Ich hatte befürchtet, es ginge um das Skaten - entweder habe ich das irgendwo gelesen, oder jemand hat es mir erzählt. Dann wäre mir das Buch vermutlich trotz der Sprachkünste des Autors langweilig geworden wie seinerzeit John Grishams Bleachers oder Stephen King mit seinem verunglückten Hearts in Atlantis.
Aber Nick Hornby schreibt über Teenagerschwangerschaft und die Entscheidung der 15jährigen Mutter, das Kind zur Welt zu bringen, trotz und in allen Problemen. Er erzählt aus der Perspektive des 16jährigen Vaters, und das gelingt ihm so authentisch, dass man wirklich glaubt, einem Jungen zuzuhören, der mit dem Leser plaudert.
Hornbys Protagonisten sind wieder so detailreich und liebevoll herausgearbeitet, dass man auf die Idee kommen könnte, Alicia und Sam, die jugendlichen Eltern, aus dem wirklichen Leben zu kennen. Oder irgend jemanden wiederzuerkennen, aus der Nachbarschaft vielleicht.
Sam, ein nicht übermäßig brillanter Junge, hat eine große Leidenschaft, das Skaten. Er lernt Alicia kennen- und auf einmal gibt es mehr im Leben als nur das Skateboard und die immer gewagteren Tricks, die man damit auf dem Beton versuchen kann. Er erzählt seinem noch etwas weniger intelligenten Freund Rabbit davon, als er ihn beim Skaten trifft.
...Slam - das wusste ich vor der Lektüre dieses Buches nicht (und brauchte es auch nicht zu wissen) steht neben der eigentlichen Bedeutung (heftig bremsen, zuschlagen) auch für einen bösen Sturz beim Skaten. Und dann ist natürlich das Gesicht ruiniert. Das geht nicht, wenn man gerade das bezauberndste Mädchen der Welt kennen gelernt und einen gemeinsamen Kinobesuch vor sich hat.
'I met this girl.'
'Where?'
'Does that matter?' I could see that it was going to be a frustrating conversation.
'I'd like to try and picture the scene', said Rabbit.
'My mum's friend's party.'
'So is she like really old?'
'No. She's my age.'
'What was she doing at the party?'
'She lives there', I said, 'she...'
'She lives at a party?' Rabbit said. 'How does that work?'
'She doesn't live at a party. She lives in the house where the party was. She's my mum's friend's daughter.'
Rabbit repeated what I'd just said as if it was the most complicated sentence in the history of the world.
'Hold on... Your mum's... friend's... daughter. OK. I've got it.'
'Good. We're going out tonight. To the cinema. And I'm worried about getting my face all smashed up.'
'Why does she want to smash your face up?'
'No, no. I didn't mean I was worried about her smashing my face up. I'm worried about getting my face smashed up here. A bad slam. And then, you know, I'll look terrible.'
...
Nick Hornby hat mit dem Titel des Buches die Brücke vom Skaten zur ungewollten Schwangerschaft geschlagen, ein Geniestreich, der dem Leser erst nach und nach klar wird, wenn der Slam im Bett - wiederum mit Humor und Einfühlungsvermögen, ohne auch nur eine Sekunde ins Ordinäre abzurutschen - beschrieben wird, der zur Schwangerschaft führt.
Ich habe oft, neben der besten aller Ehefrauen auf dem Sofa lesend, laut gelacht bei diesem Buch - und das passiert mir eher selten. Die Dialoge vor allem sind häufig so genial geschrieben, dass ich gar nicht anders konnte als loszuprusten - fast hätte ich mich und das Möbelstück mit Rotwein bekleckert vor Lachen, als ich die weiter unten zitierte Stelle mit der verschnupften Alicia las....
Wie oft habe ich mich an meine - eigentlich längst erfolgreich vergessenen - eigenen Tollpatschigkeiten und Peinlichkeiten aus pubertären Zeiten erinnert, als ich durch die Leserbrille mit Sam in diesem Buch Alicia kennen und lieben lernte.
Das Buch erzählt eine Geschichte aus dem Leben, nicht aus einer heilen Phantasiewelt. So ist auch das Ende - die Trennung der jungen Eltern - voraussehbar. Nicht alle Beziehungen führen in den endlosen siebten Himmel der Liebe, aber dennoch: Das Kind, das Roof genannt wird (die Erklärung dieses dämlichen Namens ist so witzig und wird von Nick Hornby so spannend gemacht, dass ich sie hier nicht verraten will), darf leben, statt abgetrieben zu werden, und es wird geliebt - von Alicia und Sam.
Ich habe die englische Ausgabe gelesen, kann über Wortwitz und Authentizität der deutschen Version daher nichts sagen. Die beste aller Ehefrauen und ich haben gerätselt, wie man beispielsweise die folgende Szene ins Deutsche übertragen könnte. Sams Telefon klingelt...
...Falls jemand die deutsche Ausgabe zur Hand hat, würde ich mich über einen Kommentar mit dem entsprechenden Wortlaut freuen. 12. Kapitel, nach etwa drei oder vier Seiten (je nach Buchdruck). Wie macht das der Übersetzer mit Bee statt Me?
I found my phone in my jacket pocket.
'Hello?'
'It's Bee.'
'Oh. Hello, Bee.' I wasn't sure who Bee was, but it sounded a bit like Alicia.
'Bee. Not Bee.'
'Bee not Bee? What does that mean?'
'It's Alicia. And I've got a cold. So I'm trying to say, you know, "It's Alicia", except I'm saying "It's Bee", and it comes out as "It's Bee".'
'Me.'
'Yes. Bloody hell. Have you woken up stupid?'
...
Mein Fazit: Unbedingt lesenswert! Nick Hornby in Bestform - ein rundum gelungenes Buch.
Das Buch:
Gebundene Ausgabe: 304 Seiten
Verlag: Penguin (4. Oktober 2007)
Sprache: Englisch
ISBN-10: 014138297X
ISBN-13: 978-0141382975
Zu finden zum Beispiel hier bei Amazon: Nick Hornby - Slam
Hab ich ja gesagt, dass das ein tolles Buch ist...
AntwortenLöschenIch habs auch auf englisch gelesen und hab mich über mindestens dieselben Stellen amüsiert. Ich fand nur das ausführliche in - die - Zukunft -Katapultieren durch Tony Hawk etwas anstrengend, hatte aber Verständnis, weil mein Sohn durch eine intensive Skaterphase geslammt ist. Deine Rezension war super, würde ich auch gerne so können...
Die Ausflüge in die Zukunft haben mich zuerst irritiert, aber andererseits sind gerade dort die witzigsten Stellen zu finden. Den noch ungeborenen Sohn zu nächtlicher Stunde mit einer frischen Windel versehen, wenn man überhaupt keine Ahnung hat, wie so was vor sich geht... - die Situation birgt sohon eine Menge Potenzial für Humor, was Herr Hornby ja auch reichlich ausnutzt.
AntwortenLöschenHier die letzte zitierte Stelle in der deutschen Übersetzung:
AntwortenLöschenIch fand mein Handy in meiner Jackentasche.
"Hallo?"
"Jim?"
"Nein, Sam hier." Ich wusste nicht, wer Jim war, aber die Stimme klang ein bisschen nach Alicia. Doch man konnte sich nie sicher sein, wenn man in der Zukunft war.
"Jim. NIcht JIm."
"Jim nicht Jim? Was soll das bedeuten?"
"Ich bins, Alicia. Ich habe eine Erkältung. Ich wollte Sam? sagen, aber es kam raus wie Jim."
"Sam?"
"Ja. Was ist los mit dir?`Bist du heute Morgen als Blödmann aufgewacht?"
Also meiner Meinung nach ist die die englische Originalfassung wesentlich besser.
Danke, anonym, für das Zitat. Das bestärkt mich um so mehr, auch in Zukunft die Originalversionen zu lesen.
AntwortenLöschenAls ob Jim jemals wie Sam klingen würde... nee nee nee.