Montag, 6. August 2007

Wort Gottes muss nicht Schwert sein

„Am 6.Juni 1944 schlugen und gewannen die Alliierten die kriegsentscheidende Schlacht. Doch der Krieg ging weiter und endete erst am 8.Mai 1945, dem sogenannten „Tag des Sieges“ – elf Monate später. Zwischen der Entscheidungsschlacht und dem Tag des Sieges starben mehr amerikanische Soldaten als zu jedem anderen Zeitpunkt des Krieges.

Genauso verhält es sich mit Jesus. Unsere Entscheidungsschlacht fand am Ostermorgen statt, unser Tag des Sieges ist das zweite Kommen Christi. In der Zwischenzeit geht der Krieg weiter.“


Diese Sätze habe ich vor einer Weile beim Storch gelesen, weißnichtmehrwogenau, als ich noch am zweiten Teil meiner Miniserie über den Epheserbrief schrieb. Die Sätze haben sich nun samt ein paar ihnen folgenden Gedankengängen im dritten und letzten Kapitel wunderbar eingefügt.

Natürlich besteht meine Arbeit ansonsten nicht aus Fremdzitaten, obwohl ich dauernd den Apostel Paulus zitiere... Mein Fazit am Ende der Arbeit:

Dazu, und nur dazu ist sie dem Epheserbrief zufolge da, die Waffenrüstung Gottes. Nicht für geistlichen Krampf, bei dem mit fürchterlichem Geschrei „Land erobert“ wird und „der Feind überwunden“ werden soll. Sondern für geistlichen Kampf, bei dem das Reich Gottes schon gekommen ist und die Vollmacht Jesu Christi über alle Mächte und Gewalten längst uns gehört.

Jedenfalls habe ich fertig, wie umgangssprachlich in gewissen Regionen formuliert wird, wenn etwas abgeschlossen wurde. Wiederum muss ich interessierte Leser allerdings vom Blog hinweg zur Webseite bitten, uninteressierte Leser klicken natürlich nicht auf diesen Link:

Geistlicher Kampf oder Krampf - Teil 3


P.S.: Die Überschrift zu diesem Blogeintrag erschließt sich aus der Lektüre des Textes auf der Webseite.

Sonntag, 5. August 2007

Zwei Leben

Zwei Bücher, die autobiographisch sein wollen und in jene schwer vorstellbare Zeit zurückreichen, die mir, dem 1955 geborenen Deutschen, nur aus Schulunterricht, Berichten und Erzählungen bekannt geworden ist, stehen für mich gesondert von aller anderen Literatur über die Epoche. Zwei Bücher, die mich tief getroffen, es mir gestattet haben, mitzuerleben, was den Autoren begegnet ist, zwei Lebensanfänge, die unterschiedlicher kaum sein könnten.

Die beiden Autoren pflegen seit Jahrzehnten eine Hassliebe, mögen und schätzen einander öffentlich mal deutlich anerkennend, mal nicht sonderlich freundlich. Der eine schreibt über den anderen:

„…verlästerte alle Päpste, so später auch jenen, der medienwirksam erhöht den literarischen Himmel einzig nach seiner Elle vermessen wollte, und befreundete mich mit dem Risiko, als Außenseiter dem jeweiligen Zeitgeist widerstehen zu müssen.“ (Beim Häuten der Zwiebel, Seite 425)

Der andere bemerkt zum einen:

„Sie schildern ein Treffen mit Uwe Johnson. Sie schildern es wunderbar. Das kann keiner besser als Sie. Aber es sind nur fünf Seiten von 781.“ (Besprechung von „Ein weites Feld“ im Spiegel)

Regelmäßig amüsieren mich ihre Animositäten. Der eine, der sich nie selbst als Literaturpapst bezeichnet hat, jedoch die medienwirksame Rolle wohl nicht ohne erkennbares Vergnügen und Genugtuung auszufüllen verstand, der andere, der sich nicht ungern und nicht weniger medienwirksam als Außenseiter einem Zeitgeist widersetzte, selbst wenn dieser an ihm gar nichts auszusetzen hatte.

Die beiden Bücher über die gleichen Jahre, „Mein Leben“ und „Beim Häuten der Zwiebel“ sind so unterschiedlich im Ansatz wie ihre Autoren. Reich-Ranicki schreibt als ein Mensch mit ungetrübtem Blick auf jegliche Details der Vergangenheit, während Grass wieder und wieder verschiedene Darstellungen der gleichen Begebenheit zur Auswahl stellt. Reich-Ranicki bleibt bei seinem Lebensbericht ein Chronist, Grass bleibt ein Erzähler. Der eine hat als Jude Kindheit und Jugend unter Hitler durchlitten, der andere glaubte als Deutscher bis zum Schluss an den so felsenfest versprochenen Endsieg.

Ganz abgesehen davon, dass Reich-Ranicki und Grass die deutsche Sprache beherrschen wie nur wenige, dass beide mir auf keiner einzigen Seite dieser beiden Bücher auch nur einen Hauch von Langeweile zugemutet haben, ist ihnen in ihrer Unterschiedlichkeit das gelungen, was weder Dokumentationen noch zahlreiche andere Literatur vermocht haben: Ich habe etwas verstanden und empfunden, habe während der Lektüre erlebt, was vor meiner Zeit geschah.

Mein einer Großvater, KZ-Häftling weil Sozialist, zu jung verstorben an den Folgen der Gefangenschaft, von der Großmutter häufig und eindringlich vor meine jungen Augen gestellt, mein anderer Großvater, friedliebender Pastor, vertrieben aus Gebieten, die heute polnisch heißen, konnte mir noch selbst erzählen und berichten. Doch blieben ihre und die Erfahrungen ihrer Ehefrauen und Familien mir unerlebt, seltsam fremd trotz verwandtschaftlicher Nähe. Zwei Bücher von zwei Männern, die ich nie getroffen und gekannt habe, wurden mir dagegen wie ein Stück der eigenen Erinnerung.

Liegt es daran, dass beide Werke ehrlich sind? Natürlich vermag ich nicht zu sagen, wo Gras oder Reich-Ranicki die Wahrheit zu Papier gebracht und wo sie ihr hinzugedichtet oder weggelassen haben. Das ist auch gar nicht notwendig. Erinnerung und Vergangenheit sind Geschwister, die einander manches Mal widersprechen, in Streit geraten, dann wieder einträchtig Hand in Hand spazieren, um irgendwann erneut aneinander zu geraten.

Reich-Ranicki schreibt, wie es seine Art ist, als gebe es keinen Zweifel an der Wahrheit seiner Zeilen, schildert selbst Details wie den aufgefundenen Beipackzettel einer Kondompackung mit über sechzig Jahren Abstand als hätte er das Kleingedruckte gestern erst studiert. Grass lässt Details auftauchen und verschwinden, weiß immer wieder anzudeuten oder klar zu sagen, dass etwas und wie etwas gewesen sein hätte können, vielleicht auch war.

Mir sind sie beide eindringlich geworden, denn diese Bücher haben eins gemeinsam, was so vielen anderen, die ich zum Thema gelesen habe, fehlt: Sie wollen nicht belehren, nicht bekehren, sondern berichten und dichten. Und gerade deshalb, vermute ich mangels einer anderen Erklärung, treffen sie bei mir so tief in mein Innerstes hinein.

Es sollte mich wundern, wenn jemand, der wie ich ein Nachkriegskind ist, „Beim Häuten der Zwiebel“ von Günter Grass und „Mein Leben“ von Marcel Reich-Ranicki anders lesen könnte als mit innerer Beteiligung, die schnell zum Miterleben wird.

Montag, 30. Juli 2007

Pause

Gonna travel the world, that's what I'm gonna do
Then come back and see you

(Bob Dylan)
Die nächsten Tage bin ich zwar nicht auf der ganzen Welt unterwegs, aber zumindest in der Stadt von Thomas Mann, Willy Brandt und Günter Grass. Daher macht der Blog Pause.

Eine gute Gelegenheit für meine treuen Leser, die Zeit für das Bestellen von Eintrittskarten zu nutzen:


Und mit dem Terminator verspreche ich: I'll be back!

Sonntag, 29. Juli 2007

Samstag, 28. Juli 2007

Recht hat er:

Die meisten Schriftsteller verstehen von der Literatur nicht mehr als die Vögel von der Ornithologie.
Marcel Reich-Ranicki in Mein Leben, S. 343.

Da fühle ich mich als Vogel von eiem Ornithologen rundum und richtig verstanden.

Freitag, 27. Juli 2007

Ein moderner Hiob?


Offenbar hat diesem Mann niemand eine Bibel in die Hand gegeben oder, falls er nicht lesen kann, gesagt, was es mit dem Bund zwischen Gott und Mensch auf sich hat. Welt-online berichtete:

Ein Gericht in Rumänien hat die Klage eines Mannes gegen Gott wegen „Betrugs, Vertrauensbruchs und Korruption“ abgewiesen. Die Staatsanwaltschaft in der westrumänischen Stadt Timisoara begründete ihre Entscheidung damit, dass Gott „keine juristische Person“ sei und „keine Adresse“ habe, wie die Zeitung „Evenimentul Zilei“ am Mittwoch berichtete.

Der 40-jährige Mircea Pavel, der wegen Mordes eine 20-jährige Haftstrafe absitzt, hatte gegen „den Genannten Gott, wohnhaft im Himmel und in Rumänien vertreten durch die orthodoxe Kirche“ geklagt. „Während meiner Taufe bin ich einen Vertrag mit dem Beschuldigten eingegangen, der mich vor dem Bösen bewahren sollte“, erklärte Pavel in seiner Klageschrift. Doch bislang habe Gott den Vertrag nicht eingehalten, obwohl er im Gegenzug von ihm „verschiedene Güter und zahlreiche Gebete“ bekommen habe.

Nun mag es sich um einen Versuch handeln, Strafmilderung zu erreichen (weil unzurechnungsfähig) oder Geld von der orthodoxen Kirche (sie hat ja wohl die „verschiedenen Güter“ bekommen) zu heischen. Es mag auch sein, dass der Mann einfach ein bisschen Publicity wollte (was ihm gelungen ist, die meisten Zeitungen haben berichtet).

Mich erinnert das, obwohl Herr Mircea Pavel seinen Gefängnisaufenthalt durch eine Straftat selbst herbeigeführt hat, an das Buch Hiob in der Bibel. Letztendlich läuft es auf die Anklage gegen Gott hinaus: Warum lässt der Allmächtige Böses und Leid zu? Viele Argumente werden bei dieser „Gerichtsverhandlung“ untersucht und nach 39 Kapiteln der Geschichte kommt Hiob zu einer Einsicht, die dem Häftling in Rumänien offenbar verborgen blieb:
Gott: „Mit dem Allmächtigen will der Tadler rechten? Der da Gott zurechtweist, er antworte darauf!“
Hiob: „Siehe, zu gering bin ich! Was kann ich dir erwidern? Ich lege meine Hand auf meinen Mund. Einmal habe ich geredet, und ich will nicht mehr antworten; und zweimal, und ich will es nicht wieder tun.“ (Hiob 40, 1-5)
Ich halte es für legitim, Gott zu sagen, dass ich sein Handeln oder Nichthandeln nicht immer verstehe. Ich halte es auch für zulässig, zwar in allem aber nicht für alles Dank zu sagen. Aber ich weiß auch, dass meine Erkenntnis und Einsicht bei weitem nicht ausreicht, um wirklich hinter alle Kulissen zu schauen.
Hiob gibt ja nicht klein bei, sondern er begreift, dass seine Erkenntnis Stückwerk ist. Später scheint die Einsicht noch etwas weiter zu gehen, denn er sagt:
Hiob: „So habe ich denn meine Meinung mitgeteilt und verstand doch nichts, Dinge, die zu wunderbar für mich sind und die ich nicht kannte. ... Vom Hörensagen hatte ich von dir gehört, jetzt aber hat mein Auge dich gesehen.“ (Hiob 42, 3 und 5)
Ich wünsche dem 40-jährigen Mircea Pavel von Herzen, dass er eines Tages sagen kann: „Ich hatte eine verschwommene Vorstellung von Gott, aber nun bin ich ihm begegnet.“ Dann ist er frei, im Gefängnis oder außerhalb.

Donnerstag, 26. Juli 2007

In Memoriam Larry Underwood


Wer kennt noch Larry Underwood? Der eine und die andere, mich eingeschlossen, viele jedoch haben von diesem Mann, der mehr war als nur ein Musiker mit einem einzigen Hit, nie gehört oder gelesen. Ich denke oft an ihn, mit Dankbarkeit.

Es sah alles so aus, als könne er in die Fußstapfen von Jack Fate treten. Seine Single Baby Can You Dig Your Man stieg unaufhaltsam in den Hitparaden empor, im Radio hörte man sie täglich, egal welchen Sender man wählte. Und anders als bei vielen Sommerhits der Musikgeschichte konnte man sich irgendwie nicht satt hören. Der Song hatte etwas, was ihn aus der Masse heraushob. War es wirklich der Song? Ich glaube eher, der Sänger hatte das gewisse Etwas.

Larry Underwood besaß trockenen Humor, der mich immer wieder zum Lachen brachte:

Larry: "Any new men in your life?"
Alice: "Several. How bout you?"
Larry: "No, no new men. Some girls, but no new men."

Auch dies fand ich witzig, als ich mit Larry Underwood, der zu jener Zeit noch gerne den großen Star mit allen dazugehörigen Allüren spielte, durch New York spazierte:

Woman: "Well, I'm impawtant, too!"
Larry: "Your Bronx is showing, luv."

Das Lachen verging uns, als das Ende der Welt, wie wir sie kannten, hereinbrach. Die Gruppe DC Talk hatte vor einigen Jahren gesungen It’s the end of the world as we know it, and I feel fine... – aber keiner von uns fühlte sich gut, als es geschah.
Larry Underwood ließ in New York nicht nur die Heimat, sondern auch seine tote Mutter zurück, die er mehr liebte als er je zugegeben hätte. Er war allerdings Realist genug, um den Tatsachen ins Auge zu sehen. Mancher von uns zögerte, die Stadt zu verlassen, aber Larry Underwood meinte:

"We have to get out of the city. It's not just the odds of getting shot. Do you know what it's going to smell like in two weeks? 5 million dead people rotting in the July sun."

Wir machten uns auf den Weg. Es war klar, dass es keine Zivilisation mit Unterhaltungsmusik, MTV und Tourneen mehr gab, Baby can you dig your man war auf Platz 2 der Charts geklettert und dort war Endstation, es gab keine Charts mehr.
Larry Underwood blieb Musiker mit Leib und Seele. Auf dem Weg in eine damals noch ungewisse Zukunft, den wir zu Fuß zurücklegten, fand er eine Gitarre und stimmte auf der mit Leichen in ihren Fahrzeugen verstopften Straße Barry McGuires Eve of Destruction an. Es hätte kaum einen besseren Song für unsere Situation geben können.

Don’t you understand what I’m tryin’ to say
Can’t you feel the fears I’m feelin’ today?
If the button is pushed, there’s no runnin’ away
There’ll be no one to save, with the world in a grave
Take a look around ya boy, it's bound to scare ya boy

And you tell me
Over and over and over again, my friend
Ah, you don’t believe
We’re on the eve
of destruction.

Wer hatte Barry McGuire damals zugehört, als er vor so vielen Jahren dieses Lied sang? Wer hatte ihm wirklich zugehört, als er Christ wurde und seine gesungenen Mahnungen noch deutlicher wurden? Don’t blame God for the sins of America...
Oder Jack Fate, der unermüdlich von thunder on the mountain sang und feststellte: You better start swimming or you'll sink like a stone, for the times, they are a'changin.

Wir hatten alle nicht hingehört. Wir wurden wach, als es passiert war. Und waren nicht mehr die selben. Auch Larry Underwood veränderte sich auf dem Weg. Oder der Weg veränderte ihn. Wer vermag das heute noch zu sagen? Er grübelte einmal:

"The ways of God... I know. We see through a glass darkly. It's a pretty dark glass to me, all right. Why we're walking all this way when we could have driven it in a week is beyond me. But since we're doing a nutty thing, I guess it's okay to do it in a nutty way."

Ich meine, dass er die Wege Gottes immer besser verstand, je länger er auf ihnen ging. Er war in kurzer Zeit vom unsicheren, selbstverliebten und nur auf den eigenen Vorteil bedachten Star der Musikszene zu einem Mann herangereift, auf den man sich verlassen, auf den man sich stützen konnte. Er verstand nicht immer das, was von ihm verlangt wurde, auf jeden Fall begriff er aber das Wesen des Bösen schlechthin, je näher die Konfrontation rückte.
Kurz vor seinem Tod richtete er sich mit bemerkenswerten Worten an die Zuschauermenge:

"You people know this is wrong! I don't expect you to stop it, but I do expect you to remember it! We're being put to death because Randall Flagg is afraid of us! He's afraid of us and the people we came from! Remember the way we die! And remember that next time it may be your turn to die this way, with no dignity, just an animal in a cage!"

Er war bereit, sich zu opfern, und er hatte bereits vorher Opfer gebracht. Er hatte Lucy und Joe verlassen, um sich auf seinen letzten Weg zu begeben, und dann musste er sich von Stu trennen, der „auf dem Weg gefallen“ war, genau wie es die Prophetie angekündigt hatte. Wie tobte und wütete er, als Stu verunglückte. Er schrie seinen Zorn hinaus,
Ich meine noch heute, dass es besser ist, Gott zu sagen wie stinksauer man ist, als so zu tun, als wäre alles in Butter...
Larry Underwood ging seinen letzten Weg nicht leichtfüßig. Es fiel ihm schwer, er zögerte, er war wütend, auch auf Gott und seine Prophetin, aber trotz seiner Wut und Enttäuschung ging er schließlich weiter. Er blieb sich treu, ein Mann, der zu seinem Versprechen stand, wenn er es einmal gegeben hatte.

Ich werde Larry Underwood nie vergessen, in meinem Herzen hat er einen festen Platz. Wir alle würden heute unter der Herrschaft von Randall Flagg leben, der rechten Hand Satans, wenn Larry Underwood – neben all den anderen echten Helden natürlich – nicht bis zum Ende durchgehalten hätte. Die Hand Gottes selbst griff ein, so dass wenigstens sein Tod nicht qualvoll war. Vergebens war er sowieso nicht.

P.S.: Sie möchten mehr über Larry Underwood erfahren? Es gibt ein Buch und einen sechsstündigen Film, beide erzählen auch seine Geschichte: Das Buch auf Deutsch // Das Buch auf Englisch // Der Film

Mittwoch, 25. Juli 2007

Nach dem Abkoten

Mancher populistische Politiker ruft nach der Abschaffung des Beamtentums. Deutsche Behörden sind jedoch unbedingt samt Personal erhaltenswert. Andernfalls müssten wir ohne all diese Erkenntnisse durch das Leben stolpern:
Besteht ein Personalrat aus einer Person, erübrigt sich die Trennung nach Geschlechtern. (Info des Deutschen Lehrerverbandes Hessen)

Eine einmalige Zahlung wird für jeden Berechtigten nur einmal gewährt. (Gesetz über die Anpassung von Versorgungsbezügen)

Ausfuhrbestimmungen sind Erklärungen zu den Erklärungen, mit denen man eine Erklärung erklärt. (Protokoll im Wirtschaftsministerium)

Der Wertsack ist ein Beutel, der auf Grund seiner besonderen Verwendung nicht Wertbeutel, sondern Wertsack genannt wird, weil sein Inhalt aus mehreren Wertbeuteln besteht, die in den Wertsack nicht verbeutelt, sondern versackt werden. (Merkblatt der Deutschen Bundespost)

Ehefrauen, die ihren Mann erschießen, haben nach einer Entscheidung des BSG keinen Anspruch auf Witwenrente. (Verbandsblatt des Bayrischen Einzelhandels)

Der Tod stellt aus versorgungsrechtlicher Sicht die stärkste Form der Dienstunfähigkeit dar. (Unterrichtsblätter für die Bundeswehrverwaltung)

Stirbt ein Bediensteter während einer Dienstreise, so ist damit die Dienstreise beendet. (Kommentar zum Bundesreisekostengesetz)

Welches Kind erstes, zweites, drittes Kind usw. ist, richtet sich nach dem Alter des Kindes. (Bundesanstalt für Arbeit)

Margarine im Sinne dieser Leitsätze ist Margarine im Sinne des Margarinengesetzes. (Deutsches Lebensmittelbuch)

Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als 'dauernde Berufsunfähigkeit' im Sinne von §16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen. (Bundessteuerblatt)

An sich nicht erstattbare Kosten des arbeitsgerichtlichen Verfahrens erster Instanz sind insoweit erstattbar, als durch sie erstattbare Kosten erspart bleiben. (Beschluss des Landgerichts Rheinland-Pfalz)

Die Fürsorge umfasst den lebenden Menschen einschließlich der Abwicklung des gelebt habenden Menschen. (Vorschrift Kriegsgräberfürsorge)

Gewürzmischungen sind Mischungen von Gewürzen. (Deutsches Lebensmittelbuch)

Persönliche Angaben zum Antrag sind freiwillig. Allerdings kann der Antrag ohne die persönlichen Angaben nicht weiter bearbeitet werden. (Formular in Postgirodienst)

Nach dem Abkoten bleibt der Kothaufen grundsätzlich eine selbstständige bewegliche Sache, er wird nicht durch Verbinden oder Vermischen untrennbarer Bestandteil des Wiesengrundstücks, der Eigentümer des Wiesengrundstücks erwirbt also nicht automatisch Eigentum am Hundekot. (Fallbeispiel der Deutschen Verwaltungspraxis)
Was wäre das für ein Leben, hätten wir nicht unsere Beamten und ihre Amtsstuben. Also, liebe Politiker, pflegt sie schön weiter, wir brauchen solche Aufklärung auch in Zukunft.

Dienstag, 24. Juli 2007

Party geplant, keine Ideen für's Programm?

Falls jemand unter meinen Leserinnen und Lesern eine gemütliche Party plant, aber nicht so recht weiß, wie die Gäste angemessen unterhalten werden können: Es gibt eine Kombo, die auch bei privaten Feiern auftritt.

Allerdings sollte man sich wohl vorher den letzten Kontoauszug noch mal anschauen, denn die vier alten Herren möchten natürlich ein angemessenes Honorar dafür haben, dass sie ihre Instrumente in die Hand nehmen.

Rolling Stones Play Private Deutsche Bank Gig, Paid $67,500 A Minute

Na denn prost, Deutsche Bank!

Mörderische Pilze und schwäbische Tomaten

Im Auto bat ich neulich Teresa (14) auf dem 20minütigen Weg zur Oma, doch mal ihren MP3-Player an meinen FM-Transmitter zu klemmen und mich ein wenig an ihrer Musik teilhaben zu lassen. Ich habe mich prächtig amüsiert, denn ich bekam Killerpilze auf die Ohren. Bestimmt werde ich mir eine CD selbiger Band nicht zulegen, aber es war richtig witzig im Auto:

...Der letzte Sommer war komplett für’n Arsch und der davor genau so beschissen // Keiner hatte Bock mehr rauszugehen, denn die Sonne hat absolut gar nichts gerissen // Doch dieses Jahr wird alles besser, das haben die im Fernsehn gesagt // und die ham immer Recht...

Es nieselte kaltgrau gegen die Windschutzscheibe, während diese tiefschürfenden Erkenntnisse gesungen wurden.

...Jedes mal, wenn ich bei dir bin, schaltest du das Radio ein // Immer dann, wenn ich dich küssen will, lass ich es lieber sein // Sie spielen überall dasselbe: Pocher´s neues Lied // Ich hör’ US5 und Melanie C, nur die Ärzte hör' ich nie // Und darum tret’ ich dein Radio ein // Und darum hack ich dein Radio klein. // Und darum schmeiß ich dein Radio an die Wand. // Und darum zünd ich dein Radio an...

Die Ärzte höre ich auch nicht mehr, Melanie C und US5 sind nicht mein Geschmack – recht haben diese musizierenden tödlichen Gewächse! Wie gesagt, empfehlen mag ich die CD niemandem, jedoch: Richtig unterhaltsam war die Fahrt von Lichterfelde nach Lichtenrade, und ohne Teresas MP3-Player hätte ich (52) nie erfahren, dass es mörderische Pilze gibt, die man nicht essen, sondern hören kann.

Ich kannte auch toolsANDtomatoes nicht, als mir die aktuelle CD ready to leave zur Rezension auf Glaube.de zugeschickt wurde. Ich hörte die fünf Lieder, hörte sie noch mal, und fragte mich, wie ich denn wohl eine Verbindung zwischen solchen Texten und dem Glauben herstellen sollte. Denn toolsANDtomatoes nennt sich eine „christliche Band“, was die Killerpilze nicht von sich behaupten. Die werkzeugeUNDtomaten singen:

... i met him at the station, staring at the rain // he had worn-out shoes, a fucked up suit and was waiting for the train // his look was sad and blue, tell me was it pain? // the train arrived, he stepped inside - only thoughts remain // he seemed dissatisfied. something was not alright...


Man hört schwäbischen Tonfall, was ja ganz reizvoll sein kann. Die Band kommt aus Süddeutschland, singt Englisch und hält musikalisch wenig von Weichspülmitteln. Die Texte klingen meinen von Bob Dylan und anderen Meistern des gesungenen Wortes verwöhnten Ohren etwas hölzern, nach dem Motto „reim dich oder ich hau dich“ geschrieben. Zugegeben, als Teenager habe ich auch Texte verfasst, die mir heute peinlich wären. Und die toolsANDtomatoes sind noch jung, sehr jung. Vielleicht reichen die Sprachkenntnisse der Tomaten in ein paar Jahren ja zu lyrischeren Lyrics...

...baby i am not your darling // kiss my ass goodbye // better stop before we start it // it's not worth a try...


Kann man das in irgend einer Weise mit „christlich“ in Verbindung bringen? Die Antwort ist ganz simpel: Nein. toolsANDtomatoes macht, so die Selbstauskunft, „keine Jungschar-Jesus-ist-toll-Liedchen“, sondern zeitgemäße und laute Musik. Darüber mag ich mich nicht beklagen, denn ich schreibe selbst nicht nur Texte über die Bibel und „fromme“ Themen, sondern auch Unterhaltung, die nichts will, als zu unterhalten.

Ich habe, da ich als Redaktionsmitarbeiter bei Glaube.de gewissen Konventionen unterliege, dennoch bei der Plattenfirma nachgefragt und freundlicherweise Auskunft von den Tomatenjungs aus dem Schwabenland erhalten:

Warum singt ihr nicht von Jesus? Warum nutzt ihr nicht die Möglichkeit der Bühne?

Wir sind fünf Freunde, die zusammen Musik machen. Das ist unser Hobby, welches einen sehr großen Zeitraum in unserem Leben einnimmt.
Wir sind zum Teil Christen und engagieren uns in unseren Gemeinden. Doch sind wir keine Missionare, die ihre Musik dafür benutzen, Zuhörer mit der frommen Keule zu bearbeiten und haben auch keine Berufung als Band dazu.
Wir wollen durch unser Verhalten auf, vor und hinter der Bühne zu Gesprächen anregen. Transparenz und das direkte Gespräch mit Menschen scheint uns - im Vergleich zur „Pauschalmission“ - der bessere Weg zu sein.
Wir haben etwas gegen fromme Heuchlerei und aufgesetztes missionarisches Gehabe. Es ist leicht, auf einer Bühne mit lauter Anlage und Mikrofon von Gott zu erzählen aber diese Gesprächssituation ist leider sehr einseitig. Wir versuchen statt dessen ganz einfach, unsere Überzeugung auf und hinter der Bühne ohne ständige Betonung der christlichen Wurzeln zu leben und dadurch Anlässe für Dialoge, beispielsweise über unser Glaubensleben, zu bieten. Menschen sollen an unserem Verhalten in allen Bereichen und im „realen“ Leben merken, dass etwas „dahintersteckt“. Eine Abschottung unter der frommen Käseglocke lehnen wir ab.


Eure neue CD hat keinen offensichtlich christlichen Bezug

„ready to leave“ ist Ausdruck unserer Erlebniswelt als Musiker, die sich auf den Weg gemacht haben, etwas zu erreichen. Die Texte beschreiben nicht die „heile Welt“ und wir spielen keine „Jungschar-Jesus-ist-toll-Liedchen“. Sie spiegeln das wieder, was wir erleben. Sie sind ehrlich und ganz nah an unserem Leben.
In „I don't want to wait“ geht es darum, dass man seine Zeit, die man als Mensch gratis zur Verfügung gestellt bekommt, optimal nutzen soll. Sie ist begrenzt und deshalb wertvoll. Viele Christen warten auf das ewige Leben und sehen das Diesseits nur als Durchgangsstation. Dem entgegen steht Lukas 19,11ff. Mit dem uns Anvertrauten sollen wir verantwortungsbewusst umgehen und etwas daraus machen.
„Not alone“ ist eine moderne Version des „Verlorenen Sohns“. Auch von der Gesellschaft verachtete Menschen werden von Gott geliebt und sie sind deshalb nicht allein. Die Frage ist, was gerade Christen konkret für solche Menschen tun.
„Paper and ink“ beschäftigt sich mit der Problematik Geiz und Reichtum. Auch diesem Song liegt die christliche Ethik zugrunde (vgl. Markus 10,17-27). Geld ist nicht das, was einen Menschen glücklich macht. Im Gegenteil: es trennt, macht einsam, schafft Neid.
„Friday“ ist ein exemplarischer Song über Sehnsucht nach Nähe und die alltäglichen Beziehungsschwierigkeiten, die jeder Mensch hin und wieder durchmacht.
Wir nehmen kein Blatt vor den Mund und sagen, was wir denken. So ist „Goodbye“ entstanden - ein Song, der die Möglichkeit bietet, angestauten Beziehungsfrust mit der nötigen Portion Humor abzulassen.


So weit die Auskünfte der toolsANDtomatoes, und dem will ich gar nichts hinzufügen. Wer Musik mit frommen Texten hören will, wird mit dieser kurzen CD nichts anzufangen wissen. Wer Musik der härteren Gangart zu schätzen weiß und den Lyrics kein sonderliches Gewicht beimessen möchte, sollte ready to leave in Betracht ziehen, zumal die Scheibe nur 5 Euro kostet. Man kann in die Songs hineinhören, muss also keine Katze im Sack kaufen.

Hier geht es zur Webseite mit allerlei Schnickschnack und Infos: toolsANDtomatoes
Hier kann man toolsANDtomatoes probehören und gegebenenfalls bestellen: Tomatöser Webshop