Gerhardt Polt, ein von mir hoch geschätzter bayerischer Satiriker, hat für eine seiner Fernsehsendungen vor vielen Jahren einen wunderbaren Ohrwurm kreiert:
Wann i nimmer meng dat,
wann i nimmer meng dat,
wann i nimmer meng dat,
gangat i hoam.
Das muss ich natürlich übersetzen. Sinngemäß singt er: Wenn ich nicht mehr mögen würde, ginge ich nach Hause.
»Ich mag nicht.« Solche Aussagen hören vermutlich alle Eltern mal von ihrem Nachwuchs. Wenn es um Hausaufgaben geht, oder um das Rasenmähen, oder auch nur das Aufräumen des Kinderzimmers. Als Erwachsene sagen wir das natürlich nicht mehr, oder? Aber – und damit sind wir beim Thema dieses Artikels: Wir handeln danach. Und das ist nicht immer gut so.
Wenn man sich nur von Stimmungen treiben und regieren lässt, kommt es recht schnell zur Prokrastination. Man schafft das, was man eigentlich tun wollte oder sollte, nicht. Weil man sich gar zu gerne ablenken lässt. Weil man den bequemeren Weg wählt. Eigentlich wollte man etwas für die körperliche Ertüchtigung tun, aber auf dem Sofa ist es viel bequemer. Eigentlich wollte man eine gesunde Mahlzeit zubereiten, aber das Fertiggericht aus der Tiefkühltruhe muss man ja nur in die Mikrowelle stellen – schon fertig.
Unsere Stimmungen und Launen sind ein schlechter Indikator, wenn es darum geht, zu entscheiden, ob wir etwas tun oder nicht. Stell dir vor, du möchtest Fettgewebe am Bauch gegen Muskeln tauschen. Du nimmst dir vor, jeden Morgen 15 Minuten Bauchmuskeltraining zu absolvieren. Nach dem Aufstehen trinkst du aber erst einmal eine Tasse Kaffee. Dann schaust du nach, ob neue E-Mails eingegangen sind. Dabei fällt dir ein, dass es ja online ganz besondere Sonderangebote geben könnte, die du nicht verpassen darfst. Dann schaust du auf die Uhr und stellst fest, dass du noch nicht gefrühstückt hast, obwohl es schon längst Zeit dafür ist. Und nach dem Frühstück ist dann Bauchmuskeltraining undenkbar …
Das ist nur ein Beispiel, das für viele verpasste Gelegenheiten stehen kann. Du wolltest eigentlich einen schwierigen Brief fertig schreiben. Du wolltest eigentlich den Keller entrümpeln. Du wolltest eigentlich …
Nun sei auch hier Wahrheit zwischen uns, liebe Leser: Manchmal ist es völlig richtig und gut, nicht zu mögen. Niemand will, soll und kann ständig nur »funktionieren«, alles schaffen, jeden zufriedenstellen. Das sei ferne! Aber den Unterschied zwischen dem Getriebensein von Stimmungen oder Launen und einem Setzen von persönlichen Grenzen verstehen wir alle, wenn wir ehrlich sind.
Ich habe mir einen Schlachtplan gegen mein persönliches, stimmungsgeborenes »ich mag nicht« zurechtgelegt.
Planen
Dazu gehört zum einen, im Voraus zu planen und festzulegen, was ich wann erledige. Ganz praktisch: Dienstag und Donnerstag sind die beiden Wochentage, an denen es nach der Arbeit ins Sportstudio zum Training geht. Oder im Berufsleben: Ich setze mir bestimmte Tage für die monatliche Abrechnung der Entgelte fest. An solchen Tagen wird dann weder die Ablage erledigt, noch die Zeiterfassung ausgewertet.
Gibt es Ausnahmen? Natürlich. Wenn am Dienstag zu viel Arbeit anliegt, die fertig werden muss (der Kunde ist König!), dann kann ich auch am Mittwoch Sport treiben. Oder einen Termin einfach ausfallen lassen. Wenn an den Abrechnungstagen im Büro etwas hereinkommt, was keinen Aufschub duldet, dann wird es eben erledigt.
Doch das Prinzip der Planung wird von solchen Ausnahmen nicht beseitigt. Am nächsten Dienstag gilt dann wieder gleich nach der Arbeit: Jetzt geht es zum Sport.
Antworten
Wenn der innere Schweinehund sein »ich mag nicht« anstimmt, habe ich mir einige Antworten zurechtgelegt:
- So habe ich es geplant, so wird es jetzt gemacht.
- Mein Ich von gestern hat gesagt tu das, mein Ich von morgen wird dafür dankbar sein, also tue ich es jetzt.
- Wenn ich erst angefangen habe, werde ich mich freuen, dass ich es nicht aufgeschoben habe. Alles, was ich jetzt tun muss, ist den ersten kleinen Schritt machen!
- Die besten Schriftsteller schreiben nicht nur in Momenten, in denen sie Lust dazu haben. Die besten Athleten trainieren nicht nur dann, falls ihnen gerade danach zumute ist. Die glücklichsten Menschen tun nicht nur etwas für ihre Gesundheit, wenn die Stimmung zufällig passt.
Wir alle besitzen eine ganze Menge Entscheidungsfreiheit, liebe Leser. Und Reife. Und Erfahrungen. Wir sind keine kleinen Kinder mehr, die mit einem »ich mag nicht« achselzuckend das Chaos im Kinderzimmer liegen lassen wie es ist.
Wir sind in der Lage, zu sagen: Ich mag nicht, aber ich weiß, dass ich nachher froh sein werde, wenn ich mich jetzt nicht von meiner Faulheit treiben lasse.
Gerhardt Polt kommt in dem eingangs zitierten Lied nicht vom Fleck. Er geht weder nach Hause, noch packt er etwas an. Irgendwann ist dann die Zeit um:
Ja jetzt, wenn ich so auf die Uhr schau
es ist ja eh schon fünf
äh, fünf vor fünf
wissen’S was, jetzt mog i nimmer
Du schaffst einen gewaltigen Berg von Arbeit weg, wenn du jetzt anfängst. Und gewinnst dadurch unbelastete Freizeit hinterher. Das lohnt sich!
Also los.
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