Samstag, 27. Februar 2010

Nur für mich entzifferbar…

image…was ich da so an Notizen auf dem Eee-PC mit nach Hause bringe. Das kommt davon, dass ich erstens nie blindschreiben gelernt habe und zweitens zum Blindschreiben gezwungen bin, wenn ich beim Zuhören und gleichzeitig Notizen anfertigen nicht die Lesebrille aufsetzen und die normale Brille ins Etui packen will. Wenn ich das täte, sähe ich wiederum den Referenten und das, was er gegebenenfalls so hinter sich beamen lässt, nur unscharf. Noch dazu ignoriere ich des Tempos wegen die nette Taste, die aus einem e ein E macht. Oder aus einem i eine I. Und so weiter.
Meine handschriftlichen Notizen wären zwar, was fehlende oder überflüssige Zeichen und Groß- und Kleinschreibung betrifft, tadellos, aber dann müsste ich beim späteren Be- und Überdenken des auf dem Transforum 2010 Gehörten Notizbuch und PC benutzen. Und nicht immer habe ich das Notizbuch zur Hand, wenn ein halbes Stündchen und ein PC zur Verfügung stehen. Also tippe ich eben Wortungetüme und Wortfetzen, die nur ich später noch entziffern kann.
Herausragend war für mich gestern ein Vortrag von Volker Brecht, einem Wissenschaftler und Theologen. Messerscharfe Analysen, aber auch klare Lösungswege hat er aufgezeigt. Doch auch der übrige Tag war mit vollen Gesprächen, Vorträgen, Erlebnissen und Ergebnissen gefüllt. Lustig fand ich, dass bei der Begrüßung am Morgen mein Blogeintrag »Das sei ferne« vorgelesen wurde. Die Versammelten lachten – also hat es nicht nur dem dergestalt kommentierenden Optimizer gefallen. Ach ja, die Absenderin der Mail traf ich am Mittag und konnte mich für die schöne Steilvorlage bedanken. K. H. hatte sogar noch einen Gott in der City bei sich, den letzten wohl.
Genug. Einhalt. Nun heißt es aufbrechen in den zweiten und letzten Tag Transforum 2010. Ich freu mich drauf.

Freitag, 26. Februar 2010

Das sei ferne!

imageEine etwas irritierende Bitte fand ich gestern  bei der Rückkehr vom Eröffnungsabend der Transforum-Tagung zu Hause in meinem elektronischen Postfach vor. Das Thema der Tagung lautet: »Von der Freude, der Stadt zu dienen«, darum ging es auch in dem Vortrag, den ich gerade gehört hatte. Und nun bat mich jemand, Gott bitte  in der City zu löschen. Ich bin gar nicht der Meinung, dass eine City ohne Gott eine so gute Idee ist, und der Stadt zu dienen ist mit göttlicher Hilfe auch leichter und effektiver als ohne. Also konnte ein Zusammenhang zwischen Konferenz und Mail so gut wie ausgeschlossen werden. Und überhaupt:

Ersten vermag ich Gott gar nicht zu löschen. Das vermag niemand, so klug und mächtig er auch sein mag.

Und zweitens wüsste ich nicht, warum ich Gott in der City löschen und ihn in ländlichen Gebieten unbehelligt lassen sollte. Wenn schon, denn schon.

Also habe ich nicht Gott in der City gelöscht, sondern das Buch mit dem Titel »Gott in der C ity« aus dem Online-Shop entfernt, den ich für die Absenderin der Mail betreue. Und kann nun in wenigen Minuten für die nächsten 14 Stunden wieder in die Transforum-Konferenz eintauchen. Gott ist immer noch in der City. Und das ist auch gut so.

Donnerstag, 25. Februar 2010

Transforum 2010

Heute um 18:00 begann das Transforum 2010 - treue Blogleser wissen, dass ich dabei bin. Der Blog liegt dessenthalben ein wenig brach in diesen Tagen.

Ich war schon vor 17 Uhr vor Ort, habe mit prominenten und nichtprominenten Menschen geplaudert, einige getroffen, die ich seit langem nicht gesehen hatte und dann mit Interesse die Auftaktveranstaltung verfolgt. Sicher wird sich so manches, was ich vor Ort höre, erlebe und mitschreibe, auch in der einen oder anderen Form auf meinem Blog wiederfinden.

Einstweilen bitte ich um Nachsicht, wenn ich auf Kommentare nicht reagiere und auch nichts neues hier zu finden ist. Freitag und Samstag sind tranforumös ausgefüllt. Morgen unter anderem mit dem ersten Besuch meines Lebens in einer Moschee. Ich bin gespannt...

Mittwoch, 24. Februar 2010

Es menschelt hier wie dort

Der eine oder andere hat sich schon hinter das Steuer seines Autos gesetzt, obwohl der Fahrt Alkoholgenuss vorangegangen ist, dessen Quantität zumindest bedenklich war. Meist passiert nichts, und relativ selten wird jemand erwischt. Wenn doch, dann steht das höchstens in einer Statistik, aber in keiner Zeitung auf der Titelseite.
Interessant wird eine bei Rot überfahrene Kreuzung und die anschließende Blutprobe für die Medien dann, wenn es um prominente Verkehrssünder geht. Bei Margot Käßmann, die gerade Kraft des Amtes zum Fasten, speziell unter anderem zum Verzicht auf Alkohol und Autofahrten, aufgerufen hatte, war die Häme um so größer. Auch in einigen Leserkommentaren. Da las ich unter einem Zeitungsbericht: »Erst geschieden, jetzt auch noch Alkoholikerin. Diese unchristliche Frau muss weg aus dem Amt!« Aus welcher religiösen Ecke der anonyme Leserbriefschreiber wohl kam?

Viele Ehen werden geschieden, das ist bedauerlich, aber dennoch eine Tatsache. In besonders »bibeltreuen« christlichen Kreisen, in denen eine Ehescheidung als schlimme Sünde gilt, die hinfort die Ausübung eines geistlichen Amtes unmöglich macht, wird gerne verlautbart, dass christliche Ehen haltbar sind, wenn genug »Salbung« vorzufinden ist.
Nun wird einer der in solchen Kreisen als ganz besonders »gesalbt« geltenden »Männer Gottes« geschieden, Benny Hinn. Kann man noch geistlicher, noch gesalbter sein als er? Seit Jahrzehnten predigt er Heilung, auch Heilung von Beziehungen. Nach seinen Aussagen trifft ihn die Scheidung völlig unvorbereitet. Offenbar hat er mit seiner Ehefrau nicht sonderlich viel Kontakt gehabt, wenn ihm so lange verborgen geblieben ist, dass seine Ehe zerrüttet und in Gefahr geraten war.

Es menschelt in der evangelischen Landeskirche. Es menschelt in charismatischen Sphären. Frau Käßmann hat klare Worte des Bedauerns, der Reue gefunden und ist von ihren Ämtern zurückgetreten. Das verdient Respekt. Von Herrn Hinn ist bisher nichts zu hören, was auf Einsicht in eigene Fehler deuten würde. Er ist mitten in einer Miracle Crusade und lässt sein Team verlautbaren: »Pastor Hinn also wants everyone to know that he remains firmly and unquestionably committed to God's calling...«

Zwei prominente Menschen, bei denen es öffentlich menschelt. Wie sieht es wohl bei Otto Normalverbraucher und Renate Mustermann aus? Dort, wo keine Presse die Nase hineinsteckt?

Ehniss, Wagner und andere: Beziehungsweise Leben

bzwl Viele Köche sollen ja angeblich den Brei verderben. Man müsste den Brei probieren, um zu wissen, ob das stimmt.
Jedoch: Ein Buch ist nachweislich kein Brei, also dürften sowieso andere Gesetze gelten. Dass viele Autoren, 17 an der Zahl, gemeinsam eine hervorragende Lektüre zu Papier bringen können, zeigt »Beziehungsweise Leben«, herausgegeben von Daniel Ehniss und Björn Wagner.
Es geht in diesem knapp 200 Seiten umfassenden Werk um »Inspirationen zum Leben und Handeln im Einklang mit Gott und Menschen« - um Inspirationen wohlgemerkt, nicht um eine Anleitung. Ob die überhaupt gelingen könnte, wage ich zu bezweifeln. Ich bin froh, dass diese Autoren es gar nicht versuchen, sonst hätte ich nicht bis zur letzten Seite durchgehalten.
Die Inspirationen in diesem Buch sind vielfältig und zielen auf unterschiedliche Bereiche. Es stellt sich uns doch zunehmend die Frage, wie gelebte »Gemeinschaft« heute gelingen kann, im Zeitalter von Blog, Twitter, sogenannten sozialen Netzwerken, Smartphones und anderen Errungenschaften der modernen Kommunikationsgesellschaft. Es wird kommuniziert, noch und noch, aber kann das Ergebnis guten Gewissens als »Gemeinschaft« bezeichnet werden?
Das Buch beleuchtet hauptsächlich drei Themenbereiche. »Beziehungsweise beten«, »beziehungsweise handeln« und »beziehungsweise organisieren«. Das klingt erst mal recht theoretisch, aber die Lektüre zeigt schon auf den ersten Seiten, dass hier Frauen und Männer aus ihren persönlichen Erfahrungen heraus schreiben, Misserfolge und Irrwege eingeschlossen. Nur wer gar nichts wagt, ist einigermaßen sicher vor Fehlern, doch ein solch langweiliges Leben ist das Anliegen dieses Buches nicht. Sondern ein Leben in Beziehungen - göttlichen wie menschlichen.
Wer rundum und völlig damit zufrieden ist, dass Christsein sich auf den sonntäglichen Kirchgang (oder Gemeindebesuch) beschränkt, bei dem dann ein Programm konsumiert werden kann und die eigene Beteiligung sich auf Gesang und eventuell gemeinsames Gebet beschränkt, der wird diesem Buch nicht viel abgewinnen können.
Falls sich jedoch jemand fragt, warum das Modell aus der Apostelgeschichte nicht mehr funktioniert, ob eine Versammlung von Gläubigen unbedingt aus Gesang - Ansagen - weiterer Gesang - Gebet - Predigt - noch mehr Gesang bestehen muss, oder falls sich jemand Gedanken macht, warum Christsein in der Gesellschaft fast nur noch wahrgenommen wird, wenn es darum geht, Missbrauch aufzudecken oder andere Schandtaten an den öffentlichen Pranger zu stellen, dann kann das Buch durchaus die zündenden Impulse vermitteln, um selbst etwas zu bewirken, was die Lage ändert. Das Warten darauf, dass »irgendwas geschieht«, idealerweise eine Erweckung vom Himmel purzelt, ist jedenfalls nicht Anliegen dieses Werkes. (Man kann übrigens - dies nur zur Beruhigung für meine Freunde aus entsprechenden Kreisen - das Buch lesen und trotzdem eine Erweckung erwarten, wenn man möchte.)
Es sind spannende Geschichten in »Beziehungsweise Leben« zu finden, vom Entstehen der »Arche Hamburg«, von spür- und sichtbaren Veränderungen in Stadtteilen durch aufgewachte Christen, von einer Abschiebung, von mittelalterlichen Pfarrhäusern, von Gottesdiensten, die nicht Gottesdienst heißen sondern »SundayPlaza«...
Ja, und damit bin ich beim einzigen, ganz subjektiv empfundenen Manko dieses Buches. Einige wenige Kapitel schwelgen förmlich in merkwürdigen Wortschöpfungen mit Großbuchstaben mitten im erfundenen Wortungetüm und zweifelhaften Anglizismen. Vieleicht bin ich diesbezüglich altmodisch, konservativ...
Doch dieses - wie gesagt ganz subjektiv empfundene - gelegentliche sprachliche Entgleisen ändert nichts an meinem Fazit: Unbedingt lesenswert, wirklich inspirierend, alles andere als langweilig. Kein trockenes Theologenwerk, sondern von und für Menschen geschrieben, die mitten im echten Leben stehen und mehr sein wollen, als Platzinhaber in Kirche oder Gemeindesaal. Die Lektüre hat mich an vielen Stellen inspiriert, weiter oder anders zu denken als bisher.
Das Buch gibt es für 12,95 Euro beispielsweise bei Amazon: Beziehungsweise leben: Inspirationen zum Leben und Handeln im Einklang mit Gott und Menschen

Dienstag, 23. Februar 2010

Bierchen oder Weinchen?

Ich bin ja nun nachweislich keine geistliche Würdenträgerin, aber ich habe mal überlegt und dann internetös nachgerechnet: Wenn ich eine weibliche Person wäre, die ca. 1,75 m groß ist und etwa 68 Kilogramm wiegt, und wenn ich dann in froher Runde einen Liter Wein trinken würde, bevor ich mich an das Steuer des Phaeton setzen würde, den ich dann hätte, wenn ich diese weibliche Person wäre, dann sähe das mit den Promille so aus:

Wenn ich dieselbe Person wäre, und zwischen 20:00 Uhr und 23:00 Uhr statt einem Liter Weinchen lieber einen Liter Bierchen tränke, dann könnte ich eventuell noch - kräftige Speise zum Bierchen vorausgesetzt, meinen Phaeton in die heimische Garage steuern:
Aber ich bin ja keine weibliche Person, wiege mehr als 68 Kilogramm, bin auch größer als 1,75 Meter, und ich fahre auch keinen Phaeton. Schon gar nicht in Hannover. Und zum Abendessen im Restaurant lasse ich mir sowieso lieber ein Bierchen schmecken. Weiß gar nicht, wie ich auf solche Ideen komme und den Promillerechner solches Zeug ausrechnen lasse...

P.S.: Ironie ist das Körnchen Salz, das das Aufgetischte überhaupt erst genießbar macht. -Johann Wolfgang von Goethe

Kundendienst - alles gelogen bei »amardi«!

Ein amerikanisches Automobil braucht fuzzy dice, Plüschwürfel am Rückspiegel. Jedenfalls dann, wenn es sich um meinen fahrbaren Untersatz handelt.
Da das aktuelle Fahrzeug mit schwarzer Lackierung versehen ist, passten die blauen Würfel aus dem vorigen Auto nicht so recht zur Optik. So bestellte ich über Amazon schwarze fuzzy dice, die auch relativ zügig vom »armardi-shop« geliefert wurden. Der Versand hat zwar auch so einiges im Angebot, was ich eher nicht bestellen würde, aber solche Waren brauchte ich ja nicht anzufordern. Mir reichten die Plüschwürfel.
Beim Auspacken stellte ich fest, dass bei beiden Würfeln die Punkte auf den Seiten mit den zwei Augen fehlten. Das war nun optisch nicht so überzeugend, wie ich es erhofft hatte.
Es schien mir allerdings nicht sinnvoll, nun die ganze Sendung zurückzuschicken, da das Porto bei einem Warenwert von 8,50 Euro unangemessen hoch wäre. Ich schrieb am 13.02.2010 an den Versand:
Bei beiden Würfeln fehlen die Punkte für die Seite mit der 2. Diese Flächen sind nur schwarz. In der Plastiktüte sind keine abgelösten Klebepunkte vorhanden, die ich wieder befestigen könnte.
Eine Rücksendung deswegen scheint mir zu aufwändig. Können Sie vier Klebepunkte per Brief nachliefern?
Am 15.02.2010 erhielt ich diese Antwort (Originaltext mit bedenklicher Rechtschreibung):
Hallo
Erst mal entschuldigung das die Ware schadhaft ist.
Ich werde mich erkundigen wie wir in Ihrem Fall verfahren,
da ich glaube das die Klebepunkte allein nicht lieferbar sind.
Leider erreiche ich die Firmenleitung wegen Fasnacht bei uns erst wieder am dienstag.
Ich werde mich dann umgehend bei IOhnen melden.
Mfg
A. R.
Womöglich, dachte ich, wird ja die Geschäftsleitung die Fastnacht unbeschadet überstehen und ich bekomme nach Abklingen des Karnevalstreibens tatsächlich eine etwas klarere Antwort. Das Warten zog sich jedoch in die Länge, und so schrieb ich am 22.10.2010:
Guten Tag Frau R.,
meines Wissens sind der Fasching, die Fastnacht und der Karneval vorbei. Schon einige Tage, genau genommen.
Lassen wir die Angelegenheit nun im Sande verlaufen?
Mit freundlichem Gruß
G. Matthia
Prompt kam noch am gleichen Tag eine Rückmeldung bei mir an:
Hallo


Bitte entschuldigen Sie, das ich mich noch nicht wieder gemeldet hatte.
Leider war ich krank.
Ich  habe das mit der Geschäftsleitung besprochen und wir senden Ihnen neue Würfel zu.
Die Würfel gehen heute an Sie herraus...
Mfg
A. R.

Aha. Und das kostenlos? Das klingt ja immerhin ganz kundenfreundlich, dachte ich mir, fragte aber vorsichtshalber nach:
Hallo Frau R.,


darüber freue ich mich natürlich. Die fehlerhaften Würfel schicke ich dann unfrei an Sie zurück?
Freundliche Grüße
G. Matthia
Das Misstrauen war unbegründet, denn Frau R. antwortete prompt:
Hallo
nein das würde sich nicht lohnen da eine unfreie Sendung 12 Euro kostst.
Prima. Also werden - ich vertraue mal auf die Zusage - in den nächsten Tagen zwei ringsum mit den entsprechenden Punkten versehene fuzzy dice bei mir eintrudeln.
Im Gegensatz zu ASUS hat dieser eher kleine Versand bewiesen, dass Kundendienst noch möglich ist. Was es mit ASUS auf sich hat, werde ich in den nächsten Tagen berichten. Heute bekommen die Herr- und Damenschaften vom sogenannten ASUS-Kundendienst erst noch eine vorerst letzte Mail mit der Bitte um Aufklärung von mir...

Nachtrag am 12. März: Alles gelogen. Keine Ware geliefert. Ich empfehle ausdrücklich, den »armadi-shop« zu meiden.

Montag, 22. Februar 2010

Unzumutbare Tätigkeiten

Jeder, der jung und gesund ist und keine Angehörigen zu betreuen hat, muss zumutbare Arbeiten annehmen - sei es in Form von gemeinnütziger Arbeit, sei es im Berufsleben, sei es in Form von Weiterbildung. -Guido Westerwelle
Wer Schlagzeilen will, muss provozieren. Das ist nicht neu. Das gehört zur Grundausstattung des politischen (und journalistischen) Handwerks. Guido Westerwelle weiß mit seinem Handwerkszeug umzugehen.

In der Debatte über seine Äußerungen wurde in den letzten Tagen vor allem deutlich, dass die Mehrheit der Journalisten und zum Teil auch der Politiker sich nicht die Mühe gemacht haben, das Interview überhaupt zu lesen, mit dem Westerwelle den Trubel ausgelöst hat. Genauso wenig haben die meisten, die sich zum anderen »Skandal« unserer Tage äußern, das Interview gelesen, das Bischof Mixa gegeben hat.
Es genügt ja, einen oder zwei Sätze aus ihrem Zusammenhang herauszulösen und dann loszuwettern. Das Volk wird schon glauben, dass Mixa / Westerwelle tatsächlich gesagt und gemeint haben, was man ihnen da unterstellt.
Das Muster ist nicht neu. Eva Hermann benutzt das Wort Autobahn, der Papst will eine Weltautorität installieren... - so löst man Skandale und Schlagzeilen aus, treibt die Auflage der Zeitung in die Höhe und stellt sich selbst als untadeliges Vorbild in den Mittelpunkt.

Klar ist, dass unser Sozialstaat so wie er jetzt aussieht nicht mehr allzu lange funktionieren wird. Man müsse die Schwachen vor den Faulen schützen, meint Westerwelle. Denn nur ein Sozialsystem, das finanzierbar ist, kann den Schwachen beistehen. Ich wüsste nicht, was an dieser Meinung verkehrt sein soll.
Als mir keine »zumutbare« Arbeit zur Verfügung stand, habe ich über mehrere Jahre in Hochhaussiedlungen Heizkostenverteiler montiert und abgelesen, in Biergärten Tische abgeräumt und Bierkrüge geschleppt, als ungelernter Packer Maschinen versandfertig gemacht und als angelernter Spritzlackierer Geräte mit giftigen Lacken eingesprüht. Mir waren solche unzumutbaren Tätigkeiten lieber, als vom Staat Geld zu beziehen. Gleichzeitig habe ich in den Abendstunden fehlende Qualifikationen erworben, um meine Chancen auf zumutbare Jobs zu verbessern.
Als ich einige Jahre später schwer erkrankte und wirklich nicht arbeiten konnte, habe ich mit gutem Gewissen Geld aus der Solidargemeinschaft angenommen, bis ich wieder in der Lage war, den Lebensunterhalt selbst zu verdienen. Die Starken haben in dieser Zeit mir, dem Schwachen, ein menschenwürdiges Leben ermöglicht.

Was ist zumutbar? Darüber wird nun heftig debattiert. Vielleicht hat so mancher andere Vorstellungen als ich, aber ich gebe Herrn Westerwelle in diesem Punkt recht. Ich würde sogar das »zumutbar« in Frage stellen. Die »unzumutbaren« Arbeiten, die ich über Jahre ausgeübt habe, haben mir keinen Schaden zugefügt.

Aber das darf man vermutlich nicht laut sagen, heutzutage?

Samstag, 20. Februar 2010

Klaus ist tot.


»Klaus ist tot«, erklärte meine Mutter mit Tränen in den Augen. »Er hat sich das Leben genommen.«
Ich war dreizehn Jahre alt. Klaus war einige Wochen zuvor aus unserem Freundeskreis entschwunden, aus Gründen, die mir damals zunächst nicht verständlich waren, weil niemand mir Auskunft geben wollte. Nun war Klaus tot. Ich hatte einen Freund verloren, der mein Freund nicht hatte sein dürfen.

Wir lebten in Memmingen, einer Kleinstadt mit seinerzeit rund 38.000 Einwohnern. Klaus gehörte zur gleichen freikirchlichen Gemeinde, die wir besuchten, er stammte wie meine Familie aus Berlin – vermutlich war die Freundschaft aufgrund dieser Tatsache entstanden. Exilberliner im bayerischen Exil halten zusammen.
Klaus war vierundzwanzig Jahre alt, als wir ihn kennen lernten. Ich freundete mich schnell mit ihm an, er hatte Humor, Ideen, die einen Jungen wie mich begeisterten und er war mir ein zuverlässiger Helfer bei Hausaufgaben und Lernproblemen. Häufig kam er nach dem sonntäglichen Gottesdienst mit zu uns, wir aßen gemeinsam zu Mittag, spielten, unternahmen Ausflüge. Klaus besaß ein Auto und fuhr gerne mit uns irgendwo hin, so konnten wir allerlei Gegenden im Allgäu kennen lernen, die für uns sonst unerreichbar gewesen wären.
Doch dann verschwand Klaus aus der Gemeinde und unserer Familie. Ich fragte meine Mutter nach ihm, und sie gab ausweichende Antworten. Er habe eine »schwere Sünde« auf sich geladen, deshalb sei er aus der Gemeinde ausgeschlossen worden, erfuhr ich. Ich dachte an Mord – nun ja, die Phantasie eines dreizenjährigen Jungen, der mit Vorliebe »erwachsene« Bücher las, damals gerade Hemmingways Kurzgeschichten, kommt auf solche Ideen. Also nahm ich an, dass er nun wohl im Gefängnis saß.
Doch Memmingen war klein genug, um mich schon bald eines besseren zu belehren. Klaus saß in einer Eisdiele beim Kaffee, als ich nach der Schule dort ein Eis kaufte. Ich war glücklich und setzte mich sofort zu ihm.
»Mensch Klaus«, rief ich begeistert, »wo steckts du denn die ganze Zeit?«
Er sah gar nicht aus, wie ich ihn kannte. Er wirkte bedrückt und meinte nur: »Du solltest dich nicht mit mir sehen lassen. Oder ich mit dir.«
»Was ist los?«
»Günter, hör zu, ich darf hier nicht mit dir sitzen. Ich würde gerne, aber es geht nicht. Es ist besser, wenn du verschwindest.«
Mehr war nicht aus ihm herauszubekommen, und schließlich ging ich verunsichert und voller Fragen nach Hause. Dort fragte ich meine Mutter aus.
»Was ist los mit Klaus?«
»Das verstehst du noch nicht.«
»Wieso verstehe ich das noch nicht?«
»Du bist zu jung.«
»Woher willst du das wissen?«
»Ich bin deine Mutter.«
»Aber ob ich es verstehe wird sich erst zeigen, wenn ich es gehört habe. Klaus ist mein Freund. Warum darf er nicht mit mir gesehen werden?«
»Hast du ihn etwa getroffen?«
»Ja. In der Eisdiele Pick. Er hat mich weggeschickt.«
Meiner Mutter war das Thema sichtlich unangenehm. Mein Bruder war so ratlos wie ich. Schließlich rief ich meinen Großvater an, der war Pastor im Ruhestand und hatte immer ein offenes Ohr für mich. Er kannte Klaus von etlichen Besuchen.
Ich erzählte von dem plötzlichen Verschwinden aus der Gemeinde und dem rätselhaften Kontaktverbot. Mein Opa hörte zu und fragte dann: »Seit wann ist das denn so?«
»Ein paar Wochen.«
»Ich werde mich umhören, Günter. Und wenn ich weiß, was da los ist, erfährst du es. Versprochen.«
Mein Großvater war jemand, auf dessen Wort ich mich felsenfest verlassen konnte. Dass ich mich ein paar Jahre später, als das vorzeitige Ende meines Lebens drohte, an ihn wendete, hatte eine Menge damit zu tun, dass mein Vetrauen in ihn nie enttäuscht, nie auch nur erschüttert wurde. So auch in diesem Fall. Bereits am nächsten Tag erklärte mir mein Großvater, was los war:
»Klaus ist schwul. Deshalb hat man ihn aus der Gemeinde geworfen.«
»Wie bitte?« Ich war fassungslos. Was schwul bedeutete, da hatte ich noch keine allzu klaren Vorstellungen, aber dass man jemanden aus einer christlichen Gemeinschaft warf, weil er »anders« war, schien mir unerhört.
»Ich habe mit eurem Pastor gesprochen«, erklärte mein Opa. »Der Ältestenrat hat – gemäß der biblischen Anweisungen – zunächst mit Klaus geredet, und da er, wie mir euer Pastor sagte, unbußfertig ist, hat man ihn gebeten, nicht mehr zu kommen, bis die Gemeindeversammlung eine Entscheidung trifft. Das soll wohl in ein paar Wochen passieren.«
»Findest du das okay, Opa?«
»Nein. Ich finde das schlimm. Ich werde versuchen, Klaus zu erreichen um ihm zu sagen, wie leid mir dieses unmögliche Vorgehen tut und ihn zu bitten, sich eine andere Gemeinde zu suchen.«
»Ist schwul sein denn ansteckend?«
»Überhaupt nicht. Und soweit ich weiß, hat Klaus niemanden belästigt oder auch nur Andeutungen gemacht. Hat er dich denn jemals komisch angefasst?«
»Nö. Im Gegenteil, wenn es ums Balgen ging, hat er sich immer zurückgezogen.«
»Ich werde auch mit deiner Mutter reden. Ich finde es nicht in Ordnung, dass Klaus euch nicht mehr besuchen soll.«
Am Abend sagte meine Mutter: »Opa hat mich angerufen. Du hast ja auch mit ihm gesprochen, stimmts?«
»Ja. Du hättest mir ruhig sagen können, was los ist. Vielleicht werde ich ja auch schwul, und dann weiß ich gleich, dass man mich rauswerfen wird.«
»Um Himmels willen! Wie kommst du denn darauf?«
Ich gab meiner Mutter keine Antwort, denn das Thema Sexualität war in unserer Familie ein Tabu. Mit meinem Großvater konnte ich über alles reden, aber zu Hause war das undenkbar. Aufklärung hatte nie stattgefunden, abgesehen davon, dass mir, als ich zwölf war, meine Mutter ein Heftchen in die Hand gedrückt hatte, das sie in einer katholischen Kirche gefunden hatte. Das Heftchen zeigte einige schematische Darstellungen der Geschlechtsorgane sowie zwei nackte Kinder, Mädchen und Junge, beim Baden und gab schwammig Auskunft, dass mit Penis und Vagina irgendwie für Nachwuchs zu sorgen wäre. Später, wenn man groß sei…
Ich war nicht der einzige pubertierende Junge, der über eine Menge Phantasie aber kein Wissen verfügte. Meinen Schulfreunden ging es nicht anders. Wir hatten kürzlich im Schlafsaal des Skilagers gemeinsam masturbiert, daher kam ich nun auf die Idee, dass ich womöglich schwul werden könnte. Aber darüber mit meiner Mutter reden? Vollkommen ausgeschlossen.
Ich war und wurde nicht homosexuell, wie sich später herausstellte. Viel später, als Klaus längst tot war.
Meine Mutter blieb jedenfalls dabei, dass wir mit Klaus keine Gemeinschaft mehr haben konnten, weil ja die Bibel sagte, dass man sich schmutzig macht, wenn man die Sünde nicht meidet wie die Pest. Und Homosexualität war nun einmal Sünde, so einfach war das Weltbild der kleinen Gemeinde diesbezüglich.
Niemand schien sich Gedanken darüber zu machen, wie es Klaus dabei ergehen mochte. Mein Großvater erzählte mir Jahre später, dass er mit Klaus viele Gespräche führte, um das zu verhindern was dann doch geschah. Sogar zu einem Umzug in eine andere Stadt riet er ihm, er wollte sich gerne an den Kosten beteiligen.
Doch Klaus war schon einmal umgezogen, weil er als Homosexueller nicht in der Gemeinschaft der Gläubigen willkommen war, nämlich von Berlin nach Memmingen. Doch irgendwie war die Kunde nun in der Gemeinde in Memmingen angekommen und Klaus wollte nicht lügen.
In der kleinbürgerlichen Gesellschaft damals wäre ein unerträgliches Spießrutenlaufen entstanden, wenn nun im Kollegenkreis und sonstwo in der bayerischen Kleinstadt seine Homosexualität bekannt geworden wäre. Er zog sich aus der Gemeinde zurück und bat um Verschwiegenheit. Die Gemeindeleitung lud ihn jedoch vor die Vollversammlung, wo er eine letzte Chance bekommen sollte, öffentlich Buße zu tun und »von seiner Sünde umzukehren«, wie immer man sich das auch vorstellen mochte.
Klaus zog es vor, sich das Leben zu nehmen. Ich hörte, als das bekannt wurde, jemanden aus der Gemeinde sagen: »Der Sünde Sold ist der Tod. Das ist nun also die Folge seiner Homosexualität, er hätte ja umkehren können.«
Wäre mein Großvater nicht gewesen, ich hätte wohl für alle Zeiten jegliche Verbindung zum Christentum weit von mir gewiesen, nachdem ich das gehört hatte. Mein Großvater ließ es sich nicht nehmen, zur Beerdigung zu kommen und mich ans Grab mitzunehmen. Außer uns beiden war eine Nichte von Klaus anwesend und zwei Kollegen aus dem Krankenhaus, in dem Klaus gearbeitet hatte. Fünf Menschen standen am Grab, und ein Trauerredner vom Beerdigungsinstitut. Wo waren all die anderen, die ihn gekannt hatten?
Anschließend ging mein Großvater mit mir in die Eisdiele Pick, und dort saßen wir dann lange. Er sprach mit mir auf seine wunderbare Weise, nämlich aufrichtig, offen und unter dem Eingeständnis eigener offener Fragen und Unstimmigkeiten in seiner Theologie.
»Wichtig ist, Günter, dass du nicht Gott die Schuld gibst für Fehler, die Menschen machen. Niemand hat alle Antworten, und oft sind die Antworten, die jemand zu haben meint, falsch. Das gilt auch für die Gemeinde. Als die religiösen Vorbilder seiner Zeit eine Frau steinigen wollten, die gesündigt hatte und nach den Gesetzen der Bibel den Tod verdiente, schrieb Jesus etwas in den Sand. Er gab keine Antwort. Was er schrieb, wissen wir nicht. Er hat nicht gesagt, dass der Ehebruch nicht so schlimm wäre, aber er hat die Frau auch nicht verurteilt. Jesus ist gekommen, um die Sünde auf sich zu nehmen, nicht, um sie den Menschen heimzuzahlen.«
»Also ist das nun Sünde, wenn jemand schwul ist?«, fragte ich.
»Im Gesetz des Alten Testamentes heißt es: Wenn jemand bei einem Mann liegt wie bei einer Frau, so haben sie getan, was ein Greuel ist und sollen beide des Todes sterben. Das ist so eindeutig wie die Anweisung, dass eine beim Ehebruch ertappte Frau gesteinigt werden muss. Jesus hat keinen Stein geworfen.«
»Also was denn nun?«
Mein Großvater lächelte und fragte, statt eine Antwort zu geben: »Wer von uns ist denn kein Sünder? Du? Ich? Diejenigen, die Klaus in den Tod getrieben haben?«
Mir fiel keine Antwort ein. Bis heute nicht.

Der einzige Nichtsünder, von dem ich weiß, ist gestorben und auferstanden, damit wir, schwul oder nicht, errettet sein können. Eigentlich reicht mir dieses Wissen.

Freitag, 19. Februar 2010

Hoffnungsschimmer

Flyer sollen fortan Handzettel heißen, Counter werden in Schalter umbenannt, Hotlines in Service-Nummern. Und statt Call a bike will man vom Mietrad-Angebot sprechen. Quelle: Die Zeit
Es gibt also doch noch Hoffnung auf Heilung von der schleichenden Verblödung unserer Sprache. Ausgerechnet bei der Bahn. Dankeschön, Herr Bahnvorstand!

Donnerstag, 18. Februar 2010

Rückwärtsurlaub

Es galt mal als schick, mittels backward-masking - rückwärts abgespielten Tonaufnahmen - bestimmten Liedern eine geheimnisvolle Note beizumischen. Mancher argwöhnte auch, so würden verborgene Botschaften, womöglich sogar direkt ins Unterbewusstsein des Hörers der Schallplatte, transportiert.

Ein Mitarbeiter der Firma, in der ich dem Broterwerb nachgehe, hat in seiner Abwesenheitsnotiz nunmehr zu erkennen gegeben, dass er vom 16. bis 12. Februar nicht im Hause sei. Rückwärtsurlaub also?


Ich frage mich besorgt, ob er mir mit dieser Abwesenheitsnotiz eine verborgene Botschaft ins Gehirn pflanzen will, die ich nicht so recht zu interpretieren vermag...

Mittwoch, 17. Februar 2010

Wenn die Nacht vom Himmel fällt

image Ein Roman, in dem unsere Wirklichkeit und ein mögliches Jenseits ineinander fließen, sich miteinander verbinden, verschwimmen.
Gerhard Geiger, ein Maler auf der Insel Fehmarn, lernt eine zugleich unheimliche und anziehende Frau kennen, deren finsteres Geheimnis sich nach und nach offenbart. Je tiefer er in ihre Welt eintaucht, desto bedrohlicher wird das, was mit ihm und ihr vor sich geht. Schließlich finden sich beide in einer gottverlassenen Gegend, ein tödlicher Gegner greift nach ihnen.
So der kurze Klappentext zu diesem Roman, der jetzt exklusiv für den Amazon Kindle / Kindle for iPhone / Kindle for PC erschienen ist. Zwar hat ein elektronisches Buch keine Klappe, aber das macht ja nichts.

Es geht in diesem Roman um den ewigen Kampf zwischen dem Guten und dem Bösen. Angelina, die junge Frau, die der Maler Gerhard kennen lernt, entstammt einer Familie, die einem okkulten Bund angehört, der seinen Mitgliedern viel Gutes verheißt: Gesundheit, Erfolg, Vergnügen, Ansehen. Doch welchen Preis bezahlt man dafür? Das wird erst nach und nach klar, und ob ein Entrinnen möglich ist, scheint mehr als zweifelhaft. Werden Gerhard und Angelina den Kampf gewinnen? Verlieren? Sind sie dabei auf sich gestellt oder finden sie Hilfe?

Was ein Mensch hört und liest und erlebt, das prägt natürlich, so ist dies ein von musikalischen und literarischen Inspirationen durchzogener Roman. Bob Dylans Angelina gab den Anstoß für die ersten Entwürfe (bereits im Jahr 1998 niedergeschrieben). Auch Leonard Cohen hinterließ Spuren. Lou Reed. Edgar Alan Poe. Ernest Hemmingway. Womöglich Franz Kafka. Bestimmt Stephen King oder John Grisham. Und viele andere. Auch der Titel, den das Buch nun bekommen hat (es sollte ursprünglich Angelina heißen), ist ein Stück Musik: When The Night Comes Falling From The SkyDa ich grundsätzlich nicht dazu neige, eine Hegemann zu bauen, ist in einem Nachwort (wie in anderen Texten aus meiner Feder) der Verweis auf musikalische Inspirationen (und andere Quellen) selbstverständlich enthalten. In meinem Alter weiß man sich ja meist zu benehmen.

Dank vor allem an Eva für ihre Liebe und Geduld mit mir und meinen Geschichten. Und an die Leserinnen und Leser, die es mir durch die Lektüre meiner Texte gestatten, in ihrer Phantasie einen Besuch zu machen.
P.S.: Eine gedruckte Ausgabe hätte ich auch gerne. Es gebricht momentan an einem Verlag, der das Risiko eingehen würde. Vielleicht, wenn die Kindle-Version erfolgreich ist, ergibt sich ja irgendwann irgendwas? Die Veröffentlichung als E-Book ist ein Experiment - ob es gelingt, wird sich zeigen.

Dienstag, 16. Februar 2010

Grausige Zeiten - sogar in Berlin

Es ist ein Graus. Oder ein Segen. Je nachdem, welche Seite der Medaille man betrachten möchte.

Ein Graus ist mir der Fasching, der Karneval oder wie immer man dieses tumbe Treiben auch nennen mag. Erwachsene Menschen, die sich aufführen wie hirnamputierte Zombies auf allen doch eigentlich für seriös gehaltenen Fernsehkanälen zur besten Sendezeit.
»Leider erreiche ich die Firmenleitung wegen Fasnacht bei uns erst wieder am Dienstag«, schrieb mir der Kundendienst einer Firma, die fehlerhafte Ware geliefert hat. Na toll. Der Kunde muss sich gedulden, weil die Herren oder Damen aus der oberen Etage womöglich volltrunken auf den Straßen einher torkeln.
Selbst in Berlin lässt man inzwischen für die Narretei ganze Straßenzüge sperren. Früher war man hier wenigstens sicher vor dem Fasching, allenfalls in abseitigen Kneipen wurden maskierte Besäufnisse von ein paar Exilkölnern und Artverwandten geduldet.

Ein Segen ist das ganze Inferno insofern, als man das Fernsehgerät nach den Nachrichten sehr gerne ausschaltet und statt dessen ein Buch zur Hand nimmt, eintaucht in literarische Welten, in denen niemand mit roter Pappnase und aufgesetzter Scheinfröhlichkeit strohdumme Verse von sich gibt.

Soweit ich weiß, ist der Unfug am Mittwoch vorbei. Und das ist auch gut so.

Foto: WikiCommons

Montag, 15. Februar 2010

What's the buzz, tell me what's happening...

...singen die verschlafenen Jünger in »Jesus Christ Superstar«. Wenn sie ihre mobilen Telefone oder Netbook-PCs dabei gehabt hätten, wäre die Antwort leichter gefallen. Sie hätten eben mal bei Google-Buzz nachschauen können.
Jesus fragt in der Rock-Oper zurück: »Why should you want to know? Don't you know that it's all over...«

Soweit der Ausflug in die Musikgeschichte und mein Experiment mit Buzz. Ich habe festgestellt: Will ich nicht, brauch ich nicht. Aus die Maus - äh - das Buzz.

Fritz, der freundliche Bankier

Es scheint lange her zu sein, dass Deutschland nicht von Schnee und Eis bedeckt war. Doch gab es wirklich einmal eine Zeit, in der grünes Gras wuchs, die Klimaanlage im Auto meinem Bekannten, Bankier von Beruf, eine kühle Brise fächelte und die Menschen draußen unter der Hitze stöhnten. Mein Bekannter, nennen wir ihn ruhig Fritz, obwohl er nicht wirklich diesen Namen trägt, ließ sich gerade nach getaner Arbeit nach Hause chauffieren. Am Straßenrand wurde er zweier Männer gewahr, die - Fritz traute seinen Augen kaum - Gras an der spärlich bewachsenen Böschung ausrupften und aßen.
Fritz wies seinen Fahrer an, den Wagen anzuhalten. Er stieg aus und begann, das Vorkommnis zu untersuchen.
»Warum essen Sie Gras?«, fragte er den einen Mann.
Der schaute Fritz misstrauisch an und erklärte: »Weil wir kein Geld haben, um Essen zu kaufen. Mit irgendwas müssen wir den Magen füllen.«
Kurzentschlossen sagte Fritz: »Steigen Sie in meinen Wagen, ich nehme Sie mit nach Hause. Dort können Sie sich sattessen.«
»Aber«, meinte der Eingeladene unsicher, »ich habe meine Frau und zwei Kinder bei mir. Die sitzen da hinten unter dem Baum im Schatten.«
»Holen Sie Ihre Familie, die kann mitkommen.«
Dann wandte sich Fritz dem anderen Mann zu und lud ihn ein: »Sie kommen natürlich auch mit.«
Der Mann erklärte mit weinerlicher Stimme: »Das wird nicht gehen, denn ich habe meine Frau und sechs Kinder bei mir.«
Fritz hatte Zweifel angesichts der vielen Fahrgäste, aber der Weg war nicht mehr allzu weit, die Enge also vorübergehend und wohl ausnahmsweise zu ertragen. Er entgegnete: »Doch doch, das passt schon irgendwie. Alle einsteigen!«
Es war nicht einfach, aber schließlich hatten sich tatsächlich alle in die Limousine gequetscht. Die Kinder waren allesamt recht klein, das älteste mochte um die neun Jahre alt sein, so dass sie sich in den Fußraum und zwischen die Erwachsenen quetschen konnten. Der Chauffeur schaltete die Klimaanlage auf stärkere Durchlüftung, da die Temperatur im Wagen merklich anstieg. Bald wurde es wieder angenehm kühl.
Unterwegs sagte der eine Fremde: »Sie sind wirklich sehr nett! Vielen Dank, dass Sie uns alle mitgenommen haben.«
Fritz lächelte: »Gerne geschehen. Es wird Ihnen bei mir gefallen. Das Gras ist fast einen halben Meter hoch.«

Sonntag, 14. Februar 2010

Der Farbwandler

Unlängst führten mir meine beiden Enkel, Niclas und Vico, ihre Farbwandler-Modellautos vor. Wenn man sie erwärmt, beispielsweise in den Handflächen oder gar unter dem Wasserhahn, wechseln sie die Farbe. Sobald sie wieder abkühlen, gewinnen sie ihr vorheriges Aussehen zurück.
Inzwischen habe ich festgestellt, dass mein fahrbarer Untersatz, obwohl dieses Extra gar nicht in der Gebrauchsanweisung erwähnt oder erklärt ist, das gleiche kann. Wenn ich morgens aus dem Fenster schaue, nach kühler Nacht, begrüßt er mich in schwarz-weißem Gewandt.
farbwandler
Auch der Vorbesitzer hatte mir nichts von dieser erstaunlichen Fähigkeit berichtet. Wenn das wie bei den Farbwandler-Autos meiner Enkel funktioniert, dann ist diese putzige Variante seine normale – nämlich kühle – Lackierung. Nach einigen Kilometern Fahrt, wenn ich an meiner Arbeitsstelle ankomme, ist er jedenfalls immer ganz schwarz, ohne weiße Flächen und Ornamente. Das müsste dann die Erwärmung-Variante seines Aussehens sein.
Mir scheint das ein ganz famoses heimliches Extra des Herstellers zu sein, dem ich unumwunden meinen Beifall für solch possierliche Farbspiele der Lackierung zolle.

Samstag, 13. Februar 2010

Bob Dylan: Come senators, congressmen...

Normalerweise sieht man ihn auf der Bühne nur behütet. Im Weißen Haus dagegen zeigte er ausnahmsweise mal  seine Lockenpracht.

Auf Youtube wurde das Lied wieder entfernt, das Video ist exklusiv bei PBS zu sehen. Einfach auf das Foto klicken:






Älter werden wir alle. Bob Dylan altert in Würde und bleibt dabei forever young. Mir gefällt die frische Interpretation dieses alten Liedes.

Freitag, 12. Februar 2010

Doch niemand geht irgendwo hin.

Hier geht es zu den E-Books Ganz und gar ohne Werbung, noch nicht einmal einen Hinweis auf diesem Blog gab es, steigt die Leserzahl bei meinem E-Buch »Die Entblößung« von Tag zu Tag. Gestern kam ein weiteres kurzes Büchlein mit drei Kurzgeschichten zum Feedbooks-Katalog hinzu, die alle von Bob Dylans Musik inspiriert wurden: »Doch niemand geht irgendwo hin.«
Downloadkönig ist »Zurück nach Korinth?«, übrigens jetzt um ein paar Tippfehler ärmer und ein paar Formatierungen reicher dank der detaillierten Hinweise eines Lesers.
Das ist auch ein Vorteil gegenüber gedruckten Büchern. Tippfehler, Textänderungen… – ganz schnell möglich, ohne eine Restauflage in den Müll werfen zu müssen.
Voraussichtlich Anfang der nächsten Woche erscheint bei Amazon.com exklusiv für den Kindle ein neuer Roman aus meiner Feder, »Wenn die Nacht vom Himmel fällt«. Mehr dazu, wenn es so weit ist.
expectingrainP.S. am 13. Februar:
Gestern hat Expecting Rain über diese kleine Veröffentlichung berichtet – da ist der Autor, in diesem Falle meine Wenigkeit,  erfreut und gerührt und dankbar.
Das ist nämlich so mit den Autoren: Die freuen sich, wenn ihre Werke gelesen werden. So wie Musiker sich freuen, wenn ihre Werke Zuhörer finden und Maler, wenn die Gemälde betrachtet werden.

Donnerstag, 11. Februar 2010

Buzz




Probieren geht bekanntlich über studieren.
Ich probiere Buzz.
Und finde Interessantes:
Warum auch nicht...

ONE sagt Danke.

Dank der mehr als 400.000 Menschen aus der ganzen Welt, die unsere Petition unterzeichnet haben, ist der Erlass von Haitis Schulden vielleicht nur noch eine Formalität.

4337213373_f18e74c3e7_o[1] Am Samstagnachmittag Ortszeit übergaben vier ONE-Unterstützer in der kleinen arktischen Stadt Iqaluit im Norden Kanadas eine lange Liste mit Unterschriften.

Mehr als 200.000 Unterstützerinnen und Unterstützer von ONE hatten sich für den vollständigen Schuldenerlass für Haiti eingesetzt. Dazu kamen noch einmal so viele Unterschriften von Partnerorganisationen, darunter auch Avaaz.

Die Petition wurde von Michèle Bertol, einer haitianischen Kanadierin, übergeben. Michèle ist – wie es der Zufall will – nicht nur Unterstützerin von ONE, sondern lebt auch schon seit 20 Jahren in der Stadt und ist Stadtplanerin für Iqaluit.

Nur wenige Minuten vor der Übergabe sagte der kanadische Finanzminister James Flaherty im Namen der G7:

Das Erdbeben hat unvorstellbare Schäden verursacht, die außergewöhnliche Maßnahmen erfordern. Wir sind uns einig, dass die Schulden keine Last sein sollten, die auf dem Wiederaufbau des Landes liegt. Die G7 hat sich dem Schuldenerlass verpflichtet. Tatsächlich wurden sämtliche bilaterale Schulden, die Haiti gegenüber den G7-Staaten hatte, bereits erlassen.
Die Schulden bei multilateralen Institutionen sollten ebenfalls erlassen werden. Wir werden mit diesen Institutionen und anderen Partnern zusammenarbeiten, damit dies so schnell wiemöglich geschieht. Wir haben über die langfristige Hilfe gesprochen, die Haiti benötigen wird, um sich von seiner derzeitigen Situation nach dem Erdbeben zu erholen.

Auch wenn der Schuldenerlass für die verbleibende $1 Mrd. genau genommen noch nicht umgesetzt ist, haben die G7-Staaten – Deutschland, die USA, Kanada, Großbritannien, Frankreich, Japan und Italien – großen Einfluss auf die internationalen Geber, die schlussendlich und offiziell den Schuldenerlass beschließen müssen. Wir bei ONE sind uns sicher, dass der Erlass sämtlicher Schulden Haitis nun näher als je zuvor ist – und hoffen, dass auch die Details bald beschlossen werden.

Das alles war auch möglich durch hunderttausende Menschen aus aller Welt, die sich für die Menschen Haitis eingesetzt haben. Vielen Dank!

Einige meiner Blogbesucher sind an diesem Ergebnis durch ihre Stimme mit beteiligt – das macht mir Freude. Dieser Erfolg zeigt, dass die Stimmen vieler Menschen, wenn sie sich zusammenschließen, durchaus Veränderungen zum Guten bewirken können.

Foto und Fakten: Via ONE-Blog

Mittwoch, 10. Februar 2010

Neu gegen alt? Oder alt gegen neu?

Ich bin ratlos. Mit der Post kam eine Ergänzungslieferung für die »Tarifmappe«. Die muss immer aktualisiert werden, wenn sich Tarifverträge der Metallindustrie ändern.
So weit, so gut. Es war auch eine Anleitung dabei:


Nach der Lektüre der Anleitung beschlichen mich Zweifel. Das vergessene Komma nach dem Wort Sie mag ja noch durchgehen, aber: Ich kann den gelieferten neuen Text hinter dem weißen Registerblatt gegen den alten Text gar nicht austauschen. In der Tarifmappe befindet sich nämlich zur Zeit der alte Text. Und überhaupt, warum sollte ich einen neuen Text entfernen und den alten behalten? Beraubt das die ganze Lieferung nicht ihres Sinnes?
Ich würde ja auch nicht mein neues Auto gegen das alte austauschen, abgesehen davon, dass es auf dem Schrottplatz gelandet sein dürfte.

Vielleicht sollte ich es wagen, einfach der Gebrauchsanweisung ungehorsam zu sein und den alten Text gegen den neuen austauschen?

Dienstag, 9. Februar 2010

Literatur oder Literatortur

six booksDas eine oder andere Buch fange ich an und lege es dann - größtenteils ungelesen - beiseite. Entweder, weil der Inhalt mich nicht anspricht, oder weil der Stil, soweit einer erkennbar ist, mir nicht zusagt. Manches Buch nehme ich auch gar nicht erst in die Hand, weil die Leseprobe mich bereits überzeugt.
Beiseite gelegte oder nicht aufgenommene Bücher solcher Art sind nicht unbedingt schlechte Bücher. Es kann ja sein - nein, es muss ja sein, dass unterschiedliche Menschen unterschiedlich empfinden. Was mir nicht gefällt, mag anderen Lesern viel Freude bereiten – ein Blick auf die Bestsellerlisten beweist dies immer wieder.

In diesen Tagen hat sich herausgestellt, dass das neue Wunderkind der Berliner Literaturszene Helene Hegemann sich zumindest teilweise eher im copy&paste geübt hat, als ihr Buch selbst zu schreiben. Der Spiegel fragt gar: Droht ein Literaturskandal?
Neugierig geworden habe ich mir ein paar Textausschnitte des Buches von Airen und des Buches von Hegemann angeschaut und festgestellt: Für mich sind beide Werke eher Literatortur als Literatur.
Hegemann:
Ja, das tut mir jetzt natürlich auch total leid dass wir euch stören hier, aber das ist echt scheiße ohne Playstation an so einem Scheißtag. … Als Lars, unser Nachbar, Graphikdesign in London studiert hat, fotographierte er im Rahmen des Projekts Intimacy Muscheln von innen und begründete diese zugegebenermaßen beschissene Idee damit, dass der Innenraum einer Muschel viel mit der Anatomie und dem Muskelaufbau des Menschen zu tun habe und so. … Ich weiß auch nicht so genau, die Struktur vom Inneren einer Muschel hat was total Intimes. … Das ist wirklich ziemlich große Scheiße! … Der Typ hat auch gedacht, ich hätte ihn verarscht, krass oder?
Quelle: http://www.berlinerliteraturkritik.de/detailseite/artikel/knallhartes-debuet.html
Airen:
... Wir danceten dann wieder etwas abseits und dann und wann nahm sie mich und schrie mir Sachen ins Ohr. ... Zu Hause will ich mir dann wirklich einen wichsen. ... Natuerlich kommt dann der Stromausfall genau in dem Moment, in dem Dillan Lauren ihre Muschi von innen gegen den Flatscreen drueckt. Drei Minuten spaeter betrachte ich teilnahmslos die Samenstrahlen, die sich auf meinen Bauch ergiessen. ...
Schnauze, Maul und Klappe zu. Alle koennen aufstehen, sich auf drei nen Fressenschalg abholen und in Reih und Glied wieder hinsetzen. ...
Quelle: http://airen.wordpress.com
Nun ja. Man mag argumentieren, dass dies die authentische Sprache der jungen Generation abbildet, was wohl zumindest auf einen Teil der Jugendlichen zutrifft. Man kann auch sagen, dass es nicht verkehrt sein kann, wenn die Literatur »dem Volk aufs Maul« schaut. Und es ist zweifellos richtig, dass Kunst oft provoziert, provozieren muss. Ich habe selbst so manche Texte verfasst, bei denen der eine oder die andere unter den Lesern deutlich die Auswirkungen geglückter Provokation erkennen ließen. Ich würde auch keineswegs die unsinnige Forderung aufstellen, dass einem Schriftsteller das Wort Scheiße ein Tabu sein muss. Nein, bestimmt nicht.

Jedoch: Muss es wirklich sein, dass die Sprache dermaßen jegliches Niveau verliert? Wenn der Autor »einen wichsen« will, dann habe ich daran nichts auszusetzen, und dass er »teilnahmslos die Samenstrahlen auf dem Bauch betrachtet«, ist sogar ein ganz hervorragender literarischer Kunstgriff. Die empfundene Ernüchterung und Langeweile nach der Ejakulation hat er so mit knappen Worten treffend ausgedrückt.
Allerdings meine ich, dass ich weder lesen will, dass jemand »dancete«, noch muss ich erfahren, dass ein »Fressenschlag« abzuholen ist oder miterleben, dass spätestens in jedem zweiten Satz »Scheiße«, »verarscht«, oder »ficken« vorkommt.
Den Leseproben nach zeichnet sich das vielgepriesene Buch von Helene Hegemann durch eine ähnliche oder gleiche Wortwahl aus wie das Werk von Airen, aus dem sie (unter anderem) abgeschrieben hat. Gelesen habe ich beide Bücher nicht und werde es auch nicht tun. Ich habe auch »Feuchtgebiete« von Charlotte Roche nicht gelesen, die verfügbare Leseprobe des Buches war ebenfalls abschreckend genug. Da heißt es beispielsweise:
Außerdem habe ich schon viele Jahre, von fünfzehn bis heute, mit achtzehn, trotz eines wuchernden Blumenkohls sehr erfolgreich Analverkehr. Sehr erfolgreich heißt für mich: kommen, obwohl der Schwanz nur in meinem Arsch steckt und sonst nix berührt wird. Ja, da bin ich stolz drauf.
Quelle: http://www.brigitte.de/liebe-sex/sex-flirten/feuchtgebiete-leseprobe-566936/
Nun möge man das nicht falsch verstehen, als sei ich prüde. Erotische Szenen oder Geschichten schätze ich durchaus; kürzlich las ich Invisible von Paul Auster, das diesbezüglich reichhaltig ausgestattet ist, demnächst schreibe ich vielleicht noch eine Rezension dazu. Auch Siegfried Lenz gelingen Szenen, die Bewegung unter der Gürtellinie anregen, und vielen anderen Autorinnen und Autoren der Weltliteratur. Oder der sogenannten Populärliteratur, wie Brenda Jackson mit ihrem Bestseller Irresistible Force.

Auch Helene Hegemann hat einen Bestseller geschrieben, und die Aufregung um die kopierten Passagen mag sogar die nächste Auflage noch steigern helfen. Eine richtige Handlung scheint das Buch nicht zu haben, nicht zu brauchen, es reicht wohl, Sex und Drogenexzesse in allen Variationen mit ausgesucht vulgären Ausdrücken zu schildern, um die Bestsellerlisten zu stürmen. Charlotte Roche hat es vorgemacht, andere ziehen nach.

Nun gut. Auch die BILD findet ja Leser, massenhaft. Ich halte mich aber auch zukünftig lieber an Literatur, die mir in einer Sprache begegnet, bei der mir nicht ständig die Haare zu Berge stehen. Es gibt ja bereits genügend Käufer für Arsch-Scheiße-danceten-Kacke-Bücher.

Montag, 8. Februar 2010

Eine mustergültige Bewerbung...

...hat mir eine Sekretärin unseres Geschäftsführers zugemailt. Für alle arbeitsuchenden zur Nachahmung dringend empfohlen von mir, dem Personalreferenten eines namhaften Industrieunternehmens.
Guude,
isch hab Ihnne Ihr Adress vonerem Kumpel gekrischt un vielleischt habbe se ja ebbes für misch, z.B. als Hausmaista.
Isch heiß Karl-Heinz Gebbard, die Kumpels nenne mich allerdings "Schobbe".
Geborn bin isch am 25.10.51 in Hanau. Isch seh zwar älter aus, aber isch war auch lang krank. Mei Schulaubildung is 12 Jahr Grundschul Groß-Krotzebosch mit anschließender Lehre als Feinmeschaniker, Einzelhandelskaufmann un dann Gas-Wasser Installateur. 
Die erste zwei warn nix, die dritt hab isch dann 1989 abgeschlosse.
Dadenach war isch korz für 5 Jahr net verfügbar (isch will net drübber redde, dumm Sach - vergesse beim Aldi zu bezahle...).
Isch bin handwecklisch äußest geschickt un deschnisch wersiehrt und hätt auch grad Zeit, da mein letzter Chef net mit mir zurechtgekomme is. Dazu muß isch sagge, daß isch hin und widder gerne mal ein zwitscher, aber net uff de Abbeit, höschsten in de Frühstüchspaus und Mittagspaus, unn aach e klaa Kaffepaus werd ja wohl drin sein. Mer werd ja aach viel ruhischer ach so em klaane Hütsche, Sie wisse schon, gell.
Aber zurück zu dämm Grund vo meim Schreibe. Isch such Abbeit. Jetzt aach net grad so rischtich was Schweres (mer werd ja net jinger, gell), eher sowas mit beuffsischtische von Wohnunge unn Schigganiern von Leut, die wo da drin wohne - des kann isch.
Des letzte mal war isch aach Hausmeister innerem Hochhaus, unn glaab isch hab mer da so e paar Fertischkeide angeeischnet, die wo mir bei Ihne helfe könnt.
Isch kann sehr gut:
- Über de Hof brülle
- Kinner vom Rase verscheusche
- Autos uffschreibe die am falsche Packplatz stehe
- Fußbäll platt schtesche
- Türn uffschtemme odda eitrede
- Im Keller rummgeistern
- Putzplän kontrolliern
- Schmierfinke bei de Polizei abliffern
- Auslänner trietze
- un sowas alls
Außeren hab isch aach wie gesacht Heizungbauer gelernt. Bei de GWS Koth in Heddernheim. Leider sinn die Zeuschnisse irschendwie verschlampt worn, net von mir, da bin isch sehr gewissenhaft, des muß en annern gewese sein. Aber Hand uffs Herz - nur Aanser.
Isch dät misch freue, wenn Sie mir Geleschenheid gäbe däte misch emal persehnlisch vorzustelle. (Isch dät auch e klaa Likörsche mitbringe - da babbelt sisch leichter, gell).
Ansonsten verbleib isch
Ihnne Ihrn Karl-Heinz Gebbard
PS. Vor 11:00 gehts net, da hab isch Frühschobbe!
Damit sollte es dann wirklich endlich klappen mit dem neuen Job und der Weg zum eigenen Konto in der Schweiz ist geebnet.

Samstag, 6. Februar 2010

Die Schweinegrippepleite

Die verantwortliche (?) GesundheitssenatorinDie Presse berichtet wieder einmal, wie weltfremd unsere regierenden Politiker in Berlin (sicher auch andernorts) sind. Oder war das nicht weltfremd, sondern einfach nur doof? Oder kann jemand, der zur SED – pardon zur PDS – ach nee, die haben ja mehrfach umtapeziert und heißen jetzt Die Linke – jedenfalls kann jemand aus dieser Partei womöglich gar nicht verantwortlich regieren? Egal. Zurück zur Pleite:
In Berlin sind Impfdosen des Schweinegrippe-Mittels Pandemrix im Wert von 90.000 Euro abgelaufen. ... Ursprünglich sollte Berlin zwei Millionen Impfdosen bekommen. Das Land verhandelte erneut mit dem Hersteller und soll nun nur die Hälfte der gelieferten Dosen abnehmen. Dennoch bleibt Berlin auf einem Großteil des bestellten Vorrats sitzen. Wird das Serum nicht gespritzt, entstehen dem Land Kosten in Höhe von etwa 13 Millionen Euro. Quelle: Berliner Morgenpost
13 Millionen Euro mal eben so zum Fenster hinaus geworfen - weil die ganze Panik-Kampagne mit der sogenannten Schweinegrippe an der Zielgruppe (die dämlichen Bürger wollen sich einfach nicht impfen lassen) vorbei in die Hose gegangen ist. Vielleicht sollten die Verantwortlichen mal verantwortlich gemacht werden und zumindest einen Teil der Kosten aus eigenen Taschen bezahlen? Dann heuern sie vielleicht bei der nächsten Gelegenheit eine professionelle Werbeagentur an, wenn wieder mal die Pharmaindustrie ein schnelles Milliardengeschäft braucht.

Ein paar Ideen:

  • be stupid - be geimpft - be Berlin!
  • Kuno sprach zu Kunigunde: Impfen ist in aller Munde!
  • Willkommen in der neuen Impfwelt! Impfen im neuen Look - jetzt bist Du dran!
  • Komm in die Impfcommunity! Jetzt kostenlos registrieren!
  • Pandemrix - ich bin doch nicht blöd!
  • Der heißeste Impfkracher des Jahres!
  • 2 x impfen - 1 x zahlen! Nur bei Ihrem Hausarzt!
  • Jetzt für begrenzte Zeit 20% mehr in der Spritze! Schnell zum Hausarzt, nur solange Vorrat reicht!
  • Jetzt gratis Heftpflaster sichern - bei jeder Impfung ein Pflaster auf den Einstich - ohne Aufschlag!
  • Deutschland sucht den Superimpfling
  • Do it yourself - 10er-Pack Pandemrix für die ganze Familie jetzt 30 Prozent billiger. Selbst spritzen - Geld sparen!
Oder so ähnlich.

Freitag, 5. Februar 2010

Von den Gefahren des Lesens

image Zur Zeit bin ich damit beschäftigt, ein Buch exklusiv für den Amazon Kindle vorzubereiten. Behuflich dieses Vorhabens stöbere ich auch durch die Texte und Fragmente und Entwürfe, die sich im Lauf der Jahre auf den Festplatten angesammelt haben.

Dabei fand ich unter anderem diesen »Waschzettel«, den ich im Juli 1995 (dem Dateidatum nach) für einen Roman entworfen habe.

Produktinformation

Vor Gebrauch des Buches aufmerksam lesen.

Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Bibliothekar oder Seelsorger

„Daß übrigens die Romane trotz aller Vorzüge auch ihre Mängel haben, hätte Roberto wissen müssen. Wie die Medizin auch die Lehre der Gifte umfaßt, wie die Metaphysik mit unangebrachten Subtilitäten die Dogmen der Religion verwirrt, wie die Ethik die Großartigkeit befördert (die nicht jedem guttut), die Astrologie den Aberglauben begünstigt, die Optik täuscht, die Musik das Liebesbegehren anstachelt, die Geometrie das ungerechte Herrschen ermuntert und die Mathematik den Geiz - so öffnet die Kunst des Romans, obwohl sie uns warnt, daß sie uns Fiktion vorsetzt, eine Tür im Palast der Absurdität, die sich, hat man sie einmal leichtsinnigerweise durchschritten, hinter uns schließt.

Umberto Eco in „Die Insel des vorigen Tages“, Fettdruck und Unterstreichung von mir.

Umberto hat recht!

Don’t say, I didn’t warn you!

G. Matthia

Ich fand aber auch einiges, was für das Projekt verwendbar ist. Unter anderem eine Erzählung über die berüchtigte Jessika (aus meinem Buch Gänsehaut und Übelkeit) – einige Jahre später in ihrem Leben. Sie ist keineswegs weniger gefährlich, die Jessika. Böse, böse Jessika!

Mich deucht im Übrigen, dass Umberto Eco wirklich mit dem obigen Zitat den Nagel auf den Kopf getroffen hat. Oder etwa nicht?

Mittwoch, 3. Februar 2010

Wollt ihr einen Blondinenwitz hören?

Ein alter, vor einer Weile erblindeter Lastwagenfahrer gerät zufällig in die Bar eines nur für Frauen zugänglichen Motorradvereins. Die Damen lassen ihn gewähren, weil er ja das Schild am Eingang nicht sehen kann. Er ertastet den Weg an die Theke und bestellt ein Bier.
Nach dem ersten durstigen Schluck ruft er: »Hey, wollt ihr einen Blondinenwitz hören?«
Es wird totenstill in der Bar. Die Frau, die neben ihm am Tresen sitzt, sagt mit rauchig-tiefer Stimme: »Bevor du den Witz erzählst, solltest du vielleicht ein paar Kleinigkeiten zur Kenntnis nehmen. Da du blind bist, halte ich es für fair, dich zu informieren. Fünf Tatsachen musst du wissen:
1. Hinter der Bar bedient dich ein blondes Mädchen mit einer Baseball-Mütze.
2. Die Rausschmeißerin ist blond.
3. Ich selbst bin 1,82 Meter groß, wiege 82 Kilogramm, habe einen schwarzen Gürtel in Karate und bin blond.
4. Neben mir sitzt eine blonde Landessiegerin im Gewichtsheben.
5. Rechts von dir sitzt eine Blondine, die ihr Geld mit Wrestling verdient.
Also, mein lieber Blinder, willst du den Blondinenwitz immer noch erzählen?«
Der Mann denkt einen Moment nach und murmelt dann: »Nein... - nicht, wenn ich ihn fünf mal erklären muss.«

Dienstag, 2. Februar 2010

Transforum 2010

Hoffnung wecken statt Resignation, Chancen entdecken statt Probleme zu fixieren

Alle zwei Jahre gibt es in Berlin eine »Transforum«-Tagung. Die beiden letzten habe ich in guter Erinnerung, ich verdanke ihnen etliche wertvolle und bleibende Impulse.
Am 26. und 27. Februar werde ich auch dieses Jahr dabei sein, ich freue mich schon auf interessante Arbeitsgruppen (neudeutsch leider »Workshops« genannt), Seminare und Vorträge sowie Zusammenkünfte im Plenum. 
Ich habe unter anderem einen Moschee-Besuch vorgemerkt - wann hat man schon mal die Gelegenheit, die Besonderheiten des Sufi-Islam aus der Türkei kennen zu lernen und durch eine Moschee geführt zu werden? Ich hoffe, dass die Gruppe noch nicht voll war, als ich mich angemeldet habe...
Doch auch sonst bietet das Programm vielfältige Themen, die sicher auch für den einen oder die andere unter den Blogbesuchern interessant sein könnten.
Ach ja, und für Theologen gibt es am 25. Februar wieder einen Theologentag - vermutlich ist das auch gut so.

Alle Informationen und Anmeldemöglichkeit gibt es hier: Transforum 2010 - Von der Freude, der Stadt zu dienen - Gesellschaftliche Umbrüche als Chance für christliches Engagement

Montag, 1. Februar 2010

Neues E-Book: Zurück nach Korinth?

Gestern ist meine Auseinandersetzung mit dem 1. Korintherbrief und unserer heutigen Situation als Gemeinde erschienen, und zwar als kostenloses E-Book.
Verfügbar in den Formaten EPUB, Mobipocket, Kindle und PDF.
Kurzbeschreibung: Die beiden uns erhaltenen Briefe des Apostel Paulus an die Gläubigen in Korinth sind, wie seine anderen Schriften, alles andere als nüchtern, abgeklärt oder langweilig. Sie sind vielmehr provokativ, spannend, leidenschaftlich und manchmal ganz schön kontrovers, wie wir am Beispiel des ersten Korintherbriefes sehen werden – vorausgesetzt der geschätzte Leser folgt mir durch diese Seiten.
Die Frage lautet: Sind wir womöglich genau in dem Zustand, den Paulus bezüglich der Gemeinde in Korinth beschrieb?

Ob irgendwann eine gedruckte Version folgt, ist noch offen.

Eine Leseprobe gibt es hier: Zurück nach Korinth - die Vorrede
Hier geht es zum Download: Günter J. Matthia: Zurück nach Korinth?