Mittwoch, 18. Juni 2008

Hausaufgaben erledigt, Lösungen verraten

Nein nein, es geht nicht um die Mathematik-Klausuren für das Abitur. Das sind ja keine Hausaufgaben, ob die Schüler nun die Lösung vorher kennen oder nicht.

Es geht hier heute, bevor morgen an dieser Stelle vom Wein die Rede sein wird, vielmehr darum, dass unser Hausbibelkreisleiter uns letzte Woche Hausaufgaben mitgegeben hat: Er schrieb sechs Verweise auf Bibelstellen auf und wir sollten uns
  • Gedanken darüber machen, was der jeweilige Vers für uns persönlich bedeutet und
  • den Zusammenhang betrachten, in dem der Vers steht,
»weil«, fuhr er fort, »Günter meint, es sei gefährlich, einen Vers ohne seinen Kontext zu betrachten.«
Das meine ich tatsächlich. Immerhin steht in der Bibel auch: »Es ist kein Gott!«

Ich habe meine Hausaufgaben brav erledigt, und auch auf die Gefahr hin, dass der eine oder die andere aus unserem Hausbibelkreis heute vor 19:30 Uhr diesen Blog besucht, folgt hier nun das, was mir dabei eingefallen ist. Das Gute ist ja, dass es bei dieser Art Hausaufgaben kein »falsch« oder »richtig« gibt, und wer jetzt bei mir abschreibt... - ich werde niemanden verpetzen.
Johannes 15, 9-11: Wie der Vater mich geliebt hat, habe auch ich euch geliebt. Bleibt in meiner Liebe! Wenn ihr meine Gebote haltet, so werdet ihr in meiner Liebe bleiben, wie ich die Gebote meines Vaters gehalten habe und in seiner Liebe bleibe. Dies habe ich zu euch geredet, damit meine Freude in euch sei und eure Freude völlig werde.
Bedeutet mir: Wenn ich Jesus nachfolgen möchte, ist die Verbindung mit ihm die einzige Voraussetzung für das Gelingen.
Zusammenhang: Johannes berichtet sehr ausführlich, von Kapitel 13, 30 bis 16, 33 darüber, was Jesus mit seinen Jüngern anlässlich der letzten gemeinsamen Mahlzeit besprochen hat. Dieser Bericht beginnt damit, dass Judas verschwindet und die Jünger völlig verunsichert sind. Petrus fragt, wohin Jesus denn gehen würde, Thomas beschwert sich darüber, dass man ja schließlich nicht nachfolgen könne, wenn man den Weg nicht weiß, Philippus will jetzt endlich mal den Vater kennen lernen, von dem dauernd geredet wird und Jesus merkt, dass die Jünger wohl so gut wie nichts begriffen haben.
Darauf folgt der lange Bericht über die Gespräche dieser Nacht und er schließt mit den Worten: »Dies habe ich zu euch geredet, damit ihr in mir Frieden habt. In der Welt habt ihr Bedrängnis; aber seid guten Mutes, ich habe die Welt überwunden.«
Die hier herausgegriffenen Verse 9-11 stehen in dem Zusammenhang, den Jesus mit dem Bild des Weinstocks illustriert. Nur die Reben, die mit der Pflanze verbunden sind, können Frucht hervorbringen, um die Frucht geht es unmittelbar vor und nach dem Zitat. Die Gebote, von denen hier die Rede ist, fasst Jesus im Satz danach zu einem einzigen zusammen: »Dies ist mein Gebot, dass ihr einander liebt, wie ich euch geliebt habe.« Damit macht er klar, dass es nicht mehr darum geht, das Gesetz und die Vorschriften des Alten Bundes einzuhalten, wenn jemand Gott wohlgefällig sein will, sondern nur noch darum, mit Jesus verbunden zu bleiben, wie er mit dem Vater verbunden ist.

Johannes 16, 22: Auch ihr nun habt jetzt zwar Traurigkeit; aber ich werde euch wiedersehen, und euer Herz wird sich freuen, und eure Freude nimmt niemand von euch.
Bedeutet mir: Diese Passage zeigt mir, dass Jesus immer am Befinden des Einzelnen auch in katastrophalen Situationen Anteil nimmt. Die Jünger werden um die Zeit der Traurigkeit nicht herum kommen, auf gar keinen Fall, aber danach wartet wieder Freude.
Zusammenhang: Es ist der gleiche Zusammenhang wie in der vorigen Betrachtung. Inzwischen hat Jesus den Jüngern erklärt, dass Verfolgung auf sie wartet. Er sagt ihnen das ganz unverblümt, und erklärt dann auch, warum: »Dies habe ich zu euch geredet, damit ihr euch nicht ärgert.« Das griechische Wort, das in dieser Übersetzung mit »ärgern« wiedergegeben wird, bedeutet auch: »Anstoß nehmen, zu Fall kommen, sich zur Sünde verleiten lassen.« Nachdem Jesus Verfolgung angekündigt hat, spricht er vom Heiligen Geist, der kommen wird, um den Jüngern das zu erklären, was sie jetzt noch nicht begreifen können, auch das, was Jesus ihnen aus Rücksicht auf ihren Zustand jetzt nicht sagen will: »Noch vieles habe ich euch zu sagen, aber ihr könnt es jetzt nicht tragen.«
Unmittelbar vor dem oben zitierten Vers 22 diskutieren die Jünger, nun endgültig verunsichert, darüber, wovon Jesus eigentlich redet. Sie haben immer noch nicht begriffen, dass er sterben wird, und zwar durch einen gewaltsamen Tod. Er klärt sie noch einmal darüber auf und meint dann: »Wahrlich, wahrlich, ich sage euch, dass ihr weinen und wehklagen werdet, aber die Welt wird sich freuen.«
Der oben zitierte Satz nun soll den Jüngern Mut machen, die vor ihnen liegenden Tage durchzustehen. Interessanterweise schließt Jesus unmittelbar daran die Verheißung an, dass dann, nach jenem frohen Wiedersehen, eine ganz neue Vollmacht im Gebet da sein wird, die jetzt noch fehlt: »Und an jenem Tag werdet ihr mich nichts fragen. Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Was ihr den Vater bitten werdet in meinem Namen, wird er euch geben. Bis jetzt habt ihr nichts gebeten in meinem Namen. Bittet, und ihr werdet empfangen, damit eure Freude völlig sei.«

Römer 8, 28: Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Guten mitwirken, denen, die nach seinem Vorsatz berufen sind.
Bedeutet mir: Ich versuche, mich immer wieder daran zu erinnern, dass es nur darauf ankommt, ob ich Gott liebe, nicht auf die Umstände, die mich womöglich davon abbringen wollen.
Zusammenhang: Paulus schreibt diesen Brief an eine christliche Gemeinde mitten im heidnischen und überwiegend feindlich gesinnten Rom. Die Gemeinde leidet, wird verfolgt, das Christsein kostet eine ganze Menge, einschließlich des irdischen Lebens. Die Situation ist sehr ernst und Paulus verspricht den Gläubigen keine baldige Befreiung aus der Verfolgung, sondern er macht ihnen Mut, von den schrecklichen Umständen ihres irdischen Lebens den Blick auf das Ziel, die Belohnung, die auf diejenigen wartet, die ausharren werden, zu richten. Er gebraucht das Bild der Geburtswehen: Die sind zwar schmerzhaft und fast unerträglich, aber notwendig, damit ein Kind zur Welt kommt. Paulus will die Qualen nicht schönreden, sondern auf das Ziel hinweisen, zu dem die Verfolgung führen wird.
So gesehen wirken selbst Hunger, Not, Folter und Tod zum Guten mit, wie er in dem hier zitierten Satz sagt. Nicht unbedingt hier auf der Erde für das persönliche Wohlergehen, darum geht es an dieser Stelle ja nun überhaupt nicht. Sondern für das Reich Gottes und die Ewigkeit.

Römer 8, 31: Was sollen wir nun hierzu sagen? Wenn Gott für uns ist, wer gegen uns?
Bedeutet mir: Ob Jesus mich liebt darf ich niemals daran messen, wie meine Lebensumstände aussehen. Gott ist für mich, weil ich sein Kind geworden bin, selbst wenn der Rest der Welt gegen mich aufsteht.
Zusammenhang: Der gleiche Zusammenhang wie beim vorigen Zitat. Paulus erinnert daran, dass den Gläubigen etwas zustößt, was bereits in den prophetischen Psalmen vorausgesagt wurde: »Wer wird uns scheiden von der Liebe Christi? Bedrängnis oder Angst oder Verfolgung oder Hungersnot oder Blöße oder Gefahr oder Schwert? Wie geschrieben steht: Um deinetwillen werden wir getötet den ganzen Tag; wie Schlachtschafe sind wir gerechnet worden.« Dennoch, und das drückt dieser Vers 31 aus, kann uns all das nicht von der Liebe Christi scheiden. Die ganze Welt mag auf uns losgehen, das ändert nichts daran, dass Jesus uns liebt. Not oder Verfolgung sind keinesfalls ein Indiz dafür, dass diese Liebe etwa unterbrochen oder gestört wäre.
Paulus fasst dann zusammen: »Denn ich bin überzeugt, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, noch Mächte, weder Höhe noch Tiefe, noch irgendein anderes Geschöpf uns wird scheiden können von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn.«

Jesaja 43, 4-5a: Weil du teuer bist in meinen Augen und wertvoll bist und ich dich liebhabe, so gebe ich Menschen hin an deiner Stelle und Völkerschaften anstelle deines Lebens. Fürchte dich nicht, denn ich bin mit dir!
Bedeutet mir: Wenig. Ich erkenne keinen persönlichen Bezug, vor allem möchte ich nicht, auf gar keinen Fall, dass andere Menschen leiden und umkommen müssen, damit es mir gut geht. Dass ich mich nicht fürchten brauche, ist allerdings etwas, was auch mir gilt.
Zusammenhang: In den Kapiteln zuvor beschreibt Jesaja den jämmerlichen Zustand Israels, redet von der »Glut des Zorns«, mit der Gott Krieg über Israel ausgegossen hat, dass er »Jakob der Plünderung« durch die Heiden preisgegeben hat.
Interessant ist, dass auch hier das Bild der Geburtswehen gebraucht wird. Gott spricht durch Jesaja: »Seit ewigen Zeiten habe ich geschwiegen, war still, habe an mich gehalten. Wie eine Gebärende will ich nun stöhnen, schnauben und nach Luft schnappen zugleich. Ich will Berge und Hügel ausdörren und all ihr Kraut vertrocknen lassen. Und ich will Ströme zu Inseln machen und Teiche trockenlegen.«
Doch das ist nur die Beschreibung des gegenwärtigen Zustandes. Ab Kapitel 43 folgt dann die Verheißung, dass Gott seinen Bund keineswegs vergessen oder zerrissen hat, sondern Israel aus Gefangenschaft und Sklaverei herausholen will und wird. Und zwar ausschließlich aus Gnade, eine andere Grundlage wird es nicht geben. »Denke daran, Jakob und Israel, denn du bist mein Knecht. Ich habe dich gebildet, du bist mein Knecht. Israel, du wirst nicht von mir vergessen. Ich habe deine Verbrechen ausgelöscht wie einen Nebel und wie eine Wolke deine Sünden. Kehre um zu mir, denn ich habe dich erlöst!« Außer Umkehr ist nichts notwendig, denn die Erlösung ist bereits eine Tatsache.

Jeremia 31, 3: Der HERR ist ihm von ferne erschienen: Ja, mit ewiger Liebe habe ich dich geliebt; darum habe ich dir meine Güte bewahrt.
Bedeutet mir: Kaum ein persönlicher Bezug, aber es erinnert mich daran, dass Gott, wenn er »ewig« sagt, auch »ewig« meint. Selbst wenn ich untreu bin, bleibt er treu. Und wegen seiner Liebe wird er immer einen Weg öffnen, wenn ich aus einer selbst verursachten Trennung zu ihm zurückkehren möchte.
Zusammenhang: Die Situation gleicht der, die beim Jesaja-Zitat vorliegt. Israel ist in alle Winder verstreut. »Siehe, ein Sturmwind des HERRN, sein Grimm ist hervorgebrochen, ein wirbelnder Sturmwind; auf den Kopf der Gottlosen wirbelt er herab. Nicht wendet sich die Glut des Zornes des HERRN, bis er getan und bis er ausgeführt hat die Pläne seines Herzens. Am Ende der Tage werdet ihr das verstehen.« Ab Kapitel 31 geht es dann um die Rückkehr Israels in das verheißene Land und um die Gnade, mit der Gott trotzdem an seiner ewigen Liebe zu seinem Volk festhält. »Und sie werden kommen und jubeln auf der Höhe Zions und herbeiströmen zu all dem Guten des HERRN: zum Korn, zum Most, zum Öl und zu den jungen Schafen und Rindern. Und ihre Seele wird sein wie ein bewässerter Garten, und sie werden nicht mehr länger verschmachten.«
Ab Jeremia 31, 13 geht es schließlich um den »neuen Bund«, um die Zeit, in der wir leben. Heute gilt, was Jeremia dort aufgeschrieben hat: »Denn sie alle werden mich erkennen von ihrem Kleinsten bis zu ihrem Größten, spricht der HERR. Denn ich werde ihre Schuld vergeben und an ihre Sünde nicht mehr denken.«
Übrigens habe ich mit voller Absicht nicht angegeben, wo die in meinen Antworten zum jeweiligen Zusammenhang zitierten Sätze genau zu finden sind. Denn: Selber forschen, »ob es sich so verhält«, ist immer noch die beste Methode.
Zuerst war mir eine Verbindung der sechs Bibelstellen, die unser Hauskreisleiter da zusammengestellt hatte, überhaupt nicht ersichtlich. Jetzt, nach Erledigung der Hausaufgaben, sehe ich: Alle haben mit Not, Verfolgung und scheinbarer Abwesenheit Gottes zu tun. Ob das der Sinn der Übung war?

P.S.: Das auf dem Foto bin nicht ich bei der Erledigung der Hausaufgaben.
P.P.S.: Falls jemand meint, ich würde Nachhilfe benötigen, darf er gerne einen Kommentar hinterlassen. Ich bin durchaus lernfähig und korrekturbereit.
P.P.P.S.: Wer mit zum Hausbibelkreis möchte, sollte sich bei mir privat erkundigen. Los geht es jeden Mittwoch um 19:30 im südlichen Berliner Raum, »hin und her in den Häusern«. Gäste sind willkommen.

3 Kommentare:

  1. Die beiden Bibelstellen aus dem Johannesevangelium drücken die liebende Sorge Jesus für die Zeit nach seinem Weggehen aus.
    Jesus sorgt voraus, in dem er sagt
    "Bleibt in meiner Liebe"...und
    der zuversichtliche Verweis
    ..."aber ich werde euch wiedersehen, und euer Herz wird sich freuen, und eure Freude nimmt niemand von euch."

    Auch die Bibelstellen von Jesaja und Jeremia beinhalten die Nähe Gottes:
    "Fürchte dich nicht, denn ich bin mit dir!"
    Die ewige Liebe Gottes, die jeden von uns in jedem Augenblick beschützt.

    Was kann mir dann eigentlich noch passieren?

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  2. @Barbara: Jein... Alles kann uns dann noch passieren, aber trotz allem und in allem sind wir nicht von der Liebe Gottes getrennt. Weder den Jüngern (Johannes-Evangelium) noch den Empfängern des Römerbriefes blieb Schweres, Grausames und Schreckliches erspart. Aber sie waren gestärkt und getröstst und wurden so zu Überwindern.

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  3. @günter:stimmt passieren kann alles.
    Aber wir haben den Beistand und sind auch in diesen Situationen nicht alleine und werden von IHM aufgefangen! :-)

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