Das 43ste Impulsheft aus dem Down to Earth Verlag nimmt sich eines Themas an, bei dem vieles leicht gesagt und schwer getan ist: Vergebung. Die Autorin weiß, dass unsere menschliche Reaktion in der Regel anders aussieht, als uns gut tun würde:
Vergebung entlastet und befreit – doch ist sie keineswegs einfach. Wir wollen nach erlittenem Unrecht oft erst einmal Rache und Ausgleich. Vergebung scheint zunächst wenig attraktiv zu sein.
Das Resultat der Vergebung ist jedoch die Mühe wert, die man zunächst mit dem Gedanken und dem Vorgang hat, jemandem vergeben zu wollen. Bemerkenswert an diesem Impulsheft ist (wieder einmal, wie so oft bei ihren Heften und Büchern), dass Kerstin Hack nicht im theorieschwangeren Nebel stochert, sondern auch und womöglich vor allem aus eigenem Erleben schreibt:
Während des Schreibens erlebte ich selbst einige schmerzhafte Situationen. Ich hatte die Wahl, ob ich der Wut und Rache Raum gebe oder ob ich vergebe. Kurz: Ich habe das, was ich hier beschreibe, selbst erprobt und weiß, dass es gut ist. Es ist nicht leicht zu vergeben. Aber nicht zu vergeben ist noch viel schwerer.
Nun kam mir das Impulsheft wie gerufen, denn ich habe kürzlich eine Situation im beruflichen Umfeld erlebt, die mir das Vergeben schwer gemacht hat. Einerseits hatte ich mir in der Sache objektiv ein Fehlverhalten einzugestehen, aber der Punkt war andererseits, dass jemand, den ich für »kollegial befreundet« gehalten hatte, zum »Anschwärzer« an übergeordneter Stelle wurde und das führte zu ernsthaften Konsequenzen für mich.
Aus Schaden, sagt der Volksmund, wird der Einsichtsreiche klug. Die Situation hat mich daran erinnert, dass es noch längst nicht das Selbe ist, wenn zwei das Gleiche tun. Das war die eine Einsicht und ich konnte mich sehr schnell entscheiden, diesbezüglich zukünftig - egal, was andere tun und lassen - eben »nach dem Buchstaben des Gesetzes« zu handeln.
Aber was den Kollegen betrifft, der sich als Judas gebärdet hat, wohl um des eigenen Vorankommens willen oder einfach so, weil es seine Art sein mag, war die Entscheidung so leicht nicht. Es traf (obwohl die fragliche Person nicht »jemand Nahes« ist) in etwa zu, was Kerstin Hack in diesem Impulsheft so formuliert:
Wenn jemand Nahes nicht zu einem hielt, erlebt man das als Verrat. Das Vertrauen ist zerbrochen. Hier kann Vergebung den Weg zur Heilung ebnen. ... Zum Vergeben ist es nicht nötig, dass der andere darum weiß. Vergebung ist immer eine persönliche Entscheidung. »Ich will das, was mich belastet hat, nicht länger mit mir herumtragen.«
Es hat mir selbst gut getan, nicht weiter auf Rache zu sinnen und (innerlich) Gerechtigkeit - also einen Ausgleich für die ungerechte Behandlung - zu fordern, wütend zu sein. Der Kollege hat nichts davon, dass ich vergebe, sondern vor allem erst einmal ich. Genau das beschreibt Kerstin Hack sehr treffend und verständlich in diesem Heft. Sie schildert, was durch das erlittene Unrecht in einem Menschen vor sich geht, wie man damit umgehen kann und welche Ansätze vor dem Weg in die Verbitterung bewahren können.
Vieles, was ich jetzt in diesem Impulsheft gelesen habe, bestätigt und vertieft das eigene Erleben beim Umgang mit meinem konkreten Vorfall kürzlich und ähnlichen Situationen, die womöglich in der Zukunft liegen mögen. In dieser Welt wird es immer ungerecht zugehen. Letztendlich ist aber niemandem gedient, wenn ich nicht vergeben will oder kann.
Vergebung heißt: Einen Gefangenen freizugeben – und dann festzustellen, dass man selbst der Gefangene war. —Lewis B. Smedes
Mein Fazit: Ein lohnendes Impulsheft, aus dem Leben für das Leben. Nicht nur die Autorin bestätigt, dass es hier nicht um graue Theorie geht - ich schließe mich dem an und empfehle das Heft gerne als im wahrsten Sinne des Wortes befreiende Lektüre. Angenehm »unfromm« formuliert und voller wirklich guter Tipps und Gedankenanstöße.
Bestellen kann man direkt beim Verlag: [Kerstin Hack: Vergebung. Impulse für ein freies Leben.]