Samstag, 16. April 2011

Endlich enthüllt: Was Jesus wirklich zu den Aposteln gesagt hat


Langjähriges Beobachten und aufmerksames Zuhören haben nun endlich zur Enthüllung verholfen, was Jesus wirklich zu den Aposteln gesagt hat, als er sie ausschickte. Reisende Propheten, Fernsehprediger, Erweckungspropagierer und Megachurchpastoren haben durch ihr Vorbild die Wahrheit ans Licht gebracht. Folglich muss die Bibel an der entsprechenden Stelle (Matthäus 10) wie folgt korrigiert werden:

Geht aber und predigt und sprecht: Das Himmelreich ist nahe herbeigekommen. Redet davon, dass Gott die Kranken gesund macht, erzählt von der Reinigung von Aussätzigen, lest vor, dass Gott die Toten auferwecken kann, vergesst nicht zu erwähnen, dass sogar die Teufel ausgetrieben wurden. Umsonst habt ihr's empfangen, aber sammelt eine Kollekte ein, wenn ihr es weitergebt. Eure Geldbörsen sollen gut gefüllt sein, ihr braucht auch reichlich Gepäck für die Reise, Kleidung zum Wechseln, ansehnliches Schuhwerk und Notebook samt Smartphone. Ein Arbeiter ist seiner Speise wert, und ihr müsst dafür sorgen, dass die Menschen euch auch reichlich mit opulenten Mahlzeiten versorgen.
Wenn ihr in eine Stadt kommt oder in einem Stadion predigt, dann erkundigt euch nach einem angemessenen Hotel am Ort, wo ihr residieren könnt, so lange ihr bleibt. Wenn euch Einheimische aus einer angemessenen sozialen Schicht in der Hotelsuite um eine Audienz ersuchen, dann grüßt sie, und wenn sie es wert sind, wird euer Friede auf sie kommen; so sie es nicht wert sind, wird euer Friede sich wieder zu euch wenden. Und wo euch jemand nicht annehmen noch eure Rede hören wird, so geht aus der Stadt fort und lasst das Zimmermädchen den Staub von euren Schuhen bürsten, nachdem ihr den betreffenden Leuten die ewige Verdammnis angekündigt habt. Wahrlich, ich sage euch: Dem Land der Islamisten und der Buddhisten wird es erträglicher gehen am jüngsten Gericht denn solcher Stadt.
Siehe, ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe, darum seid klug wie die Schlangen und listig wie die Füchse. Hütet euch vor den Menschen, denn sie würden euch überantworten vor ihre Rathäuser und würden euch geißeln in ihren Schulen, wenn ihr nicht gut Freund mit den jeweiligen Obrigkeiten wäret und durch einen hohen Lebensstandard dafür Zeugnis geben könntet, dass ihr erfolgreiche und gute Bürger seid. Man wird euch auch vor Fürsten und Könige führen um meinetwillen, zum Zeugnis über sie und über die Heiden. Bringt solchen Regierungsvertretern angemessene Gastgeschenke mit, zum Beispiel in Leder gebundene Prachtausgaben der Bibel mit Goldschnitt, die sich dekorativ auf den Regalen der Beschenkten ausmachen.
Wenn sie euch nun trotzdem jemals angreifen, dann seid gut vorbereitet, wie oder was ihr reden sollt; denn wer weiß, ob euch zur Stunde etwas einfallen würde, was ihr reden sollt. Denn ihr seid es schließlich, die viel von des Vaters Geist reden, also sollte eure Rede auch geistreich klingen.
Es wird aber ein Bruder dem anderen das Missionswerk neiden und der Vater dem Sohn die Besucherzahlen im Gottesdienst nicht gönnen, die Kinder werden sich empören über die Irrlehren der Eltern und selbst im Besitz der Wahrheit sein. Und ihr müsst geliebt werden von jedermann um meines Namens willen, weil ja die Liebe durch euch strahlt und euch irgendwo der Sieg über jedes Problem, sogar die Herrschaft über jede Macht des Feindes versprochen wurde. Wer aber bis an das Ende proklamiert und soakt, der wird selig.
Wenn sie euch aber in einer Stadt nicht mit den angemessenen Ehren empfangen und hofieren, so fliegt mit dem privaten Jet, der euch selbstverständlich zusteht, in die nächste. Wahrlich, ich sage euch: Ihr werdet mit den Konferenzen, Leitertreffen und Festgottesdiensten nicht zu Ende kommen, bis des Menschen Sohn kommt.
Der Jünger ist schließlich über seinem Meister und der Knecht über dem Herrn. Es ist dem Jünger nicht genug, dass er sei wie sein Meister und der Knecht wie sein Herr, also sucht euch alle Bibelstellen zusammen, in denen von Majestät, Überfluss, Herrlichkeit und Glanz die Rede ist, vom Königserbe und Herrschen über diese Welt, von geisterfüllten Impartationen und garantiertem Sieg in jeder Situation. Haben sie den Hausvater Beelzebub geheißen, sollen sie wenigstens euch als auserwählte und gesalbte Persönlichkeiten anerkennen.
So fürchtet euch denn nicht vor ihnen. Es ist nichts verborgen, das es nicht offenbar werde, und ist nichts heimlich, das man nicht wissen werde. Was ich euch sage in der Finsternis, das redet im Scheinwerferlicht und was ihr hört in das Ohr, das predigt über Satellit. Und fürchtet euch nicht vor denen, die andernorts den Leib töten, dagegen könnt ihr ja geistlichen Kampf aus sicherer Ferne organisieren; macht vielmehr den Menschen Angst vor dem, der Leib und Seele verderben kann in der Hölle. Dann geben sie mehr Liebesopfer und pflanzen größere finanzielle Samen in eure Bankkonten.
Kauft man nicht zwei Sperlinge um einen Pfennig? Dennoch fällt keiner auf die Erde ohne euren Vater. Nun aber sind auch eure Haare auf dem Haupte alle gezählt, und wenn sie euch ausgehen, solltet ihr wegen der Fernsehkameras eine Perücke aufsetzen. So fürchtet euch denn nicht, ihr seid besser als viele Sperlinge. Logischerweise steht euch demnach auch mehr zu als ein paar Pfennige.
Wer nun mich bekennt vor den Menschen, den will ich bekennen vor meinem himmlischen Vater. Wer mich aber verleugnet vor den Menschen, den will ich auch verleugnen vor meinem himmlischen Vater. Ihr sollt nicht wähnen, dass ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert. Denn ich bin gekommen, den aufrechten Christen zu erregen gegen die Homosexuellen und die moralische Mehrheit gegen Abtreibungskliniken und die Reingewaschenen gegen die dreckigen Sünder. Und des Menschen Feinde werden seine eigenen Hausgenossen sein. Das heißt, dass ihr andere Denominationen oder Konfessionen vehement angreifen und klarstellen müsst, wer bibeltreu ist und wer nicht.
Wer Vater und Mutter mehr liebt denn sein prachtvolles Kirchengebäude, der ist mein nicht wert; und wer Sohn oder Tochter mehr liebt denn sein Missionswerk, der ist mein nicht wert. Und wer nicht seine Schäfchen um sich versammelt und für die Nachfolge kräftig in die Tasche greifen lässt, der ist mein nicht wert. Wer sein geistliches Leben findet, der wird reich sein und wer sein weltliches Leben aufgibt um meinetwillen, der darf im geistlichen Beruf ein doppeltes Gehalt empfangen.
Wer euch aufnimmt, der hat Glück gehabt, und wer euch nicht aufnimmt, gegen den müsst ihr öffentlich predigen, weil ich euch ja schließlich gesandt habe. Wer einen Propheten aufnimmt in eines Propheten Namen, der wird als Prophetenaufnahmelohn in christlichen Fernsehstationen und einschlägigen Internetplattformen seine DVDs, CDs und Bücher anpreisen dürfen. Wer dagegen einen Gerechten aufnimmt in eines Gerechten Namen, der wird eines Gerechten Lohn empfangen; der ist normalerweise spärlich oder gar nicht vorhanden, aber das ist eben nicht zu ändern.
Und wer dieser Geringsten einen nur mit einem Becher kalten Wassers tränkt in eines Jüngers Namen, wahrlich ich sage euch: man wird ihn als Sozialromantiker, emergent Verführten und missionalen Irrlehrer entlarven.

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8 Kommentare:

die Vorgärtnerin hat gesagt…

was soll dieses "Vorsicht: Satire!" da oben?
Das hätten die Leser sicher auch selber kapiert...

die Vorgärtnerin hat gesagt…

Opti, das hier ist nicht der Biltzeidungsblog.
Dochdoch, ich bin sicher, die Leser hätten es kapiert.

Günter J. Matthia hat gesagt…

...das Schild habe ich aus Erfahrung aufgestellt. Manche Zeitgenossen erkennen Satire nicht beim Lesen. Wirklich!

berlinjc hat gesagt…

Super!
Muss ich aber viel drüber nachdenken... irgendwie lässt mich das Gefühl nicht los, dass das auch was mit mir zu tun hat...

Axel hat gesagt…

Klingt alles sehr lustig, aber leider (für manche) wahr. Das Lachen bleibt mir eher im Halse stecken. Satire sagt oft Wahres unter dem Deckmantel. Danke, Jünter!

Bento hat gesagt…

Bingo! :-D

Günter J. Matthia hat gesagt…

Ich bedanke mich ausdrücklich und ehrlich für all die Blumen. Zumal ich eher Prügel befürchtet hatte...

Hans-Christian Beese hat gesagt…

Umdeutungen und heuchlerische Worthülsen kommen in allen Kreisen vor. Neulich wunderte ich mich über ein Beispiel von emergent-missionalem Neusprech:

http://www.edstetzer.com/2011/10/why-i-have-no-difficulty-helpi.html

Statt "p... off!" heißt es dort:
"Ich helfe dir" [die Ausgangstür zu finden].
"Ich ermutige dich" [dir eine andere Gemeinde zu suchen].
"Ich hoffe für dich" [dass du bald was Passendes gefunden hast].