Am Wochenende waren wir, was selten genug geschieht, im Kino. Man sagt ja, dass ein gebranntes Kind das Feuer scheut, aber wir haben trotz des Keinohrhasen-Erlebnisses wieder einen deutschen Film gesehen. Einen Film, der eine wahre Begenebheit nacherzählt und der rundum sehenswert ist.
Im April 1967 führte der Geschichtslehrer Ron Jones zusammen mit Schülern und Lehrern an der Cubberley High School in Palo Alto ein Experiment durch. Auslöser waren Aussagen in der Klasse, dass Verhaltensformen des Nationalsozialismus »bei uns (in Amerika) nicht vorkommen könnten«. Die Schüler wurden in dem Experiment als »The Third Wave« (Die Dritte Welle) organisiert, bekamen Rollen zugeteilt und wurden Einschränkungen unterworfen; Verhaltensnormen wurden aufgestellt und streng durchgesetzt. Ursprünglich für einen Tag vorgesehen, lief das Experiment über fünf Tage. Aufgeschreckt durch die Leichtigkeit, mit der die Schüler sich vereinnahmen und manipulieren ließen, brach Ron Jones das Experiment abrupt ab, indem er in einer Schulversammlung den begeisterten Anhängern der »Dritten Welle« einen direkten Vergleich mit Jugendorganisationen im »Dritten Reich« vorführte.
1981 entstand für das US-Fernsehen der Film »Die Welle«. Im gleichen Jahr verarbeitete Morton Rhue das Drehbuch des Films zum gleichnamigen Roman.
Nun ist eine Neuverfilmung in den Kinos, die auf der Kurzgeschichte von Ron Jones basiert, die Handlung aber in das moderne Deutschland verlegt.
Rainer Wenger (Jürgen Vogel) lebt mit seiner Frau Anke (Christiane Paul) alternativ-rustikal auf einem Hausboot. Er ist Gymnasiallehrer und muss statt des von ihm gewünschten Kurses »Anarchie« das Thema »Autokratie« in einer Projektwoche behandeln. Als ehemaliger Hausbesetzer und Maidemonstrant wäre ihm das andere Projekt lieber gewesen, aber Wenger lässt sich etwas einfallen.
Er wird zum Führer einer Bewegung, die sich am dritten Tag den Namen »Die Welle« gibt. Befehlsverweigerer werden vor die Tür gesetzt, jeder Kurstag bekommt eine eigene Losung: »Macht durch Disziplin«, »Macht durch Gemeinschaft«, »Macht durch Handeln«... Schnell hat die Bewegung auch eine Uniform, weißes Hemd zu blauen Jeans.
Der Film hat mich beeindruckt, denn es gelingt, die Geschichte glaubhaft zu machen. heute und hier, in Deutschland. Am ersten Projekttag behaupten die Schüler noch, dass eine Diktatur hierzulande nicht mehr möglich wäre, und binnen einer Woche beweisen sie selbst, wie falsch diese Annahme ist.
Das Ende des Films ist keine Überraschung, eine tragische Entwicklung voraussehbar, und natürlich gibt es einige plakative Figuren, deren Verhalten ein wenig zu einschichtig ist. Aber an keiner Stelle wirkte der Film auf mich unglaubwürdig und die Spannung reißt nicht ab.
Mein Fazit: Anschauen. Auch und vor allem mit Kindern und Jugendlichen.
Foto © Constantin/Cinetext
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