Donnerstag, 21. Juni 2012

Verlässlich planbar ist nichts.

Ich hatte hier zuletzt berichtet, dass mich eine Halsentzündung heimgesucht hatte – noch mit dem festen Vertrauen, dass es mit der Chemotherapie wie vorgesehen weiter gehen würde.

image Doch es zeigte sich einmal mehr: Verlässlich planbar ist in meinem und unserem Leben zur Zeit nichts. Am Montag war keinerlei Besserung eingetreten, so dass mein Onkologe nach Begutachtung meines Halses und Blutbildes davon Abstand nahm, die Infusion durchzuführen. Statt dessen nahm (und nehme) ich nun seit Montag ein Antibiotikum, dessen Wirksamkeit sich seit Dienstag Nachmittag auch anhand des Abklingens der Schmerzen zeigt. Die Chemotherapie soll dann am Mittwoch der kommenden Woche fortgesetzt werden.

Das hieß für mich: Der vereinbarte Termin für die Darmspiegelung musste verschoben werden, da die Untersuchung zwingend in einer Chemo-Medikament-freien Woche liegen muss - und die verschiebt sich mit dem Infusionstermin um 9 Tage. Zum Glück haben die Mitarbeiter in der gastroenterologischen Praxis Verständnis für die Situation und konnten mir einen passenden neuen Termin am 12. Juli reservieren.

Ich war etwas beunruhigt, weil es ja nach der Operation ärztlicherseits hieß, die Chemotherapie müsse möglichst umgehend beginnen, da sonst ihre Wirksamkeit in Frage gestellt oder bei zu langem Zögern vereitelt würde. Da mein behandelnder Onkologe wenig bis gar keine Zeit für ein Gespräch über die Situation hatte, fragte ich die Onkologin meiner Rehabilitationsklinik um Rat. Sie hatte bei meinem Abschied aus der Maßnahme ausdrücklich angeboten, dass ich mich auch später jederzeit bei Unsicherheit, Fragen oder Problemen an sie wenden dürfe. Sie antwortete auch prompt.

… bei einer Chemotherapie müssen immer Nutzen und Risiko abgewogen werden und das immer aufs Neue. Durch die Chemotherapie werden die blutbildenden Zellen immer mit beeinträchtigt. Da bei Ihnen die Option endgültige Heilung besteht, geht man bei der Dosierung der Chemotherapie an die äußersten Grenzen der Verträglichkeit, muss aber entsprechend "justieren", wenn die Verträglichkeits-Grenze überschritten wurde. Das heißt, es gibt keine andere Möglichkeit, als die Chemotherapie zu verschieben, wenn beispielsweise die Anzahl der abwehrfähigen weißen Blutkörperchen durch den vorhergehenden Zyklus zu stark abgenommen hat. Das bedeutet zwar statistisch eine leichte Minderung der Wirksamkeit, die man aber in Kauf nehmen muss.

Was mir vor allem Mut macht ist die »Option endgültige Heilung«. Drei Monate nach der Operation bin ich zwar keineswegs ein gesunder Mensch, aber mein Zustand ist doch erstaunlich gut, für mich und die Ärzte keine Selbstverständlichkeit sondern eine bemerkenswerte Abweichung vom normalen Verlauf bei Darmkrebspatienten.

Die »Dosierung der Chemotherapie an die äußersten Grenzen der Verträglichkeit« macht mir natürlich zu schaffen, auch noch in den nächsten Monaten, aber andererseits halten sich die Nebenwirkungen angesichts dieser Dosierung bisher nun wirklich in einem erträglichen Rahmen.

Ich bin dankbar für die insgesamt so positive Entwicklung und wünsche mir und der besten aller Ehefrauen, die das alles mit mir durchsteht, dass alles auch weiter so positiv verläuft. Dass wir Verabredungen und Termine nicht verlässlich planen und vereinbaren können, ist dabei dann eine leicht zu verschmerzende Tatsache.

.