Donnerstag, 6. November 2008

Häufig gestellte Fragen 1

Gelegentlich bekomme ich Zuschriften von Lesern auf Artikel, die ich vor vielen Jahren geschrieben habe. Einige sind spezifisch zum jeweiligen Text, manche Fragen in solchen Leserbriefen wiederholen sich, werden in abgewandelter Form zu verschiedenen Anlässen immer wieder gestellt. Es sind grundsätzliche Fragen.

Ich möchte in einer kleinen Serie einige davon herausgreifen und meine Antwort vorstellen. Die erste beschäftigt sich mit der vermeintlichen Kontroverse zwischen Verstand und Glaube. Eine exemplarische Zuschrift:
Du sagtest: »Er (Gott) wünscht sich, dass sie (die Menschen) sich freiwillig entscheiden, ihr Leben nicht mehr selbstbestimmt, sondern als Mitglieder der Familie Gottes zu führen. Er will immer noch keine Marionetten.«
Doch ist dies nicht letztendlich ein Widerspruch? Wenn ich aufhöre, selbstbestimmt zu leben und mich Gott unterordne, gebe ich doch meinen eigenen Verstand auf. Ich treffe keine eigenen Entscheidungen mehr, ich bin eben nur noch folgsam. Das macht mich doch zu einer Marionette. Ein Mensch kann doch nichts Gutes tun, wenn er keine Wahl hat. Muss man nicht stets vor die Wahl gestellt werden, was für das Individuum die richtige Entscheidung ist um den Charakter (zum Guten) zu entwickeln? Denn etwas Gutes zu tun, weil ich es selbst will, ist doch wesentlich besser, als wenn ich es einfach muss und den Sinn nicht verstehe.
Meine Antwort sieht so aus:
Der Begriff »selbstbestimmt« war von mir wohl unglücklich gewählt, er ist zu missverständlich.
Mit der Entscheidung, an Christus als Erlöser zu glauben, hört ein Mensch weder auf, eigene Entscheidungen zu treffen, noch muss (oder darf!) er seinen Verstand aufgeben. Der Schritt, Christ zu werden, beraubt jemanden nicht der Möglichkeit, nach wie vor Gutes und Böses zu tun. Das Christsein ist auch keine Garantie, den Rest des Lebens keine Fehler mehr zu machen.
Zugegeben, es gibt in der Geschichte (und leider noch heute) durchaus Beispiele für das von Dir zu Recht gerügte Marionettentum, einschließlich entsetzlicher Verbrechen im Namen Gottes; man denke nur an Religionskriege, Sklavenhandel, Mittelalter...
Ich halte überhaupt nichts davon, blinden Gehorsam zu fordern oder zu predigen. Vielmehr meine ich, dass es unbedingt notwendig ist, mitzudenken, selbst Entscheidungen zu treffen und zu verantworten.
Als Christ werde ich herausgefordert, mich nicht vom »Mainstream« treiben zu lassen, sondern das, was ich (soweit es mir möglich ist) als »gut« oder »gerecht« erkenne, zu tun.Ich begreife mich nämlich Gott gegenüber als verantwortlich für mein Leben und den Einfluss meines Lebens auf meine Umgebung. Dabei geht es natürlich nicht um Leistungsdruck, sondern um eine bewusste und durchdachte Entscheidung, etwas tun zu wollen.
Ich muss also, um die Antwort abzurunden, weder »meinen Verstand abgeben« noch etwas tun, wenn ich »den Sinn nicht verstehe«.
Im nächsten Beitrag dieser Reihe geht es darum, wei und ob ein Mensch den Willen Gottes erfahren kann.

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