht man hier und dort einen zaghaft halberhobenen Arm, die Hand ungefähr auf Schulterhöhe. Aber nur hier und dort, die Mehrzahl der Anwesenden hebt normalerweise nur die Stimme, während sie von erhobenen Händen singt…
Mir scheint, dass die überwiegende Anzahl der gängigen Lieder nur noch ein sehr einseitiges Wohlfühlpotenzial für die seelische Erhebung haben, es ist sehr viel von ich, mir, mich, mein, uns die Rede. Sicher ist es nicht falsch, auch im Gesang Dankbarkeit auszudrücken, Gott zu loben - das ist ja der Sinn der Anbetung. Aber wenn gesungen wird »komm in uns're Mitte o Herr«, ist das nicht ein klares Bekenntnis, dass man den Worten Jesu nicht glaubt? Soweit ich die Sache verstehe, ist er bereits bei uns, in unserer Mitte.
Manches ist mir auch zu sehr sprachverhunzend. »Komm, jetzt ist die Zeit...« - im Englischen mag es angehen, dass die Zeit ist, hierzulande ist das eine (inzwischen weit verbreitete) Vergewaltigung der Grammatik. Eine bestimmte Zeitspanne mag kommen und gehen, und während sie da ist, kann jetzt die Gelegenheit bestehen, oder der richtige Moment sein. Aber die Zeit ist nicht.

Alles Äußerlichkeiten, es käme auf das Herz an, meinen manche. Nur frage ich mich, was in den Herzen vor sich geht, während von den Lippen allerlei Sonderliches tönt. Vielleicht hat Jon Birch mit dem obigen Bild (Quelle: ASBO Jesus) recht? Da steht: »Der Sonntag, an dem die Lobpreisband plötzlich verbrannte... - das war der Tag, an dem ich begriff, dass es einen Gott gibt.«