Freitag, 27. März 2015

Fail Faster–was wir von Henry Ford lernen können

Ich höre immer wieder von zwei hauptsächlichen Hindernissen, sobald ich mich mit Menschen über den Wechsel zu einer gesünderen und glücklicheren Lebensweise unterhalte. Wenn jemand mit guten Vorsätzen Abschied von schlechten Gewohnheiten nehmen möchte, sind diese beiden Hindernisse offensichtlich die am häufigsten auftretenden:

  1. Der Versuch geht schief - man lässt es bleiben.
  2. Man fängt gar nicht erst an, weil die Herausforderung eine zu große zu sein scheint.

Kennst du diese beiden Erfahrungen? Dann bist du in bester Gesellschaft, denn so gut wie jedem geht es irgendwann im Leben so. Aber gegen beide Hindernisse ist ein gutes, ein ganz hervorragendes Kraut gewachsen:

Tu es einfach. Und zwar so lange, bis es dir gelingt. Du musst gar nicht von Anfang an perfekt sein.

Der Kern der beiden Hindernisse ist unsere Angst vor dem Versagen, vor jeglichem Fehlschlag. Und genau an diesem Punkt lohnt es sich, umzudenken. Wir sollten handeln, wie Softwareentwickler es heutzutage tun. Das Prinzip nennt sich Iterate Philosophy - manche nennen es auch Fail Faster Philosophy.

Das funktioniert, um ein historisches Beispiel statt moderne Softwareentwicklung zu wählen, so:

Henry Ford und sein Partner hatten ein Automobil entwickelt, das Modell A. Dieses erste Fahrzeug war voller Mängel und Unzulänglichkeiten. Sie schickten jedoch ihre Mechaniker damit hinaus in die Welt, in die Wirklichkeit, auf die Straßen. So gewannen sie verlässliche Informationen darüber, was nicht funktionierte, was fehlte, was zu Bruch ging. Mit diesen Informationen bauten sie das Modell B. Und schickten es hinaus in die Wirklichkeit. Dann folgte Modell C. Und so weiter. Serienreife hatte dann schließlich das Modell S, aber es war noch immer mit Mängeln behaftet. Und dann kam schließlich der Nachfolger, das zur Legende gewordene Model T. 15 Millionen Fahrzeuge wurden verkauft. Bis zum Jahr 1972 war es das meistverkaufte Automobil der Welt.

Ob wohl ohne die Erfahrungen beim tatsächlichen Einsatz der fehlerbehafteten Modelle A bis S ein solch erfolgreiches Fahrzeug zustande gekommen wäre?

Wir werden gute und nützliche Vorsätze nur durch echte Erfahrungen in der wirklichen Welt, in der Praxis, verwirklichen und die Gewohnheit zum festen Bestandteil unseres Lebens machen können. Sei es Sport, gesundes Essen, Meditation, Lektüre guter Bücher, kreative Betätigung, strukturiertes Arbeiten ohne Multitasking, Yoga oder sonst etwas - wir müssen es tun! Tun und wieder tun.

Nehmen wir an, du willst täglich wenigstens fünfzehn Minuten zur Ruhe kommen und meditieren. Ein guter Vorsatz. Am ersten Tag klappt das auch, am zweiten wieder. Am dritten klingelt dauernd das Telefon, sind besonders viele Emails zu beantworten, du hast noch dieses und jenes vor ...

Bist du nun ein Versager? Taugt heilsames zur Ruhe kommen nicht für dich? Nein. Ein Versagen wird nur daraus, wenn du die Idee jetzt aufgibst. Ein Fortschritt wird aus dem Experiment, wenn du am nächsten Tag daran denkst, vor deiner Meditation das Telefon auszuschalten. Oder die Viertelstunde auf einen anderen Platz in deinem Tagesablauf verlegst.

Foto von WikiCommonsAm einfachsten ist jeder gute Vorsatz umzusetzen, indem du es wie Henry Ford mit seinem Automobil machst und die Fail-Faster-Methode anwendest. Sie besteht aus Planen (ich will ein serienreifes Automobil verkaufen), tun (raus auf die Straßen mit dem Vehikel!), auswerten und justieren (nach vierzig Kilometern fällt die Heckbeleuchtung von der Karosserie. Also brauchen wir eine andere Befestigung). Fail faster könnte man übersetzen mit schneller misslingen - und das ist genau der Schlüssel. Nur wenn etwas misslingt, kann man es künftig anders - und letztendlich irgendwann erfolgreich - tun.

  • Planen: Schreibe dir ganz kurz das Ziel auf. Zum Beispiel »Jeden Tag um 17:00 Uhr 20 Minuten Dauerlauf im Stadtpark.«
  • Tun: Du ziehst um 16:50 Shorts, T-Shirt und Turnschuhe an und läufst zum Stadtpark.
  • Auswerten: »Ich war noch so satt vom Kuchen um 16:00 Uhr, dass die Bewegung fast zur Qual wurde.«
  • Justieren: »Jeden Tag um 18:00 Uhr 20 Minuten Dauerlauf im Stadtpark.«
  • Tun: Du ziehst um 17:50 Shorts, T-Shirt und Turnschuhe an und läufst zum Stadtpark.
  • Auswerten: »Ich war zu spät zurück zu Hause, um die Kinder ohne Hektik zu ihrem Musikunterricht zu bringen.«
  • Justieren: »Jeden Tag um 17:00 Uhr 20 Minuten Dauerlauf im Stadtpark. Das Stück Kuchen gönne ich mir hinterher zur Belohnung.«
  • ... und so weiter.

Dies ist nur ein fiktives Beispiel, aber das Prinzip kannst du überall anwenden. In der Praxis bewähren sich solche überschaubaren Zyklen hervorragend. So verbucht unser Gehirn nämlich, statt ein Versagen zu speichern, einen Lernerfolg. Selbst dann, wenn der Plan noch nicht verwirklicht ist, wird schon ein positives Erlebnis daraus. Weil wir etwas tun, statt nur darüber nachzudenken, dass wir etwas ändern könnten oder müssten.

Probier es aus. In überschaubaren Zyklen: Planen, drei Tage tun, auswerten und justieren. Dann wieder drei Tage  tun, auswerten, justieren. Oder eine Woche. Aber du solltest unbedingt einen überschaubaren, kurzen Zeitraum wählen.

Und damit ist auch das Hindernis Nummer 2 von oben erledigt. Die Herausforderung ist gar nicht mehr riesig, weil du nicht von heute auf morgen das perfekte »Model T« zusammenbasteln musst.

In ziemlich kurzer Zeit wirst du feststellen, dass dein guter Vorsatz zur festen Lebensgewohnheit geworden ist.

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Mehr zum Thema gesünderes und glücklicheres Leben steht in diesem Buch:

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