Mittwoch, 25. September 2013

Ein Stück Erleichterung–aber noch keine Gewissheit

Es gibt einerseits gute Nachrichten zu vermelden, andererseits ist aber weiterhin ein großes Maß an Unsicherheit dabei.

imageErleichtert und froh sind wir beide, dass bei den gründlichen Untersuchungen in Krankenhaus kein neuer Tumor gefunden wurde. Von der Milz über die Lunge bis zum Darm deutet nichts auf einen neuen Krebs hin. Lediglich der Kopf wurde nicht untersucht, die Wahrscheinlichkeit eines Gehirntumors ist angesichts der Diagnose wohl zu gering.

In der Lunge hat man allerdings zwei 4 bis 5 mm große »pulmonale Rundherde« gefunden, von denen es im Bericht heißt: »Nicht beweisend für Metastasen, z.B. Granulome.« Die Ärztin meinte zu mir, dass man dem nur nachgehen müsse, wenn sich eine Bösartigkeit der fraglichen Stellen der Leber bewahrheitet.

Beruhigend auch im vorläufigen Arztbericht: »Sicher keine mediastinalen Lymphknotenmetastasen.«

Allerdings gibt es endgültige Klarheit erst dann, wenn eine Gewebeprobe von dem vorliegt und untersucht werden kann, was einstweilen weiter Lebermetastasen heißt. Um an diese Gewebeprobe zu kommen, muss eine Punktion durchgeführt werden, die aufgrund der Lage beider Metastasen wohl außerordentlich schwierig und gefährlich ist. Entweder, man müsste durch die ganze Leber hindurch stechen, was ziemlich sicher zu erheblichen Blutungen führen würde, oder man muss zwischen den Rippen durch haarscharf an der Lunge vorbei mit der Nadel zur Leber gelangen. Diesen Eingriff trauen die Ärzte im Universitätsklinikum Steglitz lediglich einem einzigen Kollegen zu, der voraussichtlich erst nächste Woche verfügbar ist. Daher hat man mich nun »auf Abruf« nach Hause entlassen. Sobald das Telefon klingelt, könnte es heißen: Kommen Sie zur Leberpunktion.« Anschließend muss ich mindestens über Nacht im Krankenhaus bleiben, weil die Gefahr von Blutungen sehr hoch ist.

Was also momentan bleibt ist nach wie vor Unsicherheit bezüglich der Gefahr durch die Metastasen und der weiteren Therapie und auch Angst vor der gefährlichen Punktion. Aber auch und vor allem Dankbarkeit für all die positiven Nachrichten.

Spätestens Mitte der nächsten Woche sollten wir dann mehr wissen ...

Montag, 23. September 2013

Metastasen

Mein Quartier für die nächsten Tage und Nächte ... könnte ich mir wahrlich schöner vorstellen.
Bei der Nachsorgeuntersuchung kamen jedoch leider zwei Lebermetastasen zum Vorschein und ein vergrößerter Lymphknoten in unmittelbarer Nähe.
Nun bin ich also am Geburtstag im Krankenhaus gelandet, damit mit Hilfe von weiteren CT-Aufnahmen, Magenspiegelung und Leberpunktion Klarheit über die weitere Behandlung gewonnen werden kann.
Natürlich ist uns beiden bange und Eva und ich hatten den Tag ganz anders geplant. Für jeden guten Gedanken und jedes Gebet sind wir sehr dankbar.

Mittwoch, 18. September 2013

Sorgen muss man sich nicht »machen«

»Mach dir keine Sorgen!« Leicht dahingesagt, aber in vielen Fällen sicher nicht der richtige Rat für betroffene Gemüter. Denn Sorgen muss man sich ja meist nicht »machen«, sie sind von selbst da. Ohne, dass man sie eingeladen oder »gemacht« hätte. Die Sorgen, sind sie erst einmal da, zu vertreiben, fällt nicht leicht. Manch einer versucht, sie zu ertränken und stellt dann fest, dass sie schwimmen können. Andere werfen die Sorgen krampfhaft von sich, indem sie versuchen,. die Existenz der Angst zu leugnen, aber trotz aller Anstrengung kehren die Sorgen umgehend zurück.

Ich bin zur Zeit besorgt, weil bei der letzten Krebsnachsorgeuntersuchung der Arzt mit dem Erscheinungsbild meiner Leber auf dem Bildschirm des Ultraschallgerätes nicht zufrieden sein konnte. Er entdeckte einen runden dunkleren Bereich, wo kein solcher zu erwarten wäre. Eine CT-Untersuchung, die besseres Bildmaterial liefert, soll nun weitere Aufklärung bringen, ob die Leber in Ordnung ist oder nicht.

Die Blutwerte (die sogenannten Tumormarker) sprechen gegen einen erneuten Krebs, sind aber, was die Blutfette betrifft, auffällig. Das ist insofern beruhigend, dass andere Erkrankungen als Krebsbefall in der Regel leichter zu behandeln und weniger tödlich sind. Aber natürlich schleichen sich Befürchtungen, dass es ein Tumor sein könnte, immer wieder in meine und unsere Gedankenwelt, die beste aller Ehefrauen leidet an der Ungewissheit nicht weniger als ich.

Was kann man in einer solchen Situation tun? Mein Umgang mit der Furcht sieht so aus, dass ich die Sorgen wahrnehme, der Bedrohung ins Gesicht sehe, mir aber immer wieder klarmache:

  • Ich kann durch Sorgen und Grübeln nichts ändern.
  • Ich weiß (auch aus eigener Erfahrung), dass unser Vater im Himmel von Krankheit heilen kann, mit oder ohne Zutun von Ärzten.
  • Ich weiß (genauso aus eigener Erfahrung im engsten Familienkreis), dass Gebet und Flehen und Fasten und Glauben und Vertrauen genauso gut gar nichts gegen tödliche Krankheiten bewirken können.
  • Ich kann mir anhaltende Gesundheit nicht erarbeiten und nicht erkaufen.
  • Ich kann nur hoffen und beten, dass mir noch viele Jahre Leben geschenkt werden.
  • Ich kann jeden Tag bewusst leben und genießen.

Die Ergebnisse der CT-Untersuchung, die morgen stattfindet, werde ich wohl frühestens eine Woche später erfahren. Bis dahin heißt es eben, mit der Ungewissheit leben  und unter anderem für sehr viele liebe worte, Zuspruch und Ermutigung von Freunden, Bekannten und der Familie dankbar sein. Auf mich allein gestellt ... wäre ich wohl bereits nicht mehr hier.

Mittwoch, 11. September 2013

Von Angst und Hoffnung

Am kommenden Freitag steht mir die nächste gründliche Untersuchung bevor. Das ist ja an und für sich eine feine Sache mit der Nach- und Vorsorge, immerhin kann der Patient einigermaßen beruhigt sein, wenn er untersucht wurde und der Arzt nichts gefunden hat, was auf eine Erkrankung hindeutet.

Nach der Krebsdiagnose und Operation im März 2012 wurde ich zunächst vierteljährlich untersucht, im April 2013 fand der Wechsel zum halbjährlichen Untersuchungsabstand statt, denn die Ergebnisse waren durchweg mutmachend und hoffnungstiftend – lauter negative Befunde. Und das ist bei medizinischen Diagnosen ja eine positive Auskunft.

imageIch habe keinerlei Beschwerden oder Anzeichen, dass etwas nicht in Ordnung sein könnte (abgesehen von den chronischen oder lang anhaltenden Folgen der Operation und Chemotherapie), aber sie ist trotzdem da, die Furcht vor dem, was bei der anstehenden Untersuchung herauskommen könnte, irgendwo im Hintergrund lauert sie ständig. Wenn ich beschäftigt bin, sei es im Büro bei der Arbeit, sei es beim Einkaufen, beim Sport, beim Lesen oder Fernsehen, dann bleibt sie meist im Hintergrund. Dann kann ich die Furcht meist vergessen, ohne Mühe. Aber beim Einschlafen, beim Aufwachen, oder auch einfach so zwischendurch tauchen die ängstlichen Gedanken auf.

Ist der Krebs wieder da? Sind in den sechs Monaten seit der letzten Untersuchung neue Tumore entstanden? Wurden wirklich alle Krebszellen bei der Operation entfernt? Hat die Chemotherapie neben all den schädlichen Effekten auch etwas Gutes getan, nämlich eventuell herumwandernde Krebszellen vernichtet? Werde ich Weihnachten noch gesund erleben? Wird es einen nächsten Sommerurlaub für mich geben?

Mach dir keine Sorgen – das sagt sich leicht. Die Sorgen muss man sich aber gar nicht machen, die sind einfach da. Ungefragt. Ungemacht. Ungewollt.

Das Heimtückische am Krebs ist es ja, dass viel zu lange nichts zu spüren ist. Alles scheint mit dem Menschen in bester Ordnung zu sein … und dann, wenn die Krankheit entdeckt wird, kann es schon zu spät sein für erfolgreiche medizinische Maßnahmen. Vor ein paar Tagen starb eine nur 43jährige Mutter von vier Kindern zwischen drei und acht Jahren aus unserem weiteren Bekanntenkreis am Krebs, der bei ihr vor nicht einmal einem Jahr entdeckt worden war.

In meinem Fall konnten die Ärzte die beiden Tumore vollständig entfernen, so dass ich (in der Bandbreite zwischen 30 und 70 Prozent) echte Heilungschancen habe.

Nun weiß ja kein einziger Mensch, ob er am nächsten Tag wieder aufstehen wird. Auch nicht der gesündeste in jugendlichem Alter. Darüber denken wir nicht sonderlich viel nach im normalen und unbeschwerten Leben.

imageIch stelle fest, dass ich seit dem März 2012 deutlich bewusster lebe und erlebe. Dass ich mehr zu schätzen und zu genießen weiß, was man normalerweise als selbstverständlich oder nebensächlich betrachtet, von einer köstlich zubereiteten Mahlzeit über einen Spaziergang oder Stadtbummel bis zum entspannten Abend im Freundeskreis. Und ich bemerke, dass mich manches nicht mehr ärgern oder gar auf die Palme bringen kann, weil es nämlich nur wichtig erscheinen möchte, tatsächlich aber unbedeutend ist.

Es wäre töricht, sich über eine Krankheit wie den Krebs zu beklagen oder irgendwelche, womöglich sogar übernatürlich-religiösen, Gründe zu suchen, warum jemand Krebs hat während sein Nachbar bis ins hohe Alter vor Gesundheit strotzt. Zwar gibt es zweifellos selbstverschuldete Leiden, die man sich beispielsweise durch übermäßigen Alkoholkonsum, durch den häufigen Besuch von Solarien, Geschlechtsverkehr mit infizierten Partnern, das Rauchen oder ungeeignete Ernährung zufügen kann, aber selbst diesbezüglich reagiert nicht jeder Organismus gleich. Man denke nur an unseren Bundeskanzler Helmut Schmid. Dennoch stimmt es: Der Mensch kann Risiken vermeiden, wenn er will (und diesbezüglich aufgeklärt ist). Aber auch diejenigen, die »gesund leben«, sind nicht davor gefeit, von Krankheit oder Unglück aus dem Leben gerissen zu werden.

Wie eingangs gesagt – die Angst ist da. Mal mehr, mal weniger im Hintergrund. Sie ist natürlich nicht sachdienlich, eher im Gegenteil, aber sie zu leugnen wäre auch keine Lösung. Daher habe ich auch künftig vor, sie zwar zur Kenntnis zu nehmen, mich aber täglich neu zu entscheiden, dass das Leben trotz der Bedrohung lebenswert und wertvoll und schön ist.