Montag, 14. Juni 2010

Die Herausforderung (an meine Blogbesucher und an mich)


Das Ereignis

Jedes Jahr veranstalten die Berliner Gemeinden der »Kirche des Nazareners« den Joggathon – ein sportliches Ereignis für einen guten Zweck. Eingeladen ist jedermann, Christen, Atheisten, Buddhisten, Moslems… – Frauen, Männer, Kinder und Hunde. Als Zuschauer und als Läufer.
Das mit dem guten Zweck funktioniert so: Gelaufen wird eine Stunde lang auf einer genau einen Kilometer langen Rundstrecke. Jeder Läufer (Damen eingeschlossen) sucht sich Sponsoren, die für jede Runde, die der Läufer schafft, einen vorher festgelegten Betrag spenden. Das Geld bekommt nicht der Läufer, sondern es geht an zwei Projekte:
  1. Ein Sozialprojekt in Ulyanovsk (Russland) - Mit dem seit drei Jahren betriebenen Projekt werden von der Regierung benachteiligten Menschen unterstützt: Kinder werden nach der Schule betreut, bei den Hausaufgaben und beim Lernen unterstützt, es wird mit ihnen gebastelt, gespielt und getobt. Auch der soziale Umgang wir mit ihnen geübt, da viele nur den aggressiven Umgangston ihrer alkoholisierten Eltern kennen. Für die Älteren und Behinderten werden ebenfalls Aktivitäten angeboten, durch die sie für einige Stunden ihren trostlosen Alltag vergessen können.
  2. Sanierung einer evangelischer Schule in Beirut (Libanon) - Obwohl die Schule in christlicher Trägerschaft ist, haben die Kinder vielfältige kulturelle Hintergründe, da jeder willkommen ist. Die Kinder kommen aus den unterschiedlichsten Ländern: Jordanien, Syrien, Sudan, Sri Lanka, Südafrika, Armenien. Einige unter ihnen sind auch Flüchtlinge. Das Gebäude wurde in der Vergangenheit mehrfach von Bomben getroffen, um den Weg für Scharfschützen frei zu machen. Daher ist es dringend sanierungsbedürftig. Da viele Schüler aus sehr armen Verhältnissen stammen, fehlt es oft an Schulmaterial wie Heften und Büchern. Durch Spenden wird ihnen der Besuch der Schule ermöglicht.

Tagesablauf und Adresse

  • 10:15 Uhr: Open-Air Gottesdienst auf dem Grundstück der Gemeinde, Ursulinenstraße 35,  12355 Berlin (Rudow)
  • bis 12:00 Uhr: Nachmeldungen für Nachzügler möglich
  • 12:30 Uhr: Start des Joggathons um den Lolopfuhl. Für Schwung beim Laufen sorgt die Steelband pan explosion.
  • 13:30 Uhr: Joggathon-Fest auf dem Gemeindegrundstück mit Grillen, Spielen (Volleyball, Streetball, Gartenschach), Kaffee & Kuchen ...

Die Herausforderung

Ich bin nicht gut in Form. Seit rund sechs Monaten kein Jogging, gestern, am Sonntag, der erste Versuch seit dem letzten Sommer. Geschafft habe ich drei mal zehn Minuten Joggen, dazwischen Gehpausen. Etwa vier Kilometer Strecke. Also nichts, womit ich beim Joggathon glänzen könnte. Eher peinlich, voraussichtlich.
Aber: Wenn sich mindestens fünf meiner Blogbesucher / Facebook-Freunde bereit finden, mit je zehn Euro pro Runde (oder gerne mehr natürlich) meine Sponsoren zu sein, dann blamiere ich mich gerne für den guten Zweck und laufe mit. Nachmelden kann mich mich ja noch am Sonntag bis 12 Uhr. Realistisch gesehen dürfte ich kaum mehr als vier, vielleicht fünf Kilometer schaffen.

Und nun liegt es an Euch!

Wer mein Sponsor werden möchte, schickt mir am besten spätestens am Freitag eine E-Mail (gjmatthia ät googlemail punkt com) , da für die Spendenbescheinigungen (steuerlich absetzbar) Name und Adresse vollständig vorliegen müssen. Nach dem Joggathon erhaltet Ihr dann eine »Sponsorenrechnung« und die Bankverbindung, an die der von mir erlaufene Betrag überwiesen werden soll. Geld auf keinen Fall an mich schicken. Übrigens: Natürlich freue ich mich, falls ich laufe, über anfeuernde Zaungäste, aber die Sponsoren müssen natürlich nicht dabei sein.
Ich werde am Samstag die geschätzten Blogbesucher wissen lassen, ob mindestens zehn Sponsoren zusammen gekommen sind. Ich bin gespannt!

P.S.: Weitere Informationen beim Klick auf das Bild oben rechts. Oder meinetwegen hier: [Joggathon 2010]

Sonntag, 13. Juni 2010

Heilung ohne Glauben…

In gewissen christlichen Kreisen ist das Thema Glaubensheilung außerordentlich populär, mitunter auch mit vorzeigbaren Ergebnissen.
Glaskunst in der Kirche SüddorfGesund werden ohne Glauben, ohne Hoffnung, das Thema habe ich auf diesem Blog schon einmal, an einem anderen Beispiel, angesprochen. Es gibt aber nicht nur den Gelähmten von Bethesda, sondern beispielsweise auch diesen Fall von Heilung ohne Glauben:
Und es begab sich danach, dass er [Jesus] in eine Stadt mit Namen Nain ging; und seine Jünger gingen mit ihm und eine große Menge. Als er aber nahe an das Stadttor kam, siehe, da trug man einen Toten heraus, der der einzige Sohn seiner Mutter war, und sie war eine Witwe; und eine große Menge aus der Stadt ging mit ihr. Und als sie der Herr sah, jammerte sie ihn und er sprach zu ihr: Weine nicht! Und trat hinzu und berührte den Sarg, und die Träger blieben stehen. Und er sprach: Jüngling, ich sage dir, steh auf! Und der Tote richtete sich auf und fing an zu reden, und Jesus gab ihn seiner Mutter. (aus Lukas 7)
Hier glaubt niemand, von Jesus einmal abgesehen, dass mit Heilung, geschweige denn mit der Auferweckung eines Toten, zu rechnen wäre.  Die Lage der Witwe ist ziemlich aussichtslos, denn in der Gesellschaft ihrer Zeit und ihres Landes ist sie nach dem Tod ihres Sohnes so gut wie chancenlos. Ob sie nun weiß, wer ihr da begegnet oder nicht, jedenfalls tut sie nichts, absolut nichts für das Wunder. Auch die Dorfbewohner sprechen Jesus nicht an, um ihn zu einem Wunder zu bewegen. Glaube bei dieser Szene? Ungefähr so viel wie Äpfel an einem Birnbaum. Hoffnung, dass irgend etwas an der Lage sich ändert? Ungefähr so viel wie Schweinenackensteaks auf einem moslemischen Grillfest.
Der einzige Grund, warum Jesus aktiv wird: »Es jammerte ihn« – heute  würde man sagen: Er hatte Mitleid. Mitleid haben ist das eine, etwas tun, das andere. Sicher haben auch die Nachbarn Mitleid mit der vom Schicksal geschlagenen Frau. Aber sie können nichts tun, außer ihr die Anteilnahme zeigen, indem sie mit zum Grab für den toten Sohn gehen.
Meinem Freund Roland Walter wurde einmal auf einer christlichen Veranstaltung vorgehalten, er wolle ja gar nicht gesund, von seiner Behinderung geheilt werden. Ein ziemlich starkes Stück, so eine Aussage. Seine Antwort: »In mir ist schon die Sehnsucht, gesund zu werden. Aber aus der Freude darüber, dass Jesus für meine Schuld gestorben ist und dass ER mich trotz meiner starken Behinderung zum Mitarbeiter berufen hat, kann ich mich so annehmen wie ich bin.«
Ich bin jemand, der beides erlebt hat: Erhörtes Gebet um Heilung und vergebliches Gebet um Heilung. Und ich bin jemand, der erlebt hat, dass es besser ist, einem leidenden Menschen beizustehen, so gut es geht, anstatt ihm vorzuwerfen, es mangle ihm an Glauben. Da ist es allemal noch wertvoller, mit der Witwe zusammen den Jüngling zum Friedhof zu tragen. Auch wenn einem Jesus nicht auf dem Weg entgegen kommt. Das weiß man beim Losgehen sowieso noch nicht.
Glaube und Heilung - von Heilung ohne jeglichen Glauben und mit jeder Menge Glauben (Senfkorngröße genügt dem Vernehmen nach) berichtet die Bibel an vielen Stellen. Und von denen, die nicht geheilt wurden. Auch wenn das mancher gerne aus der Bibel streichen würde…

Samstag, 12. Juni 2010

Gastbeitrag Roland Walter: Du bist Du

Der Autor: Roland WalterDie 19jährige Ute liegt auf dem Bett und zählt die Regentropfen, die an die Fensterscheibe klopfen. Eins, zwei, drei, vier. Ute kann nicht weiterzählen, ihre Gedanken haben sie wieder eingeholt. Sie muß an ihren Bruder denken, den sie gestern  zu Grabe getragen haben. Warum mußte Robert sterben? Er war doch mit seinen 16 Jahren noch viel zu jung. Es ist doch noch lange kein Grund, sterben zu müssen, nur weil Robert von Geburt an schwerbehindert war. Er konnte weder sitzen, laufen, sprechen, noch hören. Auch bewegen konnte er sich kaum. Robert brauchte für alles, ja für alles fremde Hilfe. Aber das ist doch noch lange kein Grund, sterben zu müssen. Ute findet keine Antwort und beginnt erneut die Regentropfen zu zählen. Eins, zwei, drei, vier, fünf. Wieder rasen die Gedanken durch ihren Kopf. Conni, ihre Nachbarin, meinte heute morgen: "Es ist zwar traurig, daß Robert gestorben ist, aber für ihn hatte ja das Leben sowieso keinen Sinn. Und für Euch war es nur eine Belastung". Wie kann diese Frau  so etwas  sagen? Wir  haben  doch Robert aus Liebe betreut  und  haben diese Tätigkeit nie als Arbeit betrachtet. Ute wird wütend. Die Gedanken kreisen langsamer und Ute erinnert sich an eine unvergessene Begegnung mit Robert:

Es war ein kalter, regnerischer Herbsttag. Bei der Bioarbeit hatte der Lehrer blöde Fragen gestellt. Auch bei der Mathearbeit  kamen doofe Aufgaben vor. Sogar in der Sportstunde versagte Ute laufend. Heute ist alles Scheiße, dachte Ute, und wäre am liebsten im Erdboden versunken. Und auf dem langen Heimweg blies ihr der kalte Wind den Regen ins Gesicht. Völlig erschöpft und  mit kaltem Herzen kam Ute zu Hause an. Als sie die Stubentür öffnete, lag Robert auf dem Sofa. Er bemerkte sofort, daß seine Schwester heute einen schlechten Tag hat. Deshalb versuchte Robert mit aller Kraft, Ute mit seinen sonnenklaren Augen einzufangen. Als er seine Schwester  mit seinem Blick  gefesselt hatte, lachte er sie aus tiefstem Herzen an. Roberts strahlendes Gesicht und seine leuchtenden  Augen tauten in sekundenschnelle ihr vereistes Herz auf. Ute hatte plötzlich allen Kummer vergessen und war wieder fröhlich. Dafür nahm sie ihren Bruder ganz lieb in den Arm.

Ute ist nun innerlich  beruhigt und zählt wieder die Regentropfen. Eins, zwei, drei, vier. Und diese Geschichte, denkt Ute, werde ich morgen meiner  Nachbarin erzählen, um ihr deutlich zu rnachen, daß jeder Mensch eine besondere Fähigkeit hat. lch werde Conni sagen, daß es nicht darauf ankommt, was der Mensch nicht kann, sondern was er kann. Robert war nicht behindert, sondern hatte die wunderbare Gabe, anderen Menschen Freude zu schenken.
Ute dreht sich zur Seite und versucht zu schlafen.

Quelle: RolandWalter.de

Freitag, 11. Juni 2010

Drei Wochen mit Facebook

Ich war skeptisch, aber da ich grundsätzlich Unbekanntes gerne vom Un befreie, habe ich mich vor drei Wochen bei Facebook angemeldet, um das Ganze kennen zu lernen. Man kann ja jederzeit wieder verschwinden, wenn man möchte.

fb-friends Positiv auf jeden Fall: Ich habe mit etlichen Menschen wieder Kontakt, elektronischen zumindest, die vor Jahren oder Jahrzehnten aus meinem Blick gerieten. Bei Facebook heißen (ich benutze die englische Oberfläche) solche Kontakte »Friends«. Nach nunmehr drei Wochen habe ich 104 Freunde – wobei ich etliche überhaupt nicht kenne. Die haben mich kontaktiert, und ich habe die Anfrage bestätigt. Aber mehrheitlich sind das Menschen, die ich tatsächlich aus dem echten Leben kenne.

Man stellt – so geht es los – bei Facebook zunächst das persönliche Profil zusammen. Welche Informationen man dabei preisgeben will, ist dem eigenen Ermessen überlassen. Es gab ja reichlich Diskussionen über die Privatsphäre, die Sicherheit und wasnochalles, aber liebe Leute, also wirklich: Es muss doch jedem auch nur halbwegs vernünftigen Menschen klar sein, dass das Internet nirgends und niemals sicher ist. Wer etwas zu verbergen hat, möge sich in Hinterzimmern von Kneipen tummeln, aber doch nicht in »sozialen Netzwerken«.

fb-profileZurück zum Profil. Meins sieht etwa so aus, wie hier abgebildet. Etwa deshalb, weil das Profil lebt. Mit jedem Beitrag, Kommentar, mit jeder Aktion ändert sich das Profil, da alles auf der persönlichen »Wall« zu sehen ist.

Was ich dort so treibe, erscheint bei allen meinen »Friends« im »Newsfeed«. Und das ist auch gut so, denn das ist ja der Grund, überhaupt bei Facebook zu sein: Menschen sollen lesen und sehen, was mir so einfällt.

In meinem »Feed« wiederum sehe ich, was andere so anstellen. In den ersten Tagen war da allerlei dabei, was mir nur den Bildschirm unübersichtlich machte. Es gibt wohl eine Menge »Friends«, die nur Spiele (Farmville, Dreamworld & Co.) spielen oder irgendwelche Tests absolvieren, kitschige »Geschenke« verschicken oder zufallsgenerierte Sprüche zum besten geben – was mich aber alles überhaupt nicht interessiert. Da kommen dann solche weltbewegenden Nachrichten zustande, wie diese im Bild rechts.

fb-gamebullshit

Zum Glück hat jedoch Facebook eine Funktion, mit der man derartige Behelligungen unterbinden kann. Einmal auf »Hide« geklickt, dann beispielsweise »Hide Farmville«, und schon bleibt der eigene Bildschirm frei davon.

Interessanter sind die Gruppen, na ja, mehr oder weniger interessant zumindest. Ich war vor gefühlten 50 Jahren mal am Nolli, dann am Südstern. Wer mit den Begriffen nichts anfangen kann, war nicht dabei – macht ja nichts. Wer allerdings dabei war, kann bei Facebook andere finden, denen die Begriffe ein Begriff sind und – wie es mir erging – den jahrzehntelang erloschenen Kontakt zu selbigen wieder herstellen, wenn gewünscht.

fb-groups

Die Gruppen sind Legion, da jeder und jede eine Gruppe ins virtuelle Leben rufen kann, ich neige nicht dazu, zahlreichen Gruppen beizutreten. Daher sind derzeit auch nur drei in meiner Liste zu finden.

Man kann auch »Fan« von jemanden / etwas werden oder bei Beiträgen »Like« anklicken… – mache ich hin und wieder, wenn ich etwas mag. Der Urheber weiß dann, dass jemand seinen Beitrag mag. Ist doch schön.

So. Klingt ja alles wie eine Lobeshymne. Gibt es denn gar nichts zu meckern?

Jein. Natürlich ist die Verlockung groß, viel Zeit mit Facebook zu verbringen, vor allem am Anfang war das bei mir so. Da der Tag nur 24 Stunden hat, mit oder ohne Facebook, fehlt die Zeit womöglich für andere Aktivitäten oder die Inaktivität des Schlafens. Jedoch: Das ist wie mit der Sicherheit und der Privatsphäre. Der vernunftbegabte Mensch weiß selbst über sich und sein Tun zu entscheiden. Wenn nicht, dann fehlt es ihm an Vernunft. Da kann man nichts machen.

Mein Fazit nach drei Wochen: Macht Spaß, erweitert die Kontakte, werde ich einstweilen weiter nutzen.

Donnerstag, 10. Juni 2010

Bob – Geduld – von wegen »rapid«

Ich mag Bob Dylan. Meinen regelmäßigen Blogbesuchern kann das nicht verborgen geblieben sein. Allerdings bin ich nicht einer von denen, die alle Konzerte des Meisters herunterladen und hören müssen.
Aber als ich las »NOTE: This is an excellent recording, with excellent volume levels and super clear sound. Hope we hear some more recordings from this taper«, und da ich von der Sommertour noch keinen Mitschnitt habe, habe ich mal wieder zugegriffen. Das Konzert in Bratislava von gestern Abend hat eine schöne Set-List und bei einigen Songs gibt es dem Vernehmen nach neue und überraschende Arrangements.
Geduld ist allerdings gefragt, da bei Expecting Rain so gut wie alles über Rapidshare läuft. Als gelegentlicher Nutzer (der kein Geld zu bezahlen wünscht) bekommt man vor dem Download zu lesen:
rapidshare
Und wenn die Zwangspause dann vorüber ist, geht es im Schneckentempo weiter.
rapidshare2
Alles andere als »rapid«. Na ja. Geduld ist bekanntlich eine Tugend. Am Ende der Geduld winkt dann ein zweistündiges Konzert:
CD-01/02
01, Intro
02, Leopard-Skin Pill-Box Hat
03, It Ain't Me, Babe
04, I'll Be Your Baby Tonight
05, Stuck Inside Of Mobile With The Memphis Blues Again
06, Just Like A Woman
07, Absolutely Sweet Marie
08, High Water (For Charley Patton)
09, Shelter From The Storm
10, Tweedle Dee & Tweedle Dum
11, Man In The Long Black Coat
CD-02/02
01, Highway 61 Revisited
02, Forgetful Heart
03, Thunder On The Mountain
04, Ballad Of A Thin Man
05, Encore Interval
06, Like A Rolling Stone
07, Jolene
08, All Along The Watchtower
Ach ja, bevor jetzt die Fragen hageln, ein paar Antworten:
  • Jedes Bob Dylan Konzert wird, oft schon eine Stunde nach den letzten Klängen,  als Bootleg veröffentlicht.
  • Bob Dylan ist damit einverstanden. Er verdient genug Geld mit den offiziellen Alben und den Konzertkarten. Die offizielle Bob Dylan Seite verlinkt zu Expecting Rain.
  • Die Mitschnitte werden bei Expecting Rain eingestellt (und diskutiert), unter »Discussions« / »Rare Dylan Recordings«.
  • Um Zugriff zu bekommen, muss man bei Expecting Rain registriert sein. Kostet nichts.
Na denn. Der Download beider CDs ist fertig. Nur noch entpacken, MP3s auf Stick kopieren und ab geht die Post – äh – der Bob.

P.S.: Ich wurde gefragt, wo man sich denn bei Expecting Rain einloggen kann. Dazu muss man zunächst auf »Discussions« klicken, dann sieht man oben links »Login« und »Register«.


The Hunter

Dies ist einer der wenigen Texte, die ich in Englisch geschrieben habe, vor etwa 14 oder 15 Jahren. Irgendwo habe ich auch noch eine deutsche Version im Archiv – aber das hier ist das Original. Ich wünsche, Englischkenntnisse vorausgesetzt, spannende Lektüre.

-- -- --  -- -- --  -- -- --

After ten years I thought that I knew enough about desperation. But that wasn’t true. There was more to learn, more to suffer. No end in sight. It would go on for another eight years.

My Faithful Companion looked me in the eye and I saw tears on her cheeks. She knew exactly how I felt and my pain was enlarged by the knowledge that she suffered just as much as I did. She had always been there, when I needed a shelter from the storm, when I felt like I couldn’t go on anymore. But now she wouldn’t come with me, not this time.

I kissed her good bye and went straight into the desert. There was no way to avoid this and the sooner I left the sooner it would be over.

I never did chose. My task was given to me without my agreement. If I ever had been asked I would have maybe said no, but of course I wasn’t asked. Nobody was. We all had to do exactly what we had to do, the hunters and the hunted.

I was a hunter maybe because I was strong and born at the right time. Then again - when I received the tattoo with the H and the crown I was just three years old. Others received the V for victim at the same age. Nobody could ever tell why the child received this or that, or who decided about it. The government was far away but also everywhere and never answered any questions. And you never could tell who was part of the government until you saw the tattooed G on their left upper arm.

The G-people had the power to pick a child for the V or the H. The weren’t supposed to tell why or upon whose advice they did so, and I never heard of anyone who knew anything about this.

But everybody knew that the H-people, as soon as they were twelve years old, had to start hunting and the V-people had to start running and hiding. Often times two kids who had been the closest friends in their childhood found themselves being deadly enemies just because the hunter had received the order to hunt for this special victim.

The order always came by e-mail. We all had to check our e-mails fist thing in the morning and usually there was just the usual garbage of advertisements, news and gossip. But now and then the hunters found a mail just saying >hunt 122.43.2.E.-m-44 now<. That was all. The personal number of the victim and the order to hunt them now. Not tomorrow, not next week. Immediately.

Did I tell you about the personal number? Every human being receives a tattoo on the right upper arm the minute they are born. It contains the area-code, like 122 for what was once known as Scotland for example, then the year-code like 43 for the year 2043, then the code for the government controller who does the tattoo, like 2.E. followed by a m for male or f for female and then finally a number counting the births registered so far by this controller on that location in that year.

I had received the mail this morning at 5:55 and I left the house at 6:07. It was the first time since I was with My Faithful Companion that I was supposed to hunt alone. Every other time she had received the same mail at the same time and we went out together. But this morning things weren’t as usual.

You look confused. Maybe because you come from a different time. So let me explain as easy as I can. It really isn’t too complicated.

A child is born and receives a personal number. The child grows three years and receives either a H for Hunter, a V for Victim or a G for Government.

The personal number is tattooed into the right upper arm, the task into the left upper arm. The right upper arm is always visible, because you couldn’t get food or anything without this number. There is no such thing like money - that was centuries ago! - and there is no such thing as private property or anything like that. Everything belongs to everyone. The government gives out directions by e-mail about where to live, what to eat, what to do and so on. Everybody has at least one receiver programmed to receive e-mails sent by the government to his or her personal number. Most of the people have a receiver that is worn around the wrist like the watches back in your times.

The left upper arm is always covered. We call this cover the Letbli, I think this word derives from Letter and Blind or something like that. The Letbli is always worn, except for the very few occasions, when someone is supposed to proof her or his task.

But let’s get back to the story I have to tell you, all this isn’t too interesting anyway.

My Faithful Companion had been with me for more than nine years now. She is six nones younger than I am. Oh, you don’t know about the nones? Well, the year isn’t divided into months like it was in your time, it is divided into nine parts with 41 days each. These nones are simply called noneone, nonetwo and so on until nonenine. My Faithful companion was born in nonenine of the year 33. We were put together by e-mail in noneseven 45, and we found out, that the government had been perfectly right in picking her for me and me for her. Only after three nones we loved each other so dearly and so true like we had been together for years already. Most of the people we knew were happy with their companions, only now and then you heard of an exchange. You can of course apply for an exchange of your companion and as far as I know the government always finds a another match then. This happens rarely, but it does. Companions are being put together when they are between 12 and 13, and some folks do develop in a way that wasn’t foreseen by the government. But as I said, that isn’t what usually happens.

Picture from sxc.huMy Faithful Companion and I were more than happy, we were absolutely in one accord. We made love more often than we had to according to the governmental schedule, just because it was so wonderful for both of us. The schedule gives you usually three or four dates each none, because the government knows that it is healthy and people should do it regularily. There is no punishment if you should skip one or two dates, but no one does anyway, because if they weren’t happy with each other and each others bodies, they would simply apply for an exchange. If you should be sick then there are no sexual dates on your schedule anyway. If you just don’t feel like it it doesn’t matter much. Now and then, like I said.

But my Faithful Companion and I made love every day, other times ten times a none - we just enjoyed it when we felt like it.

Now, as I was walking into the desert, I knew that I might not see her again for a long time. I had to hunt for 122.43.2.E.-m-44 and because we lived in 144 it was a long way to get to the place where 122.43.2.E.-m-44 was born. From there my search for traces would start, and I never knew how long it would take.

My first task had been the worst so far. I was twelve years and two nones old, when I received the order to hunt a thirteen year old female. I started, like I had been trained in school, at the origin of her registration and found her two days later already. She was totally unprepared. I had traced her down so easily because she wasn’t on the run. In school we had been told that the victims get a message that they are being hunted at the same time as the hunter gets the order. But this girl for some unknown reason didn’t know anything about the fact that the hunt was on.

She was working in one of the many amusement centres giving out ice-cream to people. I came up to her, produced my eliminator and she looked at me with big brown eyes, thunderstruck and helpless.

‘What ya want?’

‘Eliminate you,’ I answered, ‘you’re the target, I’m the hunter.’

‘No. Wouldn’t be fair. I wasn’t told.’

In school we had learned a lot of things about what to do if the victim begs and pleads or whatever. But nobody had ever said a word about what to do if the victim simply says ‘no’ because it wouldn’t be fair. And she was right. It was only fair if the victim was able to hide and defend. The victim was always allowed to eliminate the hunter, if possible, but not allowed to search for the hunter and the victim had no eliminator. They only worked as long as they were in the hand of the right person and while a hunt was on. The eliminators all had a sensor that permanently checked these conditions.

I kept aiming at her with my eliminator and pressed the help button on my receiver. This button is only there for emergencies and to me this seemed to be one.

The receiver gave the double beep that means that you are connected directly to the government.

I said: ‘This is hunter 144.33.9.F.-m-13, I have a problem. The victim didn’t know she was hunted.’

The receiver signalled stand by.

The girl looked at me and now she was pale and shivering. Tears were in her eyes. Her arms were hanging down, she didn’t make an attempt to run or anything like that.

The receiver beeped and I read: >hunt 144.46.1228.E.-f-49 tomorrow after 5:55 a.m.<

I put down my eliminator. The girl looked at her receiver and read loud: ‘>144.46.1228.E.-f-49 tomorrow after 5:55 a.m. you are hunted<.’

She looked at me again and said with a faint smile: ‘Want some ice-cream?’

I nodded and she read my personal number with her scanner into the system, received an o.k. and gave me a big portion.

‘Thanks. So what now? It still isn’t fair, is it?’

She sighed and said: ‘No, it ain’t. You know where I am. I can’t start running before tomorrow morning. You’ll find me within a few hours.’

‘On the other hand you know me, you won’t have to guess who the hunter is.’

‘True. I’ll eliminate you if I can.’

I ate my ice-cream and thought about it. This situation was so far from everything I had learned in school, from everything I knew about this subject of hunting and being hunted.

The idea behind it was that everybody except the G-people had to earn a right to live until they died of old age. I don’t know if the G-people have to go through some kind of test too, but for the victims and the hunters it was clear. They started being hunted or hunting at the age of twelve. If they reached the age of thirty, they received a tattoo saying U for untouchable on their forehead. Nobody was allowed to harm them anymore.

The hunting task has one simple purpose: To eliminate those who aren’t strong enough. Only with the U on her forehead a woman can go to a medical service station and have the API removed.

You don’t know about the API? Well, that is the Anti-Pregnancy-Item. Every girl who becomes the companion of a boy needs to get the API planted into her body before she meets her companion. Pregnancies are only allowed for women who are older than thirty years. But no woman has to go and have the API removed if she doesn’t want to. It is her decision and most of the women do not want to have a baby. Neither do most of the men want one. Prgnancy is a hard decision, because you know that your child’s chances to become thirty are slim. Only about 25 percent of the people reach that age. The others are eliminated during the hunt and being hunted season between age twelve and thirty.

But let’s go back to my first hunt.

The girl and I decided that we could spent the evening together. She told me about her life which wasn’t much different from mine so far. She had been taught in school about being hunted while I had had my hunter lessons, but otherwise the education was the same. We learned how to use the receivers and the other connections to the government, learned to read and write and calculate, learned about history and present politics. We learned that the government always knows best because they have all the information and means to connect the pieces of information to a useful whole picture. We learned that this system had proven to be superior to every other form of government in the past, because there was no more war, no more need, no more crime, no more jealousy, no more reason to argue about politics, religion or races. Nobody had the need to fight for anything because everything a person needed was there. The selection of the strong served the common good and even the ones who were eliminated knew that they had had every chance according to their means and that their life had been the best possible life until the day of elimination.

So I sat in a café at the edge of the amusement centre with 144.46.1228.E.-f-49 and we had some delicious supper. She seemed a little bit sad to me, maybe it was because she could already tell that I would win.

I was tempted to let her go. It was my first hunt and it had started out wrong. The rules said that a hunter could let go a victim once and get a second chance with another victim. But this was only possible once in your whole season of 18 years.

I decided to sleep on it and enjoyed the evening. We went down to the lake and spent a few hours swimming and playing. 144.46.1228.E.-f-49 was a friendly girl in a good shape, she was still waiting to be put together with a companion. She did lots of swimming and mountain climbing in her free time, and for her age she appeared to be very strong with muscles like rock.

At 7:30 p.m. she went home and I found my way to the amusement centre’s boarding house, where I was shown to a nice and cosy room. I picked a very ancient movie on the video, something about a big ship they had had centuries ago, when people still travelled on such things across oceans. The ship was called Titanic and it crashed and went down into the sea with most of the passengers. I always liked these old movies, because the romances in them were so much different from what we knew. People back then had to find their companions on their own and often times they found someone who didn’t really match or there were reasons I couldn’t quite understand why they weren’t supposed to be together.

The next morning I woke up at 5:00 a.m. as usual and had some breakfast in my room. I checked my eliminator and prepared for the hunt. Exactly at 5:55 I received a confirming e-mail that the hunt was on and I went out.

I went to the next food supply centre and showed my H tattoo and my receiver, on which there was a green light blinking while a hunt was on. These both proofs are enough to receive all the information available from any place. The clerk opened his terminal for me and I found immediately, that 144.46.1228.E.-f-49 had gotten two lunch packages just 19 minutes ago. From there she had also ordered an air taxi. So I did the same and when it arrived 45 seconds later I typed >follow 144.46.1228.E.-f-49< into the unit.

The air taxi went off into the mountains. That was what I had expected, because the girl had told me that she did a lot of climbing.

The cab stopped at the foot of mountain A.33. Now I had to follow my target without any technical support. I started climbing and I found her only twenty minutes later.

She sat sunning on the beach of a little lake, had the two lunch packs next to her and her feet in the water. When she heard my steps she turned around, smiled at me and said: ‘I expected you a little later.’

‘Hi,’ I said, ‘so you’re not hiding?’

‘No. I wanted to have lunch with you and then you do what has to be done. I don’t feel like fighting or running.’

‘Okay. I hate this, but I have no choice, you know.’

‘I know. You’d have one single choice, but why waste it for me.’

We sat a while in the sun, the we both took off our clothes and swam. After that we walked around the lake and talked about this and that. Finally we sat down and had lunch.

‘Would you do me a final favour, hunter? She asked when we had finished our meal.

‘Depends. What is it?’

‘I don’t want to be eliminated being still a virgin.’

‘But I’m a virgin, too.’ I said.

‘Fine. Let’s see if it works like they told us in school.’

I kind of liked the idea and so we made love on the beach. If I had known how wonderful it is to make love I hadn’t agreed. Maybe she knew and expected me to change my mind about her and my task.

I was only twelve and inexperienced but it was like a whole new world to me, the feeling, the orgasm, the closeness and the peace of mind it left inside of me.

We laid in the sun for a while after the first rush of emotions and sensations and then made love again, very tenderly and soft and careful this time.

Then she sat up and said: ‘Now take your weapon and do it.’

‘I can’t. I love you.’

‘No, you don’t. You just think you do, but I’m not your matching companion. Go ahead and eliminate me.’

It was then that I understood that it isn’t better to be a hunter than a victim. It is harder, much harder. You have to eliminate someone, just because you received the order. It doesn’t matter whether you like the person or not, it doesn’t matter if you know the victim or not, nothing matters but the fact that you’ve got to do something you don’t want to do.

But 144.46.1228.E.-f-49 wanted to be eliminated. She threatened me with her strength, she actually put her hands around my neck and I’m sure she would have stroked me to death if I hadn’t used my weapon. I waited until I almost fainted and then I pulled the trigger.

She sank down into my arms and died immediately. At such a short distance the stroke is always lethal.

Finally I typed my code and the message >eliminated< into her receiver. The government confirmed by turning her receiver off while the blinking green light on mine disappeared at the same time.

I sat there crying with her dead body in my arms for about two hours. Then I went back down the mountain, I left the eliminated 144.46.1228.E.-f-49 at the lake. She would be picked up later by the G-people and put to rest in one of the eliminated-rest-areas.

That’s how it started, long ago. Now you’ll excuse me, please, because I have to follow 122.43.2.E.-m-44. Maybe I’ll be back, can make love again with my Faithful Companion, can spent time at the beach, can talk to people like you. Maybe not.

Mittwoch, 9. Juni 2010

…und jetzt auch noch die Presse!

SIE jagen mit allen Mitteln!

Offenbar greifen SIE zu allen Mitteln!

Die Jagd geht in die nächste Runde!

Das haben SIE überall aufgehängt!

SIE schrecken vor nichts mehr zurück!

Ich habe es ja geahnt...

...SIE sind hinter mir her!

Die Außerirdischen studieren den Gejagten

Dienstag, 8. Juni 2010

Christof Lenzen: Lass dich fallen und flieg!

»Wie der Glaube vom Kopf ins Herz gelangt« - der Untertitel dieses mit rund 250 Seiten nicht schmal ausgefallenen Buches lässt womöglich auf den ersten Blick eine weitere fromme Rezeptsammlung befürchten. Von wegen! Dies ist ein Werk, das sich widerspenstig der Einordnung in die Rubrik »Ratgeber« entzieht.
Christof Lenzen hat einen Erfahrungsbericht geschrieben, der nicht etwa Patentrezepte anzubieten versucht, sondern – was viel besser ist – den Leser einlädt, die eigene Glaubens- und Lebenssituation zu hinterfragen, um so zu ganz persönlichen Ergebnissen zu kommen. Dieses Buch will kein Ratgeber sein, im Gegenteil:
Die Moderne hat uns in geradezu teuflische Sackgassen getrieben. Machbarkeitswahn regiert auch in Gemeinden und schließlich im geistlichen Leben, »Glaube dieses und du bekommst von Gott jenes«, »Entscheide dich für Jesus und du kommst in den Himmel«, »Wende diese Methode an und du erneuerst dein Glaubensleben in sieben einfachen Schritten«. Immer wieder die Frage: Was funktioniert? Was muss ich machen?
Solche Lösungen wird man hier vergeblich suchen, mit gutem Grund. Der Autor weiß, worüber er schreibt, das spürt man Zeile für Zeile. Er ist kein trockener Theoretiker, sondern einer, der mit Menschen umgeht, mit ihren Sorgen, Nöten, aber auch mit ihren Erfolgen und ihrer Freude vertraut ist. Ein Praktiker, ein Pastor, der seinen »Schafen« sehr nahe ist und der auch sich selbst als Mensch begreift, nicht als abgehobene geistliche Figur auf einem Sockel, den der »normale Gläubige« nie erklimmen könnte.
Genau das macht »Lass dich fallen und flieg!« glaubhaft, hilfreich, wertvoll. Ganz konkrete, existentielle Fragen werden nicht ausgespart.
»Was habe ich getan, dass Gott mich so bestraft?« … Dahinter steckt ein fatales Gottesbild, das keinen Deut reifer und weiter ist als der Gewittergott eines Animisten, eines Naturreligiösen. Zudem löst dieser Satz ein Zweites aus: Wut auf und Angst vor einem solchen Gott. … Was für ein Gott wäre das, der so mit seinen »geliebten Kindern« umgehen würde? Ein Gott zum Weglaufen, zum Angsthaben oder zum Bekämpfen.
Was hört man nicht alles in manchen frommen Zirkeln, wenn jemand von großem Leid oder Unglück getroffen wird: »Du musst nur glauben…«, »Du musst die Verheißungen Gottes nur abholen…«, »Hast du auch allen vergeben…«, »Trägst du noch Schuld aus der Kindheit mit dir herum…« - es ist, mit Verlaub, zum Kotzen. Letztendlich liegt die Schuld dann bei demjenigen, der eine Katastrophe erleidet. Und derjenige wird irgendwann diesem Gott den Rücken kehren. Wahrlich ein Gott zum Weglaufen.
Christof Lenzen versucht nicht, die Diskrepanz zwischen Realität und Verheißungen wegzuerklären, sondern er beschreibt, wie man mit und in diversen Spannungsfeldern leben und trotzdem glauben kann. »Hilfreiche Spannungsfelder« hat er den zweiten Teil des Buches überschrieben. Ein praxisnaher, ein entlastender Abschnitt, der eigentlich Pflichtlektüre für jeden Gläubigen sein sollte – wenn es denn beim Glauben um Pflicht ginge. Worum es statt dessen geht, wird hinreichend deutlich, dem Autor sei es gedankt.
Im dritten Teil geht es dann um eine »fruchtbare innere Haltung«.
Die Gnade scheint sich auf eigenartige Weise aus dem Staub zu machen, wenn es um Heiligung geht – nach dem Motto: Ja, wir sind aus Gnade erwählt, nun müssen wir aber auch in die Hände spucken und was daraus machen. Damit Gott an uns Gefallen hat, damit unsere Erwählung sich bestätigt, damit wir erfolgreiche Christen, eine erfolgreiche Gemeinde sind.
Warum das keine fruchtbare Haltung sein kann, hat Lenzen selbst erlebt und nachvollziehbar geschildert. Er rückt so manches zurecht, öffnet den Blick für andere Perspektiven und ermutigt, statt anderen nachzuplappern, selbst zu entdecken, was es mit der inneren Haltung und ihren Auswirkungen auf das persönliche Leben auf sich hat.
Anschließend geht es im vierten Teil um »ganzheitliche geistliche Übungen, die uns bewegen«.
Wenn zum Beispiel die Bibel ein Liebesbrief vom Vater ist – warum finde ich sie so langweilig? Warum kämpfe ich mich mit ihr ab? Diese Fragen haben mich umgetrieben, weil ich selbst auch nicht zu denen gehöre, die Tag für Tag mit innerer Begeisterung die Bibel aufschlagen.
»Geistliche Übungen« - für viele ein Schreckenswort, das Assoziationen von Mühsal und Qual weckt. Auch für mich. Dieses Buch hat mir geholfen, eine andere Dimension zu entdecken. Eine lohnende, befreiende, ermutigende: Oasen im Alltag, Orte der Erholung, Momente des Auftankens.
Schließlich geht es auf den letzten Seiten um die Einladung, das Geglaubte auch in konkretes Handeln umzusetzen. Wieder ohne Patentrezepte, und auch weiter ohne Rücksicht auf fromme Tabus. Zum Beispiel: Die Bibel als Regelbuch für das Leben? Nein.
Ich habe einmal in einem Jugendkreis die Frage gestellt: »Darf man als Christ lügen?« Reflexartig antwortete eine Jugendliche: »Nein, das darf man nicht, sagt die Bibel so.« … Ich sagte: »Nein, falsche Antwort. Die Hure Rahab log, um die Gesandten Gottes zu schützen, und sie wurde von Gott gelobt.« … Das Mädchen war perplex – wie, keine einfache Antwort?
Mein Fazit: Dieses Buch ist keine leichte Lektüre, die man mal eben so genießt um verzückt zu seufzen: »Halleluja, so ist es.« Wir haben es nicht mit einem oberflächlichen »Fünf Schritte zu geistlicher Tiefe« zu tun. Sondern vielmehr mit einer Herausforderung, sich selbst, die eigenen religiösen Traditionen und – gottlob – auch die gemeindlichen Frömmigkeitsstile in Frage zu stellen. Manches wird diese Probe bestehen, anderes werden wir womöglich in den Orkus verbannen. Auf jeden Fall wird der Leser, wenn er sich auf diese Entdeckungsreise einlässt, nicht unverändert daraus hervorgehen.
Wohltuend ist, das sei noch angemerkt, die »handwerkliche« Qualität des Buches. Sprachlich makellos, frei von Plattitüden und dem leider gerade in christlichen Kreisen weit verbreiteten miserablen schlampigen Stil. Christof Lenzen weiß das Handwerkszeug für ein Buch, die deutsche Sprache, zu handhaben, und zwar meisterhaft. Layout und Druck passen zu dieser Leistung, die Seiten sind liebe- und kunstvoll gestaltet. Ein rundum gelungenes Werk also.
Erhältlich zum Beispiel hier bei Amazon: Lass dich fallen und flieg! Wie der Glaube vom Kopf ins Herz gelangt