Freitag, 20. November 2015

Ist Religion die Wurzel allen Übels?

Unbestritten sind nicht alle Mohammedaner Terroristen. Aber genauso unstrittig ist es, dass Terrorakte in unserer Zeit so gut wie ausschließlich von Menschen verübt werden, die den Islam als Religion haben. Das war einmal anders, da waren es diejenigen, die sich als Christen bezeichneten, die mit Mord und Raub und Zerstörung fremde Länder heimsuchten, während sie in ihrer eigenen Heimat sogenannte Hexen verbrannte, sogenannte Teufel austrieben und das Volk im Namen Gottes knechteten und ausquetschten bis zum letzten Blutstropfen. Genau so, wie der Islam sich heute präsentiert, als Eroberungsreligion die über Leichen geht, hat sich über Jahrhunderte das Christentum aufgeführt.

Aufklärung und Reformation haben nicht unwesentlich dazu beigetragen, dass sich diese Zustände geändert haben. Es gibt auch unter Mohammedanern aufgeklärte Köpfe und Reformer, das ist unstrittig, aber bisher hat eine Reformation nicht stattgefunden. Der Koran, ich habe ihn auszugsweise gelesen, ist eine recht sperrige Lektüre. Also wird er überwiegend von »Schriftgelehrten« ausgelegt und gepredigt. Das normale Volk liest sein heiliges Buch nicht, schon gar nicht mit kritischem und aufgeklärtem Blick. Es gibt immer noch viel zu viele, die den Koran wörtlich nehmen, wobei sie sich natürlich nur die jeweils passenden Verse - Pardon, Suren - herauspicken. Genauso, wie es unter Christen noch immer hier und da solche gibt, die jede auch noch so abstruse Idee und Lehre mit ein paar Sätzen aus der Bibel untermauern können: Das steht so geschrieben, also ist es das, was Gott/Allah will und befiehlt.

COEXIST-FinalIch verstehe alle, die angesichts des Zustandes unserer Welt Religionen für die Wurzel allen Übels halten, sehr gut. Vielleicht ist Religion nicht die Wurzel allen Übels, da gibt es schließlich auch noch Habsucht, Machtstreben, Neid, Missgunst und allerlei andere Wurzeln, aber das Leid und Unrecht, das im Namen dieses oder jenes Gottes angerichtet wird, schreit wahrlich zum Himmel. Aus dem ist allerdings in der Regel keine Antwort zu erwarten. Die Antworten müssen schon wir selbst finden und geben. Ich habe keineswegs alle Antworten parat, aber ich bin sicher, dass sie nicht im Hass liegen, nicht in politischen Extremen und wüsten Beschimpfungen von Menschen, die anders denken und empfinden als man selbst. Man sollte als zivilisierter Mensch schon in der Lage sein, eine andere Meinung stehen zu lassen, und die Person, die sie hat, dennoch zu akzeptieren und zu achten.

Im Gegensatz zu manchen meiner (auch sehr guten!) Freunde bin ich Christ aus Überzeugung. Ich habe Menschen kennen gelernt und schätze sie, die Nachfolger Allahs sind oder an einen Gott, wie man ihn auch nennt, überhaupt nicht glauben können. Wäre ich nun einer von jenen, die ihre Bibel (beziehungsweise die jeweils zum Anlass passend herausgepickten Passagen) wörtlich nehmen, dann dürfte ich mit solchen Menschen gar keine freundschaftliche Gemeinschaft genießen. Ich müsste sie missionieren, bis sie endlich ihre Meinung ändern beziehungsweise meinen Glauben annehmen, weil ich sonst Schuld daran trüge, dass sie auf ewig in einem feurigen Pfuhl gequält werden. Diese Schuld würde selbstverständlich ausreichen, um auch mich in den feurigen Pfuhl zu bringen.

Daher, aus der Angst vor göttlicher Strafe, wenn man nicht die eigene Religion – koste es was es wolle – verbreitet, rührt die verbiesterte Penetranz mancher Zeitgenossen, die ihre Mitmenschen unbedingt bekehren wollen – zum Christentum, zum Islam, zum Hinduismus … der Buddhismus scheint mir noch die friedlichste Religion zu sein, vielleicht aus dem Grund, dass man als Buddhist an jeden oder auch gar keinen Gott glauben darf.

Ich bin Christ. Wenn es den gnädigen und guten Schöpfer gibt, an den ich glaube, dann ist es für mich undenkbar, dass er Milliarden seiner Geschöpfe, nur weil sie in nicht christianisierten Gegenden (oder bereits vor Christus) gelebt haben, einer ewigen Qual ausliefert. Da halte ich mich lieber, um hier ausnahmsweise einmal die Bibel zu zitieren, an das, was der Überlieferung zufolge Jesus von Nazareth auf die Frage eines Theologen geantwortet hat.

Eines Tages kam ein Schriftgelehrter auf Jesus zu und fragte: »Meister, was muss ich tun, um das ewige Leben zu bekommen?«
Jesus antwortete mit einer Gegenfrage: »Was steht im Gesetz geschrieben? Was liest du da?«
»Du sollst Gott, deinen Herrn, von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von allen Kräften und von ganzem Gemüt lieben und deinen Nächsten wie dich selbst.«
Jesus bestätigte den Mann: »Du hast richtig geantwortet; tu das, so wirst du ewig leben.«

Anschließend wird im Lukasevangelium noch eine illustrierende Geschichte eingeflochten, die weithin bekannt ist. Ich habe sie einmal unter dem Titel [Herr K. reist nach Greifswald] in die heutige Zeit transportiert. Darin geht es darum, dass einer von mehreren Passanten über alle religiösen und gesellschaftlichen Barrieren hinwegsieht und einem in Not geratenen Menschen ganz praktisch hilft.

Zum Schluss der Erzählung fragt dann Jesus den Theologen:

»Was meinst du, welcher von diesen drei Passanten dem Opfer des Überfalls der Nächste war?«
Der Mann antwortete: »Der ihm geholfen hat.«
Da sagte Jesus zu ihm: »Dann geh hin und handle genau so.«

Ich glaube, wenn wir uns als Atheisten, Christen, Buddhisten, Mohammedaner oder was auch immer dazu durchringen könnten, religiöse und gesellschaftliche Barrieren aus dem Weg zu räumen, dann wäre die Menschheit einem friedlichen Miteinander deutlich näher. Es blieben immer noch Habsucht, Machtstreben, Neid, Missgunst als Wurzeln des Übels übrig, aber ein riesiges Problem wäre beseitigt.

You may say I’m a dreamer
but I’m not the only one.
-John Lennon

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P.S.: Das Bild stammt von [Openclipart] /// Die Textpassagen aus dem Lukasevangelium stammen aus einer bisher unveröffentlichten Fassung aus meiner eigenen Feder /// Der aus der Mode gekommene Begriff Mohammedaner wird hier erklärt: [Wikipedia – Mohammedaner]

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