Mittwoch, 25. November 2015

Weg sind sie, die Rundherde

Als Darmkrebspatient ist man besonders auf der Hut, wenn es um Leber und Lunge geht, denn das Auftreten von Metastasen ist statistisch gesehen in diesen beiden Organen am häufigsten zu beobachten. Nachdem bei mir, passend zur Statistik, im Herbst 2013 Lebermetastasen gefunden und operiert wurden, ist es sicher verständlich, dass ich über zwei »Rundherde« in der Lunge durchaus beunruhigt war. Diese Rundherde wurden beim Röntgen im März 2012 anlässlich der Darmkrebsbehandlung entdeckt, also begleiteten sie mich gedanklich schon eine ganze Weile.

Für solche Lungenrundherde gibt es zahlreiche Ursachen, zu den häufigsten zählen:

  • Tumore wie Bronchialkarzinom oder Metastasen
  • Infektionen wie Tuberkulose
  • Granulome wie Sarkoidose oder Granulomatose mit Polyangiitis

Bei Krebspatienten sind Tumore das, worauf man zunächst kommt. Im Januar 2014 wurde daher meine Lunge erneut durchleuchtet. Die beiden Rundherde waren unverändert vorhanden.

rundherde2014-01-08

Immerhin war es ein kleiner Lichtblick, dass sie nicht größer geworden waren, aber als Entwarnung konnte ich (genau wie mein Arzt) das nicht werten. Sechs Monate später, im Juli 2014, wurde erneut eine Röntgenaufnahme gemacht, bei der sich wiederum keine Veränderung zeigte.

rundherde2014-07-16

Etwas über zwei Jahre seit der ersten Aufnahme und kein Wachstum der Rundherde – das deutete auf eine harmlose Ursache hin. Jede Röntgenuntersuchung ist, genau wie die zahlreichen CT-Diagnosen, die ich seit 2012 erlebt habe, mit einer Strahlenbelastung für den Organismus verbunden. Die Strahlung wiederum ist als Risikofaktor für das Auftreten von Tumoren hinreichend bekannt, also muss man das Maß auf das wirklich Notwendige beschränken, ohne jedoch andererseits zu riskieren, dass Metastasen nicht sehr frühzeitig entdeckt werden. Es ist von Fall zu Fall eine Entscheidung, die mein Arzt und ich gemeinsam treffen, ein Abwägen von Vorteilen gegen Nachteile.

Nun wurde kürzlich, mit rund 15 Monaten Abstand, die nächste Kontrolluntersuchung der Lunge durchgeführt. Und siehe da, was ich überhaupt nicht erwartet hatte, las ich gestern schlicht und kurzgefasst im frisch eingetroffenen Befund:

rundherde2015-09-29

Keine Rundherde. Womöglich, das werde ich bei der nächsten Gelegenheit meinen Arzt fragen, hat der regelmäßige Ausdauersport, bei dem ja auch die Lunge reichlich zu tun bekommt, etwas damit zu tun?

Wie auch immer. Wir beide, die beste aller Ehefrauen und ich, sind außerordentlich erleichtert, überrascht und dankbar.

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Freitag, 20. November 2015

Ist Religion die Wurzel allen Übels?

Unbestritten sind nicht alle Mohammedaner Terroristen. Aber genauso unstrittig ist es, dass Terrorakte in unserer Zeit so gut wie ausschließlich von Menschen verübt werden, die den Islam als Religion haben. Das war einmal anders, da waren es diejenigen, die sich als Christen bezeichneten, die mit Mord und Raub und Zerstörung fremde Länder heimsuchten, während sie in ihrer eigenen Heimat sogenannte Hexen verbrannte, sogenannte Teufel austrieben und das Volk im Namen Gottes knechteten und ausquetschten bis zum letzten Blutstropfen. Genau so, wie der Islam sich heute präsentiert, als Eroberungsreligion die über Leichen geht, hat sich über Jahrhunderte das Christentum aufgeführt.

Aufklärung und Reformation haben nicht unwesentlich dazu beigetragen, dass sich diese Zustände geändert haben. Es gibt auch unter Mohammedanern aufgeklärte Köpfe und Reformer, das ist unstrittig, aber bisher hat eine Reformation nicht stattgefunden. Der Koran, ich habe ihn auszugsweise gelesen, ist eine recht sperrige Lektüre. Also wird er überwiegend von »Schriftgelehrten« ausgelegt und gepredigt. Das normale Volk liest sein heiliges Buch nicht, schon gar nicht mit kritischem und aufgeklärtem Blick. Es gibt immer noch viel zu viele, die den Koran wörtlich nehmen, wobei sie sich natürlich nur die jeweils passenden Verse - Pardon, Suren - herauspicken. Genauso, wie es unter Christen noch immer hier und da solche gibt, die jede auch noch so abstruse Idee und Lehre mit ein paar Sätzen aus der Bibel untermauern können: Das steht so geschrieben, also ist es das, was Gott/Allah will und befiehlt.

COEXIST-FinalIch verstehe alle, die angesichts des Zustandes unserer Welt Religionen für die Wurzel allen Übels halten, sehr gut. Vielleicht ist Religion nicht die Wurzel allen Übels, da gibt es schließlich auch noch Habsucht, Machtstreben, Neid, Missgunst und allerlei andere Wurzeln, aber das Leid und Unrecht, das im Namen dieses oder jenes Gottes angerichtet wird, schreit wahrlich zum Himmel. Aus dem ist allerdings in der Regel keine Antwort zu erwarten. Die Antworten müssen schon wir selbst finden und geben. Ich habe keineswegs alle Antworten parat, aber ich bin sicher, dass sie nicht im Hass liegen, nicht in politischen Extremen und wüsten Beschimpfungen von Menschen, die anders denken und empfinden als man selbst. Man sollte als zivilisierter Mensch schon in der Lage sein, eine andere Meinung stehen zu lassen, und die Person, die sie hat, dennoch zu akzeptieren und zu achten.

Im Gegensatz zu manchen meiner (auch sehr guten!) Freunde bin ich Christ aus Überzeugung. Ich habe Menschen kennen gelernt und schätze sie, die Nachfolger Allahs sind oder an einen Gott, wie man ihn auch nennt, überhaupt nicht glauben können. Wäre ich nun einer von jenen, die ihre Bibel (beziehungsweise die jeweils zum Anlass passend herausgepickten Passagen) wörtlich nehmen, dann dürfte ich mit solchen Menschen gar keine freundschaftliche Gemeinschaft genießen. Ich müsste sie missionieren, bis sie endlich ihre Meinung ändern beziehungsweise meinen Glauben annehmen, weil ich sonst Schuld daran trüge, dass sie auf ewig in einem feurigen Pfuhl gequält werden. Diese Schuld würde selbstverständlich ausreichen, um auch mich in den feurigen Pfuhl zu bringen.

Daher, aus der Angst vor göttlicher Strafe, wenn man nicht die eigene Religion – koste es was es wolle – verbreitet, rührt die verbiesterte Penetranz mancher Zeitgenossen, die ihre Mitmenschen unbedingt bekehren wollen – zum Christentum, zum Islam, zum Hinduismus … der Buddhismus scheint mir noch die friedlichste Religion zu sein, vielleicht aus dem Grund, dass man als Buddhist an jeden oder auch gar keinen Gott glauben darf.

Ich bin Christ. Wenn es den gnädigen und guten Schöpfer gibt, an den ich glaube, dann ist es für mich undenkbar, dass er Milliarden seiner Geschöpfe, nur weil sie in nicht christianisierten Gegenden (oder bereits vor Christus) gelebt haben, einer ewigen Qual ausliefert. Da halte ich mich lieber, um hier ausnahmsweise einmal die Bibel zu zitieren, an das, was der Überlieferung zufolge Jesus von Nazareth auf die Frage eines Theologen geantwortet hat.

Eines Tages kam ein Schriftgelehrter auf Jesus zu und fragte: »Meister, was muss ich tun, um das ewige Leben zu bekommen?«
Jesus antwortete mit einer Gegenfrage: »Was steht im Gesetz geschrieben? Was liest du da?«
»Du sollst Gott, deinen Herrn, von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von allen Kräften und von ganzem Gemüt lieben und deinen Nächsten wie dich selbst.«
Jesus bestätigte den Mann: »Du hast richtig geantwortet; tu das, so wirst du ewig leben.«

Anschließend wird im Lukasevangelium noch eine illustrierende Geschichte eingeflochten, die weithin bekannt ist. Ich habe sie einmal unter dem Titel [Herr K. reist nach Greifswald] in die heutige Zeit transportiert. Darin geht es darum, dass einer von mehreren Passanten über alle religiösen und gesellschaftlichen Barrieren hinwegsieht und einem in Not geratenen Menschen ganz praktisch hilft.

Zum Schluss der Erzählung fragt dann Jesus den Theologen:

»Was meinst du, welcher von diesen drei Passanten dem Opfer des Überfalls der Nächste war?«
Der Mann antwortete: »Der ihm geholfen hat.«
Da sagte Jesus zu ihm: »Dann geh hin und handle genau so.«

Ich glaube, wenn wir uns als Atheisten, Christen, Buddhisten, Mohammedaner oder was auch immer dazu durchringen könnten, religiöse und gesellschaftliche Barrieren aus dem Weg zu räumen, dann wäre die Menschheit einem friedlichen Miteinander deutlich näher. Es blieben immer noch Habsucht, Machtstreben, Neid, Missgunst als Wurzeln des Übels übrig, aber ein riesiges Problem wäre beseitigt.

You may say I’m a dreamer
but I’m not the only one.
-John Lennon

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P.S.: Das Bild stammt von [Openclipart] /// Die Textpassagen aus dem Lukasevangelium stammen aus einer bisher unveröffentlichten Fassung aus meiner eigenen Feder /// Der aus der Mode gekommene Begriff Mohammedaner wird hier erklärt: [Wikipedia – Mohammedaner]

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Montag, 9. November 2015

Es gibt wichtigeres im Leben als Politik

wwEin sichtlich vom Kampf gegen den Krebs gezeichneter Guido Westerwelle war gestern in der Gesprächsrunde bei Günther Jauch zu Gast, zusammen mit der jungen Leukämiepatientin Eva Fidler, die wie Westerwelle zuerst einmal aufatmen kann. Geheilt sind sie noch lange nicht, aber immerhin haben sie Stammzellentransplantation und Chemotherapie überstanden. Der »alte« Westerwelle, der auf mich oft etwas überheblich gewirkt hatte, war so gut wie gar nicht mehr erkenntlich.

Er hat, genau wie ich, Tagebuch geführt, um mit der Diagnose Krebs innerlich irgendwie zurecht zu kommen. Bei einem prominenten Menschen wie ihm war natürlich der Journalist nicht weit, der daraus ein Buch gemacht hat und es wird auch kein Problem gewesen sein, einen Verleger zu finden. Ich möchte, soweit mir weiterhin Gesundheit verliehen wird, zusammen mit der besten aller Ehefrauen ebenfalls meine und ihre Erinnerungen und Aufzeichnungen in ein Manuskript umarbeiten - allerdings wird das noch eine ganze Weile dauern, da ich weder prominent noch vermögend bin. Der Broterwerb macht es einstweilen unumgänglich, meiner Arbeit in einem Industriebetrieb nachzugehen.

Aber anderes haben Herr Westerwelle, Frau Fidler und ich doch gemeinsam: Einen anderen, dankbareren und viel aufmerksameren Blick auf das Leben, auf jeden neuen Tag. Die Gewichtungen haben sich durch die Diagnose Krebs deutlich verschoben. Was mich einst aufregen konnte, was mir ungeheuer wichtig erschien, ist erheblich geschrumpft. Wo ich früher geradezu verbiestert gestritten hätte, mische ich mich überhaupt nicht ein, zum Beispiel bei den manchmal erschreckend aggressiven Diskussionen in sozialen Netzwerken über die sogenannte Flüchtlingskrise, wo es nur noch zwei Extreme, Gutmenschen oder Nazis, zu geben scheint und jegliches vernunftbasiertes Austauschen von Argumenten fehlt.

Der Focus schreibt zum gestrigen Auftritt von Guido Westerwelle:

Kein Wort zur Politik? Zum großen Flüchtlingswillkommenheißen der Kanzlerin, zu kleinen und großen Regierungsverwerfungen. Günther Jauch, der auf den letzten Metern noch so etwas wie eine politische Sendung machen will, geht in Vorleistung: „Wir gehen davon aus, dass wir kein Wort dazu hören.“ Sagt Westerwelle nur „genau“. Und dann ist es aus. Es gibt Wichtigeres im Leben als die Politik. Spätestens dann, wenn es ums Überleben geht.
Quelle: [Focus Online]

So ist es bei Herrn Westerwelle und so ist es bei mir. Und das ist auch gut so.

Ich wünsche ihm, der Frau Fidler und allen Prominenten und Unbekannten, die gegen den Krebs ankämpfen, aus tiefstem Herzen viel Kraft, Mut und Gottes Segen dazu.

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P.S.: Die Bücher, die ich schon geschrieben habe, und über deren Verkauf an interessierte Leser ich mich sehr freue, findet man hier: [Günter J. Matthia bei Amazon]

P.P.S: Mein »Tagebuch«, so wie es entstanden ist und entsteht, findet man, bis irgendwann ein Buch daraus wird, auf meinem anderen Blog: [Aufzeichnungen seit der Krebsdiagnose]

P.P.P.S.: Foto: REUTERS via Süddeutsche Zeitung

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