Donnerstag, 31. Dezember 2009

Fertich jeworden

Ich war mal mit einem amerikanischen Pastor, Sam Fields, befreundet, inzwischen wohnt der gute Mann nicht mehr in Berlin. Egal. Es geht ja um damals: Dieser Freund meinte oft, ich sei höchstwahrscheinlich hoffnungslos verloren, weil ich ja wicked sei. Schließlich sei die Bibel eindeutig: The wicked know no peace. Da ich auch an Wochenenden und zu anderen Gelegenheiten, bei denen andere ruhten, oft etwas zu tun hatte, war für ihn die Sache klar: No peace, sondern Arbeit, also wicked.

Ich pflegte mit Bibelversen zu antworten, in denen Müßiggang und Faulheit gegeißelt werden. Wir hatten viel Spaß miteinander, der Pastor und ich.

An seinen Spruch the wicked know no peace dachte ich eben, als ich um 15 Uhr am 31. Dezember 2009 nach drei Stunden Arbeit am letzten Projekt für das Jahr das Dokument speicherte und abschickte. Die Zeitschrift, für die ich einen Artikel zu schreiben mich bereit erklärt hatte, nannte seinerzeit als Redaktionsschluss Ende Dezember. Heute ist Ende Dezember, falls mein Kalender stimmt. Und der Artikel ist fertich jeworden. Na siehste.

idee im kopf

Die Idee für den Einstieg in den Text kam mir gestern beim Bierchen in einem Kellergewölbe. Ich schaute zwar in das Buch, das meine Hand hielt, aber ich las gar nicht. Statt dessen hatte ich ein längst vergessenes Kinderlied im Kopf. Und damit den Einstieg in den Artikel, in dem es um Sünde und Gesellschaft geht. Das war der Grund für die erfreute Mine (obwohl auch Bier und Buch gut waren / sind). Ähnlich erfreut schaue ich jetzt drein, denn nun gibt es nichts mehr zu tun in diesem Jahr 2009.

Allen meinen Blogbesuchern wünsche ich einen ähnlich friedlichen und fröhlichen Übergang in ein neues Kalenderjahr, ob das nun irgendwie besonders gefeiert wird oder (wie bei uns hier im deshalb aufgesuchten Urlaubsexil) nicht.

Mittwoch, 30. Dezember 2009

Der Herr Klaus

herr_klaus_und_gjm Der Herr Klaus, demokratischer König von Tschechien, schaute etwas nachdenklich und ernst, als ich ihm heute (in einer Ausstellung in Český Krumlov) erklärte, dass ich als Tourist die Einführung des Euro statt der tschechischen Krone sehr begrüßen würde.

Es wäre weniger erschreckend für mich, die Preise in Cafés, an Tankstellen oder sonstwo zu betrachten.

Andererseits schult es natürlich das Kopfrechnen. Ein Glas Bier im Restaurant kostet beispielsweise 38,00. Da kann man schon innerlich Zweifel am eigenen Durst bekommen. Doch dann setzt die Rechenkunst im Kopf ein: Ein Euro ist etwa 28 Kronen wert. Also ist der halbe Liter köstliches Nass doch nicht ganz so unerschwinglich - und ich bestelle froh ein pivo. Zum Wohl, jawohl!

herr_chaplin_und_eva

Die beste aller Ehefrauen plauderte derweil mit Herrn Chaplin über die Filmkunst an und für sich. Er sah so traurig aus, dass sie nicht umhin konnte, ihn versuchsweise etwas aufzuheitern. Sie erklärte ihm, dass es ihm womöglich besser stünde, den unsäglichen Schnurrbart zu rasieren.

Er jedoch blieb wehmütig wie er war - offensichtlich hängt er an seiner Gesichtsbehaarung.

Na ja. Künstler sind nun mal Künstler, und Politiker sind Politiker. Und wir sind nur Touristen, die den Urlaub genießen.

Was ja der Sinn der Reise war und ist. Gute Nacht, liebe Welt.

Handgeschriebenes...

...sieht man heutzutage selten, und´mit so viel Sorgfalt zu Papier gebrachtes schon gar nicht. Daher freue ich mich, dass Jan Hus sich die Zeit genommen hat, diesen Blogbeitrag mit sauberen Buchstaben so makellos zu gestalten. Ich wünsche angenehme Lektüre.

handschrift

(Fotografiert im Historischen Museum Budweis)

Montag, 28. Dezember 2009

Je nachdem, wie man es betrachtet...

PC270554...hätte es schlimmer kommen können oder es ist eine kleine Katastrophe.

Auf der Fahrt in den Silvesterurlaub kam ich gestern etwa 20 Minuten nach der tschechischen Grenze in einer Kurve ins Schleudern (Eisschicht auf einer sonst trockenen Straße) und rutschte trotz ABS und so weiter unkontrolliert auf ein entgegenkommendes Fahrzeug zu. Dem Zusammenprall entgingen wir um geschätzte 20 Zentimeter, rutschten aber ungebremst mit der Nase des Autos mit etwa 60 Stundenkilometer in die Böschung.

Das Ergebnis: Keine Scheinwerfer mehr vorne, keine Blinker, das Nummernschild unauffindbar - aber andererseits niemand verletzt und keine Kollision mit dem entgegenkommenden Fahrzeug.

Der ACE kümmerte sich nach unserem Notruf um ein Ersatzfahrzeug, damit wir die Reise fortsetzten konnten, lieferte es bei uns in der kleinen Stadt Kynsperk nad Ohri ab und ließ den beschädigten Windstar zurück in eine Werkstatt in Deutschland schleppen.

PC280574Von dort erhielten wir heute einen Anruf, der jede Hoffnung auf eine Reparatur zunichte macht, die würde nämlich runde 7.000 Euro kosten, was ein absoluter Unfug wäre bei einem so alten Auto. Es ist viel mehr kaputt, als der Augenschein vermuten ließ.

Nun sind wir einerseits froh und dankbar, dass niemand zu Schaden kam, dass wir (mit einem ZITRÖHN!!! - allerdings wenigstens inkognito mit Hamburger Nummernschild) auf Kosten des Automobilclubs (den ich in jahrelanger Mitgliedschaft bisher nichts gekostet hatte) den Urlaub fortsetzen beziehungsweise überhaupt antreten konnten, andererseits ist ein Totalschaden natürlich eine vorher nicht kalkulierte finanzielle Belastung.

Doch erst mal versuchen wir, den Schreck und Schock (seit 1974 habe ich den Führerschein, und dies war mein erster und einziger Unfall) zu vergessen. Es ist nur Blech kaputt - Blech kann man ersetzten. Und Budweis ist eine romantische, schöne und urlaubsfördernde Stadt...

Sonntag, 27. Dezember 2009

Don’t be evil…

image …ist seit der Gründung / Erfindung das Motto von Google.

Der Leitsatz zielt normalerweise auf den Umgang mit den Kunden, aber das Google-Weihnachtsgeschenk zeigt, dass das längst nicht alles ist.

Ein Klick aufs Bild führt zum Weihnachtsgeschenk, falls einige meiner Leser keine Google-Kunden sind und die Weihnachtpost nicht bekommen haben.

Gefällt mir sehr, das Google-Geschenk. Sehr. Sehr sehr.

Samstag, 26. Dezember 2009

Stephen King: Under the Dome

A used car dealer with a fierce smile and no warmth, he’d given his heart to Jesus at age sixteen and had little left for his customers, his neighbors, or his dying wife and deteriorating son. The town’s Second Selectman, he’s used to having things his way. He walks like a man who has spent his life kicking ass.

Wir lernen diesen Gebrauchtwagenhändler zur Genüge kennen. Besser, als uns lieb ist. Big Jim ist – excuse my French – ein Arschloch. Wir kommen jedoch nicht darum herum, ihm immer wieder zu begegnen, denn Chester’s Mill ist nun mal eine Kleinstadt., in der wir uns eine ganze Weile aufhalten. 1074 Seiten lang, um genau zu sein. Das ergibt wahrlich kein dünnes Buch. So etwas könnte ermüden, abschrecken, einschüchtern. Es könnte dazu verleiten, Seiten zu überblättern, während man auf dem langen Weg von Seite 1 zum Ende ist. Doch dieses Buch ist noch nicht einmal lang genug. Warum? Weil mein Lesevergnügen viel zu schnell vorüber war.

imageAllerdings nicht zu schnell für die Menschen, die den Roman bevölkern. Einige von ihnen, die ich kennen und schätzen lernte, schafften es nicht, bis zu den letzten Seiten zu überleben. Das war zu erwarten, aber manches Mal wünschte ich doch, der eine oder die andere hätte noch eine Chance – oder überhaupt eine Chance – bekommen.

In manchen Kritiken habe ich mit Verwunderung gelesen, das Buch hätte kürzer sein können oder sollen. Vermutlich bevorzugen solche Leser eine Tüte Pommes Frittes im Stehen statt eines Mahls am festlich gedeckten Tisch, einen 3-Minuten Song statt eines Albums, einen Sketch statt eines Spielfilmes? Natürlich hätte die Handlung ganz kurz umrissen und berichtet werden können: Eine Kleinstadt in Maine wird eines Vormittags vom Rest der Welt isoliert. Selbst die Versuche des Militärs, mit modernsten Waffen die Barriere zu durchdringen, scheitern…. – wie langweilig das doch wäre! Das wäre keine Erzählung, das wäre keine Reise in die Köpfe und Herzen der Menschen, denen solch ein Schicksal widerfährt. Gute Menschen und böse Menschen, mit allem, was ihr Leben ausmacht.

Stephen King hat seinen Leser mit Under the Dome ein weiteres Meisterwerk in die Hand gegeben, das zwar nicht ganz an The Stand heranreicht, das aber doch viele andere Bücher übertrifft. Von den 1074 Seiten hat mich keine einzige gelangweilt, nicht einmal ein kleiner Abschnitt war mir zu lang. Jeder Satz ist notwendig und jeder Satz hält die Spannung aufrecht, so dass man gelegentlich vergisst, wer und wo man ist. Im Nachwort gibt der Autor die Loorbeeren für den nicht abreißenden Sog der Erzählung weiter an seine Lektorin:

Nan Graham edited the book down from the original dinosaur to a beast of slightly more manageable size; every page of the manuscript was marked with her changes. … Whenever I weakened she jammed her foot on top of mine and yelled (in the margins, as editors are wont to do), “Faster, Steve! Faster!”

Eine der großen Stärken des Erzählers Stephen King ist zweifellos sein virtuoser Umgang mit der Sprache, wodurch die Charaktere lebendiger werden als durch bloße Beschreibungen. Ich fürchte, dass auch bei diesem Buch, oder vor allem bei diesem Buch, die Übersetzung in andere Sprachen einiges von dem Zauber auslöschen wird, der diesen Roman so lesenswert macht. Es mag immer noch besser sein, Under the Dome auf Deutsch zu lesen als gar nicht, aber schon der dämliche Titel Die Arena, den der Verlag gewählt hat, lässt überwiegend ungute Ahnungen in mir aufkommen. Ich will nicht behaupten, dass ich selbst mich an eine Stephen King Übersetzung herantrauen würde, obwohl ich mittlerweile schon etliche Bücher übersetzt habe. Höchstens für sehr viel Geld mit anschließendem Übersetzerschutzprogramm (Asyl, neue Identität…). Ich wäre nämlich an manchen Stellen ratlos, wie ich das Gelesene in meiner Muttersprache adäquat wiedergeben könnte.

Wie auch immer. Wer sich das Abenteuer gönnt, Under the Dome zu lesen, der wird von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt sein, und zwar auf eine Art, von der man wünscht, sie würde nicht enden. Das Ende kommt allerdings, und zwar – nun ja. Das Ende eines Romans ist bei Stephen King mitunter nicht ganz nach meinem Geschmack. Bei Duma Key ging es mir so, bei Cell, bei Lisey’s Story. Auch bei diesem aktuellen Roman wünschte ich, der Autor hätte sich, was die Ursache der Isolation von Chester’s Mill betrifft, etwas anderes ausgedacht. Ich will niemandem die Spannung verderben, daher sage ich hier nichts zur schrittweisen Auflösung des Geheimnisses auf den letzten etwa 50 bis 60 Seiten. Oder 100. Immer mehr deutet Seite für Seite darauf hin, und beim Lesen hatte ich noch gehofft, auf eine falsche Fährte gelockt zu werden, eine starke statt einer schwächelnden Auflösung zu bekommen – vergeblich. Aber gut, zugegeben: eine andere Lösung fällt mir auch nicht ein. Und es geht letztendlich in diesem Roman kaum um das warum, sondern darum, wie die Menschen mit dem umgehen, was ihnen zustößt. Um das, was manche dabei ihren Mitmenschen zufügen, wenn Masken plötzlich fallen und das Böse entblößen. Wie andere über sich selbst hinauswachsen, wodurch das Gute, bislang unsichtbar verborgen oder vom Leben verschüttet, wirksam werden kann. Under the Dome ist ein moralisches Buch, das nicht moralisiert. Es hält unaufdringlich einen Spiegel vor die Seele des Lesers. Man kann hineinsehen oder wegblicken. Wer es wagt, sich darauf einzulassen, wird nach der Lektüre bemerken, dass einer der Sätze im letzten Kapitel des Buches während der Lektüre wahrgeworden ist:

For we saw as through a glass darkley, but now we see as if face to face.

Doch auch ohne in den Spiegel zu schauen ist Under the Dome vor allem eins: Gnadenlos spannende, hervorragende Unterhaltung. Vielleicht sogar Stephen Kings zweitbestes Buch.

Freitag, 25. Dezember 2009

Gastbeitrag Dietrich Bonhoeffer: Weihnachtsbrief aus dem Gefängnis an die Eltern

Es bleibt mir wohl nichts übrig, als Euch für alle Fälle schon einen Weihnachtsbrief zu schreiben. Ich brauche Euch nicht zu sagen, wie groß meine Sehnsucht nach Freiheit und nach Euch allen ist. Aber Ihr habt uns durch Jahrzehnte hindurch so unvergleichlich schöne Weihnachten bereitet, dass die dankbare Erinnerung daran stark genug ist, um auch ein dunkleres Weihnachten zu überstrahlen.

In solcher Zeit erweist es sich eigentlich erst, was es bedeutet, eine Vergangenheit und ein inneres Erbe zu besitzen, das von dem Wandel der Zeiten und Zufälle unabhängig ist. Das Bewusstsein von einer geistigen Überlieferung, die durch die Jahrhunderte reicht, getragen zu sein, gibt einem das sichere Gefühl der Geborgenheit.
Vom Christlichen her gesehen kann ein Weihnachten in der Gefängniszelle ja kein besonderes Problem sein. Wahrscheinlich wird in diesem Hause hier von vielen ein sinnvolleres und echteres Weihnachten gefeiert werden als dort, wo man nur noch den Namen dieses Festes hat.

Dass Elend, Leid, Armut, Einsamkeit, Hilflosigkeit und Schuld vor den Augen Gottes etwas ganz anderes bedeuten als im Urteil der Menschen, dass Christus im Stall geboren wurde, weil er sonst keinen Raum in der Herberge fand, - das begreift ein Gefangener besser als ein anderer, und das ist für ihn eine wirklich frohe Botschaft.

Donnerstag, 24. Dezember 2009

Vom Niveau und von Badewannen

PC220533 Die Fortsetzung der gestrigen /vorgestrigen Geschehnisse gestaltete sich wie folgt. Als wir etwa eine Stunde vor der vereinbarten Zeit bei der kleinen Werkstatt ankamen, strahlte uns der Mechaniker oder Meister an: »Es hat alles gepasst, ich will nur noch schnell eine Probefahrt machen.« Allerdings war der gute Mann etwas ratlos, warum das Auto über Nacht erheblich an Bodenfreiheit verloren haben könnte. Ich wusste Rat und legte den Schalter im Kofferraum um, der konstantes Niveau ein- und ausschaltet, den hatte ich nämlich (ich lese Gebrauchsanweisungen, auch von Automobilen) vor dem Anheben des Fahrzeuges entsprechend betätigt.

Brav wie er ist, unser Windstar, hob er sich sogleich wieder in die Höhe und die Probefahrt des Meisters oder Mechanikers  konnte erfolgen. Der gute Mann war anschließend restlos begeistert von unserem Fahrzeug, er meinte: »So etwas hätte ich auch gerne mal…« Uns blieb dann noch zu tanken, in die Waschanlage hinein und sauber wieder herauszufahren und schließlich zu bezahlen.

Wir waren dann um 12 Uhr wieder auf dem Weg nach Berlin, und siehe da: Die Autobahnen waren trocken, meist nicht allzu voll und so konnten wir noch vor 17 Uhr zu Hause erleichtert sagen: »Geschafft.« Zu Hause haben wir zwar keine so große Badewanne wie das Hotel in der NRW-Provinz (siehe Foto), aber wie sagt doch der Volksmund so richtig: Home sweet Home. Und nun kann Weihnachten kommen.

Mittwoch, 23. Dezember 2009

Metall auf Metall

Aus gegebenem Anlass sind wir gestern trotz Wind und Wetter quer durch mehrere Bundesländer gefahren und sogar, abgesehen von Brandenburg und Sachsen-Anhalt, auf gut befahrbaren, weil von Schnee und Eis gereinigten Autobahnen. Niedersachsen hat übrigens fast durchgehend irgend einen magischen Fußbodenbelag auf der Autobahn, der trotz Regen und Schnee so gut wie trocken ist. Somit wirbeln die Reifen kein Wasser in die Luft und das Fahren wird zur reinen Freude für klein und groß Danke, Niedersachsen!

Allerdings trübte die Freude auch vor und nach Niedersachsen ein unangenehmes, grummelndes, irgendwie Unheil verheißendes Geräusch beim Bremsen. Das war in den letzten Wochen gelegentlich zu hören, aber es verschwand wieder. Nun jedoch war es so laut und so penetrant, dass ich den Verdacht hatte, links vorne sei kein Bremsbelag vorhanden, sondern Metall schleife beim Bremsen auf Metall.

Das Hotel, das wir gebucht hatten, hatte eine Überbuchung erfahren. Man hatte uns per E-Mail darüber informiert, dass wir in einem anderen Hotel untergebracht würden, aber wer liest schon E-Mails gründlich? Wir landeten aösp zunächst an der falschen Rezeption, von dort wurden wir zum Ausweichhotel geschickt. Auf dem Weg kamen wir an einer Tankstelle mit kleiner Werkstatt und dem Schild KFZ-Service vorbei. Der Gedanke, zumindest zu fragen, ob jemand mal nach der Bremse vorne links schauen könne, war sofort da, und nachdem wir das Gepäck abgeladen hatten spazierten wir zur Tankstelle und fragten das Nämliche.

Die Freundlichkeit der Menschen in einer Kleinstadt bewies sich sogleich. Der Mechaniker oder Meister oder was er auch sein mag schickte mich das Auto holen, obwohl er nicht sicher war, dass seine Hebebühne es mit einem Ford Windstar würde aufnehmen können. Man sei eher auf Klein- und Mittelklassewagen eingestellt, vielleicht auch mal einen Mercedes, aber er wolle es zumindest versuchen. Und siehe da - die Hebebühne ächzte zwar und die Schwenkarme waren an irgend einem Maximum angelangt, aber das Auto passte irgendwie dann doch und wurde emporgehoben.

Um es kurz zu machen: Ich bremste mit Metall auf Metall, die Bremsscheibe hatte ein hübsches Rillenmuster. Und heute, am 23. Dezember, wollen wir zurück nach Berlin, wegen Weihnachten und so. Es war mittlerweile fast 17 Uhr, eine Zeit, bei der so manche Menschen an den Feierabend anstatt an Kundendienst denken. Und in der nordrhein-westfälischen Provinz Bremsscheibe und Bremsbeläge für ein grundsätzlich hierzulande recht seltenes Auto zu finden, auf die Schnelle und sofort, das schien sehr unwahrscheinlich. Die Freundlichkeit der Menschen in einer Kleinstadt bewies sich erneut. Der Meister oder Mechaniker telefonierte mit Hinz und auch mit Kunz und versicherte uns dann fröhlich, dass die Ersatzteile am 23. um 10:30 Uhr bei ihm eintreffen würden, dass er dann noch eine gute Stunde brauchen würde und wir gegen Mittag zurück in die Hauptstadt fahren könnten.

Nun bin ich gespannt, ob alles klappt, wie vorgesehen. In Berlin, da bin ich sicher, hätte sich keine Werkstatt finden lassen, die so schnell Abhilfe schafft. Man hätte vermutlich einen Termin im Januar angeboten...

Ich werde meine Blogleser wissen lassen, ob und wann wir wieder zu Hause sind...

Montag, 21. Dezember 2009

Von relativer Kälte und Bilderbuchwetter

Wer nun irrt, Wikipedia oder die aufgestellten Schilder am Uferweg, sei dahingestellt. Der Weg um den Schlachtensee ist laut Wikipedia 5,5 Kilometer lang, laut Beschilderung 5,6 Kilometer. Gestern haben wir uns aufgemacht, der sibirischen Kälte trotzend, den Schlachtensee zu Fuß zu umrunden. Das ist eine uns nicht ungewohnte Übung bei normalen Temperaturen, die gestrige Umwanderung war jedoch die kälteste, an die ich mich erinnern kann.

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Wir hatten bei der Fahrt zum See noch gemutmaßt, die einzigen Berliner zu sein, die so tapfer sind, aber weit gefehlt. Zu Hunderten marschierten die Menschen – so gut wie alle schnellen Fußes wie wir – um den See. Einige Jogger waren auch zu sehen. Und etliche fröhliche Hunde. Vor allem aber belohnte die Natur diejenigen, die sich ihr aussetzten, mit herrlich klarer Luft und freundlichen Sonnenstrahlen. Weil Bilderbuchwetter zum Bilder anfertigen einlädt, hatte ich die Kamera dabei.

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Nach knapp über einer Stunde hatten wir die 5,5 oder 5,6 Kilometer geschafft und waren wieder an der Fischerhütte angelangt, wo sich zur Zeit auch das einzige Entenrefugium des Sees befindet. Für die Wasservögel gab es dort einen Schwimmplatz, für uns im Biergarten Kakao bzw. Glühwein. Zum Aufwärmen? Nein. Aus reinstem Genussstreben. Uns war kein bisschen kalt, so sehr auch die ersten ein oder zwei Kilometer von der Kälte erschwert worden waren – nach einer Weile wird man durch die Bewegung warm und kann nur noch die Menschen bemitleiden, die auf Kälte und Winter schimpfend auf ihrem Sofa sitzen, anstatt sich hinauszuwagen und zu bewegen, obwohl sie gesund sind.

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Logisch: Die Kälte ist nicht relativ, sondern messbar. Aber wie der Körper sie empfindet, hat durchaus mit dem Verhalten zu tun. Und wenn man dann hinterher zu Hause auf dem Sofa sitzt, ist die Entspannung eine ganz andere als ohne vorangegangene Schnee- und Eiswanderung.