Sonntag, 1. Dezember 2013

Ich weigere mich, die Einteilung in »christlich« oder »weltlich« mitzumachen. - Ein Interview

Heute erschien ein Interview, das ich einer Gemeindezeitschrift gegeben habe. Namentlich der Johannes-Gemeinde, die - obwohl ich kein Mitglied bin - doch meine Heimatgemeinde in dem Sinne ist, dass ich mich zugehörig fühle und auch als Moderator gelegentlich an der Gestaltung der Gottesdienste mitwirke. Das Interview möchte ich meinen Blogbesuchern nicht vorenthalten. Bittesehr:

Frage: Lieber Günter, wer wissen will was du so tust oder wie es dir geht, braucht eigentlich nur deine diversen Internetaktivitäten bei Facebook oder über deinen Blog zu verfolgen. Da lernen wir zum Beispiel dass du nach deiner Leber-Operation dich wieder fit machen willst für den Joggathon 2014. Was hast du sonst noch für Pläne für 2014?
 
Antwort: Ich weiß schon zu filtern, was ich via Blog oder Facebook verrate - man erfährt zwar dort manches über mich, aber sicher nicht alles. Und das ist auch gut so.
Dass ich beim Joggathon 2014 mitlaufen möchte, ist richtig. Meine Teilnahme 2013 war ein ganz persönlicher Etappensieg im Kampf gegen den Krebs und seine Folgen. Die Lebermetastasen und die Operation jetzt im Oktober 2014 sind ein böser Rückschlag, aber ich will eben trotzdem und jetzt erst recht wieder zu Kräften kommen, weiter kämpfen und weiter leben. Egal wie viele Runden und bei welchem Wetter – wenn  ich im Juni 2014 überhaupt eine Stunde Dauerlauf schaffe, wird das wiederum ein persönlicher Sieg sein, so Gott will und ich lebe.
Ich könnte mir auch vorstellen, 2014 an einem Buch zu arbeiten, in dem die beste aller Ehefrauen und ich über unser inneres und äußeres Erleben und Ergehen seit der Diagnose Darmkrebs berichten. Ich könnte mir vorstellen, dass wir diverse kürzere Reisen unternehmen. Ich könnte mir vorstellen, mich wieder vermehrt ehrenamtlich zu engagieren ... aber: bei allen vorwärts gerichteten Gedanken und Vorstellungen ist mir immer bewusst, dass jeder Monat, jede Woche, jeder Tag bei guter Gesundheit ein Geschenk ist. Wer noch nie von einer tödlichen Krankheit befallen wurde, weiß ganz theoretisch ebenso, dass sein Leben endlich ist. Richtig bewusst geworden mit aller Ernsthaftigkeit ist mir das jedoch erst, als ich im März letzten Jahres hörte: Sie haben Krebs.
 
Foto: (C) 2012 Photographer Mensch, Berlin Frage: Es ist schön zu sehen, dass es dir wieder besser geht! Die Gemeinde war um dich besorgt und viele haben für dich und Eva gebetet. Wie war es in dieser schweren Zeit um deine Beziehung zu Gott und zur Gemeinde bestellt? Würdest du in dem geplanten Buch auch über solche geistliche Erfahrungen berichten oder wäre es eher ein »weltliches« Buch?
 
Antwort: Die Anteilnahme und die Gebete unserer Gemeinde – sowie vieler Menschen weit darüber hinaus, Atheisten und Andersgläubige ausdrücklich eingeschlossen – waren und sind uns außerordentlich wertvoll. Es ist kaum auszudenken, wie es wäre, in einer solchen Situation alleine dazustehen. Grausam. Wir sind dankbar für all die Fürbitte, Aufmunterungen und Trostworte bis hin zur praktischen Hilfe, die wir erlebt haben. Die Gemeinde hat uns mitgetragen und tut das noch heute.
In meiner Beziehung zu Gott hat sich nichts Grundlegendes geändert. Ich traue ihm jederzeit zu, Menschen, mich eingeschlossen, mit körperlicher Heilung zu beschenken, aber ich weiß, dass es weder einen Anspruch darauf noch eine Garantie für bleibende Gesundheit gibt. Wenn mein Glaube an Gott vom körperlichen Wohlbefinden oder angenehmen Lebensumständen abhinge, wäre das eine recht armselige Angelegenheit. Allerdings bin ich durch die Krebserkrankung zu einer neuen und tiefen und vorher nicht gekannten Dankbarkeit für jeden Tag, den ich leben und erleben darf, gelangt – das hat sich durchaus geändert.
Was das angesprochene Buch und überhaupt meine Einstellung betrifft: Ich weigere mich, die Einteilung in »christlich« oder »weltlich« mitzumachen. So wie ich rund um die Uhr Christ bin, ob nun im Gottesdienst oder am Arbeitsplatz oder beim Einkauf, so bin ich ja nicht plötzlich temporär ungläubig, wenn ich beispielsweise einen Krimi schreibe. Und ob ein anderer Mensch in die Schublade »christlich« oder »weltlich« gehört, würde ich nie und nimmer beurteilen wollen, weil schon »christlich« überhaupt nicht zu definieren ist und weil mich das überhaupt gar nichts angeht.
Selbstverständlich würden Glaubensfragen und -erfahrungen in ein solches Buch einfließen. Allerdings formuliere ich möglichst immer auf eine Weise, die auch für Menschen verständlich ist, die meinen Glauben nicht teilen.
 
Frage: Soviel ich weiß, bist du kein professioneller Journalist oder Germanist. Wie bist du zum Schreiben gekommen und welches ist dein Lieblingsgenre?
 
Antwort: Das ist richtig. Ich habe auf einer Fachhochschule ein betriebswirtschaftliches Studium absolviert und arbeite zum Broterwerb als Personalreferent in einem Industrieunternehmen. Das Schreiben als Leidenschaft hat mich aber schon als Kind begleitet. Ich habe für die Familie kleine – und wie ich meinte lustige oder spannende – Geschichten geschrieben und abends vorgelesen, Aufsätze in der Schule oder für die Schule waren meine Lieblingsbeschäftigung...
Das Schreiben lernen, das war dann ein Prozess über viele Jahre und irgendwie wird man damit sowieso nie fertig. Wenn ich ein besonders faszinierendes Buch lese, dann frage ich mich noch heute jedes Mal: Was macht der Autor da mit mir? Wie gelingt es der Autorin, mich dermaßen einzufangen und zu fesseln? Und dann blättere ich nach der atemlosen Lektüre noch mal zurück, ob ich wohl dahinter komme. Natürlich habe ich aber auch Fachbücher über das Schreiben studiert und in jüngeren Jahren einen nicht ganz preiswerten zweijährigen Kurs absolviert.
Ein Lieblingsgenre habe ich gar nicht. Das spiegelt sich in meinen Kurzgeschichten wider - von der Liebesgeschichte oder erotischen Miniatur über den Krimi und Nachdenkliches bis zur Neuerzählung biblischer Geschichten aus ungewohnter Perspektive ist eigentlich alles vertreten.
 
Frage: Das klingt  nach mehr als einem Doppelleben das du da führst. Welches deiner Bücher würdest du jemandem empfehlen, der dich auch mal als Autor kennen lernte möchte? Schließlich ist ja bald Weihnachten und damit Zeit für Wunschlisten.
 
Antwort: Es gibt ein Buch, »Neuland« heißt es, das Erzählungen und Kurzgeschichten einer großen Bandbreite enthält, von der Liebesepisode über einen kafkaesken Restaurantbesuch und die Geschichte des barmherzigen Samariters – allerdings spielt sie heute und in Greifswald – sowie allerlei spannende und vergnügliche Kurzgeschichten bis zum Blick auf das mögliche Ende der Welt. »Neuland« bekommt man bei Amazon mit der ISBN 978-1481025287. Wer lieber einen Roman liest als mehrere Erzählungen, dem empfehle ich »Sabrinas Geheimnis« - ein Thriller, der in Berlin Lichterfelde beginnt und auf dem berühmten Zebrastreifen der Abbey Road in London mit einem kaltblütigen Mord endet. ISBN 978-1463636869. Beide Bücher sind auch als E-Buch für den Kindle erhältlich. Wer ein wenig mehr über meine Kindheit und Jugend erfahren möchte, kann zum autobiographisch gefärbten Roman »Es gibt kein Unmöglich!« greifen, ISBN 978-3837066197.
 
Frage: Na, das ist doch eine schöne Auswahl. Ich nutze auch gleich die Gelegenheit jemanden vom Fach zu fragen: Gibt es ein aktuelles geistliches Buch eines anderen Autors, das du der Gemeinde zum Lesen empfehlen könntest?
 
Antwort: Nein. Natürlich nicht, da ich ja die Unterscheidung in christlich und weltlich wie gesagt ablehne. Ich habe 2013 bereits über 30 Bücher gelesen, darunter etliche gute, aber ich wüsste nun nicht zu sagen, welche »unweltlich« genug waren, um die Trophäe »geistlich« zu verdienen.
 
Frage: Na, dann muss ich ohne »Trophäe« auskommen. Ich danke dir für das Gespräch und wünsche Dir und Eva weiterhin viel Kraft und Liebe!
 
Antwort: Bevor ich mich ebenfalls für das Gespräch und Interesse bedanke, will ich gerne noch zwei gute Bücher, geistlich hin, weltlich her, erwähnen, die ich 2013 gelesen habe: Joseph Ratzinger: Jesus von Nazareth - die Kindheitsgeschichten und Randall Arthur: Forgotten Road. Nein, drei Bücher. Da ist ja auch noch Charlotte Link: Im Tal des Fuchses. Und dann natürlich Stephen ... nein, Stopp! Bevor ich kein Ende finde: Ich bedanke mich ebenso herzlich und wünsche Dir gutes Gelingen beim Zusammenstellen der Ausgabe unserer kleinen Gemeindezeitschrift.
 
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