Eine weitere Frage in dieser kleinen Reihe wurde mir schon häufiger vorgelegt als andere. Es geht im Grunde genommen darum, ob Gott »gerecht« mit denjenigen umgeht, die ihn beziehungsweise das Evangelium nie kennen gelernt haben. Ein Leser hat es so formuliert:
Was passiert in den Augen eines Christen mit jemanden, der niemals getauft wurde und noch nie zu Gott gebetet hat, aber dennoch ein »gutes Leben« im Sinne des Christentums gelebt hat? Damit meine ich, dass er niemals eines der 10 Gebote verletzt hat ect.
Wird diese Person ebenso wie alle anderen »Sünder« bzw. »Ungläubigen« behandelt? Wie verhält es sich mit den Anhängern anderer Weltreligionen?
Meine Antwort sieht ungefähr so aus:
Abgesehen davon, dass es kaum jemanden geben dürfte, der nie eines der Gebote verletzt hat, ist das Neue Testament da ganz eindeutig: Die »Zeit der Unwissenheit« - also das Leben eines Menschen, der von der Notwendigkeit und Möglichkeit der Erlösung keine Kenntnis erhalten hat - führt nicht zwangsläufig zur Verdammnis.
Bei solchen Menschen ist es so, wie der Apostel Paulus in Athen vor einer (heidnischen) Menschenmenge ausgeführt hat, »dass sie Gott suchen, ob sie ihn vielleicht tastend fühlen und finden möchten, obwohl er ja nicht fern ist von jedem von uns.« An anderer Stelle erklärt er: »Es ist kein Ansehen der Person bei Gott. Denn so viele ohne Gesetz gesündigt haben, werden auch ohne Gesetz verlorengehen; und so viele unter Gesetz gesündigt haben, werden durch Gesetz gerichtet werden - es sind nämlich nicht die Hörer des Gesetzes gerecht vor Gott, sondern die Täter des Gesetzes werden gerechtfertigt werden.« Gemeint ist hier das jüdische, also von Gott gegebene, Gesetz, nicht menschliche Gesetze wie unser Grundgesetz oder die Straßenverkehrsordnung. Im Klartext: Wer nie etwas von Jesus gehört hat, aber entsprechend seinem (von Gott geschaffenen) Gewissen »gerecht« gelebt hat, weil er Gott - womöglich ganz unbewusst - »tastend fühlen und finden« wollte, ist ein »Täter« des Gesetzes.
Jesus Christus bietet aber viel mehr an: Wer an ihn und seinen Tod und seine Auferstehung glaubt, gelangt in eine ganz andere Dimension des Lebens hinein, die vergleichbar ist mit dem ursprünglichen Dasein des Menschen nach der Schöpfung.
Mir kommt diese Antwort irgendwie »unvollendet« vor, kollidiert sie doch mit dem neutestamentlichen Anspruch, dass der Mensch seit Tod und Auferstehung Jesu Christi ausschließlich durch den Glauben an den Erlöser errettet werden kann.