Sonntag, 3. Juni 2012

Was gut tut

Für eine Krebstherapie ist die seelische Verfassung ebenso wichtig wie die körperliche. … Durch regelmäßige Bewegung mobilisieren Sie Ihre Energie, dies ist gerade während einer Chemotherapie wichtig. … Aktive Krebspatienten leiden seltener an Kopfschmerzen, Übelkeit, Thrombosen und Infektionen.

Die obigen Tipps aus dem Therapie-Tagebuch habe ich auch schon während der Rehabilitationsmaßnahme zur Kenntnis bekommen, von Ärzten und Physiotherapeuten. Und die bisherige Erfahrung gibt dem Rat zum sportlich aktiv sein und bleiben recht.

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Zwar war meine Leistungsfähigkeit nach Operation und Krankenhausaufenthalt erst einmal so gut wie verschwunden, aber regelmäßiges Training auf dem Ergometer beispielsweise zeigt inzwischen eine deutliche Verbesserung. In kleinen Schritten, von Mal zu Mal, aber doch merklich.

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Der umfangreiche Gerätepark in unserem Fit- und Wellnessstudio wird von mir nun zwar sehr eingeschränkt benutzt, da ich alle Geräte, die sich dem Training der Bauchmuskeln widmen, einstweilen noch meide, aber es bleibt genug Auswahl an Trainingsmaschinen, die ich unter Anleitung und Aufsicht in der Rehabilitationsklinik benutzen durfte und sollte.

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Auch bei den Geräten zeigte sich nach der Entlassung aus der Klinik, dass die vor der Krebsdiagnose und –operation gewohnten Gewichte und Zahl der Wiederholungen erst einmal illusorisch wären, aber was macht das schon? Niemand lacht mich aus, wenn ich mit Einstellungen »für schwache Mädchen« trainiere und die langsam steigere. Und wenn jemand lacht – was macht das schon?

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Erfreulich war für mich letzte Woche, dass ich wieder schwimmen kann. Auch hierbei sagte ich mir: Wenn ich es nicht schaffe, und jemand amüsiert sich darüber, na dann soll er sich eben amüsieren. Wenn ich es nicht ausprobiere und trainiere, wird von vorne herein nichts daraus. Also ging ich ins Wasser und siehe da: 10 bis 12 Meter schwimmen war möglich, dann 20 Meter, dann eine ganze Bahn. Na bitte!

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Eine mentale Hürde, die ich relativ zügig überwinden konnte, hatte auch nur etwas mit den anderen Gästen zu tun: Kann ich diesen verunstalteten Bauch denn in der Umkleidekabine, unter der Dusche, im Schwimmbad und erst recht in der Sauna sehen lassen? Müsste ich mich nicht als muslimische Dame verkleiden und in einen Schleier hüllen? Nein, entschied ich mich, muss ich nicht. In unserem Fitness- und Wellness- und Sportstudio trainieren Dicke, Dünne, Kurze, Lange, Zweibeinige, Einbeinige … und andere Menschen mit Narben. Wer gucken muss, wenn ich auf der Saunabank entspanne, bitteschön. Mich wird es nicht irritieren.

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Zwei- bis dreimal wöchentlich trainieren hilft bei der Bewältigung der Nebenwirkungen meiner Chemotherapie, und das ist auch gut so. Selbst wenn vorher der Geist wie beim biblischen Autor Paulus mal willig, der geschundene Leib jedoch schwach ist, lohnt sich das Aufraffen.

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