Samstag, 28. Juni 2008

Bloggeburtstag. Pause.

Heute vor einem Jahr, am 28. Juni 2007, habe ich hier den ersten Beitrag geschrieben. Damit erblickte ein weiterer Blog das künstliche Licht der virtuellen Welt. Seinerzeit war ich noch unsicher, ob und wie lange ich das Experiment fortführen würde:
Die Zeit wird zeigen, ob das Bloggen mir geheuer wird. Ich könnte vieles tun, was bisher mir verwehrt gewesen ist, unterwegs schreiben beispielsweise. Doch ist der Mensch auch ein Gewohnheitstier. (Zitat aus dem ersten Beitrag)
Mittlerweile ist auch die Homepage, die es letztes Jahr zunächst noch parallel gab, des Todes gestorben und durch einen zweiten Blog für meine längeren Arbeiten ersetzt worden; dieser hier diente von Anfang an den vielen kunterbunten Einträgen und hat bei weitem mehr Besucher. Das mag natürlich mit daran liegen, dass jener Blog eher selten Aktualisierungen erfährt, während dieser hier fast täglich, manchmal mit mehreren Beiträgen pro Tag, häufig Neues bietet.

Ein Jahr als Blogger - das hat mir viel Spaß gemacht. 411 Beiträge in zwölf Monaten... - gar nicht so schlecht, will mir scheinen. Mathematisch begabte Menschen mögen bis auf mehrere Kommastellen ausrechnen, wie viele Beiträge pro Tag das sind.

Vor allem die Kommentare und Diskussionen machen für mich den besonderen Reiz aus, daher an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an alle, die mit ihren Beifallsstürmen, Missfallensbekundungen und allem Übrigen dazu beitragen, dass dieser Blog recht lebendig ist. Ein Blog ist im Wortsinn ein Web-Log, ein Tage- oder Logbuch. Gerade durch die Beteiligung der Leser wird ein Blog jedoch viel mehr als ein Tagebuch, in das ja gewöhnlich nur der Autor selbst etwas einträgt. Und in Logbüchern stehen sowieso nur komische Zahlenberechnungen...

So, und nun macht der Blog pünktlich zum Geburtstag erst mal Pause. Ich habe drei Wochen Urlaub genommen und werde den auch dazu nutzen, meine Onlinezeiten erheblich zu reduzieren. Vielleicht gibt es mal ein Lebenszeichen in den nächsten Wochen, vielleicht aber auch nicht. Auch auf Kommentare und E-Mails wird es voraussichtlich in dieser Zeit keine Antworten geben.

Nur zur Beruhigung für alle, die es gewöhnt sind, hier so gut wie täglich Neues vorzufinden: Nein, die Entrückung hat noch nicht stattgefunden, ich mache nur mal Pause. Wenn sie allerdings in den nächsten drei Wochen stattfindet, die Entrückung, dann... - na ja, das kann man dann in der Zeitung lesen.

Ihr könnt solange gerne dem Blog gratulieren, während ich mich ausklinke. Dann freut er sich und fühlt sich nicht völlig einsam. So ein Blog ist ja schließlich auch nur ein Mensch...

Na denn. Gehabt euch wohl! I'll be back.

Freitag, 27. Juni 2008

Petition an die G8

Als Mitglied von »ONE« bitte ich heute meine Blogleser, eine Petition an die G8-Regierungschefs zu unterschreiben. Das kostet nichts, keine Spende oder Mitgliedschaft ist notwendig, es geht einfach nur darum, dass möglichst viele Menschen ihre Stimme erheben. Dass dies den Regieungschefs bekannt gemacht wird, dafür sorgt »ONE«.

2008 ist ein wichtiges Jahr im Kampf gegen Armut und Krankheit. Im Sommer 2008 ist die Hälfte der Zeit zwischen 2005 und 2010, dem Zeitpunkt, bis zu dem eine ganze Menge G8-Versprechungen eingelöst werden sollten, verstrichen. Unter anderem wurden 2005 von den Regierungen 25 Milliarden Dollar praktischer Hilfeleistung in Afrika zugesagt. Die G8 hinkt ganz erbärmlich den eigenen Versprechungen hinterher.
Politiker sind (von Ausnahmen abgesehen) außerordentlich an der eigenen Popularität und daher in gewisser Weise auch am Willen der Bevölkerung interessiert, denn davon hängt in demokratischen Staaten die Karriere ab.
Die G8-Staaten haben feierlich einiges versprochen, was bisher nicht oder kaum eingelöst wurde. Anfang Juli treffen sich die Regierungschefs. Daher jetzt diese Petitions-Aktion von »ONE«. Die G8-Staaten sollen an ihre Möglichkeit - und Verantwortung - den Worten auch Taten folgen zu lassen, von Unterzeichnern weltweit erinnert werden.

Hier der Text der Petition:
Wir fordern Sie auf, auf den Erfolgen der Vergangenheit im Kampf gegen extreme Armut aufzubauen, indem Sie Ihre Versprechungen bezüglich medizinischer Versorgung, Landwirtschaft und Ausbildung einlösen und dadurch die Menschen in den Entwicklungsländern in deren eigenen Anstrengungen unterstützen, gegen Korruption anzugehen und für stabile Staatsführungen zu sorgen.

We call upon you to build on recent success in fighting extreme poverty by delivering your commitments on healthcare, agriculture and education and by helping citizens in developing countries in their efforts to improve governance and fight corruption.
Unterschreiben kann jeder auf dieser Petitionsseite: A Simple Request to the G8

Donnerstag, 26. Juni 2008

Lukas Storch Podolski Haso Merkel

Gestern habe ich auf dem Weg zur Arbeit und auf dem Weg zurück nach Hause zwei Predigten gehört, die ich heute gerne empfehlen möchte.

Beide haben die passende Länge für meinen Arbeitsweg, im Gegensatz zu den meisten Predigten, die ich Sonntags in unserer Gemeinde zu hören bekomme. Bei uns sind sie meist etwa 60 Minuten lang... - man kann geteilter Meinung sein, ob das sinnvoll ist.

Bei den Jesus Freaks in Remscheid dagegen predigt man runde 30 Minuten, und das passt sehr gut zum täglichen Weg vom grünen Lichterfelde ins industrielle Neukölln.

Hier die beiden Empfehlungen. Rechte Maustaste: Download. Linke Maustaste: Anhören.
  • Auf dem Weg zur Arbeit erfuhr ich in 29:32 Minuten, was Haso und sein Bauch mit mir zu tun haben, warum es manchmal besser ist, wenn etwas eine Weile dauert und wie Haso sich einst beim Holzhacken die Fingerkuppe abgeschnitten hat: Aus dem Bauch heraus.

  • Auf dem Weg nach Hause hat mich Storch in 31:17 Minuten überzeugt, dass er wirklich keine Ahnung vom Fußball hat und ich habe mit Interesse verfolgt, wie er von Lukas Podolski über Angela Merkel zu einem Leprakranken gelangt: Sind wir nicht auch oft wie Martha?
Ganz hervorragend finde ich übrigens, dass die Predigten aus Remscheid samt und sonders kostenlos sind, im Gegensatz zu denen aus manch anderer Gemeinde, für die man viel Geld ausgeben muss, wenn man sie herunterladen will.

Vielen Dank an die Jesus Freaks, ich höre oft und gerne aus der Ferne zu.

Mittwoch, 25. Juni 2008

Vor dem Finale...

...für eine der beiden Mannschaften noch zwei Hinweise.

1. Fußball ist unappetitlich. Da scheißt jemand die Mannschaft ins Spiel:


2. Bei der Wohnungswahl sollte man eine gewisse Vorsicht walten lassen:


Quelle: Die Bilder sind mir per E-Mail zugeflogen. Keine Ahnung, wo die herkommen...

Es empfiehlt sich...

...heute die abendliche Mahlzeit vor 20:45 Uhr einzunehmen.



Hier noch was für alle Freunde von Umfragen oder sonstigen Dingen, auf denen man was klicken darf:






Wer nach dem Spiel noch abstimmt, ist übrigens doof. Und dass da »tuerkische« statt »türkische« steht, liegt daran, dass FlashGearCom keine Umlaute verarbeiten kann.

Foto gefunden bei Google mit Verweis auf Flickr als Quelle. Sehr aussagekräftig.

Dienstag, 24. Juni 2008

wie eyns eynhorns

Wenn ein Juniorpastor von der Kanzel sagt, er habe während der Anbetungszeit ein weißes Einhorn mit Flügeln gesehen, und dieses Einhon repräsentiere Jesus, dann reagieren manche Zuhörer leicht bis schwer irritiert. So auch ich am Sonntag. Ein Einhorn? Im Gottesdienst in Berlin? Da hört sich doch alles auf!

Die Sache hat mich zu Recherchen angestachelt. Was mir noch bekannt war aus längst vergangenen Schultagen, ist die mythologisch-literarische Seite. Rainer Maria Rilkes »Die Dame mit dem Einhorn«, »Das tapfere Schneiderlein« der Gebrüder Grimm, die griechische Mythologie um Zeus, der aus einer Ziege mit ziemlicher Gewaltanwendung ein Einhorn machte, die indischen Ursprünge des Fabeltiers...

Allerdings ist das nicht alles. Bei meinen Recherchen stieß ich darauf, dass auch in der Lutherbibel einst das Einhorn Gastrecht genossen hat.
Aber meyn horn wird erhöhet werden wie eyns eynhorns
Und werde begossen mit frisschem öle
hießt es in Psalm 92. Und in Psalm 29 konnte man damals lesen:
Und macht sie lecken wie eyn kalb
Libanon und Sirion wie eyn iungs eynhorn
Im Buch Hiob fragte in der ursprünglichen Übersetzung Gott:
Weynstu das eynhorn werde dyr dienen, und werde bleyben an deyner krippen?
kanstu yhm das ioch an knupffen ynn deynen furchen, das er hynder dyr pfluge ynn grunden
Im Buch Numeri, Kapitel 24, übersetzte Luther:
Gott hat in aus Egypten gefüret, Seine freidigkeit ist wie eins Einhorns. Er wird die Heiden, seine Verfolger, fressen, und ire gebeine zumalmen, und mit seinen pfeylen zu schmettern.
Es gibt zahlreiche weitere solche Fundstellen in der Lutherbibel. Der Reformator hatte kein theologisches Problem mit diesem Wesen.
Heutzutage allerdings wurde das Einhorn durch andere Tiere ersetzt, in modernen Übersetzungen taucht es nicht mehr auf. Zu finden ist es aber dennoch allerorten. So halten Löwe und Einhorn das britische Staatswappen, es gibt etliche Einhorn-Apotheken und im Juni 2008 fand und fotografierte man in der Toskana gar ein lebendes Exemplar. Das allerdings entpuppt sich als Rehbock mit ungewöhnlichem Stirnschmuck. Hieronymus Bosch hat sowohl im »Garten Eden« als auch im »Garten der Lüste«, nach neueren Deutungen eher als »Garten der Liebe« zu verstehen, seines berühmten Triptychon das Einhorn angesiedelt.

Wenn also ein Pastor ein Einhorn sieht, braucht man nicht gleich nach der Glaubenspolizei rufen. Selbst dann nicht, wenn es Flügel hat. Und auch dann noch nicht, wenn der Pastor sagt, dieses Mischwesen aus Pegasus und Einhorn repräsentiere Jesus.
Bildersprache ist nichts ungewöhnliches bei geistlichen Eindrücken und was für den einen keine Bedeutung hat, kann einem anderen eine ganze Menge zu sagen haben. In der Bibel wimmelt es von allerlei merkwürdigen Wesen, mit allerlei Köpfen und Flügeln und Kronen und Klauen. Die Bibel ist kein Biologiebuch und unsere Phantasie wird nicht dadurch ausgeschaltet, dass wir gläubig werden. Wenn jemand eine geistliche Bewandnis dadurch begreift, dass er ein Senfkorn oder einen Feigenbaum als Bild nimmt, warum dann nicht ein anderer mal ein Einhorn?

  • Mehr über das scheue Wesen bei Wikipedia: Einhorn
  • Mehr über die alte Lutherbibel und das inzwischen ausgemerzte Tier: Einhörner in der Bibel
  • Gedanken über den Leviathan, ein anderes schwer zu identifizierendes Wesen, macht sich gerade die Bloggergemeinde bei einem anderen Pastor: Storch und das Meeresungeheuer

Montag, 23. Juni 2008

Fußballrätsel

Die Frage ist, gegen wen die türkische Mannschaft am Mittwoch eigentlich verlieren soll. Eine rot-schwarz-gelbe Landesflagge ist weltweit nicht zu finden, unter den verbliebenen Teilnehmern der Fußball-EM schon gar nicht. Demnach würde dann, folgt man der Tagesthemen-Logik, nur eine Mannschaft auf den Platz gehen. Ob das den FIFA-Regeln entspricht? Ob gemeint war, dass die gesamte gegnerische Mannschaft vom Glaskasten aus zuschaut, statt nur ein Trainer? Ob gar das Spiel ausfällt, weil kein zur Flagge passender Gegner gefunden wird?

Ein Gruß aus Balkonien

Berlin ist eine laute Stadt,
in der man Ruhe nötig hat.
Wohl dem, der deshalb dann und wann
Balkonien genießen kann.

Es grünt so grün an allen Ecken,
es harmoniert Polster mit Decken.
Ein Vogel, fein von Künstlerhand
gestaltet, steht am Rand.

Hier kann man in den Sommertagen,
statt sich mit Hitze abzuplagen
in Ruhe sitzen, lesen, denken
und sich gar schöne Stunden schenken.

Am Abend dann im Freundesgarten
genießt man Speisen aller Arten.
Frisch gegrillt und knusprig lecker,
mit Brot vom Zehlendorfer Bäcker.



So kam der Dichter, liebe Leute,
nicht recht zum Schreiben für die Meute,
die diesen Blog besuchen will.
Berlin ist grün. Ich bin jetzt still.

Sonntag, 22. Juni 2008

Einfache Gemeinde

Jetzt schon an den 6. September denken? Warum eigentlich nicht. Was man früh genug einplant, braucht man nicht kurzfristig überlegen.

Ich habe jedenfalls vor, am 6. September einen Informationstag zu besuchen, der unter dem Motte »Einfache Gemeinde« steht. Von 10 bis 18 Uhr Zeit zum Kennenlernen, Austauschen, Essen... klingt auch ohne differenzierte Programmpunkte auf der Einladung, die mich gestern erreichte, ganz interessant. Die Sache mit den Hauskirchen ist mir sympathisch, und Christen in ihren ganz verschiedenartigen Frömmigkeitsstilen zu treffen, ist immer wieder eine Bereicherung.

Allerdings hat mich die Einladung auch verwirrt: »KEIN EINTRITT!« steht da in Großbuchstaben. Das heißt ja, dass man nicht hineinkommt, trotz Anmeldung, Interesse und guten Willens. Darüber ist vermerkt, dass eine Sammlung erhoben würde, um die Kosten zu decken. Nun ja, ich interpretiere aufgrund dieser Tatsache das »Eintrittsverbot« so, dass »FREIER EINTRITT« gemeint sein dürfte. Notfalls muss ich halt dann wieder nach Hause fahren, falls die Warnung doch so gemeint ist, wie sie da steht.

Der Informationstag »Einfache Gemeinde« wird von verschiedenen Hauskirchen und Gruppen organisiert, weitere Informationen gibt es hier: Hauskirchentag 2008

Ich bin gespannt, wen ich da alles treffen und kennenlernen werde.

Freitag, 20. Juni 2008

Georg Breinschmid: Wien bleibt Krk

»Fußball-Aversions-Wienerlied«, »I pee a hedgehog with long-lasting waves«, »An uns zwaa kummt kana foabei«... - merkwürdige Titel. »Mussorgsky, mei oida Freind« oder »For the lost daughters and sons of Vienna« - ebenfalls recht ungewöhnliche Bezeichnungen für Musikstücke. Allerdings nicht für Georg Breinschmid, den ich bis vor kurzem nicht einmal dem Namen nach kannte.
Eine Blogleserin schenkte mir diese CD, die ihr ausnehmend gut gefiel und von der sie annahm, dass sie auch meinen Ohren gut bekäme. Was in der Tat der Fall ist.
»Wien bleibt Krk« nennt sich die heiße Scheibe voller Überraschungen. Der Künstler, der dieses einmalige Wiener Mischmasch aus »Klassik, Gipsy, Polka, Wienerliedern, Walzern und Schnörtzenbrekker«, was immer letzteres auch sein mag, mit einigen Freunden aufgenommen hat, ist ein Multitalent.

Georg Breinschmid studierte klassischen Kontrabass an der Wiener Musikhochschule und war während des Studiums als Substitut in verschiedenen Wiener Orchestern (Wiener Philharmoniker, Wiener Symphoniker u.a.) sowie auch kammermusikalisch tätig. Von 1994 bis 1996 war er im Niederösterreichischen Tonkünstlerorchester engagiert, von 1996 bis 1998 bei den Wiener Philharmonikern. Ein Mann, der mit seinem Instrument umzugehen weiß und - »Wien bleibt Krk« zeigt es mir - ein Mann mit sehr viel Humor und Talent für weit mehr als die Klassik.

Die CD enthält überwiegend instrumentale Stücke, aber die haben es auch ohne Texte faustdick hinter den Ohren, falls Stücke Ohren haben. Was ganz harmlos als Caféhausmusik daherkommt, überrascht plötzlich mit schrägen Tönen oder dem Wechsel in ein völlig anderes Genre. Da ist keine Tradition heilig, selbst des Wieners liebstes Kind Mozart bekommt sein Fett weg. Breinschmid hat wohl auch mit dem »Fußball-Aversions-Wienerlied« den Erfolg der österreichischen Mannschaft bei der EM 2008 vorausgeahnt:
Schauts eich den Deppn an, der wos ned kickn kann / Wiara am Rasn steht / Sogoa zum Schlatzn is er z'bled.
»Schlatzn« soll wohl Spucken heißen, wie man dem unmissverständlichen O-Ton nach dieser Zeile entnehmen kann. Besonders angetan hat es mir auch »Komisches Wienerlied«, weil man da endlich erfährt, warum ein G erst mit einem Gis zusammen etwas Hörenswertes darstellt.

Irgendwie haben sich einige Wiener schon seit vielen Jahren in mein musikalisches Herz »einigschlichn«, von Wolfang Ambros über Georg Danzer bis zu DÖF (was für Deutsch-Österreischisches-Feingefühl steht). Georg Breinschmid hat sich nun dazugesellt.

Fazit: Unbedingt empfehlenswert für Menschen, die sich gerne überraschen und aufs musikalische Glatteis führen lassen, jenseits aller Genregrenzen. Und für Fußballverächter sowieso Pflicht.

Donnerstag, 19. Juni 2008

War denn schon vom Wein die Rede?

Die Frage in der Überschrift zu diesem Beitrag steht auf dem Titel des Literarischen Kalenders 2008, der auch mich durch das Jahr begleitet. »War denn schon vom Wein die Rede? Nein? Dann laßt mich von ihm singen«, sagt der Dichter Robert Gernhardt. Und damit sind wir beim Thema: Wein und Gesang gehören untrennbar zusammen.

Wissenschaftler sind ja immer für wichtige Erkenntnisse gut. Eine Untersuchung in Großbritannien (versteht jenes Inselvolk überhaupt was vom Wein?) ergab kürzlich:
Rotwein schmeckt besser mit Jimi Hendrix oder den Rolling Stones, Weißwein hingegen mit Kylie Minogue oder Tina Turner.
Die Heriot-Watt-Universität in Edinburgh hatte mit 250 Studenten diese Studie durchgeführt, bei der sich zeigte, dass
der Geschmack von Cabernet Sauvignon durch die Weintrinker stärker mit „mächtiger und schwerer Musik“ empfunden wurde. Chardonnay hingegen habe bei „schwungvollen und erfrischenden“ Melodien deutlich besser gemundet.
Es gab auch ganz konkrete Empfehlungen von diesen ernsthaften Wissenschaftlern:
Im Ergebnis ihrer Studie empfehlen die schottischen Psychologen zu Cabernet Sauvignon unter anderem „All Along The Watchtower“ (Jimi Hendrix), „Honky Tonk Woman“ (Rolling Stones), „Live And Let Die“ (Paul McCartney and Wings) sowie „Won´t Get Fooled Again“ (The Who).
Chardonnay entfalte sich bestens zu „Atomic“ (Blondie), „Rock DJ“ (Robbie Williams), „What´s Love Got To Do With It“ (Tina Turner) oder „Spinning Around“ (Kylie Minogue).
Wein der Sorte Syrah habe die beste Wirkung unter anderem bei der Arie „Nessun Dorma“ (Puccini) entfaltet.
Und der Merlot sei besonders süffig bei „Sitting On The Dock Of The Bay“ (Otis Redding).
Gut, dass wir solche Wissenschaftler haben. Wenn der Wein mal nicht so recht schmeckt, liegt das einfach daran, dass man die falsche Musik aufgelegt hat. Es empfiehlt sich also, zunächst auf das Etikett der Weinflasche zu blicken und dann gezielt ins CD-Regal zu greifen.

Was noch nicht untersucht wurde, mich aber brennend interessiert: Welcher Wein ist zu empfehlen, wenn statt Musik ein Fußballspiel, beispielsweise Deutschland versus Portugal, auf dem Programm steht? Ein »Porta dos Cavaleiros Tinto, Dao, Caves Sao Joao 2005« oder ein »Iphöfer Kronsberg Silvaner QbA trocken«? Vielleicht kann mir ein Blogbesucher vor 20:45 Uhr Auskunft geben?

Zitate aus »Rotwein schmeckt besser mit Rock« von Focus Online.

Mittwoch, 18. Juni 2008

Hausaufgaben erledigt, Lösungen verraten

Nein nein, es geht nicht um die Mathematik-Klausuren für das Abitur. Das sind ja keine Hausaufgaben, ob die Schüler nun die Lösung vorher kennen oder nicht.

Es geht hier heute, bevor morgen an dieser Stelle vom Wein die Rede sein wird, vielmehr darum, dass unser Hausbibelkreisleiter uns letzte Woche Hausaufgaben mitgegeben hat: Er schrieb sechs Verweise auf Bibelstellen auf und wir sollten uns
  • Gedanken darüber machen, was der jeweilige Vers für uns persönlich bedeutet und
  • den Zusammenhang betrachten, in dem der Vers steht,
»weil«, fuhr er fort, »Günter meint, es sei gefährlich, einen Vers ohne seinen Kontext zu betrachten.«
Das meine ich tatsächlich. Immerhin steht in der Bibel auch: »Es ist kein Gott!«

Ich habe meine Hausaufgaben brav erledigt, und auch auf die Gefahr hin, dass der eine oder die andere aus unserem Hausbibelkreis heute vor 19:30 Uhr diesen Blog besucht, folgt hier nun das, was mir dabei eingefallen ist. Das Gute ist ja, dass es bei dieser Art Hausaufgaben kein »falsch« oder »richtig« gibt, und wer jetzt bei mir abschreibt... - ich werde niemanden verpetzen.
Johannes 15, 9-11: Wie der Vater mich geliebt hat, habe auch ich euch geliebt. Bleibt in meiner Liebe! Wenn ihr meine Gebote haltet, so werdet ihr in meiner Liebe bleiben, wie ich die Gebote meines Vaters gehalten habe und in seiner Liebe bleibe. Dies habe ich zu euch geredet, damit meine Freude in euch sei und eure Freude völlig werde.
Bedeutet mir: Wenn ich Jesus nachfolgen möchte, ist die Verbindung mit ihm die einzige Voraussetzung für das Gelingen.
Zusammenhang: Johannes berichtet sehr ausführlich, von Kapitel 13, 30 bis 16, 33 darüber, was Jesus mit seinen Jüngern anlässlich der letzten gemeinsamen Mahlzeit besprochen hat. Dieser Bericht beginnt damit, dass Judas verschwindet und die Jünger völlig verunsichert sind. Petrus fragt, wohin Jesus denn gehen würde, Thomas beschwert sich darüber, dass man ja schließlich nicht nachfolgen könne, wenn man den Weg nicht weiß, Philippus will jetzt endlich mal den Vater kennen lernen, von dem dauernd geredet wird und Jesus merkt, dass die Jünger wohl so gut wie nichts begriffen haben.
Darauf folgt der lange Bericht über die Gespräche dieser Nacht und er schließt mit den Worten: »Dies habe ich zu euch geredet, damit ihr in mir Frieden habt. In der Welt habt ihr Bedrängnis; aber seid guten Mutes, ich habe die Welt überwunden.«
Die hier herausgegriffenen Verse 9-11 stehen in dem Zusammenhang, den Jesus mit dem Bild des Weinstocks illustriert. Nur die Reben, die mit der Pflanze verbunden sind, können Frucht hervorbringen, um die Frucht geht es unmittelbar vor und nach dem Zitat. Die Gebote, von denen hier die Rede ist, fasst Jesus im Satz danach zu einem einzigen zusammen: »Dies ist mein Gebot, dass ihr einander liebt, wie ich euch geliebt habe.« Damit macht er klar, dass es nicht mehr darum geht, das Gesetz und die Vorschriften des Alten Bundes einzuhalten, wenn jemand Gott wohlgefällig sein will, sondern nur noch darum, mit Jesus verbunden zu bleiben, wie er mit dem Vater verbunden ist.

Johannes 16, 22: Auch ihr nun habt jetzt zwar Traurigkeit; aber ich werde euch wiedersehen, und euer Herz wird sich freuen, und eure Freude nimmt niemand von euch.
Bedeutet mir: Diese Passage zeigt mir, dass Jesus immer am Befinden des Einzelnen auch in katastrophalen Situationen Anteil nimmt. Die Jünger werden um die Zeit der Traurigkeit nicht herum kommen, auf gar keinen Fall, aber danach wartet wieder Freude.
Zusammenhang: Es ist der gleiche Zusammenhang wie in der vorigen Betrachtung. Inzwischen hat Jesus den Jüngern erklärt, dass Verfolgung auf sie wartet. Er sagt ihnen das ganz unverblümt, und erklärt dann auch, warum: »Dies habe ich zu euch geredet, damit ihr euch nicht ärgert.« Das griechische Wort, das in dieser Übersetzung mit »ärgern« wiedergegeben wird, bedeutet auch: »Anstoß nehmen, zu Fall kommen, sich zur Sünde verleiten lassen.« Nachdem Jesus Verfolgung angekündigt hat, spricht er vom Heiligen Geist, der kommen wird, um den Jüngern das zu erklären, was sie jetzt noch nicht begreifen können, auch das, was Jesus ihnen aus Rücksicht auf ihren Zustand jetzt nicht sagen will: »Noch vieles habe ich euch zu sagen, aber ihr könnt es jetzt nicht tragen.«
Unmittelbar vor dem oben zitierten Vers 22 diskutieren die Jünger, nun endgültig verunsichert, darüber, wovon Jesus eigentlich redet. Sie haben immer noch nicht begriffen, dass er sterben wird, und zwar durch einen gewaltsamen Tod. Er klärt sie noch einmal darüber auf und meint dann: »Wahrlich, wahrlich, ich sage euch, dass ihr weinen und wehklagen werdet, aber die Welt wird sich freuen.«
Der oben zitierte Satz nun soll den Jüngern Mut machen, die vor ihnen liegenden Tage durchzustehen. Interessanterweise schließt Jesus unmittelbar daran die Verheißung an, dass dann, nach jenem frohen Wiedersehen, eine ganz neue Vollmacht im Gebet da sein wird, die jetzt noch fehlt: »Und an jenem Tag werdet ihr mich nichts fragen. Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Was ihr den Vater bitten werdet in meinem Namen, wird er euch geben. Bis jetzt habt ihr nichts gebeten in meinem Namen. Bittet, und ihr werdet empfangen, damit eure Freude völlig sei.«

Römer 8, 28: Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Guten mitwirken, denen, die nach seinem Vorsatz berufen sind.
Bedeutet mir: Ich versuche, mich immer wieder daran zu erinnern, dass es nur darauf ankommt, ob ich Gott liebe, nicht auf die Umstände, die mich womöglich davon abbringen wollen.
Zusammenhang: Paulus schreibt diesen Brief an eine christliche Gemeinde mitten im heidnischen und überwiegend feindlich gesinnten Rom. Die Gemeinde leidet, wird verfolgt, das Christsein kostet eine ganze Menge, einschließlich des irdischen Lebens. Die Situation ist sehr ernst und Paulus verspricht den Gläubigen keine baldige Befreiung aus der Verfolgung, sondern er macht ihnen Mut, von den schrecklichen Umständen ihres irdischen Lebens den Blick auf das Ziel, die Belohnung, die auf diejenigen wartet, die ausharren werden, zu richten. Er gebraucht das Bild der Geburtswehen: Die sind zwar schmerzhaft und fast unerträglich, aber notwendig, damit ein Kind zur Welt kommt. Paulus will die Qualen nicht schönreden, sondern auf das Ziel hinweisen, zu dem die Verfolgung führen wird.
So gesehen wirken selbst Hunger, Not, Folter und Tod zum Guten mit, wie er in dem hier zitierten Satz sagt. Nicht unbedingt hier auf der Erde für das persönliche Wohlergehen, darum geht es an dieser Stelle ja nun überhaupt nicht. Sondern für das Reich Gottes und die Ewigkeit.

Römer 8, 31: Was sollen wir nun hierzu sagen? Wenn Gott für uns ist, wer gegen uns?
Bedeutet mir: Ob Jesus mich liebt darf ich niemals daran messen, wie meine Lebensumstände aussehen. Gott ist für mich, weil ich sein Kind geworden bin, selbst wenn der Rest der Welt gegen mich aufsteht.
Zusammenhang: Der gleiche Zusammenhang wie beim vorigen Zitat. Paulus erinnert daran, dass den Gläubigen etwas zustößt, was bereits in den prophetischen Psalmen vorausgesagt wurde: »Wer wird uns scheiden von der Liebe Christi? Bedrängnis oder Angst oder Verfolgung oder Hungersnot oder Blöße oder Gefahr oder Schwert? Wie geschrieben steht: Um deinetwillen werden wir getötet den ganzen Tag; wie Schlachtschafe sind wir gerechnet worden.« Dennoch, und das drückt dieser Vers 31 aus, kann uns all das nicht von der Liebe Christi scheiden. Die ganze Welt mag auf uns losgehen, das ändert nichts daran, dass Jesus uns liebt. Not oder Verfolgung sind keinesfalls ein Indiz dafür, dass diese Liebe etwa unterbrochen oder gestört wäre.
Paulus fasst dann zusammen: »Denn ich bin überzeugt, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, noch Mächte, weder Höhe noch Tiefe, noch irgendein anderes Geschöpf uns wird scheiden können von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn.«

Jesaja 43, 4-5a: Weil du teuer bist in meinen Augen und wertvoll bist und ich dich liebhabe, so gebe ich Menschen hin an deiner Stelle und Völkerschaften anstelle deines Lebens. Fürchte dich nicht, denn ich bin mit dir!
Bedeutet mir: Wenig. Ich erkenne keinen persönlichen Bezug, vor allem möchte ich nicht, auf gar keinen Fall, dass andere Menschen leiden und umkommen müssen, damit es mir gut geht. Dass ich mich nicht fürchten brauche, ist allerdings etwas, was auch mir gilt.
Zusammenhang: In den Kapiteln zuvor beschreibt Jesaja den jämmerlichen Zustand Israels, redet von der »Glut des Zorns«, mit der Gott Krieg über Israel ausgegossen hat, dass er »Jakob der Plünderung« durch die Heiden preisgegeben hat.
Interessant ist, dass auch hier das Bild der Geburtswehen gebraucht wird. Gott spricht durch Jesaja: »Seit ewigen Zeiten habe ich geschwiegen, war still, habe an mich gehalten. Wie eine Gebärende will ich nun stöhnen, schnauben und nach Luft schnappen zugleich. Ich will Berge und Hügel ausdörren und all ihr Kraut vertrocknen lassen. Und ich will Ströme zu Inseln machen und Teiche trockenlegen.«
Doch das ist nur die Beschreibung des gegenwärtigen Zustandes. Ab Kapitel 43 folgt dann die Verheißung, dass Gott seinen Bund keineswegs vergessen oder zerrissen hat, sondern Israel aus Gefangenschaft und Sklaverei herausholen will und wird. Und zwar ausschließlich aus Gnade, eine andere Grundlage wird es nicht geben. »Denke daran, Jakob und Israel, denn du bist mein Knecht. Ich habe dich gebildet, du bist mein Knecht. Israel, du wirst nicht von mir vergessen. Ich habe deine Verbrechen ausgelöscht wie einen Nebel und wie eine Wolke deine Sünden. Kehre um zu mir, denn ich habe dich erlöst!« Außer Umkehr ist nichts notwendig, denn die Erlösung ist bereits eine Tatsache.

Jeremia 31, 3: Der HERR ist ihm von ferne erschienen: Ja, mit ewiger Liebe habe ich dich geliebt; darum habe ich dir meine Güte bewahrt.
Bedeutet mir: Kaum ein persönlicher Bezug, aber es erinnert mich daran, dass Gott, wenn er »ewig« sagt, auch »ewig« meint. Selbst wenn ich untreu bin, bleibt er treu. Und wegen seiner Liebe wird er immer einen Weg öffnen, wenn ich aus einer selbst verursachten Trennung zu ihm zurückkehren möchte.
Zusammenhang: Die Situation gleicht der, die beim Jesaja-Zitat vorliegt. Israel ist in alle Winder verstreut. »Siehe, ein Sturmwind des HERRN, sein Grimm ist hervorgebrochen, ein wirbelnder Sturmwind; auf den Kopf der Gottlosen wirbelt er herab. Nicht wendet sich die Glut des Zornes des HERRN, bis er getan und bis er ausgeführt hat die Pläne seines Herzens. Am Ende der Tage werdet ihr das verstehen.« Ab Kapitel 31 geht es dann um die Rückkehr Israels in das verheißene Land und um die Gnade, mit der Gott trotzdem an seiner ewigen Liebe zu seinem Volk festhält. »Und sie werden kommen und jubeln auf der Höhe Zions und herbeiströmen zu all dem Guten des HERRN: zum Korn, zum Most, zum Öl und zu den jungen Schafen und Rindern. Und ihre Seele wird sein wie ein bewässerter Garten, und sie werden nicht mehr länger verschmachten.«
Ab Jeremia 31, 13 geht es schließlich um den »neuen Bund«, um die Zeit, in der wir leben. Heute gilt, was Jeremia dort aufgeschrieben hat: »Denn sie alle werden mich erkennen von ihrem Kleinsten bis zu ihrem Größten, spricht der HERR. Denn ich werde ihre Schuld vergeben und an ihre Sünde nicht mehr denken.«
Übrigens habe ich mit voller Absicht nicht angegeben, wo die in meinen Antworten zum jeweiligen Zusammenhang zitierten Sätze genau zu finden sind. Denn: Selber forschen, »ob es sich so verhält«, ist immer noch die beste Methode.
Zuerst war mir eine Verbindung der sechs Bibelstellen, die unser Hauskreisleiter da zusammengestellt hatte, überhaupt nicht ersichtlich. Jetzt, nach Erledigung der Hausaufgaben, sehe ich: Alle haben mit Not, Verfolgung und scheinbarer Abwesenheit Gottes zu tun. Ob das der Sinn der Übung war?

P.S.: Das auf dem Foto bin nicht ich bei der Erledigung der Hausaufgaben.
P.P.S.: Falls jemand meint, ich würde Nachhilfe benötigen, darf er gerne einen Kommentar hinterlassen. Ich bin durchaus lernfähig und korrekturbereit.
P.P.P.S.: Wer mit zum Hausbibelkreis möchte, sollte sich bei mir privat erkundigen. Los geht es jeden Mittwoch um 19:30 im südlichen Berliner Raum, »hin und her in den Häusern«. Gäste sind willkommen.

Dienstag, 17. Juni 2008

Meerchen voller Abenteuer

Kürzlich plauderte ich mit einer Autorin, so unter Kollegen, über dies und das. Sie fragte mich im Gespräch: »Glaubst Du, dass Gott ein Spurensucher ist?«
Vielleicht kommen nur wir Schriftsteller auf solche Fragen, bei mir jedenfalls entstand spontan eine Idee, wie diesem Gedanken literarisch nachgegangen werden könnte. Falls etwas Lesenswertes aus der Idee wird, werden meine Blogbesucher selbstverständlich Kenntnis davon erhalten. Da ich meinen neuen Roman nun wirklich letzmalig überarbeitet habe (es sei denn, der Verlag hat dann noch Wünsche), ist - Zeit vorausgesetzt - Raum für neue erzählerische Unternehmungen...

Was aber hat es nun mit der Spurensucherei auf sich? »Spurensucher« nennt Nicole Bernard, das ist die Autorin mit der ich mich unterhielt, eine sonntägliche Radiosendung, die sie seit einiger Zeit für »103.3 Radio FDZ« produziert. Bei diesem Sender handelt es sich um ein Regionalprogramm aus Mecklenburg Vorpommern, in Berlin nicht über Antenne, aber weltweit über das Internet zu empfangen. Die Sendung »Spurensucher« gibt es jeden Sonntag von 8:00 bis 9:00 Uhr.
Dieser Sender strahlt auch jeden Abend für die jüngsten Zuhörer eine Gute-Nacht-Geschichte mit Nicole Bernard aus, in der es um »Esther, die kleine Seenadel« geht: Die Kinderzeit auf Radio FDZ
Nicht genug damit. Nicole Bernard ist auch noch mit »Die Lesezeit« im Programm vertreten, da stellt sie den Zuhörern Bücher aus der Region (des Senders) vor, vom Krimi bis zur Biographie.

Eine vielseitige und aktive Frau, diese Nicole Bernard. Sie ist Mutter von fünf Kindern, reiste als Tänzerin viel umher, leitet eine Flamenco-Tanzschule, 1998 begann sie ihre schriftstellerische Tätigkeit: »Es gibt fast nichts schöneres für mich, als bei einer heißen Tasse Tee im Ferienhaus an der Ostsee am Computer zu sitzen, vor mir ein leeres Blatt Papier, während draußen der Nord-Ost Wind stürmt.«
Das leere Blatt Papier ist natürlich ein virtuelles, wenn man am Computer schreibt, und den Tee würde ich mir nicht hinstellen wollen, aber ansonsten pflegt Nicole Bernard die gleiche Leidenschaft wie ich. Und das mit dem Tee mag durchaus schriftstellerische Freiheit sein, denn neulich tranken wir, wenn ich mich recht erinnere, Kaffee miteinander. Ich definitiv, sie mit ziemlicher Sicherheit. Aber das war ja auch nicht im Ferienhaus an der Ostsee, sondern im Foyer nach einem Gottesdienst. Da unterhielten wir uns unter anderem über die bösen Fehler, die ein Verlag in fehlerlose Manuskripte hineinbringen kann, wenn der Begriff »Sorgfalt« dem Verleger relativ unbekannt ist. Fachsimpeln macht Spaß, Kaffee hin, Tee her.

Nicole Bernard hat sich in letzter Zeit hauptsächlich ihren Kinderbüchern gewidmet, »Meerchen voller Abenteuer für grosse und kleine Menschen« nennt sie die Geschichten von Esther. Wer beim »Meerchen« einen Tippfehler wittert, ist natürlich auf dem Holzweg.
Während wir uns unterhielten, kam mein Enkel Niclas dazu und machte ganz große Augen, als er erfuhr, dass diese nette Dame die tollen Geschichten geschrieben hat, die er sich abends so gerne vorlesen lässt.

Wer sie auch einmal persönlich treffen möchte und Berlin nicht meidet, hat es leicht: Jeden Monat lädt sie zum »Frühstück um zehn« ein, inzwischen in zwei Berliner Bezirken. Da liest sie vor, von Musik umrahmt, und plaudert mit den Zuhörern. Zum Beispiel heute.

Mehr über meine nette Schreibkollegin: Eine Webseite / Ein Buch für Erwachsene / Ein Meerchen-Buch

Montag, 16. Juni 2008

Lakeland - messbare Folgen?

Wenn Menschen in großer Zahl wirklich von Gott berührt werden, muss das messbare Auswirkungen haben. Es wird sich in verschiedenen Bereichen ihres Lebensraumes niederschlagen, einer davon ist sicherlich die Kriminalitätsrate, denn je mehr Menschen Jesus Christus nachfolgen, desto weniger Verbrechen wird es geben.

Ein Teil der Menschen, die Abend für Abend zu den Versammlungen, die als »Florida Outpooring« inzwischen so gut wie überall Schlagzeilen machen, strömen, um sich vom Feuer Gottes anstecken zu lassen, kommt aus allen Teilen der Welt angereist. Aber die Bewohner von Lakeland und Umgebung dürften doch nach wie vor in der Mehrheit sein. Also sollte, dachte ich mir, etwas in der lokalen Polizeistatistik zu finden sein, was Aufschluss darüber gibt, ob da Menschen verändert oder nur Showveranstaltungen durchgeführt werden. Und siehe da: Die Kriminalitätsstatistik von Lakeland, Florida, zeigt bereits jetzt eine Tendenz, die darauf schließen lässt, dass in der Stadt echte Veränderung vor sich geht.

Der Vergleich der letzten bisher ausgewerteten Woche (26.5.-1.6.) mit den Vorjahreswerten der entsprechenden Woche dokumentiert einen Rückgang der Straftaten insgesamt um 10,5%. Der Monatsvergleich Mai 2008 mit Mai 2007 ist noch deutlicher: Ein Rückgang von 22,4% wird festgestellt. Schaut man die Zeit vom 1. Januar bis 1. Juni an, ist die Kriminalität seit Jahresbeginn um 9,1% gesunken.

Allen Unkenrufen zum Trotz geschieht in Lakeland offenbar Veränderung von Menschen, was direkte - messbare - Auswirkungen auf die Gesellschaft hat. Etwas Gutes. Etwas Segensreiches.

Das ist natürlich nur eine kleine Facette, aber angesichts der ansonsten in den USA ansteigenden Kriminalitätsrate ist eine solche Tendenz, die kein Ausreißer ist, sondern sich seit dem Beginn der erwecklichen Versammlungen fortsetzt, doch ein nicht zu unterschätzendes Indiz.

Die ausführlichen Statistiken und Polizeiberichte (die obige Grafik stammt aus dieser Quelle) sind hier zu finden: Lakeland Police Department

Sonntag, 15. Juni 2008

Noch ein fußballfreier Abend

Gestern (Samstag) gastierte Matt Redman mit der Hillsong London Band in Berlin. Wir waren dabei, neben rund 2000 weiteren Menschen, die den Saal der »Gemeinde auf dem Weg« zwar nicht ganz füllten, aber doch für eine gute Stimmung sorgen konnten.
Ich war musikalisch angenehm überrascht, denn das Konzert kam wesentlich härter und rockiger daher als die oft recht weichgespülten Studioaufnahmen. Es gab zwar auch die schmalzigeren Passagen, aber es überwog die Sorte Musik, die mir gefällt.
Redman bedient sich manchmal gekonnt aus dem großen Topf hervorragender Rockmusik, das Intro war beispielsweise eine Mischung aus »Money« von Pink Floyd und »Zoo TV« von U2. Geschickt neu zusammengesetzt. So was halte ich für zulässig, wenn es gut gemacht ist. Pink Floyd und U2 klangen immer wieder (stilistisch) in den dargebotenen Songs an.


Redman warb in einer kurzen Ansprache für Compassion, eine Organisation, die jetzt auch in Deutschland gestartet ist. Er wies darauf hin, dass quer durch die Bibel Gott immer die Armen und Notleidenden besonders am Herzen lagen und dass sich das auch heute nicht geändert hat. Ein wirklicher Gottesdienst, so Redman, ist nach wie vor das, was in Jakobus 1, 27 zu finden ist, und nicht das, was viele heute darunter verstehen. Selbst seine Musik, seine Anbetung sei zweitrangig im Vergleich mit der Hinwendung zu den Armen.

Die Bloggerszene war natürlich nicht weit. Am Rande traf ich mal wieder den Mystery Man und Hasos beste aller Ehefrauen nebst einer seiner Töchter; Haso selbst hatte sich nach Remscheid verdrückt, um einer Storchengemeinde zu dienen.

Ein schöner fußballfreier Abend, ein tolles Erlebnis. Wenn Matt Redman in Eure Nähe kommt, mein Tipp: Hingehen.

Pablik Wjuhing?

Am Freitag zogen es die beste aller Ehefrauen und ich vor, ein Lichtspieltheater aufzusuchen, statt im heimischen Ambiente 22 Menschen beim Streit um einen Ball zuzuschauen.
Wir haben uns köstlich amüsiert und wurden gut unterhalten von Herrn Harrison Ford, der als Indiana Jones verkleidet haarsträubende Abenteuer zu bestehen hatte. Da wir englischsprachige Spielfilme grundsätzlich nur in der Originalversion und nicht in der oft genug haarsträubenden Synchronfassung sehen (es reicht ja, wenn die Handlung die Haare sträubt), führte uns der Weg in ein Lichtspieltheater zum Potsdamer Platz.

Nach dem Filmgenuss kamen wir nicht umhin, einige Minuten der Fußballübertragung auf Großbildleinwände zu verfolgen, denn überall am Potsdamer Platz scharten sich begeisterte oder stinksaure Zuschauer vor selbigen. So gesehen habe ich also einige Minuten, umgeben von Italienern, gepublicviewt. Oder public geviewt. Oder so.

Welchem Dödel ist es eigentlich eingefallen, anlässlich der Fußballweltmeisterschaft 2006 die Übertragung der Spiele auf Großbildprojektoren mit dem Begriff »Public Viewing« zu bezeichnen? War der Dösbaddel ein Prophet, der das Scheitern der deutschen Mannschaft voraussah? Denn »public viewing«, das weiß jeder Schüler, der im Englischunterricht aufgepasst hat, heißt in der deutschen Übersetzung »öffentliche Leichenschau«.

Vielleicht hat ja die Berliner Verwaltung genau aus dem Grund die »öffentliche Leichenschau« bei der EM 2008 auf der sogenannten Fanmeile in der Vorrunde untersagt? Wo es keine Leichenschau gibt, kann auch keine Leiche vorhanden sein. Das hieße letztendlich, dass die deutsche Mannschaft, die sich beim Spiel gegen Portugal ja wie eine Schülerhorde beim Schulhofkicken gebärdet hat, doch irgendwie überleben wird. Na, schaun mer mal, wie Kaiser Franz zu sagen pflegte.

P.S.: Das Bild ist nicht von mir, denn ich war nicht dort, sondern hier. Es stammt von der Euro2008 Seite.

P.P.S.: Heute gilt, was neulich galt: Hier nachzulesen. Man möge nur »Schweiz« sinngemäß durch «Türkei« ersetzen.

Samstag, 14. Juni 2008

Ein hundsmiserables Wochenendgedicht

Das Wochenende steht nun an,
wofür ich wirklich gar nichts kann.
Der eine lässt die Beine baumeln,
den and'ren sieht man trunken taumeln,
vom Fußball und vom Bier beschwipst.
Warum trägt der denn keinen Schlips?

Weil Wochenende ist, vielleicht?
Womöglich hat's auch nicht gereicht,
was ihm die Eltern beigebracht,
am Tage und in kühler Nacht,
bezüglich angemess'ner Kleidung.
Daher die schlipslose Erscheinung.

Der Blog darf etwas Ruhe haben,
so wie die Bienen in den Waben,
denn mir fällt nichts Gescheites ein,
drum gibt es diesen dummen Reim,
der sich in Paaren messen lässt.
Für Kritiker ein wahres Fest!

Denn noch viel scharlataniger
zu reimen, als hier der Günter,
das dürfte kaum jemand vollbringen.
Vielleicht sollte ich lieber singen?
Genug. Es reicht. Ich komm' zum Ende.
Und reibe mir vergnügt die Hände.

P.S.: Es gibt auch richtige und gute Gedichte
P.P.S.: Den pinkelnden Mann habe ich in Prag fotografiert.

Donnerstag, 12. Juni 2008

Aber das steht doch in der Bibel...

Gestern im Hausbibelkreis kam es zu einer sehr lebhaften Diskussion über das Thema, das ich im vorigen Beitrag hier angesprochen hatte.

Jemand behauptete, der »Zehnte« gehöre, das sei göttliches Gesetz, in die Gemeinde. Mit dem dann noch verbliebenen Geld könne man »Almosen« geben. Ich fragte ihn, ob er denn auch alle übrigen über 600 Vorschriften des Gesetzes einhalten würde. Er gestand ein, das sei nicht der Fall. Das habe aber gar nichts mit der Weitergeltung des »Zehnten« zu tun.

Ich hatte bisher Apostelgeschichte 15, 1 bis 21 so verstanden, dass wir »Heidenchristen« aus dem Gesetz und den Vorschriften des Alten Testamentes nur folgendes zu beachten haben:
...daß sie sich enthalten von den Verunreinigungen der Götzen und von der Unzucht und vom Erstickten und vom Blut. (Vers 21)
Nun ist es unstrittig, dass eine Gemeinde oder Kirche als Organisation Kosten zu decken hat. Sei es die Miete für den Versammlungsraum oder ein eigenes Gebäude, seien es die Ausgaben für Angestellte, Material, Werbung... - zweifellos entsteht Bedarf an Geld, wenn es eine lokale »Versammlung der Gläubigen« gibt. Je nach Größe mehr oder weniger.

Man kann diesen Bedarf mit freiwilligen Zuwendungen der Mitglieder und Freunde decken, mit Kirchensteuern wie die Großkirchen oder, wie es einige wenige Gemeinden tun, mit Mitgliedsbeiträgen, gestaffelt nach dem Einkommen der Mitglieder. Man kann sich als Gemeindeleitung entscheiden, nur das Geld auszugeben, was tatsächlich vorhanden ist, oder man kann sich entscheiden, »im Glauben« Projekte zu beginnen, bevor die Gelder auf dem Bankkonto liegen. Man kann (und darf) die Mitglieder und Freunde auffordern, zum Gelingen der gemeindlichen Arbeit beizutragen.

Aber man darf nicht, auch wenn die Finanznot eine ganz erhebliche sein sollte, etwas zum göttlichen Gesetz erklären, was keines mehr ist, seit Jesus gekommen ist, um »das Gesetz zu erfüllen«, wie er in der Bergpredigt erklärte.

Natürlich argumentieren manche so: Statt des Tempels haben wir heute das Kirchen- / Gemeindegebäude. Statt der Leviten haben wir Pastoren und andere Mitarbeiter, die Gehalt bekommen. Also gilt das mosaische Gesetz vom »Zehnten« in diesem Sinne auch heute und für uns. Allerdings entbehrt diese »Übertragung« jeglicher Grundlage in der Bibel, so oft sie auch von »bibeltreuen Christen« wiederholt wird.

Ich bin überzeugt, dass das von Jesus und seinen Jüngern gelebte und gepredigte Prinzip vom »Geben und Segen empfangen« gültig und richtig ist. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass großzügiges Geben tatsächlich nicht ohne göttliche Antwort bleibt. Ich bin, damit niemand das falsch interpretiert, für das Geben, Austeilen, Spenden. Ich bin auch dafür, dass die Menschen, die Nutznießer eines Gebäudes, eines Pastors und all der gemeindlichen Angebote sind, dafür in die Tasche greifen. Das ist bezüglich Gemeinde / Kirche so normal wie die Tatsache, dass man für einen Sportverein oder eine politische Partei Beiträge entrichtet, wenn man dazu gehört. Das gebietet einfach schon der Anstand.

Aber ich bin absolut dagegen, daraus ein Gesetz zu machen oder zu predigen, um die Gemeindefinanzen zu sichern. Und noch verkehrter ist es, damit Wohlstandsversprechen zu verbinden.

Denn wer einen Teil des Gesetzes als Voraussetzung für die Gerechtigkeit vor Gott betrachtet, ist nun mal verpflichtet, das ganze Gesetz zu halten. Andernfalls »fällt er aus der Gnade« und ist wieder für die eigene Gerechtigkeit zuständig. Darüber, wie es einem dann ergeht, schreibt heute der Storch einen ganz hervorragenden Beitrag: Galater 5, 1-2

Mittwoch, 11. Juni 2008

Verschwiegene Wahrheiten

Es gibt so manches Zitat aus der Bibel, das vielerorts zweckentfremdet wird. Zum Beispiel dieser Satz:
Jeder gebe, wie er sich in seinem Herzen vorgenommen hat: nicht mit Verdruß oder aus Zwang, denn einen fröhlichen Geber liebt Gott. (2. Korinther 9, 7)
Das eignet sich wunderbar zur Motivation der im Gottesdienst versammelten Gemeinde, die Brieftasche bei der »Opfer«sammlung noch ein wenig weiter zu öffnen, dazu noch kann man unterschwellig mitklingen lassen, dass ja doch wohl jeder von Gott geliebt werden möchte. Daher wäre es keine gute Idee, nichts zu geben. Oder gar mit saurer Mine.

Aber Paulus schreibt an die Gemeinde in Korinth überhaupt nicht darüber, wie man sich angesichts des Klingelbeutels oder Eimers oder was auch immer durch die Reihen gereicht wird, verhalten sollte. Es geht ihm vielmehr darum, dass notleidende Menschen etwas zu Essen auf den Teller und ein paar Klamotten an den Leib bekommen.

Aus dem gleichen Kapitel des Briefes an die Korinther wird auch ein zweiter Satz ganz gerne zitiert, wenn das Geld der Gläubigen eingesammelt wird:
Gott aber vermag euch jede Gnade überreichlich zu geben, damit ihr in allem allezeit alle Genüge habt und überreich seid zu jedem guten Werk; (Vers 8)
Oft wird das dann mit blumigen oder salbungsvollen Worten noch erläutert: »Wer jetzt großzügig in die Tasche greift, dem blüht in Bälde materieller Überfluss aus himmlischer Quelle. Also lasst die Münzen stecken, die Scheine garantieren viel größere Belohnung.«

Das hatte Paulus gar nicht im Sinn. Er fährt nämlich fort, indem er denjenigen beschreibt, der da »alle Genüge« haben wird:
...wie geschrieben steht: Er hat ausgestreut, er hat den Armen gegeben; seine Gerechtigkeit bleibt in Ewigkeit. (Vers 9)
Geschrieben steht das wiederum in Psalm 112. In dem Psalm geht es um einen wohlhabenden Menschen, der gerne und reichlich gibt. Den Menschen nämlich, denen es nicht so gut geht wie ihm.

Neulich erzählte mir jemand aus unserem Hausbibelkreis, dass er seinen »Zehnten«
nicht in die Gemeinde, sondern dorthin geben würde, wo das Geld seinem Emfinden nach dringender gebraucht würde - weil echte Not zu lindern sei. Dadurch ist er, eigenem Empfinden gemäß, ein echter »fröhlicher Geber«.
Wir haben uns vorgestern spontan entschieden, unseren »Zehnten« einer Frau in großer finanzieller Bedrängnis zu geben. Das hat uns (nicht zum ersten Mal) zu »fröhlichen Gebern« gemacht.

Es ist eine gern verschwiegene Wahrheit, dass es abgesehen von Steuern wie dem »Tempelgroschen« und den alttestamentlichen Abgaben für die (an Grund und Boden besitzlosen) Leviten in der Regel darum geht, Armut zu lindern, notleidenden Menschen beizustehen, wenn in der Bibel vom Geben die Rede ist. Das gilt auch und vor allem für Paulus, der sich nicht zu schade war, mit seiner Hände Arbeit einen »weltlichen« Beruf auszuüben, damit er niemandem auf der Tasche liegen muss. Statt Häuschen am Stadtrand und Mittelklassewagen galt für den großen Apostel:
Bis auf diese Stunde leiden wir Hunger, Durst und Blöße, werden geschlagen und haben keine Bleibe und arbeiten mühsam mit unsern eigenen Händen. (1. Korinther 4, 11-12)
Es ist nichts verkehrt daran, reich zu sein. Die Bibel portraitiert eine ganze Menge wohlhabender Menschen unter den Gläubigen. Es ist auch nichts verkehrt daran, die Gemeinde um finanzielle Unterstützung für all die notwendigen Ausgaben zu bitten. Aber es ist verkehrt, den Christen mit verfälschten Zitaten und zusammenhanglosen Schlussfolgerungen, womöglich gar noch Wohlstandsverheißungen und Heilsversprechungen, das Geld aus der Tasche zu locken.

Das hat allerdings Tradition:
Sobald der Gülden im Becken klingt / im huy die Seel im Himmel springt.
P.S.: Das Portrait zeigt den Urheber des letzten Zitates, einen Dominikanermönch.

Dienstag, 10. Juni 2008

2:0 auf dem Balkon

Schön, dass der Kleine eine so gute W-LAN-Reichweite hat, ich kann nämlich mit ihm auf unserem Balkon ohne weiteres online sein. Gestern Abend fiel mir ein, ich könnte ja mal trotz des Minibildschirms einen Life-Stream in Sachen Fußball ausprobieren. Nun ja. Zum Fernsehen in großer Runde ist der Asus Eee sicher untauglich, aber für einen solchen Spaß ist er ganz prima geeignet.

Ich habe mir dann die ganze erste Halbzeit gegönnt, gemütlich in der abendlichen leichten Brise sitzend, ein Glas Roséwein zur Hand, Zigarillos bereitgelegt, fröhlich vor mich hin kichernd, wenn die Mannschaft in der blauen Spielkleidung mal wieder von den Herren mit dem erfrischenden Orange am Leib genasführt wurde.


Die Heiterkeit blieb auch bei der zweiten Halbzeit meine Gefährtin, nach dem Umzug ins Wohnzimmer mit größerem Fernsehbild - das 3:0 wirkte natürlich imposanter als auf dem Subnotebook-Bildschirm. Ob das wohl Schadenfeude war, die mich da so fröhlich stimmte? Dabei ist doch 2006 schon so lange vorbei...

Frauen!

Die beste aller Ehefrauen hat mir neulich Einblick gewährt. In Frauengeheimnisse. Oder zumindest eines davon: Worüber Frauen sich per E-Mail-Austausch amüsieren. Da ich ja auch Blogbesucherinnen habe, möchte ich der weiblichen Leserschaft diesen Spaß auf Kosten von uns Männern nicht vorenthalten.

Beispiel 1:
Drei Zwerge sitzen abends gemütlich am Feuer zusammen. Einer der Zwerge schaut andächtig auf seine Hände und sagt: »Ich habe so kleine Hände, die hat sonst niemand. Das lasse ich mir ins Guiness-Buch der Rekorde eintragen.«
Der zweite Zwerg schaut auf seine Füsse und meint: »Also ich habe so kleine Füsse, sowas hat sonst niemand. Die lasse ich mir auch eintragen.«
Daraufhin der dritte Zwerg: »Und ich habe einen so kleinen Schniedel, den hat sonst niemand auf der Welt. Damit komme ich garantiert in das Buch.«
Am nächsten Tag rennen die drei los, um die Rekorde eintragen zu lassen. Der erste Zwerg geht ins Büro und kommt nach drei Minuten wieder raus: »Alles klar ich habe den Rekord!«
Nun geht der zweite rein, kommt ebenfalls drei Minuten später raus und erzählt stolz: »Haha, auch ich habe den Rekord!«
Schließlich geht der dritte Zwerg durch die Türe. Er kommt bereits nach einer Minute wieder raus und sagt: »Wer zum Teufel ist Dieter Bohlen?«
Wer Dieter Bohlen ist, da kann ich auch nicht so recht weiterhelfen. Mir ist so, als sei das die Hälfte eines Gesangsduos aus grauer Vorzeit, dessen Platten man zu Folterzwecken einzusetzen pflegte. Wenn ein Delinquent nicht seine Verbrechen gestehen wollte, musste er so lange diese Platten hören, bis er entweder an den Qualen verstarb oder endlich ein Geständnis ablegte.

Beispiel 2:
Frauen sagen immer, mit einem Mann könne man nicht reden. Vielleicht liegt es daran, dass Frauen sich nicht klar genug ausdrücken?
Die Frau sagt: »Hör mal zu! Das hier ist ein einziges Durcheinander! Du und ich, wir machen jetzt sauber. Dein ganzes Zeug liegt auf dem Fußboden und wenn wir nicht bald waschen, läufst du demnächst ohne Klamotten herum. Du hilfst mir jetzt, und zwar sofort!«
Der Mann versteht: »Hör mal zu Blablablabla du und ich Blablablabla auf dem Fußboden Blablablabla ohne Klamotten Blablablabla und zwar sofort.«
Diesen Witz habe ich nicht recht begriffen. Da steht doch zweimal das Gleiche, oder? Nämlich: »Hör mal, du und ich auf dem Fußboden, ohne Klamotten, und zwar sofort.« Oder ist mir da was entgangen?

Wenn ja, dann liegt des Rätsels Lösung vermutlich im Beispiel 3 verborgen:
Eine kleine graue Zelle kommt zufällig in das Gehirn eines Mannes. Alles ist dunkel, leer und ohne Leben. »Huhuu«, ruft die Zelle. Keine Antwort.
Sie ruft ein zweites mal »Huhuu.«
Wieder bleibt alles ruhig.
Da erscheint plötzlich eine andere graue Zelle und fragt: »Was machst du denn hier so einsam? Komm doch mit, wir sind alle unten.«
So. Nun aber genug mit solchen unflätigen Zitaten aus weiblichem Amüsement. Ich stelle fest, dass Loriot wohl irgendwie recht hatte: »Männer sind, und Frauen auch, überleg dir das mal!«

Montag, 9. Juni 2008

Kunst...

...oder nicht Kunst? Das hat das Ordnungsamt Berlin offensichtlich entschieden. Denn wäre es keine Kunst, bestünde ja keine Notwendigkeit der Umzäunung, um das Kunstwerk vor Vandalismus zu schützen. Also Kunst. Sozusagen ein Open-Air-Kunstwerk.
Immerhin schön bunt, wenn ich auch nicht so recht zu sagen vermag, was der Künstler / die Künstler eigentlich auszudrücken sich anschickten...

Sonntag, 8. Juni 2008

Lazy Sunday

Der Sonnabend war recht betriebsam. Wir sind früh (für samstägliche Verhältnisse) aufgestanden, um mit vereinten Kräften schon ab 8:00 Uhr einer alleinstehenden Dame aus unserem Hausbibelkreis beim Umzug zu helfen. Dieses und jenes aus der Wohnung in den gemieteten LKW tragen, das Vehikel am neuen Wohnort entladen, zurück zum bisherigen Domizil, weil nicht alles auf die Ladefläche gepasst hatte... - na ja, wer kennt so was nicht. Umzugsgeschichten gibt es wie Bücher in der Bibliothek.

Anschließend oblag uns der Wocheneinkauf im Kaufland, selbstverständlich inklusive Březňák und Maasdamer Käse für die Zeit ab 18:00 Uhr.

Dann war zu Hause die Wohnung sauber zu machen. Als alles blitzblank war, hatte ich rund zwei Monate Buchhaltung aufzuarbeiten, eine Sache, die nun gar keinen Spaß macht, aber man kommt halt als Freiberufler nicht drum herum.

Zwischendurch immer wieder Hin und Her mit einem Mann, den wir für einen Freund gehalten hatten, der meine Frau jetzt bei einer Honorarabrechnung um ca. 1.300 Euro betrügt. Na ja. Tut weh, aber wir werden uns an den paulinischen Rat aus 1. Korinther 6, 7 halten. Ich sage mit Bob Dylan: Shame on your greed! Shame on your wicked schemes!

Schließlich gönnte ich mir eine Stunde auf dem Sofa, Kopfhörer auf den Ohren, Musik in den selbigen. Ich hörte mir mal wieder Endzeitliches aus dem Jahr 2000 an, eine der wenigen CDs in unserem Regal, auf denen auch mal deutsch gesungen wird. »...noch a Johr oda vier, scheiß uff die Daten, Armageddon ist hier!«

Dann, 18:00 Uhr, ging es los mit dem Fußballspiel, dessen Ausgang ich ja bereits richtig angekündigt hatte. Schließlich, anschließend an den Sieg der Mannschaft meines Vertrauens, war noch die eine und die andere E-Mail zu schreiben und zu lesen, ausserdem waren die abonnierten RSS-Feeds gut gefüllt. Und dann musste man ja noch einen Blick auf ein weiteres Fußballspiel werfen, nur so, ganz nebenbei, weil man ja wissen will, gegen wen die Mannschaft des Vertrauens noch anzutreten hat. Und diese Spieler aus Portugal... Hut ab! Aber nicht dass jemand am Ende meint, ich sei zum Fußballfan mutiert.

Ein solchermaßen gefüllter Samstag verdient es, von einem Lazy Sunday gefolgt zu werden. Nach dem Gottesdienst haben wir vor, eine Tiefkühlpizza im Backofen zuzubereiten und dann, am späten Nachmittag, sind wir mit Freunden am Schlachtensee verabredet. Der Wetterbericht verspricht mollige 32 Grad - gut dass der Biergarten so viele Bäume hat. Oder haben die Bäume den Biergarten? Egal.

Auch allen Blogbesuchern wünsche ich angenehme Mußestunden.

Samstag, 7. Juni 2008

Heute gewinnt Tschechien!

Ohne etwas vom Fußball zu verstehen behaupte ich, dass heute Abend das Spiel der tschechischen Fußballmannschaft gegen - äh - ich glaube die Schweizer - ist auch egal - zugunsten der Tschechen ausgeht.
Ich habe jedenfalls tschechisches Bier bereitgestellt, um den Sieg nicht mit durstiger Kehle beobachten zu müssen. Dazu wird dann Schweizer Käse auf dem Teller liegen... - ach nee, doch lieber Maasdamer. Sicher ist sicher.

Freitag, 6. Juni 2008

Thomas Mann

»Toleranz wird zum Verbrechen, wenn sie dem Bösen gilt.« (Zitat aus Der Zauberberg)
Heute jährt sich der Geburtstag eines der größten deutschen Schriftsteller. Am 6. Juni 1875 wurde er in Lübeck geboren. Ein Meister der Ironie, ein wunderbarer Geschichtenerzähler, ein messerscharfer Beobachter, ein Kämpfer gegen die Diktatur und für die Freiheit des Menschen. Ein Autor, der mich mit seinem Werk reich beschenkt hat. Noch dazu ein Mann mit Hut - das ist ja immer ein gutes Zeichen.

Heute abend werde ich ein wenig in seinen Erzählungen schmökern und mit einem Gläschen Wein auf die Erinnerung an Thomas Mann anstoßen.

(Das Bild zeigt ihn 1947 vor dem Exil mit seinem Enkel Friedo auf dem Flugplatz Dübendorf.)

Berlin missional 3 - Eigentlich ganz einfach...

Zum nächsten Ziel unserer Entdeckungsreise in der Soldiner Straße ist es vom fröhlichen Straßenfest nur ein Katzensprung. Wir haben noch runde 40 Minuten Zeit, diese füllen sich für mich mit einem weiteren Gespräch mit einem der Teilnehmer unserer alternativen Stadterkundung. Mit ihm spaziere ich durch die schattigen, aber nichtsdestotrotz heißen Straßen und wir tauschen uns über Probleme aus, die manche Gemeinde mit ihren Mitgliedern hat. Und solche, die manche Mitglieder mit ihrer Gemeinde haben.

Wir schlendern zurück und nun öffnet uns der »Kinder-Club« in der Soldiner Straße die Tür. Auch dieses Projekt schließt eine Lücke, die durch die Sparmaßnahmen Berlins gerissen wurde.
Carola und Dietmar erzählen uns, was hier von ihnen und anderen ehrenamtlichen Helfern für die Nachbarschaft getan wird. 77% der Kinder im Kiez leben in Familien, die von Sozialhilfe leben. Dass diese Kinder zu Hause keine Spielsachen haben, liegt aber nicht nur daran, dass die Eltern keine kaufen können, sondern auch daran, dass sich mitunter acht Kinder ein einziges Zimmer teilen müssen. Da ist ganz einfach kein Platz für Spielzeug. »Wer kann, zieht weg. Wer das nicht schafft, bleibt. Mit diesem Rest arbeiten wir hier«, sagt Dietmar.
Der Kinder-Club hat ausschließlich Christen als ehrenamtliche Mitarbeiter, aber er ist ein ganz bewusst weltanschaulich neutrales soziales Projekt. Doch das heißt keineswegs, dass das Evangelium ausgesperrt bleiben muss. Beispielsweise hat man die Adventszeit zum Anlass genommen, den Kindern und ihren Eltern zu erklären, warum Christen Weihnachten feiern. Es gibt auch, zusätzlich zu den Öffnungszeiten, einmal wöchentlich eine »Geschichtenzeit«, die dazu dient, aus Büchern Geschichten über Jesus und biblische Geschichten vorzulesen. In vielen Familien gibt es kein einziges Buch, und das Interesse am Vorlesen ist groß. Die Eltern schicken ihre Kinder gerne zu diesen Stunden im Kinderclub. Daneben wird parallel zur Zeit des unbeschwerten Spielens dreimal wöchentlich auch Hausaufgabenhilfe angeboten. Für all diese Dienste an den ärmsten Kindern der Stadt braucht kein Mitarbeiter eine spezielle Ausbildung. Das kann jeder Christ – wenn er nur die Augen nicht von der Not abwendet, sondern sein Herz öffnet und anfängt, etwas zu tun. Während ich Carola und Dietmar zuhöre, kommt mir die Geschichte vom »barmherzigen Samariter« in den Sinn. Man kann entweder die Straßenseite wechseln und den Blick abwenden, oder sich um den Verletzten kümmern.

Vom »Kinder-Club« fahren wir ein paar Stationen mit der Tram zur Schönhauser Allee, wo wir bei italienischen Leckereien und erfrischenden Getränken Andrea treffen, sie ist Leiterin des »Forum Islam« bei »Gemeinsam für Berlin«. Sie erzählt uns etwas aus ihrem Leben und Herzen. Andrea wohnt mit ihrer Familie in einem Gebiet mit überwiegend türkischem Bevölkerungsanteil von Moslems und Christen – schon das ist eine nicht immer einfache Mischung.
»Es ist im Grunde genommen ganz leicht«, erläutert sie, »die Möglichkeiten aufzuspüren, wo wir wirklich Salz und Licht sein können. Zum Beispiel las ich die Anzeige eines Fitnessclubs für moslemische Frauen. Auch andere Frauen seien willkommen, hieß es da. Und was meint ihr, worüber man beim Sport und der anschließenden Entspannung so alles ins Gespräch kommt.«
Auch Andrea erlebt auf vielfältige Weise, was wir schon am Vorabend in der Josuagemeinde gehört hatten: Wenn die Menschen spüren und erleben, dass wir sie nicht einfangen, zum Glauben oder sonst etwas überreden wollen, wenn sie erleben, dass wir sie so, wie sie sind, annehmen, offen und ehrlich, dann werden Gespräche über unseren Glauben recht bald möglich.
Gerade Moslems haben sehr ähnliche moralische und ethische Werte wie wir. Das Bild, das sie von »den Christen« haben, ist in der Regel völlig verzerrt. Für sie ist Deutschland »christlich«. Sie sehen die Bordelle, die nackten Frauen auf den Zeitschriftentitelblättern, sie sehen Drogenabhängige und erleben fremdenfeindliche Beschimpfungen oder Angriffe. Das sind für diese Menschen »die Christen«. Wen wundert es da noch, dass sie das Christentum erst einmal ablehnen. Wenn wir uns von diesen Menschen abwenden, oft genug angefüllt mit mindestens ebenso vielen Vorurteilen, wie sollen sie dann jemals eine Gelegenheit bekommen, den Unterschied zwischen dem »christlichen Abendland« und dem kennen zu lernen, was die Bibel lehrt?

Der Tag endet für mich mit einem fast eine Stunde währenden Gespräch mit einer jungen Bibelschülerin aus dem Teilnehmerkreis. Wir laufen nämlich etwa 20 Minuten zum nächsten S-Bahnhof, warten dort mehr als 20 Minuten auf dem nächtlichen Bahnsteig auf den richtigen Zug und fahren dann noch ein gehöriges Stück gemeinsamen Weges. Auch dieser Austausch zählt für mich zu den wertvollen Erlebnissen dieses Wochenendes und als sie dann ausgestiegen ist, um mit der U-Bahn zu ihrer Wohnung zu fahren, bin ich sehr tief berührt und Gott dankbar für einen weiteren Gedankenaustausch, der eigentlich unter Menschen, die sich zwei Tage zuvor nicht kannten, gar nicht möglich ist.

Viel Schlaf finde ich nicht während des »Berlin missional« Wochenendes. Aber irgendwie ist das völlig in Ordnung, wer würde schlafen wollen, wenn es so viel zu entdecken gibt! Um 9:00 Uhr am Sonntag treffen wir uns zum Frühstück im Café Rigarös im Bezirk Friedrichshain.
Hier, in der Rigaer Straße, sind wir nun in einem Gebiet gelandet, in dem die Künstler- und Alternativszene zu Hause ist. Hier ist man vor allem »anders«, unterscheidet sich deutlich vom Establishment und meidet alles »Normale«. Das Café ist demgemäß ausgestattet, ein Bartresen mit Armaturen (Messing, massives Messing!) aus dem vorigen Jahrhundert, eine bunt zusammengewürfelte Mischung von Sitzgelegenheiten, nicht ganz fertig gestrichene Wänden wechselnd mit rohem Mauerwerk... eben alles, was hier dazugehört.
Wir frühstücken gemütlich, während wir etwas über die Gemeinde erfahren, die dieses Café betreibt. Es ist die dritte Tochtergemeinde einer Freikirche in Schöneberg.
Die Gottesdienstzeiten in der Rigaer Straße sind natürlich den Bewohnern ringsum angepasst. Man trifft sich am späten Sonntagnachmittag in Räumen hinter dem Café Rigarös, frei von liturgischen oder sonstigen Zwängen. Außerdem trifft man sich nur vierzehntägig, um Freiräume für Beziehungen zu Freunden außerhalb der Gemeinde zu haben. Aus diesem Beziehungsumfeld sind schon einige dazugekommen. Menschen werden errettet und verändert. Weil sie sich nicht den frommen Formen und Vorstellungen anpassen müssen, sondern etwas vorfinden, wo sie sich sofort wohlfühlen können. Wo sie sich nicht fremd fühlen. Wo sie niemand mit Bekehrungsversuchen überfällt. Wo sie Mensch sein dürfen. So, wie sie eben gerade Mensch sind.

Bevor wir abschließend zu einem gleich im Nebenhaus befindlichen pakistanischen Restaurant wechseln, haben wir nun Gelegenheit, unsere Eindrücke und Empfindungen aus dem Wochenende zu teilen. So höre ich auch noch kurz zusammengefasst, was bei den anderen Touren am Samstag kennen gelernt wurde. Und all das waren ja nur Puzzleteile aus dem gesamten Spektrum dessen, was Christen in Berlin so alles tun können. Harald Sommerfeld öffnet uns abschließend noch einmal sein Herz und erzählt, wie seine Vision von Reich Gottes in der Stadt aussieht. Dass sie an vielen Orten in Berlin bereits Wirklichkeit geworden ist, haben wir mit eigenen Augen gesehen, berührt, geschmeckt.
»Im Vorfeld findet«, berichtet Harald, »sehr viel Gebet statt. Gebet nicht für die eigenen Bedürfnisse, nicht für die eigenen Nöte, nicht für die eigene Versorgung oder die eigene Gemeinde, sondern Gebet für den Kiez, den Bezirk, die Stadt, das Dorf. Gebet, in dem das Herz Gottes für die Menschen gesucht und gefunden wird.«
Dann folgen die ersten Schritte. Kleine Schritte. Schritte, die womöglich unzulänglich scheinen. Auch die Arche in Hellersdorf, in der heute hunderte von Kindern mit Essen und mehr versorgt werden, hat ganz klein angefangen: Mit dem Blick auf die Situation (hier haben Kinder nichts zu essen!) und der Entscheidung: Selbst wenn ich nur ein paar Stullen für sie schmieren kann, dann will ich wenigstens das tun.
Die Ernte kommt viel später. In vielen Fällen sind etliche Jahre der Saat und geduldigen Bewässerung notwendig, bevor überhaupt Frucht sichtbar wird. Man braucht ein ganz erhebliches Maß an Barmherzigkeit, um das durchzuhalten.
Die Perspektive vieler Gemeinden ist: Wie kann es bei uns noch besser laufen? Wir können unsere Räume und Möglichkeiten noch großartiger werden?
Gemeinden, die missional denken und handeln, fragen ganz anders: Was haben die Menschen um uns herum auf dem Herzen? Wo sind Nöte, wo ist Bedarf, und wie können wir dazu beitragen, diese zu lindern? Das geht auf jeden Fall zu Lasten der gemeindlichen Belange. Mitglieder, die sich für ihre Nachbarschaft, für die Menschen rings herum engagieren, haben keine Zeit und oft genug auch kein Geld mehr für gemeindliche Dienste und Projekte. Die Erfahrung zeigt ganz unmissverständlich, dass gemeindliche Dienste manchmal nicht mehr besetzt werden können, wenn die Gemeindebesucher sich ihren Mitmenschen zuwenden. Und das ist für solche Gemeinden völlig in Ordnung. »Der Dienst am Menschen draußen ist genauso Gottesdienst wie der Dienst in gemeindlichen Aufgabenbereichen«, fasst Harald zusammen.
Jesus sagte: Was ich den Vater tun sehe, das tue ich. Gott ist schon da, im Kiez, auf dem Straßenstrich, im moslemischen Fitnessclub, in der Künstlerszene, bei den Reichsten und bei den Ärmsten der Stadt. Wir spüren auf, was er tut und klinken uns ein. Wir bemängeln nicht, dass die Menschen nicht unserem Idealbild entsprechen, sondern wir sagen den Menschen, wer der »unbekannte Gott« ist, für den sie da einen Altar aufgestellt haben (siehe Paulus in Athen, Apostelgeschichte 17).
Niemand muss warten, bis er perfekt ist. Man braucht weder theologisches Studium noch langjährige Bewährung in frommen Formen oder Formeln. Missional leben, das ist keine Mode, kein Rezept. Dafür gibt es weder Kurse noch eine Gebrauchsanweisung. Außer der, die in so vielen Haushalten sowieso vorhanden ist. Ihre Aufschrift lautet: Die Bibel.

Ich bin inspiriert und ermutigt, als wir uns dann das pakistanische Mittagsmahl schmecken lassen. Ich traue mich, ein indisches Bier zu bestellen und bereue meinen Mut keine Sekunde. Das schmeckt ja richtig gut!

Abschließend bleibt mir zu sagen, dass dies ein Wochenende war wie selten eins zuvor. Ich hoffe, dass Harald Sommerfeld dieses Angebot einer ganz und gar alternativen Stadt-Entdeckungsreise wiederholt, damit noch möglichst viele Christen das erleben können, was mir diese etwa 44 zurückliegenden Stunden geschenkt haben: Einen Blick auf das Reich Gottes in der Stadt, das oft genug ganz anders aussieht als erwartet. So anders, dass man es viel zu leicht übersieht.

Vielen Dank, Harald, für dieses Abenteuer!

P.S.: Mehr über Harald Sommerfeld und seine diversen Angebote: Transformission

Donnerstag, 5. Juni 2008

Berlin missional 2 - Klosterleben und Straßenfest

»Matthew's Table« nennt ein amerikanisches Ehepaar seinen Dienst an den Menschen und für die Stadt. John und Gayle heißen uns am Samstagmorgen sehr herzlich an ihrem liebevoll gedeckten Frühstückstisch willkommen. Es gibt ein typisches American Breakfast, aber auch Gewohntes wie »Brotchen« mit vielerlei Aufstrich oder Belag.
Wir erfahren, während wir es uns schmecken lassen, einige erstaunliche Begebenheiten, die durch diesen Dienst der Gastfreundschaft bereits geschehen sind. Die Vision, die Gayle und John für ihren Dienst haben, ist sehr simpel: »Mission by loving people«. Jeder ist willkommen, vom Professor aus Islamabad bis zur Nachbarin von nebenan. Niemand bekommt eine Moral- und Bekehrungspredigt zur Mahlzeit, sondern jeder soll wissen und empfinden, dass er angenommen und geliebt wird. Von Gott und vom gastfreundlichen Ehepaar.
Die Zeit verfliegt viel zu schnell, während wir zuhören, wie es dazu kam, dass ein Pastor in Amerika mit seiner Frau die Gemeinde und Heimat verließ, um in einer fremden Stadt und Kultur fremden Menschen, gleich welcher Nationalität, ihre Zuneigung genauso wie praktische Hilfe zu schenken.
John fasst zusammen: »When we have won one person we have begun to win the world.«

Nach dem Austausch am amerikanischen Frühstückstisch teilen wir uns in drei Gruppen, um an verschiedenen Schauplätzen Christen zu treffen, die begonnen haben, Gemeinde und Kirche anders zu verstehen als eine fromme Parallelgesellschaft.
Ich bin bei Tour 2 dabei. Auf dem Weg zur ersten Station im Prenzlauer Berg genieße ich das ausführliche Gespräch mit dem pensionierten Pfarrer aus Erlangen, dem ältesten Teilnehmer bei »Berlin missional«. Wir tauschen Erfahrungen und Empfindungen aus, stellen fest, dass wir sehr ähnliche Sehnsucht im Herzen tragen: Eine Gemeinde und Kirche, die sich den Menschen zuwendet, sich den Menschen opfert, anstatt darauf zu warten und zu hoffen, dass die Menschen den Weg in die frommen Gemäuer irgendwie finden werden.
In Erlangen sieht das gesellschaftliche Umfeld ganz anders aus als an den Orten, die wir an diesem Wochenende in Berlin besuchen, aber das, was wir beide als Herausforderung sehen, ist doch das gleiche: Wir sind – wenn man das große Bild der Christenheit in Deutschland betrachtet - nicht mehr sonderlich relevant für unsere Umgebung. Wenn wir plötzlich weg wären, würden die meisten Menschen nichts und niemanden vermissen.

Runde 50 Minuten nach dem Aufbruch vom Frühstückstisch sind wir bei »Gemeinsam für Berlin« angekommen. Pfarrer Axel Nehlsen, der Geschäftsführer, stellt uns den Dienst an der Stadt mit seinen zahlreichen Ausprägungen vor. Die Vision lautet: »Alle gesellschaftlichen Bereiche der Stadt mit dem Evangelium von Jesus Christus zu erreichen.«
Es ging bei der Gründung vor sechs Jahren nicht um eine neue Kirche oder Gemeinde, sondern »Gemeinsam für Berlin« will vernetzen und versöhnen, Plattformen der Begegnung bieten und die Synergien sowie die Kooperation zwischen Gemeinden, Kirchen, christlichen Werken und Initiativen fördern. Dabei sollen auch Lücken aufgespürt und geschlossen werden, in denen noch niemand das Evangelium zu den Menschen bringt.
So vielfältig wie das Leben in Berlin sind auch die Arbeitszweige, »Foren« genannt. Von »Straffälligenhilfe« über »Gebet für die Stadt« und »Gemeindegründung« reicht das Spektrum, bis zu »Politik und Wirtschaft«, »Juristen« und »Interkulturellen Beziehungen«.
Anhand einiger Beispiele erläutert Axel Nehlsen, wie das in der Praxis aussieht und dass »Gemeinsam für Berlin« nicht »fertig«, sondern ständig offen für neue Impulse und Ideen ist.

In Kooperation mit »Gemeinsam für Berlin« ist durch die Idee einer jungen Frau auch die »Christliche Freiwilligenagentur« entstanden, die mittlerweile zum europäischen Vorzeigemodell geworden ist. Sie stellte ihre Idee vor, diese wurde umgesetzt. So einfach und unkompliziert fing alles an.
Ihr Anliegen formuliert die Agentur so: »Freiwilliges Engagement und Hilfeleistung für die Bedürftigen der Stadt, unabhängig von Nationalität, sozialem Status, Religion, Geschlecht, Alter oder sexueller Orientierung – auf der Grundlage des christlich-jüdischen Menschenbildes und des Apostolischen Glaubensbekenntnisses.«
Der Vizepräsident des Deutschen Bundestages, Wolfgang Thierse, übernahm 2007 die Schirmherrschaft, was heute viele Türen öffnen hilft. Auslöser war ganz schlicht und einfach die Idee einer einzelnen Person, inzwischen dienen eine große Anzahl von Christen in einer Vielzahl von Projekten ihren Mitmenschen. In der Bibel heißt dieses Phänomen Barmherzigkeit.

Ein Kloster mitten in der Großstadt? Ein evangelisches Kloster noch dazu? Und dann auch noch ein Kloster, das sich nicht hinter den sprichwörtlichen Klostermauern einschließt, sondern offen ist für die Nachbarschaft?
Jawohl, so etwas gibt es, wir lernen es bei der zweiten Station unserer Entdeckungsreise kennen. Wie »Gemeinsam für Berlin« im Bezirk Prenzlauer Berg gelegen, begrüßt das »Stadtkloster Segen« die Passanten mit einem riesigen Transparent über dem Eingang: »Die Kirche ist offen!«
Im August 2007 sind zwei Familien und drei Einzelpersonen aus dem beschaulichen Montmirail in der Schweiz nach Berlin gezogen, um die Idee einer Oase mitten in der Stadt in die Tat umzusetzen. Es handelt sich um Menschen, die in einer Kommunität zusammenleben, erklärt uns Georg Schubert, nachdem er uns mit angesichts des heißen Sonnentages hoch willkommenem kalten Mineralwasser versorgt hat. Wir erfahren von ihm einiges über die Geschichte dieser Kommunität und ihr Anliegen im geschäftigen Szenebezirk. »Wir wollen«, sagt er, »einen Ort als Laboratorium des geistlichen Lebens schaffen.« Vieles im »Kloster Segen« ist noch eine Baustelle, das Gebäude wurde für einen Euro erworben, muss aber nun aus eigenen Mitteln instand gesetzt, mit Leben erfüllt und unterhalten werden.
Im Bezirk leben viele Alleinstehende, überwiegend hochmobile Menschen, denen man zu ihnen angepassten Tageszeiten eine Möglichkeit anbieten möchte, mit Gott in Kontakt zu kommen. An Dienstagabenden beispielsweise gibt es kurze geistliche Impulse, im Vordergrund steht aber das stille Nachsinnen, Betrachten und schweigendes Beten über die Texte aus der Bibel. »Gott kennen lernen – aus erster Hand!« ist das Motto dieser Abende; es gibt keine Belehrung über Gott, sondern man möchte die Möglichkeit einräumen, dass Gott selbst zu Wort kommen kann.
Auch ein Glaubenskurs, der keinerlei »fromme Vorbildung« erfordert, wird angeboten, daneben Stundengebete, Andachten, Gottesdienste und – vor allem – eine Oase der Stille im Trubel der Großstadt.
Wir besichtigen Gelände und Kirche. Eine junge Frau kniet vor dem Altar, die Bibel vor sich auf den Stufen, den Kopf in den Armen geborgen, vertieft in Gedanken oder Gebet. Ein Anblick, bei dem ich weinen muss. Ich spüre: Hier begegnet jemand dem Herrn der Herren, still, erwartungsvoll, von Angesicht zu Angesicht. Meine Tränen sind Tränen der inneren Anteilnahme, plötzlich ist mir etwas von der Gegenwart Gottes spürbar. Und es sind Tränen der Dankbarkeit für diesen Ort, den eine Handvoll Christen aus der Schweiz meiner Stadt schenkt.

Wir machen uns auf den Weg in den Stadtbezirk Wedding, die Fahrt mit den öffentlichen Verkehrsmitteln dauert runde 50 Minuten. Diese sind für mich gefüllt mit einem tiefgehenden Gespräch mit zwei Teilnehmern unseres »Berlin missional« Abenteuers. Später, bei der Rückschau auf das Erlebte, werden mir diese Gespräche mit das Eindrucksvollste und Bewegendste sein. Ein mitunter geradezu seelsorgerlich-intimer Gedankenaustausch mit Menschen, die ich bis zu diesem Wochenende nicht kannte – dass das möglich ist, liegt sicher auch an dem Hunger nach einem relevanten Christsein, der uns alle veranlasst hat, dabei zu sein. Dadurch dürfen und können wir wohl so offen, so ehrlich miteinander unter vier oder sechs Augen reden. Für mich ist das ein wertvolles und unerwartetes Geschenk.

Als wir im Soldiner Kiez ankommen, ist ein Straßenfest mit buntem Programm von Altberliner Spottliedern, zum Leierkasten gesungen, bis zur Kindertanztruppe schon in vollem Gang. Organisiert wurde es von der »Imagekampagne Soldiner Kiez«, deren Projektleiterin Kerstin uns herzlich begrüßt.
Sie fühlt sich einer freikirchlichen Gemeinde ziemlich weit weg in einem anderen Stadtteil zugehörig, und sie hat ein ganz großes und ganz offenes Herz für diesen Bezirk, der vor ein paar Jahren Schlagzeilen machte, weil sich Polizisten nicht mehr als Einzelne auf die Straßen trauen konnten. Die Gewalt und der Hass hatten überhand genommen.
Kerstin sah es und schaute nicht weg, sondern hin. Sie engagierte sich und wählte ganz bewusst ihre Wohnung genau hier, mitten unter Menschen aus 27 Nationen. Eine Statistik weist aus, dass 40% Atheisten sind, 30 % Moslems, 20% (nominell zumindest) der evangelischen Kirche angehören, 10% zählt man als »Sonstiges«.
Kerstin hat mit einigen wenigen weiteren Christen in Zusammenarbeit mit Menschen anderen Glaubens und Atheisten Erstaunliches auf die Beine gestellt. Das Image des Kiezes hat sich bereits gewandelt und über Projekte wie den »lebendigen Adventskalender«, der 2007 »in 24 Tagen um die Welt« führte, wurden auch von den Medien mit Achtung und Wohlwollen berichtet.
Geplant sind weitere größere Aktionen wie ein »schwäbischer Abend« oder ein »Ostfriesenfest«. Aber vor allem beeindruckt mich das, was gar nicht so spektakulär scheint und dennoch Wirkung zeigt. Anstatt auf einander und auf Autos, Schaufenster oder sonstiges einzuprügeln, haben die Menschen im Kiez begonnen, den Dialog mit einander zu suchen. Wer erst einmal miteinander spricht, hat den ersten Schritt zu einem friedlichen Lebensumfeld geschafft. Das ist noch nicht der ganze Weg, aber so kann er beginnen.

Ich komme am Rande des Straßenfestes mit einem Türken ins Gespräch über die selbstbespielten Videokassetten, die er für 50 Cent pro Stück anbietet.
»Alles ganz prima Spielfilme aus meiner Heimat«, berichtet er mir, »habe ich selbst aufgenommen mit Digital-TV.«
»Ich spreche aber kein Türkisch«, erkläre ich ihm.
»Das macht nix, verstehst du trotzdem, und es sind ganz tolle Bilder, türkische Landschaft, gute Schauspieler.«
Ein Palästinenser gesellt sich dazu, und auch er bestätigt mir: »Ich kann kein Türkisch, aber das sind gute Filme!« Wir plaudern eine Weile über das Filmemachen, gute und schlechte Schauspieler, man reicht mir ein zierliches Tässchen, gefüllt mit dem vermutlich stärksten Kaffee meines Lebens, dazu bringt mir eine verschleierte Frau süßes Gebäck, das, so versichert mir der Palästinenser, »unbedingt zum Mokka gehört, sonst fällst du um. Bist plötzlich tot, vom Herz.«
Ob ich aus dem Kiez stamme, will man wissen. Ich erkläre kurz, warum ich mit anderen Christen hier bin und erfahre, dass ich unbedingt wieder kommen soll. Man empfiehlt mir ein Café um die Ecke und nach einer runden Viertelstunde verabschiede ich mich. Wie leicht es doch ist, ins Gespräch zu kommen. Nur eine kleine Frage, was auf den Videokassetten zu sehen ist…

Fortsetzung folgt.