Freitag, 31. Oktober 2008

Reformation

»Es geht so nicht weiter. Ich muss etwas ändern.« Wer so spricht, steht an einem Wendepunkt. Was schon lange rumort, schief läuft, quält oder einen verzweifeln lässt - endlich ist es klar erkannt. Veränderung steht an. Aber unweigerlich stellt sich in solchen Situationen immer die Frage, ob man nicht doch lieber alles beim Alten lässt, bevor man das Neue mit allen Konsequenzen wagt.
So beginnt ein Beitrag über die Reformation, der auf dem zum Reformationstag gestarteten Projekt »E wie Evangelisch« zu finden ist. Das »Medienmagazin Pro« berichtet:
Mit bunten animierten Bildern will die Evangelische Kirche in Deutschland Jugendliche über christliche Glaubensgrundsätze aufklären. Der erste Clip einer 26-teiligen Reihe ist nun auf der Internetseite der EKD zu sehen. »Rechtfertigung« lautet das Thema des Videos, in dem nicht nur peppige Bilder Martin Luthers gezeigt werden, sondern auch der Vorsitzende des Rates der EKD, Bischof Wolfgang Huber, zu Wort kommt.
Die Reformation ist Geschichte. Doch auch heute stellt sich für viele Christen die Frage, »ob man nicht doch lieber alles beim Alten lässt, bevor man das Neue mit allen Konsequenzen wagt.« Meine Sympathie und Unterstützung gehört (nicht nur am Reformationstag) denen, die das Neue wagen wollen. Luther im Jahr 2008 würde vermutlich bei den emergenten Diskussionen eine Menge beizutragen wissen und eine Menge Gehör finden.

Donnerstag, 30. Oktober 2008

Grass ist ein Egoist

Ich lese regelmäßig mit nicht geringem Vergnügen die geistreichen Antworten eines nicht ganz unbekannten Literaturkritikers auf mitunter recht geistlos anmutende Fragen von Lesern einer nicht ganz unbedeutenden Zeitung.

Da fragte nun kürzlich jemand:
Nach der Offenlegung der Vergangenheit von Günter Grass als SS-Mann sehe ich Grass als verlogenen Egoisten. Sind Sie auch der Meinung, dass das Werk von Grass - immerhin zuweilen Abiturstoff - wegen Unglaubwürdigkeit neu interpretiert werden muss oder sogar vom Lehrplan gestrichen werden sollte?
Die Antwort hat mir gut gefallen:
Ja, das stimmt wohl: Grass ist ein Egoist. Das gilt auch für Kleist, Rilke und Thomas Mann und vielleicht auch für Shakespeare. Dass das Werk als Abiturstoff verwendet wird, ist sehr erfreulich - und so sollte es bleiben. Sollte man es neu interpretieren? Jawohl, alle bedeutenden Werke der Literatur sollten von Zeit zu Zeit neu interpretiert werden.
Manchmal frage ich mich allerdings, ob die Leserzuschriften nicht genauso erfunden sind, wie die E-Mails und Anrufe in der »Theme Time Radio Hour«. Das wäre allerdings so furchtbar nicht, denn immerhin vermag mich die Lektüre köstlich zu erheitern. Was will man mehr?

Hier geht's zur Rubrik: Fragen Sie Reich-Ranicki

Foto: Der von F.A.Z.-Leserhand Gescholtene und meine amüsierte Wenigkeit, fotografiert von der besten aller Ehefrauen

Mittwoch, 29. Oktober 2008

Good luck, Amerika!

Quelle: Croz, und der hat es auch irgendwo her...

P.S.: Croz hat mich zum MP3-Detektiv ernannt, weil ich ein Problem lösen helfen konnte, angesichts dessen er über Monate rat- und hilflos war. Hier geht's zu meiner Ernennung: Burning Issuses, Follow Up

Dienstag, 28. Oktober 2008

Downloadtipp: Tom Waits

Mal kurz so zwischendurch ein Tipp für Menschen, die (wie ich) Tom Waits beziehungsweise seine Musik zu schätzen wissen.

Croz hat einen Auftritt von Tom Waits in Vancouver ausgebuddelt, vom 17. Oktober 1999. Es handelt sich um einen Radiomitschnitt, beste Tonqualität und - ganz ungewohnt heutzutage - in lupenreinem Mono.

Tom Waits zeigt sich hier vor einem begeisterten Publikum außerordentlich leidenschaftlich, ich habe selten ein so inbrünstiges Konzert von ihm gehört. Voller Enthusiasmus singt er zum Beispiel:

Jesus gonna be here
Gonna be here soon
Well I've been faithful
And I've been so good
Except for the drinking
But he knew that I would
I'm gonna leave this place better
Than the way I found it was
And Jesus gonna be here
Be here soon

Tom Waits ist einer von den Künstlern, denen man entweder begeistert zuhört oder die man schlicht nicht hören kann. Dazwischen gibt es nichts.
Die beste aller Ehefrauen meinte, als ich ihr vor einer Weile »The Piano Has Been Drinking« vorspielte: »He doesn't sing at all. He kind of gurgles and shouts.«

Für alle, die genau das mögen: Hier geht es lang zum Download bei Croz: Tom Waits

P.S.: Einige MP3-Player (auch meiner für das Auto) haben Probleme mit den Croz-Downloads. Das liegt daran, dass am Anfang der Tracks 0,05 Sekunden »Irgendwas« stehen - nicht hörbar, weil viel zu kurz, aber es bremst meinen MP3-Player für bis zu 60 Sekunden aus.

Das »Irgendwas« ist auf dem Bild hier gut zu erkennen. Es ist der heftige Ausschlag links von der Null-Linie, bevor dann das Lied beginnt...

Meine Lösung: MP3-Datei in Audacity öffnen, das »Irgendwas« ausschneiden und die Datei wieder speichern.
Ich habe Croz, dem das Problem bekannt ist, diese Variante der Reparatur genannt - vielleicht kommt er ja so auf eine Lösung, wie das »Irgendwas« von vorne herein vermieden wird...

Sonntag, 26. Oktober 2008

Vollbeschäftigung

Zur Zeit erlebe ich eine persönliche Voll- oder gar Überbeschäftigung. Der Abgabetermin für drei CD-Produktionen rückt näher, eine Zeitschrift ist zu layouten und für den Druck vorzubereiten, ein Online-Shop will aktualisiert werden und einiges mehr. Das Ganze natürlich zusätzlich zum circa-55-Stunden-Bürojob.

Daher muss der Blog in den nächsten Tagen stiefmütterlich behandelt bleiben. Denn, wie unsere amerikanischen Freunde sagen würden:
  • I'm busier than a one-armed paperhanger with a case of the hives.
  • I'm busier than a cross-eyed air traffic controller.
  • I'm busier than a one-eyed cat watching nine rat holes.
  • I'm busier than a set of jumper cables at a country funeral.
  • I'm busier than a one-eyed cat watchin two mouse holes.
  • I'm busier than a desert cobra at a mongoose convention.
  • I'm busier than a one-legged cat trying to bury a turd on a frozen pond.
  • I'm busier than a termite in a saw mill.
  • I'm busier than a three-legged cat trying to cover shit on a marble floor while having to go five miles for dirt.
  • I'm busyer than a paper hanger with the crabs.
  • I'm busier than a mosquito at a nudist colony.
  • I'm busier than a one-toothed man in a corn-on-the-cob eating contest.
Oder, um es ganz vornehm auszudrücken (und das ist mein persönlicher Liebling unter all diesen netten Umschreibungen):
  • I'm busier than a one-legged man in an ass kickin' contest.
In diesem Sinne: See y'all!

Foto: Wikipedia

Samstag, 25. Oktober 2008

Paulus: Na denn tschüss, bis demnächst

Der letzte Teil der Serie zum 1. Korintherbrief ist online, nebenan auf dem anderen Blog: Zurück nach Korinth? - Teil 14.

Ob es mit dem 2. Korintherbrief eine Fortsetzung gibt, habe ich noch nicht entschieden. Erst einmal will ich das Manuskript (auch anhand der Leserkommentare und Hinweise auf dem Blog) überarbeiten und ergänzen, womöglich wird ja ein Buch daraus...

Freitag, 24. Oktober 2008

Floyd McClung: Einen größeren Traum haben

»Aber wenn wir nicht einen Traum haben, der größer ist als der der Materialisten, Zyniker und Hedonisten um uns herum, dann werden wir in ihren Träumen untergehen.«
Ein Satz aus einem lesenswerten Beitrag von Floyd McClung auf Jesus.de: »Ein missionales Leben ist ein sehr bewusst gelebtes Leben«

Donnerstag, 23. Oktober 2008

HTML-Spezialisten hier?

Update um 19:02 Uhr: Das Problem hat sich durch eine geänderte CSS-Datei beheben lassen! Danke für alle Antworten und Hilfe! Ich lasse den Blogeintrag hier trotzdem stehen... - ist ja ganz ansehnlich, oder?

Es könnte ja sein, dass jemand unter den Blogbesuchern die Lösung für ein Problem weiß und sogar verrät.
Ich programmiere gerade drei CDs für einen Kunden, dabei ist nur HTML zulässig, kein Flash oder ähnliches. Die Navigation der einen CD macht beim Betrachten im Internet-Explorer sowie im Chrome-Browser noch einen vernünftigen Eindruck:

Bei Firefox allerdings wird der lange Titel »Problemfeld: Produktion - technischer Fortschritt und Strukturwandel« zum optischen Trümmerfeld:


Kennt jemand einen Trick, wie man den Firefox beziehungsweise alle Mozilla-Browser dazu zwingen kann, bei Bedarf das Tabellenfeld zu vergrößern? (Ein Zeilenumbruch im langen Titel führt NICHT zu einer anderen Optik, habe ich als erstes probiert...)

Der Code für die entsprechende Tabelle (als Bildschirmfoto, weil sonst hier im Blog der Code ausgeführt wird - Mausklick öffnet Bild vergrößert...):


Any ideas anyone?

Update um 19:02 Uhr: Das Problem hat sich durch eine geänderte CSS-Datei beheben lassen! Danke für alle Antworten und Hilfe! Ich lasse den Blogeintrag hier trotzdem stehen... - ist ja ganz ansehnlich, oder?

Mittwoch, 22. Oktober 2008

Eisessen


You may call my love Sophia
I call my love Philosophy
Van Morrison

Feuchtes Laub raschelte unter den Füßen der beiden Spaziergänger im Berliner Tiergarten. Beide waren 13 Jahre alt, das Mädchen wirkte jedoch älter. Ihr Gesicht ließ ahnen, dass sie ihre Kindheit nicht ohne Wunden und Schmerzen hinter sich gebracht hatte. Dunkle Locken fielen bis auf die Schultern, sie trug weiße Jeans und ein schwarzes T-Shirt mit dem HARD ROCK CAFÉ Logo auf der Brust.
Ihr Begleiter war hochgewachsen, schlank, dunkelblond, ein vergnügtes Lächeln spielte auf seinem Gesicht.
Sie schlenderten schweigend den Weg am Kanal entlang. In der Ferne hörte man, wenn man die Ohren spitze, Verkehrsgeräusche.
Die beiden nahmen auf einer Bank Platz und sahen auf das träge fließende Wasser des Landwehrkanals.

Der Junge brach nach etwa zehn Minuten das Schweigen.
»Sophia, weißt du, was mir an dir besonders gefällt?«
»Nein. Aber du wirst es mir gleich sagen.«
Sie lächelte erwartungsvoll.
»Dass man mit dir auch schweigen kann. Stundenlang, wenn es passt. So was ist selten.«
»Danke, Patrick.«
Sie saßen auf der Bank, sahen den Enten zu, die ohne Eile über das Wasser glitten, beobachteten müßige Spaziergänger.
Sophia genoss den Nachmittag. Sie hatten gemeinsam die Arbeiten für die Schule erledigt und waren anschließend mit der U-Bahn zum Bahnhof Zoo gefahren. Von dort aus durchwanderten sie den Tiergarten und sammelten Blätter für den Biologieunterricht. Der Park glänzte nach dem Gewitter, das am Mittag gewütet hatte, frisch gewaschen in der wärmenden Sonne.
Schließlich standen sie auf und schlenderten weiter.
»Du kannst andererseits auch reden wie ein Wasserfall, wenn es passt. Je nach Bedarf dummes Zeug oder kluge Einsichten.«
Patrick blickte auf die herbstlich verfärbten Baumkronen. Dann fuhr er fort: »Du bist wie ein Baum, der einem geben kann, was man braucht. Schatten in der Hitze, Schutz beim Regen, Früchte gegen den Hunger.«
Sophia grinste: »Und wenn es dann kalt wird, holzt du mich ab und verheizt mich in deinem Kamin, ja?«
Der Junge lachte und meinte: »Okay, Ende der Philosophiestunde. Lass uns ein Eis essen gehen, am Ku'damm. Okay?«
»Okay. Eis kann aber auch philosophisch sein. Ich esse Eis, also bin ich.«
»Nee. Ich bin, also esse ich Eis.«
Sophia schüttelte den Kopf.
»Nein, Patrick. Ich weiß nicht, welches Eis ich essen werde, also weiß ich nicht, wer ich bin. Ob ich bin.«

Sie beschleunigten ihre Schritte und verließen den Tiergarten. Quer über den Hardenbergplatz strebten sie dem Europacenter zu.

Dienstag, 21. Oktober 2008

Paulus: Ich bin der Geringste. Ich bin der Größte.

Die Serie »Zurück nach Korinth« wird nebenan auf meinem textlastigen Blog fortgesetzt. Irgendwie finde ich es liebenswert, wie Paulus sich hier nicht so ganz sicher ist, ob er nun der geringste der Apostel oder der fleißigste oder beides ist. 
Bittesehr: Zurück nach Korinth - Teil 13. Über Geistesgaben in der Versammlung und Auferstehung von den Toten.

Montag, 20. Oktober 2008

Benefizkonzert mit dem Christian von der Goltz Trio

Jazzmusiker und -gruppen dürfen seltsame Namen führen. »Seltsam« nicht im negativen Sinne, sondern gemeint ist, dass sie sich nicht groß darum scheren, ob die Benennung »handlich« ist.
Kaum eine Pop-Gruppe würde auf den Namen »Christian von der Goltz Trio« kommen, aber wenn jemand Jazz-Musiker ist, Christian von der Goltz heißt und mit zwei anderen Künstlern als Trio auftritt, dann heißt die Gruppe eben »Christian von der Goltz Trio«.

Anfang November wird das »Christian von der Goltz Trio« ein Konzert zugunsten der John-F.-Kennedy-Schule Berlin geben, zu dem hiermit herzlich eingeladen wird:
  • Sonntag, 2. November 2008, 16 Uhr
  • Paulus Gemeindehaus Zehlendorf
  • Teltower Damm 4-8
  • Tickets: Euro 10
  • Bestellen kann man die Eintrittskarten über diese E-Mailadresse: Susan Wolter.
Christian von der Goltz ist ein ehemaliger Schüler der John-F.-Kennedy-Schule und dieses Konzert gehört zur »JFK Concert Series«.

Biografie:
Geboren 1959 in Bremen. Studium an der HdK Berlin; Meisterschüler. Parallel dazu privater Jazzklavierunterricht bei Walter Norris in Berlin und Kenny Werner in New York.
1999: Erscheinen der ersten Trio-CD »Sophie Said«.
Ab 2000 mehrere Goethe-Institut-Tourneen des Christian von der Goltz-Trios durch Estland,
Lettland, Frankreich, Türkei und Israel.
2002: Zweite Trio-CD »Dreaming«. Weitere Konzerte für das Goethe Institut in St. Petersburg
und Toronto.
2005: Erscheinen der dritten Trio-CD mit ausschließlich Eigenkompositionen »Complicated
stories (with no end)«.

Christian von der Goltz spielt unter anderem mit Till Brönner, Jocelyn B. Smith, Dotschy Reinhardt, Iris Romen, arbeitet als Bandleader und Komponist für Miriam Netti und ihre Band. Er ist außerdem als musikalischer Leiter in verschiedenen Theaterprojekten tätig, beispielsweise mit Katharina Linder und Mischa Sideris in der Show »Queen Of The Beach« über das Leben und die Musik von Carole King.
Er unterrichtet Jazz-Klavier am Jazz Institut Berlin, an der Jazzschule Berlin und an der Musikschule Charlottenburg-Wilmersdorf.

Foto: jazzfritz.de

Sonntag, 19. Oktober 2008

Gastbeitrag von Martin Luther: Hund und Hündin

Eine schwangere Hündin bat mit demütigen Worten einen Hund das er jr wolt sein Heuslin gönnen bis sie geworffen hette.

Das that der Hund gerne.

Da nu die jungen Hündlin erwuchsen begert der Hund sein Heuslin wider aber die Hündin wolte nicht.

Zu letzt drewet jr der Hund vnd hies sie das Heuslin reumen.

Da ward die Hündin zornig vnd sprach Bistu böse so beis vns hinaus.


Diese Fabel zeigt:

Wenn die Laus in grind komet so macht sie sich beschissen. Sihe wie du des Bösen los werdest wens vberhand kriegt.

Der Teufel ist gut zu Gast zu bitten. Aber man kan sein nicht wol los werden.


Quelle: Enstanden ca. 1530. Erstdruck: Jhena (Christian Rödingers Erbern) 1557, Gesamtausgabe der Werke. Zu finden bei Zeno.

Samstag, 18. Oktober 2008

Blog Action Day 2008 - Nachlese

Was bringt so ein Gemeinschaftsprojekt von Bloggern wie der »Blog Action Day« eigentlich? Zum einen sicher Aufmerksamkeit für ein bestimmtes Thema. 2008 ging es um Armut. Mehr als 12.500 Blogs weltweit haben teilgenommen, darunter manche, die ich mangels Sprachkenntnis gar nicht lesen kann. Aber es mag auch Länder geben, in denen man mich nicht verstehen würde...
12.500 Blogs mit einer vom Veranstalter geschätzten Leserschar von über 13 Millionen Menschen - das ist schon ein imposantes Publikum. Also Fazit 1: Aufmerksamkeit für das Thema.


Mitgemacht haben sehr verschieden ausgerichtete und gestaltete Blogs. Vermutlich ging es anderen wie es mir ging: Als Teilnehmer an der Aktion schaut man nach, was andere und wie andere zur Sache beitragen. Natürlich kann niemand über zwölftausendfünfhundert Blogs aufsuchen, aber einige schon, und ich habe ein paar gefunden, die ich durchaus wieder besuchen werde, weil sie für mich interessante Inhalte bieten. Fazit 2: Horizonterweiterung für den Blogger selbst.


Die Beiträge, die ich verstehen konnte, weil sie in einer mir geläufigen Sprache erschienen, haben darüber hinaus meinen Horizont insofern erweitert, als ich auf einige Ideen und Tipps zum Thema Armut aufmerksam wurde, die mir selbst nicht in den Sinn gekommen sind. Also erfuhr ich eine sehr gezielte Bereicherung durch andere Blogger, weil es bei allen um ein einziges Thema ging. Fazit 3: Es war so etwas wie eine sehr produktive und phantasievolle Arbeitsgruppe, die Ideen austauscht.

Ich habe auch die eine oder andere Information aus den Beiträgen gesammelt, auf die ich andernfalls wohl eher nicht gestoßen wäre, zum Beispiel Gedanken darüber, was freie Software mit der Armut zu tun hat: »Free Software & Poverty«. Fazit 4: Informationen für das eigene Umdenken gewonnen.

Manche teilnehmende Blogger beschäftigen sich sowieso immer wieder mit sozialer Gerechtigkeit, andere wurden erstmals auf das Thema aufmerksam und machten sich Gedanken, was sie und wie sie Stellung nehmen. Fazit 5: Etliche Beteiligte und womöglich deren Leserschar erstmals senisbilisiert.

Nicht uninteressant ist natürlich, was für die von Armut betroffenen Menschen bei dieser Aktion herausgekommen ist. Dies zu messen dürfte unmöglich sein. Ein paar Stichproben bei Bloggern, die konkret zu Geld- oder Sachspenden aufgerufen haben, zeigen erste Ergebnisse, soweit berichtet und dokumentiert wird. Fazit 6: Konkrete Hilfe für Menschen in Armut.

Erstaunlich war für mich - nein. Falsch. Ich war nicht erstaunt, sondern es hat sich bestätigt, was ich bereits vorher angenommen hatte: Nur ein sehr kleiner Prozentsatz der teilnehmenden Blogs geben zu erkennen, dass der Blogger Christ ist. Wesentlich größer ist der Anteil von politischen oder esoterischen Blogs, auch die Wirtschaft ist recht gut vertreten, andere Religionen sowieso. Die Christen sind eine Mini-Minderheit. Fazit 7: Befürchtungen bestätigt.

Eine Schulklasse der Berufsschule Rohrbach in Österreich fand mit ihrem Beitrag die Aufmerksamkeit der Presse genauso wie die Beteiligung der Blogger im Iran von den Medien bemerkt wurde. Nur zwei Beispiele von vielen. Es gibt in den Nachrichtenagenturen und -medien weltweit ein recht beachtliches Echo, denn die imposante Teilnehmerzahl macht den Blog Action Day zu einer Nachricht. Fazit 8: Für herkömmliche Medien wurde das Thema Armut sozusagen durch die Hintertür zum Thema.


Der Blog Action Day 2008 hat sicher nicht die Armut vom Angesicht der Erde beseitigt, aber er war auch nicht vergebens.

P.S.: Die Bildschirmfotos haben nichts mit den einzelnen Texten dazwischen zu tun, sie sind rein zufällig so angeordnet.

Freitag, 17. Oktober 2008

Das Verschwinden einer der ältesten christlichen Gemeinden

Ich nehme an, dass George W. Bush, noch Präsident der U.S.A., diese Folge seines Dauerkrieges im Irak nicht beabsichtigt hat. Dennoch ist der Irak inzwischen zu einem Land geworden, in dem Christen für ihren Glauben mit dem Leben bezahlen.

So nachvollziehbar es auch war, dass Amerika den Angriff am 11. September 2001 nicht hinnehmen konnte - inzwischen fragt sich auch so mancher Amerikaner, was die Soldaten eigentlich immer noch dort sollen. Demokratie kann man nicht verordnen, und das westliche Lebens- und Denkmodell wird auch in 20 Jahren noch keine Heimat in arabischen Ländern gefunden haben. 

Eine der ältesten christlichen Kirchen der Welt, die im Irak, verschwindet gerade vom Angesicht der Erde. »Die Welt« berichtet:
Es ist klar, dass al-Qaida und andere islamistische Terroristen den Kampf im Irak nicht mehr gewinnen können. Deshalb wenden sie sich weicheren, einfacher erreichbaren Zielen zu. Für feige Angriffe auf die schwache christliche Gemeinschaft wie nun in Mosul fühlen sie sich immer noch stark genug. Die Extremisten wollen den Irak, der schon weitgehend „judenrein“ ist, nun auch „christenrein“ machen.
...
Es bleibt die bittere Erkenntnis: Wir werden gerade zu Zeitzeugen des Verschwindens einer der ältesten christlichen Gemeinden der Welt. Die Christen im Irak sind erst als Folge des Krieges zu Freiwild geworden. Der giftige Cocktail aus arabischem Nationalismus und Islamismus, der sich hier nun entfaltet, hat Christen das Leben aber auch anderswo in der Region längst zur Hölle gemacht. ... Die Region, in der das Christentum einst entstand, ist ihnen zum unwirtlichen Ort geworden.
CNN berichtet, dass allein in Mossul in den letzten zwei Wochen 13 Christen ermordet wurden, 900 Familien sind in den letzten Tagen geflohen, weil sie vor die Wahl gestellt wurden, zum Islam zu konvertieren oder zu sterben. 


Donnerstag, 16. Oktober 2008

Der Eklat

Der Eklat war diese ganze grauenvolle Veranstaltung. Reich-Ranicki war der Lichtblick.
Mit diesen Worten schließt der Kommentar von Elke Heidenreich »Reich-Ranickis gerechter Zorn«.

Ich habe die Sendung nicht gesehen, und ich kann auch nichts verpasst haben, wenn ich erfahre, dass »Deutschland sucht den Superstar« als beste Unterhaltungssendung ausgezeichnet wurde, dass ein gewisser Atze Schröder und diverse Köche für die Gestaltung sorgen durften.

YouTube sei Dank konnte ich mir ansehen, was die womöglich einzig lohnenden rund 8 Minuten dieser Sendung gewesen sind. Marcel Reich-Ranicki nimmt diese Zumutung nicht hin:



Thomas Gottschalk hat versucht, das beste aus der Situation zu machen. Musste er auch, denn er will wohl weiter erhebliche Honorare durch Fernsehauftritte in den von Marcel Reich-Ranicki zu Recht gescholtenen Medien verdienen. Ob Gottschalk das noch nötig hat, sei dahingestellt, seine Bankkonten dürften ausreichend gefüllt sein. Vielleicht hat er ja Spaß an seinem Beruf? Immerhin ließ er erkennen, was er von RTL und Sat.1, Mitstifter des Fernsehpreises, hält:
Gottschalk: Ich glaube nicht, dass RTL und Sat.1 gerne etwas über das Kulturverständnis von Reich-Ranicki hören wollen. Das könnte bei einigen Mitarbeitern zu Identifikationskrisen führen. Und die Fans von ,DSDS‘ werden sich den Termin auch nicht in den Blackberry tippen. 
Nun ist es ja nicht so, dass nur bei RTL und Sat.1 Müll gesendet wird. Die ganze Fernsehlandschaft spiegelt wieder, was aus unserer Gesellschaft geworden ist. Auch bei ARD und ZDF geht es immer häufiger darum, möglichst viele Tabus zu brechen, um zu beweisen, wie modern man doch ist...

Es gibt offensichtlich erhöhten Bedarf an niveaulosen Sendungen und sogenannten Stars, Geschmacklosem und Peinlichkeiten, denn anderenfalls würden gerade die werbefinanzierten Privatsender schleunigst ihre Programmgestaltung ändern. 

Man darf gespannt sein: Morgen (Freitag) um 22:30 Uhr will das ZDF ein Gespräch über das Fernsehen mit Gottschalk und Reich-Ranicki ins Programm nehmen, »aus gegebenem Anlass«.

P.S.: Foto oben: Screenshot aus der Sendung, vermutlich (C) ZDF oder so.

Mittwoch, 15. Oktober 2008

Blog Action Day 2008 - Armut ist relativ

Heute beschäftigen sich tausende Blogger weltweit mit dem Thema »Armut«.

Der Begriff bezeichnet primär den Mangel an lebenswichtigen Gütern (beispielsweise Essen, Obdach, Kleidung). Um einen Überblick über die Probleme der Entwicklungsländer zu ermöglichen, hat der ehemalige Präsident der Weltbank, Robert Strange McNamara, den Begriff der absoluten Armut eingeführt. Er definierte »absolute Armut« wie folgt:
Armut auf absolutem Niveau ist Leben am äußersten Rand der Existenz. Die absolut Armen sind Menschen, die unter schlimmen Entbehrungen und in einem Zustand von Verwahrlosung und Entwürdigung ums Überleben kämpfen, der unsere durch intellektuelle Phantasie und privilegierte Verhältnisse geprägte Vorstellungskraft übersteigt.
Die absolute Armutsgrenze ist bestimmt als Einkommens- oder Ausgabenniveau, unter dem sich die Menschen eine erforderliche Ernährung und lebenswichtige Bedarfsartikel des täglichen Lebens nicht mehr leisten können. Die Weltbank sieht Menschen, die weniger als 1,25 PPP-US-Dollar pro Tag zur Verfügung haben, als »arm« an. Hunger(-tod) geht somit unmittelbar mit dem Begriff der absoluten Armut einher. (Quelle: Wikipedia)
Wir sind - gemessen an dieser Definition - relativ reich. Doch auch hierzulande gibt es Menschen, die dringend Hilfe benötigen, obwohl sie nicht vom Hungertod bedroht sein mögen. Mangel an Essen, Kleidung und Obdach sind auch im reichen Deutschland längst nicht ausgerottet.
Mancher sagt: »Was kann ich mit meinem bescheidenen Einkommen schon tun?« Mancher weist auch auf Mitmenschen hin, die keine materiellen Sorgen kennen und meint, dass diese zuerst dran wären, wenn es um Nächstenliebe und praktische Hilfe geht.

Wenn wir so verfahren, wird sich nichts ändern. Der reiche Geizhals wird ein Geizhals bleiben. Es wird immer jemanden geben, der reicher ist als ich, und der nichts abgeben will. Es wäre keine gute Idee, auf »die Anderen« zu warten, bevor man selbst tätig wird.

Statt dessen könnte man...
  • ...das Einkommen des heutigen Tages jemandem geben, der in Armut lebt. (Die Rechnung ist, wenn man auf Kommastellen verzichtet, ganz einfach: Monatseinkommen geteilt durch 30 = Tageseinkommen.)
  • ...wenn man Christ ist und den »Zehnten« gibt, diesen Monat das Geld nicht der lokalen Gemeinde, sondern der Bekämpfung und Linderung von Armut widmen.
  • ...wenn man kein Christ ist, mal den »Zehnten« ausprobieren und spenden. (Das sind übrigens 10 Prozent vom Brutto oder Netto, je nach Geschmack, falls der Begriff Kopfzerbrechen bereitet.)
  • ...statt Geld zu spenden zukünftig etwas Praktisches tun, von der Mithilfe bei Organisationen wie den »Tafeln« (Essensausgabe an Arme in vielen Städten), den diversen »Kleiderkammern« (Ausgabe von Kleidung an Bedürftige) oder ähnlichen Projekten, Fromme genau wie ungläubige Freiwillige in Berlin zum Beispiel finden passende Aufgaben bei der »Christlichen Freiwilligenagentur«.
  • ...einen oder mehrere Schuhkartons mit Weihnachtspapier bekleben und für Kinder in Albanien, Armenien, Bulgarien, Georgien, Kasachstan, Kosovo, Kroatien, Moldavien, Mongolei, Polen, Rumänien, Serbien, Slowakei, Südafrika, Weißrussland mit geeigneten Geschenken packen. Sammelstellen gibt es jede Menge.
  • ...andere Christen und Nichtchristen mobilisieren. Vor allem viele Christen denken immer noch, dass das Evangelium nur dazu da ist, Menschen in den Himmel zu bringen. Aber es ist auch dafür da, ihnen auf der Erde ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen.
  • ...sich selbst was ausdenken und dann auch tun.
Hier ein paar Links (ausgeschrieben, falls jemand das ausdrucken und weitergeben will):
»Wir müssen was bewegen, sonst bewegt sich nichts« - Xavier Naidoo

P.S.: Selbstverständlich gibt es zahlreiche weitere Möglichkeiten als die oben aufgeführten, Armut zu lindern. Diese Vorschläge sind weder erschöpfend noch sollen sie eine Wertung darstellen.

Dienstag, 14. Oktober 2008

Gastbeitrag von Franz Kafka: Kleine Fabel

»Ach«, sagte die Maus, »die Welt wird enger mit jedem Tag. Zuerst war sie so breit, daß ich Angst hatte, ich lief weiter und war glücklich, daß ich endlich rechts und links in der Ferne Mauern sah, aber diese langen Mauern eilen so schnell aufeinander zu, daß ich schon im letzten Zimmer bin, und dort im Winkel steht die Falle, in die ich laufe.«

»Du mußt nur die Laufrichtung ändern«, sagte die Katze und fraß sie.


Quelle: Franz Kafka: Gesammelte Werke. Band 8, Frankfurt a.M. 1950. Zu finden bei Zeno

Montag, 13. Oktober 2008

Lehrer Lämpel


Also lautet ein Beschluß:
Daß der Mensch was lernen muß.
(Wilhelm Busch)
Heute und morgen folge ich mit meinen Kolleginnen im Büro diesem Beschluss und lerne was. Zwei Tage Schulung ist angesagt, und daher werde ich kaum dazu kommen, zu bloggen oder auf Kommentare zu antworten.

Allerdings ist vorgesorgt: Für morgen hat Franz Kafka einen Gastbeitrag verfasst, am 15. Oktober ist Blog Action Day zum Thema Armut. Den Beitrag habe ich bereits letzte Woche geschrieben. Am Mittwoch folgt der Eklat...


Also falls ich einstweilen nicht auf hier Hinterlassenes reagiere, liegt das am Leher Lämpel beziehungsweise seinem aktuellen Artgenossen, nicht an den Kommentaren.

Sonntag, 12. Oktober 2008

Günter Grass: Die Box

Es gilt, einen Roman zu beschreiben, der kein Roman zu sein vorgibt, sondern versucht, als Gesprächsprotokollsammlung mit nur sparsamen Kommentaren zum Rahmen der aufgeschriebenen Unterhaltungen den Leser naszuführen. Der Leser möge doch das Ganze für authentisch halten, biographisch, der Wahrheit nahe und verlässlich.
Das ist natürlich Unfug. Und das hat der Autor auch gar nicht im Sinn gehabt, meinem Empfinden nach. Zu viel Zauberhaftes aus der Box mischt sich in die Gespräche, die hier angeblich aufgeschrieben sind. Zu oft beschweren sich die Sprechenden über den Autor, der ihnen Dinge in den Mund legt, die sie nicht wissen und wollen. 
Und doch gelang es Günter Grass, mich bei Lesen immer wieder soweit zu verführen, dass ich mir beispielsweise sagte: Ach so war das damals, als er die Rättin schrieb... 

Nein, so war es natürlich nicht. »Die Box« ist ein Werk der erzählenden Literatur, keine Biographie. Dass der Dichter darin seine zahlreichen Kinder vorwiegend über ihn, den »Vatti«, plaudern, streiten und mutmaßen lässt, ist ein ganz und gar gelungener Kunstgriff, den mit solcher Konsequenz meines Wissens noch kein Schriftsteller angewendet hat. Die Box, die dem Buch den Titel gibt, von der »alten Marie« bedient und in der Lage, das Vergangene und Zukünftige zu fotographieren, spielt die Rolle, die in der Literatur oft der Erzähler selbst einnimmt: Dem Leser Dinge preisgeben, von denen Figuren in der Erzählung nicht wissen können oder dürfen.

Das neue Werk ist mir beim Lesen, wie häufig bei Günter Grass, auch ein Buch über mich geworden. Ich erkenne mich wieder, finde mich beschrieben, zum Beispiel in solchen Sätzen: »Euer Vater ist immer gern woanders und weranders.« In Szenen, in denen er - zwar körperlich anwesend - nur ein paar Türen weiter an seinem Stehpult Worte auf das Papier fließen lässt oder zwingt, aber doch ganz weit weg von Familie, Alltag und Realität ist. 

Sprachlich leistet sich Günter Grass so manches, was mich auf die Palme zu bringen vermag. Unvollständige Sätze noch und noch, Formulierungsfragmente, Bruchstücke. Das ist der Situation geschuldet, zweifellos, soll die durcheinanderredenden Kinder des Dichters hörbar werden lassen. Gestört, zumindest in dieser Häufung, hat es mich doch, genau wie es mich im Alltag irritiert, wenn jemand fragt: »Kann ich mal die Buttter?« 
Immerhin, Günter Grass setzt drei Pünktchen hinter solche Satzscherben...

»Die Box« ist sicher kein alle anderen Werke überragender Roman, aber Günter Grass ist gelungen, was für mich die Lektüre eines Buches lohnend macht: Ich habe mich keinen Augenblick gelangweilt, nie mit dem Gedanken gespielt, ein paar Seiten zu überblättern. Er hat mich gelegentlich geärgert mit diesem Buch, auch hier wie dort amüsiert, aber er hat mich ohne Langeweile durch die rund 200 Seiten geführt. Sobald sich ein paar freie Minuten ergaben, griff ich zu diesem Buch und ließ dafür ein anderes, vorher angefangenes, gerne liegen. 

Mein Fazit: Eine unterhaltsame Lektüre, die gelegentliche Einblicke in zurückgelegtes Zeitgeschehen erlaubt und durch die regelmäßige Hereinnahme von Tatsachen in die Handlung dazu verführt, dem Autor fast zu glauben, was er da fabuliert. Und warum sonst sollte man Romane überhaupt lesen?

Günter Grass: Die Box
18 Euro
Gebundene Ausgabe: 215 Seiten
Verlag: Steidl
ISBN-10: 3865217710
ISBN-13: 978-3865217714
Zum Beispiel hier bei Amazon: Die Box: Dunkelkammergeschichten

Samstag, 11. Oktober 2008

Gefängnisinsassen

Immer öfter stellt sich der eine Aspirant auf den Präsidentensessel in jenem großen Land, in das ich so gerne reise und in dem ich gerne leben würde, selbst ein Bein. In den letzten Tagen hat er seine Landsleute als »fellow prisoners«, also »Mitgefangene« angeredet (Freudsche Fehlleistung? Wo war er eigentlich mit den Gedanken?) und seinen Konkurrenten als »that one«, was unter Politikern und einigermaßen zivilisierten Menschen eine völlig inakzeptable Beleidigung ist, bezeichnet. Im Deutschen könnte man »der Kerl da« sagen.





Obama lächelte nur, seine Mannschaft reagierte auf die verbale Ohrfeige gelassen, blitzschnell und mit viel Humor, wie Haso berichtet hat: That One

Womöglich merkt ja auch das Wählervolk so langsam, dass McCain eher die wohlverdiente Rente genießen als ein Land durch erhebliche Krisen lenken sollte. Die letzte Umfrage von CNN lässt hoffen: McCain liegt 9 Prozentpunkte zurück.

Freitag, 10. Oktober 2008

Recht hat er!

Wenn man einen Literaturkritiker fragt, was nur ein Romanautor wissen kann, ist er dann in Verlegenheit? Keineswegs, wenn es sich um Marcel Reich-Ranicki handelt. Ein gewisser Manfred Bourgeois aus Aachen stellte diese Frage:
Ist ein Roman im Kopf eines Autors bereits fertig, bevor er zu schreiben beginnt, oder entsteht das Werk erst allmählich Satz für Satz, indem der Autor sich während der Abfassung des Textes von seiner Spontaneität, Intuition und Phantasie tragen oder gar treiben lässt?
Marcel Reich-Ranicki antwortete:
Sie sprechen von zwei verschiedenen Möglichkeiten der Entstehung eines literarischen Werks. Aber es gibt noch viele andere Möglichkeiten, das „Entweder - Oder“ ist bestimmt nicht richtig.
Tolstoi hatte keineswegs die Absicht, die Geschichte seiner Anna Karenina mit ihrem Selbstmord abzuschließen. Erst während der Arbeit an diesem Roman sah er, dass er ihn mit einer Verzweiflungstat, mit ihrem Tod beenden musste. Warum „musste“? Anna habe ihn, bemerkte er gelegentlich, dazu gezwungen. Man könnte sagen, ihr Tod auf den Gleisen der Eisenbahn war nicht seine, vielmehr ihre Entscheidung.
Auch das Verhältnis anderer Autoren zu ihren Figuren hat sich oft während der Arbeit am jeweiligen Werk deutlich geändert. Ein berühmtes Beispiel aus der deutschen Literatur: Goethe und seine schöne Intrigantin und Giftmischerin Adelheid von Walldorf im „Götz von Berlichingen“. In „Dichtung und Wahrheit“ heißt es: „Ich hatte mich, indem ich Adelheid liebenswürdig zu schildern trachtete, selbst in sie verliebt . . .“
Schön für mich, das zu lesen. Weiß ich mich doch nun mit Goethe und Tolstoi vereinigt, da es mir mit meinen Figuren in Roman oder Kurzgeschichte, Erzählung oder Fragment oft genug nicht anders geht.

Mein Tipp für schreibende Zeitgenossen: Den Figuren ihren Willen lassen, die wissen manchmal besser, was sie wollen, als der Autor.

Mehr kluge, poltende oder begeisterte Antworten auf manchmal nicht ganz so kluge Fragen gibt Marcel Reich-Ranicki regelmäßig in der F.A.Z., auch im Internet nachzulesen: Fragen Sie Reich-Ranicki

Foto: Wikipedia

Donnerstag, 9. Oktober 2008

Volxbibel lesen und mit dem ZEN-Player I'm Not There schauen?

Schon ulkig, was die Amazon-Maschine so alles zusammenbastelt. Da schaut man sich ein paar Artikel an und dann kommt so was dabei raus. Amüsant allemal. Wenn ich nun diesen Amazon-Empfehlungen folge, kann ich dann die Volxbibel hören und I'm Not There lesen? Oder brauche ich da erst noch den ZEN-Player, der auf meiner Wunschliste steht?

Rätsel über Rätsel. Einstweilen höre ich die erste Folge der dritten Staffel der Theme Time Radio Hour »Money« auf meinem schon recht ramponierten, gerade notdürftig reparierten (zu was Büroklammern so alles gut sind...) alten MP3-Player und weiß jetzt, warum Bob Dylan nicht unter dem Empire-State-Building spazieren gehen möchte.

P.S.: Morgen geht es hier auf dem Blog nicht um Musik.

Kleiner Tipp zu m4a

Wenn jetzt jemand fragt: »M4a? Was soll das denn sein?«, dann ist dieser Tipp für denjenigen überflüssig. 

Falls jedoch jemand ratlos ein entpacktes Verzeichnis betrachtet, in dem lauter Dateien mit der Endung .m4a stehen, die er weder auf Audio-CD brennen noch (womöglich) anhören kann, dann ist dieser Tipp sicher hilfreich.

Es mag auch sein, dass man irgendwann in der Zukunft dem Format begegnet und sich dann erinnert: Da gab es doch mal einen Tipp...

Das .m4a-Format ist eine von vielen Variante, in Nullen und Einsen verwandelte Musik zu speichern. In der PC-Welt ist allerdings eher .mp3 gebräuchlich, und auf vielen PCs fehlt vermutlich schon mal die Software, um .m4a abzuspielen, geschweige denn, Audio-CDs daraus zu brennen. Nero kann das nicht, der Windows-Mediaplayer auch nicht, DeepBurner versteht nur Bahnhof...

In solchen Fällen ist ein kleines Programm hilfreich, das nichts kostet und das bei mir seit längerer Zeit störungsfrei seinen Dienst verrichtet. Es nennt sich »Free M4a to MP3 Converter« und kann so gut wie nichts, außer das, was es können soll: Aus .m4a-Dateien .mp3-Dateien machen. Und noch ein paar andere eher exotische Konvertierungen erledigen. Hier geht es lang zum Download: Maniactools / Free M4a to MP3 Converter.

Mittwoch, 8. Oktober 2008

Bob Dylan: Tell Tale Signs

Bob Dylan hatte schon immer ein Herz für die Bootleggers. Das sind die Fans, die Konzert für Konzert mitschneiden und unter die Leute bringen, kostenlos natürlich, auch nicht verwendetes Studiomaterial wird gerne genommen. Ehrenhafte Bootleggers hüten sich davor, Material zu verwenden, das als CD oder LP offiziell veröffentlicht wurde, nach dem Motto »Keep the Bob-Boots-Lake clean - don't steal music!«
Es gibt seit Jahren von der offiziellen Bob-Dylan-Seite im Internet einen Link zu »Expecting Rain« - dort sind tausende von Bob-Boots zu finden. Bob Dylan weiß, was er da verlinken lässt, und er lobt die Musikbegeisterten: »Some of these bootleggers, they make pretty good stuff. Plenty of places to hide things here, if you wanna hide them bad enough« sang er in »Sugar Baby«.
Und im Video zum aktuellen Album »Tell Tale Signs« gibt es nicht Bob Dylan zu sehen, sondern einen Bootlegger, der fleißig sammelt und zusammenstellt, was er an Bootlegs finden kann. Wenn »Sugar Baby« noch nicht deutlich genug ausdrückte, dass His Bobness die Bootlegger schätzt und ehrt, dann ist es mit diesem Video endgültig besiegelt.

Nun ist das neue Album ein Teil der offiziellen Bootleg-Serie - und einige Fische sind prompt aus dem Bob-Boot-Teich entfernt worden, weil jetzt ja offiziell veröffentlicht. Zu hören gibt es auf »Tell Tale Signs« alternative Versionen und ein paar Live-Mitschnitte sowie Lieder, die es nicht auf die letzten Alben geschafft haben. (Es gibt noch eine überhöht teure 3-CD-Version, die rund 100 Euro kostet. Von der würde ich abraten, schon um zu zeigen, dass es gewisse Grenzen gibt, auch bei Columbia Records und Bob Dylan.)
Zu bewerten, welche Version eines Songs die bessere sei, ist immer eine sehr subjektive Angelegenheit. Und bei mir zumindest ändert sich das auch je nach Stimmung und Lebenslage. Bob Dylan selbst beweist mit jedem Auftritt, dass seine Lieder leben, immer nur eine Momentaufnahme sind. Was gestern als sanfte Ballade daher kam, kann morgen zum zornigen Rock oder zum monotonen Sprechgesang mutieren. »Fertig« sind seine Songs jedenfalls nie. Das zeigen mir auch einige Eindrücke vom vorliegenden Album (in der bezahlbaren 2-CD-Version). Nicht zu allen Songs will ich mich äußern, das würde den Rahmen sprengen...

Disk: 1
1. Mississippi
Da geht es schon los mit der Subjektivität: Gefällt mir besser, viel besser sogar, als die Version, die es auf die CD »Time Out Of Mind« geschafft hat. Heute und hier zumindest, vielleicht spricht mich morgen wieder die andere mehr an?

2. Most Of The Time
Das Album »Oh Mercy« ist mir stets ein zwiespältiges gewesen, dieser Song neben »Dignity« mein Liebelingslied unter den ansonsten eher mittelmäßigen Songs. Nun höre ich eine entschlackte Version, und kann mich nicht entscheiden, ob sie mir gefällt.

4. Someday Baby
»Modern Times« ist von den drei letzten Alben mein liebstes. Es hätte noch besser sein können, wenn diese Version von »Someday Baby« darauf gelandet wäre. Die gefällt mir nun wirklich wesentlich besser.

5. Red River Shore
Warum nur hat uns Bob Dylan oder der Produzent diesen Song bisher vorenthalten? Soooo voll war doch »Modern Times« noch nicht. Ein ganz bezauberndes Liebeslied, das ein hervorragendes Album noch bereichert hätte.

8. Can't Wait
Wie bei »Someday Baby« scheint mir nach heutiger Befindlichkeit diese Version die bessere zu sein. Es klingt, als sei His Bobness innerlich mehr bei der Sache als in der Fassung, die auf dem Album erschienen ist.

10. Dreamin' Of You
Dieser Song ist sozusagen Teig, aus dem viele Brote geformt wurden. Zahlreiche Textzeilen finden sich in anderen Songs wieder, in anderen Zusammenhängen, in anderen Stimmungen. Ein Abenteuer für jeden Bob Dylan Fan, eine Schnitzeljagd. Faszinierend.

13. High Water (For Charley Patton) - Live, 2003
Nun ja. Eine Momentaufnahme. Da gab es unter den Bootlegs der letzten Jahre einige, die mir mehr zusagten. Vielleicht hätte man bei Expecting Rain stöbern sollen, als dieses Album zusammengestellt wurde?

Disk: 2
1. Mississippi
Noch eine Version, und - das macht den Reiz dieses Albums aus - wieder eine andere Stimmung beim gleichen Song. Wie viele mag es geben? Mir gefällt die von Disk 1 besser, dann folgt diese hier und dann auf Platz 3 die vom offiziellen Album. Heute zumindest.

2. 32-20 Blues
So was kann er auch, der Bob, einen kleinen Blues für zwischendurch, nicht aufregend, aber auch nicht langweilig. Die Aufnahmequalität ist allerdings nicht ganz auf der Höhe...

3. Series Of Dreams
Diese Version ähnelt der auf dem Album »Oh Mercy«, aber die abweichende Instrumentierung und die mehr im Vordergrund stehende Stimme geben im Ganzen doch eine andere Stimmung wieder. Etwas trauriger, finde ich, und das ist ja bei Dylan Songs oft gerade das, was fasziniert.

4. God Knows
»God knows« wirkt auf mich immer, auch in dieser Fasung, wie ein Song, aus dem noch was werden könnte. Rohmaterial, so wie »Dreamin' of you«, Gedanken und Bruchstücke, die zu etwas führen könnten, was wirklich herausragend wäre. Aber Bob Dylan meinte wohl, der Song sei fertig.

7. Ring Them Bells - Live, The Supper Club, 1993
Das Supper-Club-Bootleg in meiner Sammlung ist eines meiner Lieblingsalben. Das, was als »MTV-Unplugged« ungefähr zur gleichen Zeit entstanden ist, deutet nur an, was im »Supper Club« deutlich wurde: Ein ganz und gar leidenschaftlicher Bob Dylan, der mit einer selten gehörten Intensität singt. Was bin ich froh, das komplette Supper-Club-Album mit beiden Shows zu haben. »Ring Them Bells« ist ein gut gewählter Ausschnitt.

8. Cocaine Blues - Live, 1997
Dieser Song fällt vor allem durch die recht bescheidene Aufnahmequalität auf. Hat da jemand ein Diktiergerät in die Luft gehalten? Immerhin: Schöner Harmoniegesang, aber ansonsten und auf diesem Album eigentlich überflüssig.

9. Ain't Talkin'
Wenn man diese Version einmal gehört hat, möchte man »Ain't Talkin'« von »Modern Times« ausradieren. Auf einmal wird das Lied zu einem ganz und gar mitreißenden, intimen Blick in die Seele eines Mannes, der es aufgegeben hat, mit dem Publikum der Konzerte zu reden. Und der statt dessen als Moderator der »Theme Time Radio Hour« scherzt, predigt und plaudert.

11. Lonesome Day Blues - Live, 2002
Eine sehr zornige Version eines bestürzenden Liedes, dessen Veröffentlichung am 11. September 2001 so manchen Fan davon überzeugt hat, dass Bob Dylan auch ein Prophet sein kann.

14. 'Cross The Green Mountain
Das letzte Lied dieses Albums, und - ich bin immer noch ganz subjektiv - das beste. Ein Endzeitbild einschließlich der Entrückung, ein Blick in die Seele, oder einfach nur ein wunderbarer Song, das mag jeder für sich entscheiden.

Mein Fazit: Für Fans eine reich gefüllte Schatztruhe. Für Menschen, die gelegentlich Bob Dylan hören, empfehlenswert. Für Zeitgenossen, die »Blowing in the Wind« in der 60er-Jahre Version erwarten, wenn sie den Namen Dylan hören, ungenießbar. Für jemanden, der überhaupt keine Ahnung hat, was und wie Bob Dylan heute musiziert, würde ich eher zu »Modern Times« als Einstieg raten.
Zu finden ist »Tell Tale Signs« - auch in der unverschämt teuren Version - unter anderem bei Amazon: Tell Tale Signs: the Bootleg Series Vol.8


P.S.: Zeichnung bei Croz gemopst, Coverbild bei Amazon.

Dienstag, 7. Oktober 2008

»Aber die gehört doch...

...zu einer Pfingstgemeinde«, meinte die Amerikanerin, mit der ich kürzlich über die US-Wahlen sprach. Die Rede war von Sarah Palin, die gerne als Vizekandidatin mit John McCain ins Weiße Haus gewählt werden möchte.
Als sei die Zugehörigkeit zu einer Pfingstgemeinde (von Frau Palin sowieso inzwischen abgelegt) ein Garant für erfolgreiche Politik. »Und wenn Obama sagt, dass er Christ sei, dann ist er aber jedenfalls nicht wiedergeboren«, fügte besagte Gesprächspartnerin noch hinzu. Als sei eine Wiedergeburt Garant für erfolgreiche Politik.
Es scheint in manchen amerikanischen Köpfen die Vorstellung zu herrschen, als ginge es um die Wahl eines Bischofs oder Predigers, anstatt um die Wahl einer Partei, die dann ihren Präsidentschaftskandidaten nominiert und wählt.
Ob jemand Putin für den deutschen Bundespräsidenten hält (McCain) oder eine widerliche Schlammschlacht betreibt und den demokratischen Kandidaten (der seinerzeit noch ein Kind war) in die Nähe eines ehemaligen Terroristen rückt (Palin), ist offenbar weniger entscheidend als die Zugehörigkeit zu einer Konfession.

Allerdings scheint dies kein »amerikanisches« Phänomen zu sein. Wenn man die Deutschen fragt, warum sie diesen oder jenen Kandidaten wählen wollen, erfährt man in der Regel auch wenig vom Wahlprogramm oder den politischen Zielen, dafür umso mehr, dass jemand »nett aussieht« oder »gut reden kann«.
Fragt man, warum jemand nicht gewählt wird, hört man »weil er schwul ist« oder »die sieht so ungepflegt aus«.
Vermutlich hatte Rudi Assauer recht, als er über Franz Beckenbauer sagte: »Er könnte 14 Tage vor der Wahl eine Partei gründen und würde dann Kanzler.«

Mir ist jemand, der eine politische Vision hat, jedenfalls lieber als jemand, der im alten Trott weitermachen will, wenn der alte Trott gezeigt hat, dass er dem Land nicht gut tut. Ob alle Visionen sofort umsetzbar sind, mag dahingestellt sein. »I have a dream...« sagte einmal jemand, der davon träumte, dass schwarze Amerikaner an den Universitäten studieren dürfen, dass die Hautfarbe einen Menschen eines Tages nicht mehr zum Untermenschen machen wird. Dieser Traum wurde verlacht und der Träumende erschossen. Der Traum allerdings ließ sich nicht ermorden.
»Yes, we can!« sagt heute ein Kandidat in Amerika, der sich beharrlich weigert, sich auf das Schlammschlacht-Niveau seiner politischen Gegner zu begeben. Ich hoffe, dass die Leibwächter gut auf ihn aufpassen. Seine Vision mag manchem unrealistisch erscheinen. Aber wenigstens hat er eine. Und das mag für das angestrebte Amt mehr wert sein, als die Zugehörigkeit zu einer Pfingstgemeinde.

Montag, 6. Oktober 2008

Ein Krimi, der kein Krimi war

Der gestrige »Tatort« hat bei mir mehr Betroffenheit ausgelöst als irgend einer zuvor, soweit ich mich überhaupt an die Folgen erinnere. Die meisten vergesse ich nach ein paar Wochen sowieso. Diesen sicher nicht so schnell. Dazu mag beitragen, dass ich vor etlichen Jahren das Sterben eines 12jährigen Kindes an der Mukoviszidose aus familiärer Nähe miterlebt habe - doch dieser Film hätte mich wohl auch ohne diese eigene Erfahrung tief angerührt.

War das überhaupt ein Krimi? Rein sachlich betrachtet schon, aber die Krimihandlung (Mörder suchen und finden) stand irgendwie ungewohnt im Hintergrund. Auch Kopper und Odenthal, die beiden ermittelnden Kommissare, waren nicht wirklich die prägenden Figuren.

Da waren für mich vielmehr zwei Schauspielerinnen diejenigen, die diesen Film zu mehr als einem Krimi machten: Susanne Lothar, die vor rund einem Jahr ihren Mann Ulrich Mühe beim Sterben begleitet hat als Mutter und das Mädchen (Stella Kunkat), das die Sterbenskranke so unverfälscht und ohne Pathos gespielt hat, wie man es von einem Kind kaum erwarten würde.

Sterbehilfe - ja oder nein? Eine Frage, auf die es viele Antworten gibt, eine Frage, die ich nicht mit Ja oder Nein zu beantworten in der Lage bin. Der Focus:
„Sterben ist keine Idylle“, sagt der Vorsitzende von „Charontas“, „und manchmal ist es ein Verbrechen, nicht zu helfen.“ Wahrscheinlich hat er Recht. Der Anwalt dieses Vereins sagt: „Die Leute finden einen Weg, sich umzubringen.“ Wahrscheinlich hat er Recht. Der Vater des sterbenskranken Mädchens Julia sagt zu seiner Frau: „Ich entscheide nicht, wann sie zu sterben hat. Und du auch nicht. Wir haben kein Recht dazu.“ Wahrscheinlich hat er Recht. Alle haben Recht, irgendwie. Aber wer hat mehr Recht in diesem Fall? (Quelle: Focus Online)
Was würde ich tun, wenn ich mit einem solchen Schicksal als Elternteil konfrontiert wäre? Ginge es mir wie der Mutter im Film? „Wie halten Sie das aus?“, fragte die Kommissarin. Susanne Lothar mit dem (schmerzhaften) Versuch eines Lächelns: „Gar nicht.“

Foto: ARD

Längliches Wochenende

Es liegt ein wegen des Feiertages in die Länge gezogenes Wochenende zurück. Die solchermaßen länglich verformten Tage führten mich unter anderem in diese Kirche, in der mindestens zwei Särge und ein geistliches Geheimnis aufbewahrt werden:


Es stand auch ausreichend Gelegenheit zur Verfügung, am Kaminfeuer Kaffee zu trinken und frisch gebackene Torte zu genießen.


Diese beiden vierbeinigen Gesellen habe ich (vermutlich illegaler Weise) mit Zucker gefüttert, der sich, weil zum Kaffee nicht benötigt, in meiner Tasche fand.


Außerdem lernte ich einiges über die älteste bekannte Schriftstellerin in Deutschland, ihr Leben und ihre Werke.


Ich warf einen Blick aus luftiger Höhe auf die Stadt, in der jene Roswitha ihre Heimat hatte. Eine Stadt mit einem Dom, der keiner ist, weil es nie einen Bischof gab.


Von Mann zu Mann zu Mann gab es Gespräche über Schule, Schach, Fußball und Firmenpolitik, Jungsein und etwas weniger jung sein, Indien, Deutschland und andere Länder.


Ein rundum gefülltes längliches Wochenende. Vieles will noch verarbeitet und verdaut werden, denn es gab sehr ausführliche Gespräche über das Zeitgeschehen mit einer hier nicht namentlich genannten prophetischen Person. Manches bleibt einstweilen ungesagt.

Und nun ist der Alltag wieder eingekehrt, einstweilen.

Samstag, 4. Oktober 2008

Advent ist im Dezember, Gebäck ist jetzt!

Gestern habe ich vom Balkon aus das erste mit »Weihnachtsbeleuchtung« versehene Haus in der Nachbarschaft ausgemacht. Geht man Einkaufen, hat man sowieso den Eindruck, Weihnachten stehe unmittelbar bevor.
Andererseits gibt es ja mittlerweile das ganze Jahr über gefärbte Hühnereier zu kaufen. Warum also nicht Christbaumkugeln am Frühlingsstrauß und Lebkuchenherzen zur Grillparty im Sommer? Was es mit Weihnachten oder Ostern auf sich hat, weiß ja sowieso kaum noch jemand...

Donnerstag, 2. Oktober 2008

PPP am 3. Oktober

Ich werde am 3. Oktober nicht in Berlin weilen, möchte aber die geschätzten Blogbesucher, die vielleicht in der Stadt sind oder in die Stadt kommen, auf PPP hinweisen. Das Kürzel habe ich ersonnen, um die Überschrift kurz zu halten und die Neugier zu schüren. Es steht für das Motto People Praise & Pray.
Ich bin ja kein Freund der unnötigen Anglizismen, aber dies ist eine internationale Veranstaltung und im Himmel werden wir sowieso alle Englisch reden. Sonst würden die Engel ja Deutschel oder Franzel oder Spaniel heißen.

Anlässlich des 18. Jahrestages der deutschen Einheit werden in Berlin Christen aus Afrika, dem Nahen Osten, Deutschland und anderen europäischen Ländern interkulturell Gott loben und gemeinsam für unser Land beten.
Die Veranstaltung findet in der Lukas-Gemeinde Schöneberg, Kurfürstenstraße 133, statt und geht von 15.30 bis 21.30 Uhr. Jeweils um 15.30, 17.30 und 19 Uhr ist eine 45-minütige Lobpreiszeit mit anschließendem Gebet vorgesehen.
In den Pausen wird Kulinarisches aus verschiedenen Erdteilen gereicht. Um 20.30 Uhr gibt es eine abschließende »Jam Session« aller Musiker des Tages.

Wer noch DM-Münzen und Scheine in der Zuckerdose versteckt hat, darf diese gerne mitbringen und für das Projekt »Alte DM, neue Hoffnung« spenden.

Mittwoch, 1. Oktober 2008

Evangelium auf CNN

Weil »Evangelium« für »Gute Nachricht«, »Frohe Botschaft« oder »Siegesbotschaft« steht, hat Bono am Rande der UN-Vollversammlung auf CNN Evangelium zu verkünden gewusst:
»We got good news this week. I know normally I'm on your program with bad news -- the whingeing rock star -- but it's great. There's a disease, malaria -- it's 3,000 African kids die every day of mosquito bites. Sounds mad, but it's true. And people have committed and it looks like the funds are on the table so that that disease will be no more by 2015.« (Das ganze Interview gibt es zum Nachlesen hier: Bono praises McCain, Obama and America.)
Ein kleiner Schritt auf dem Weg, aber immerhin ein echter Sieg in der Schlacht. In wenigen Jahren wird kein Kind mehr an Malaria sterben - das benötigte Geld ist zusammengekommen. Ein Grund, sich zu freuen, und eine Ermutigung, weiter zu kämpfen für eine Welt, in der die Armut etwas ist, was es in der Vergangenheit mal gab.

Bono nützt seinen Status als Rockstar auf eine wunderbar unverschämte Weise aus, um mit anderen Prominenten, aber auch ganz normalen Menschen wie Günter Jott aus Berlin, den Mächtigen der Welt so lange keine Ruhe zu lassen, wie Menschen deshalb sterben, weil sie in Armut leben. Zu denen, die sich via ONE zu diesem Kampf zusammengeschlossen haben, gehören eine ganze Menge Menschen, deren letzte Sorge das Geld sein dürfte. Bill Gates, Michael Bloomberg, Bob Geldof und einige, die nicht einmal wollen, dass ihr Name genannt wird. Es fällt den Politikern zunehmend schwer, sich aus ihren öffentlichen Versprechen hinterher herauszuwinden...
Bono: »You know, politicians. They love signing checks, but they don't like cashing them. They love the photograph. These G-8 meetings, you'll see myself and my partner Bob Geldof arm-wrestling with politicians up against the wall.«
Mittlerweile hat Emergent Village mit ONE eine Partnerschaft begonnen (daher das Logo oben rechts bei diesem Beitrag). Auch andere christliche Gruppen und Organisationen sind inzwischen dabei. Das gibt mir Hoffnung, dass es womöglich doch gelingen wird, die Gemeinde der Endzeit aus den frommen Kuschelecken heraus zu bekommen.
Kürzlich war ich nach dem Hören einer Predigt ein wenig bedrückt. Der Pastor hatte ausführlich darüber gesprochen, wie die Gemeindemitglieder finanziellen Segen erwarten sollen und dürfen, um dann einerseits den Lebensbedarf zu decken (was völlig legitim ist), und andererseits ihre Gemeinde noch tatkräftiger unterstützen zu können. Irgendwie gewann ich den Eindruck, als sei das »Trachten nach dem Reich Gottes« gleichbedeutend mit den Belangen der örtlichen Gemeinde. Vielleicht habe ich mich beim Zuhören auch geirrt...
Wie dem auch sei. Ist es denkbar, dass auch die freikirchlich orientierte die Christenheit, bevor sie sich um die eigenen Belange kümmert, das tut, was letztendlich vor dem Richterstuhl des Königs über »links« oder »rechts« entscheiden wird? Das hat Jesus recht unmissverständlich so formuliert:
Denn mich hungerte, und ihr gabt mir nicht zu essen; mich dürstete, und ihr gabt mir nicht zu trinken; ich war Fremdling, und ihr nahmt mich nicht auf; nackt, und ihr bekleidetet mich nicht; krank und im Gefängnis, und ihr besuchtet mich nicht.
Dann werden sie antworten und sagen: Herr, wann sahen wir dich hungrig oder durstig oder als Fremdling oder nackt oder krank oder im Gefängnis und haben dir nicht gedient?
Dann wird er ihnen antworten und sagen: Wahrlich, ich sage euch, was ihr einem dieser Geringsten nicht getan habt, habt ihr auch mir nicht getan. (Matthäus 25, 42ff)
Wird das auch in Deutschland gelingen? Warum eigentlich nicht! Man muss nicht Bono oder Bill Gates sein, um etwas zu tun. 
Haso schilderte gestern seine Gedanken über das Wohlstandsevangelium. Und gibt ganz praktische, für jedermann und jedefrau umsetzbare Tipps.