Es kann sich in den USA jeder dahergelaufene Trottel Pastor nennen, und manch einer tut es auch. 20 bis 30 Anhänger hat »Pastor« Terry Jones, der Mann, der unbedingt einen Koran verbrennen musste. Die amerikanischen Medien hatten sich - im Gegensatz zur abgeblasenen Koranverbrennung im September 2010 - diesmal zurückgehalten und die absurde Veranstaltung ignoriert. Der selbsternannte Pastor stellte sein Video ins Internet - ebenfalls ohne irgend ein Medienecho und ohne nennenswerte Zuschauerzahlen. So weit, so gut.
Aufmerksamkeit für die Veranstaltung entstand erst, als beim angeblichen Protest gegen die Koranverbrennung Moslems in Afghanistan Menschen umbrachten, die mit dem Geschehen in Florida überhaupt nichts zu tun hatten. Selbst wenn sie bei der Verbrennung des Koran mitgemacht hätten, wäre dies kein Grund, ihnen das Leben zu nehmen, aber die Ermordeten waren sicher keine Sympathisanten des Terry Jones.
Die Versuchung liegt nahe, hier Unrecht (öffentliche Bücherverbrennung) und Verbrechen (Ermordung von Menschen) gegeneinander in die Waagschale zu legen. Der Mob in Afghanistan gibt dem Pastor in Florida tatsächlich im Nachhinein Recht, denn einer Religion, die solche Gewaltexzesse fordern und fördern würde, wäre unbedingt entgegen zu treten. Zwar nicht mit dem Verbrennen von Büchern, aber doch sehr entschieden.
Nun ist allerdings Terry Jones so »christlich« wie die Mörder »moslemisch« sind. Es geht weder auf der einen noch auf der anderen Seite um den Glauben an einen Gott. Hassprediger aller Couleur missbrauchen die jeweilige Religion für ganz andere Ziele als sie vorgeben; Macht, Einfluss, Geld, Politik ... alles mögliche spielt eine Rolle, aber auf keinen Fall die Liebe zu Gott oder der Dienst für ihn.
Manch ein Kommentator hat in diesen Tagen darauf aufmerksam gemacht, dass der Islam im Gegensatz zu anderen Religionen vor allem durch Gewalt und Mord auffällt. Das stimmt. Doch woran das liegt, wird kaum beachtet. Es reicht ja meist, festzustellen, dass hier die Guten und dort die Bösen zu finden sind.
Die Geschichte des Christentums ist streckenweise eine sehr blutige, brutale und grauenhafte Geschichte. Von erbarmungslosen Eroberungskriegen bis zur Enthauptung von Christen, die ihren Glauben anders lebten als die kirchliche Führung es wollte, von Sklaverei bis zu geistlichem und körperlichem Missbrauch; zum Teil bis heute.
Ist daran der christliche Glaube Schuld? Kein vernünftiger Mensch wird das wohl heute noch so sehen. Man weiß zu unterscheiden zwischen denen, die wie Terry Jones den Glauben missbrauchen und dem Glauben an sich. Es ist Vernunft eingekehrt.
Beobachtet man die Gewaltexzesse in islamischen Ländern, dann ist von Vernunft nicht viel zu bemerken. Vielleicht liegt das auch daran, dass normale Menschen, ob sie nun an Jesus oder Mohammed glauben, für die Medien uninteressant sind. Die Vernünftigen, die Gebildeten, die sprengen sich und andere nicht in die Luft und die ermorden keine UN-Helfer. Sie verbrennen auch keine Bücher. Sie bekommen folglich auch keine Schlagzeilen.
Gleichwohl gibt es deutlich mehr Gewalt und Verbrechen im Namen des Islam als es bei anderen Religionen heute der Fall ist. Vielleicht wird der Islam, wenn die Vernunft aufgrund vermehrter Bildung und Aufklärung zunimmt, immer weniger als Deckmäntelchen für Fanatiker taugen, so wie das Christentum als Deckmäntelchen für Terry Jones und ähnliche Gestalten nicht taugt? Womöglich werden die Fanatiker weniger zahlreich, wenn das Bildungsniveau steigt?
Es wäre zu wünschen.