Die Welt wird immer schlimmer? Das Leben ist öde? Vielleicht möchten Sie ja, so viel an Ihnen liegt, dazutun, um nicht so furchtbar lange leben zu müssen. Vielleicht finden Sie, dass eine Lebenserwartung von über 50, geschweige denn 60 oder mehr Jahren maßlos übertrieben ist. Damit Sie keine lebensverkürzende Chance verpassen, habe ich Ihnen die zehn Gebote zusammengestellt, deren Einhaltung Ihnen mit großer Wahrscheinlichkeit zu einem Ableben vor dem Rentenalter verhelfen kann.
Am besten Zigaretten. Wenn Sie den Geruch von Tabak absolut nicht ertragen, rauchen Sie wenigstens E-Zigaretten. Dann bekommt Ihr Körper zwar kein Formaldehyd über die Lungen, aber doch immerhin Nikotin und Zusatzstoffe wie Diacetyl, 3-Hydroxy-2-butanon und Acetylpropionyl. Wirklich auf Nummer Sicher gehen Sie jedoch mit Zigaretten. Fangen Sie mit zwei oder drei pro Tag an, sie sind dann fast automatisch und mühelos binnen kurzer Zeit bei einem Konsum von einer oder zwei Schachteln täglich angelangt.
2. Gebot: Trinken Sie regelmäßig Alkohol!
Zusätzlich zum Nikotin sollten Sie täglich das zweite legalisierte Nervengift mit dem schönen Namen Alkohol zu sich nehmen, um Ihr Leben signifikant zu verkürzen. Zu den häufigsten alkoholbedingten Folgen gehören Leberkrankheiten, Bauchspeicheldrüsenschäden, Herz-Kreislauf-Probleme, Krebs und psychische Störungen. Um diese Resultate zu erreichen, sollten Sie als Mann mindestens zwei Flaschen Bier oder Gläser Wein täglich konsumieren, als Frau reicht die Dosis von einem Glas Wein oder einem halben Liter Bier. Genießen Sie nach den Mahlzeiten zusätzlich einen Schnaps zur Verdauung und am Wochenende ein paar Bierchen oder Weinchen mehr. Denken Sie daran, auch immer Liköre im Haus zu haben, die Sie zwischendurch konsumieren können.
3. Gebot: Meiden Sie Stufen und Wege!
Bewegen Sie sich so wenig wie möglich. Wo immer eine Rolltreppe oder ein Fahrstuhl zu finden sind, benutzen Sie auf keinen Fall die Stufen im Treppenhaus. Fahren Sie auch kurze Strecken mit dem Auto, einem motorisierten(!) Zweirad, einem Taxi oder zur Not öffentlichen Verkehrsmitteln. Im Büroalltag achten Sie darauf, dass Drucker, Akten, Bonbons oder andere Naschereien in unmittelbarer Nähe bereitstehen, damit Sie nicht aufstehen müssen, um etwas zu holen. Nach Feierabend halten Sie sich möglichst vor dem Schlafengehen nur auf Ihrem Sofa oder in bequemen Sesseln auf. Denken Sie auch daran, dass Ihnen jede Menge Dienstleister gerne den lästigen Einkauf abnehmen und von Lebensmitteln bis zur Kleidung alles nach Hause liefern. Achten Sie auf jeden Fall darauf, dass Sie niemals aus der Puste geraten – wenn Sie sich schon notgedrungen bewegen müssen, dann bitte langsam und mit Pausen.
4. Gebot: Bevorzugen Sie Cola & Co.!
Trinken Sie außer Alkohol (siehe zweites Gebot) regelmäßig sogenannte Soft-Drinks wie Cola, industriell gefertigte Orangenlimonade oder auch sogenannte Energiedrinks. Achten Sie bei den Marken Coca-Cola und Pepsi-Cola darauf, dass sie keine Flaschen aus amerikanischer Produktion erwischen, denn dort wurden die nachgewiesen krebserzeugenden Stoffe (E 150 a bis d) aus der Rezeptur genommen, weil sonst ein Warnhinweis wie bei den Zigaretten auf die Flaschen hätte kommen müssen. Außerhalb der USA wurde die krebsfreundliche Rezeptur beibehalten. Falls Sie doch einmal die amerikanische Variante erwischen, ist allerdings die lebensverkürzende Wirkung nicht aufgehoben, sondern nur durch das Fehlen der E-Stoffe gemindert. Es ist immer noch reichlich Zucker enthalten, außerdem künstliche Aroma- und Geschmackstoffe. Handelt es sich bei Ihrem Getränk um eine Cola oder Limonade, die statt mit Zucher mit HFCS gesüsst ist (fructosereicher Maissirup), dann schädigen Sie wenigstens Ihre Leber. Die verwandelt die Fructose in schön viel Fett – ein Fett, das sich rund um das Organ anlagert und alsbald zu einer schweren und gelben Fettleber führt. Mit der zuckerhaltigen Variante der Soft-Drinks erreichen Sie auf Dauer den gleichen Effekt, zusätzlich sorgen Sie aber für einen stark erhöhten Insulinspiegel im Blut. Wenn Sie auch Ihre Kinder in den Genuss einer verkürzten Lebenszeit kommen lassen wollen, gewöhnen Sie sie früh daran, Softdrinks statt Obstsäfte oder gar reines Wasser zu sich zu nehmen.
5. Gebot: Essen Sie »Convenience«-Produkte!
Essen Sie so regelmäßig wie möglich die billigsten Fertigmahlzeiten (die stehen meist im Tiefkühlregal), die Sie finden können. Alternativ können Sie aus möglichst billigen Fertigprodukten zusammengestelltes Essen zu sich nehmen. Bei der Auswahl von Brotbelag und –aufstrich achten Sie darauf, möglichst viel industriell verarbeitete Produkte (zum Beispiel Kochschinken, Leberwurst) mit möglichst langer Haltbarkeit zu kaufen, dann sind Sie bezüglich aggressiver chemischer Konservierungsstoffe und Antioxidationsmittel ziemlich auf der sicheren Seite. Wie bei den Soft-Drinks können Sie auch beim Essen die Lebenserwartung Ihrer Kinder mindern, indem Sie Fischstäbchen, Instant-Soßen, Kartoffelbrei aus der Tüte und andere Fix-Produkte (aus der Tiefkühltruhe beispielsweise) regelmäßig auftischen und häufig Süßigkeiten verteilen. Kaufen Sie keinesfalls frisches Gemüse oder Obst – höchstens mal im Winter tiefgekühlte Erdbeeren aus chinesischer Produktion.
6. Gebot: Bio ist tabu!
Kaufen Sie auf niemals Produkte aus biologischem Anbau beziehungsweise biologischer Tierhaltung, denn dann würden Ihnen all die herrlich lebensverkürzenden Antibiotika, Unkrautvernichtungsmittel, künstlichen Hormonzugaben sowie die wunderbaren chemische Farbstoffe, Geschmacksverstärker und Füllstoffe entgehen, die Sie mit industriell erzeugten Speisen und Getränken zu sich nehmen können. Zwar haben Bio-Lebensmittel meistens nicht mehr Nährstoffe und Vitamine als konventionelles Obst und Gemüse, aber auf den Chemiecocktail der Industriewaren müssten Sie beim Kauf im Bio-Laden verzichten. Bio-Produkte werden leider ohne Pestizide und Chemiedünger beziehungsweise Massentierhaltung hergestellt. So etwas sollten Sie nicht essen!
7. Gebot: Versorgen Sie Ihre Haut mit Erdöl!
Auch bei Körperpflegeprodukten, vom Duschgel über die Sonnencreme bis zur Zahnpasta achten Sie darauf, dass die Aufzählung der Inhaltsstoffe auf der Packung so lang wie möglich ist und so viele chemische Kürzel und Begriffe wie möglich enthält. Vor allem sollten Sie Produkte wählen, die Erdöl (auch als Mineralöl bezeichnet) in verschiedenen Formen enthalten. Damit Sie sicher sind, wirklich ein lebensverkürzendes Produkt zu kaufen, halten Sie nach folgenden Begriffen auf der Verpackung Ausschau: Ceresin, Diisopropyl Adipate, Mineral Spirits, Paraffinum Liquidum, Isoparaffin, (Hydrogenated) Microcrystaline Wax, Isohexadecane, Paraffin, Synthetic Wax, Mineral Oil, Petrolatum, Vaseline, Paraffinum Subliquidum, Cera Microcristallina, Microcrystalline Wax, Ozokerit. Auch bei Kosmetika gilt: Keine Bio-Produkte kaufen, denn in Bio-Kosmetik sind Mineralöle von vorne herein gar nicht erlaubt, dort werden stattdessen pflanzliche Fette und Öle verwendet.
8. Gebot: Konsumieren Sie möglichst viele Weichmacher!
Verwenden Sie in der Küche, im Bad und für unterwegs auf jeden Fall Kunststoffgefäße und Behälter, wo immer es möglich ist. Vor allem weiche Kunststoffe geben die enthaltenen Weichmacher bereitwillig an die Nahrungsmittel ab, damit Sie möglichst oft und reichlich in den Genuss von Di(2-ethylhexyl)phthalat (DEHP) kommen. DEHP ist als Weichmacher für PVC in großen Mengen und in sehr vielen Produkten im Einsatz. Vor allem bei Billigangeboten werden Sie sicher schnell fündig. In Spielzeug für Kinder ist dieser Weichmacher leider verboten, das heißt, Sie müssen auf anderem Wege (Plastikgeschirr, Löffel, Trinkhalme, Brotdosen für die Schule, Trinkflaschen für unterwegs) sicherstellen, dass das Leben Ihrer Kinder nicht zu lange währt.
9. Gebot: »Fast-Food« ist Ihre erste Wahl!
Wenn Sie zum Essen ausgehen, achten Sie darauf, dass die Speisekarte so lang wie möglich und die Servierzeit der Gerichte so kurz wie möglich ist. Dann sind Sie relativ sicher, dass nichts frisch zubereitet wird, sondern dass Ihnen Essen voller Konservierungsstoffe, Antioxidationsmitteln, Farb- und Geschmacksverstärker serviert wird. Wenn Sie noch dazu darauf achten, dass Sie riesige Portionen zu billigen Preisen bekommen, sind Sie auch bezüglich der gesundheitsschädlichen Qualität der verwendeten Lebensmittel auf der sicheren Seite. So bekommen Sie mit Sicherheit eine schöne Portion Antibiotika, künstliche Wachstumshormone, Unkrautvertilger, Mineralölrückstände und – wenn Sie Glück haben – sogar genveränderte Substanzen. Auch bei McDonalds, Burger King und Co. können Sie sich auf gesundheitliche Schäden verlassen, wenn Sie nicht ausgerechnet den Salat bestellen und ihn womöglich noch ohne die mitgereichte Sauce verzehren. Das sogenannte Fleisch in den Burgern von McDonalds beispielsweise besteht aus Fettpaste und Ammoniak. Fleisch ist nicht enthalten. Ihre Kinder werden es lieben und Ihnen mit einem kurzen Leben danken.
10. Gebot: Kommen Sie nicht zur Ruhe!
Schlafen Sie so wenig wie möglich, vermeiden Sie Entspannungspausen und Ruhe. Tun Sie immer mehrere Dinge gleichzeitig, setzen Sie sich unter Leistungsdruck und seien Sie nie zufrieden mit dem, was Sie geschafft haben. Meiden Sie Meditationen, Andachten, Yoga, Kirchen, klassische Konzerte, Saunagänge und ähnliches wie der sprichwörtliche Teufel das sprichwörtliche Weihwasser. Halten Sie auf keinen Fall Ordnung, strukturieren Sie nichts und planen Sie keinesfalls systematisch Ihren Tagesablauf. Wenn Sie unbedingt Urlaub nehmen müssen, dann nehmen Sie sich in der Zeit Dinge wie Reparaturen, Renovierungen oder Entrümpelungsaktionen vor. Lassen Sie Ihre Kinder nicht draußen spielen, vor allem dann, wenn es dort Grünanlagen oder gar unberührte Natur gibt. Geben Sie ihnen stattdessen Spielkonsolen, Smartphones und andere elektronische Geräte in die Hand, damit sie nicht in Versuchung geraten, sich womöglich an der frischen Luft zu bewegen. Und natürlich muss jedes Kinderzimmer einen eigenen Fernseher und Computer haben.
So. Nun wissen Sie Bescheid. Die Welt wird immer schlimmer? Das Leben ist öde? Dann tun Sie etwas dafür, dass Ihre Aufenthaltsdauer auf dem Planeten nicht zu lange dauert, indem Sie die aufgelisteten Ratschläge beherzigen und in die Praxis umsetzen. Es bleibt noch anzumerken, dass es sich mit diesen zehn Geboten genauso verhält wie mit jenen, die der Überlieferung zufolge Mose von Gott persönlich diktiert bekommen hat: Um den gewünschten Effekt mit Sicherheit zu erzielen, muss man schon alle zehn Gebote halten. Eine Garantie allerdings vermag ich Ihnen nicht zu geben.
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