Mittwoch, 19. Dezember 2007

Ist Gott unmoralisch?

Alan Posener, Kommentarchef der WELT, hat sich Gedanken zur These "Werte brauchen Gott" gemacht.

Keine Aussage des Religionskritikers Richard Dawkins hat mehr Empörung ausgelöst als seine Bemerkung, dieser Gott sei „eine der unangenehmsten Gestalten der Weltliteratur“. Dabei übersehen die Dawkins-Kritiker, dass von Literatur die Rede ist. Betrachtet man die Bibel nicht als Heilige Schrift, sondern als fiktionalen Text, so wie wir inzwischen die blutrünstigen Sagen der Griechen und Germanen betrachten, so fällt es schwer, Dawkins nicht zuzustimmen.

Was soll man von einem Gott halten, der aus Zorn über die moralischen Verfehlungen der Menschen alles Leben auf der Erde in einer Sündflut auslöschen will? Der wegen der Homosexualität der Männer in Sodom und Gomorrha beide Städte vertilgt? Der Abraham auf die Probe stellt, indem er ihn auffordert, seinen Sohn Isaak als Opfer darzubringen? Der dem Pharao erst das Herz verhärtet, damit er das Volk Israel nicht ziehen lässt, und dann zur Strafe alle Erstgeborenen Ägyptens tötet? Der wegen des Abfalls der Israeliten am Sinai das ganze Volk auslöschen will, sich aber dann mit der Erschlagung von dreitausend Mann zufriedengibt? Der von Israel fordert, die ansässige Bevölkerung im Gelobten Land zu vertreiben oder der Vernichtung zu weihen? (Hier der ganze Beitrag)

Es fällt auf den ersten Blick schwer, solchen Argumentationen etwas zu entgegnen, ohne in Platitüden abzurutschen.

Der eigentliche Unterschied zwischen so argumentierenden Religionskritikern und mir besteht wohl darin, dass sie, die Kritiker, die Existenz Satans in Frage stellen oder ausschließen und Sünde nicht als unüberbrückbare Trennung zwischen Mensch und Gott verstehen können oder wollen. Ein heiliger Gott kann und wird Sünde vergeben, aber gutheißen kann und wird er sie nicht. Für Vergebung ist Buße Voraussetzung, ob nun im Alten Testamend durch Opfer ausgedrückt oder im Neuen Testament durch die persönliche Annahme des Opfers, das Jesus gebracht hat.

Wenn Sünde als lässlich, unbedeutend oder nur als anders sein begriffen wird, versteht man natürlich nicht, dass der (ewige) Tod unweigerliche Folge ist - und (ewiges) Leben die Folge der Vergebung. Dann muss man eigentlich zwangsläufig wie Herr Posener fragen:

Was soll man von einem Gott halten, der nicht nur für Mord die Todesstrafe verlangt, sondern für Misshandlung oder Verfluchung der Eltern, Arbeit am Sabbat, Götzendienst, Hexerei, Totenbeschwörung, Ehebruch, Verkehr mit Tieren, zwischen Mann und Mann, mit diversen Verwandten und Coitus interruptus? Der um einer Wette willen den frommen Hiob dem Satan überlässt? Ist diese Gestalt nicht noch unangenehmer als Zeus?

Zugegeben, mit der Geschichte des Hiob habe ich erhebliche Schwierigkeiten. Aber ich sehe im Alten Testament eben auch den Gott, der den König David am Leben und im Amt lässt, trotz des Mordes an einem jungen Soldaten und des Ehebruches mit dessen Frau. Weil dieser David Buße getan hat, das heißt, seine Sünde als solche begriffen und um Vergebung gebeten hat. Da wird mir der gnädige, liebende Gott sichtbar und erfahrbar, auch im Alten Testament.

Aber wenn Sünde in der Vorstellung eines Menschen nicht existiert, oder nicht so schlimm ist - dann ist wohl der Weg zum Verständnis der biblischen Texte von vorne herein verbaut.

Wie gehen meine Leser denn mit solchen Fragen nach dem unmoralischen Gott um, wenn sie ihnen gestellt werden?

7 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Leider kann ich mich gar nicht auf´s
Thema konzentrieren, weil sich der Blog verändert hat...
Ehlich gesagt, vorher war es optisch besser ;-)

Bento hat gesagt…

Ja, an diesen "Argumenten" kommt wohl derzeit niemand vorbei - du hast es schon angedeutet, dass die Aussagen der Schrift nur im Kontext aller Glaubensaussagen zu verstehen sind, ja letztlich nur durch den Hl. Geist, den wir im Glauben an Jesus empfangen, entschlüsselt werden können - das ist der Bibelcode!

Hier wird auf völlig unterschiedl. Ebenen argumentiert und es ist von einer gänzl. anderen Dimension die Rede: Sowenig wie man die Dauer der Ewigkeit mit einer Uhr messen kann, oder die Grösse von Gottes Reich in Quadratkilometern, sind die Aussagen der Schrift ohne den Glauben nachvollziehbar.

Ich warne davor, sich als Gläubiger auf das dünne Eis des immanenten Verstandes locken zu lassen, man könnte dort leicht einbrechen und sich der Lächerlichkeit preisgeben - das scheint ja ohnehin eine (oder die?) Motivation dieses agressiven Atheismus zu sein...

Ja Leute, das gemütl. Trockenschwimmen wird bald nichtmehr ausreichen!

Günter J. Matthia hat gesagt…

"Völlig unterschiedliche Ebenene"... genau so kommt mir das vor. Aber wie kommt man trotzdem ins Gespräch? Oder ist das keine gute Idee, ins Gespräch zu kommen?

Bento hat gesagt…

Nun, es wird sich kaum vermeiden lassen und kann gelegentl. auch interessant sein. Ich habe aber z.B. kürzlich einen längeren Austausch mit einem zum Atheismus konvertierten "ehemaligen Christen" (Dawkins Jünger) ergebnislos beendet, da keine wirkliche Verständigung mehr stattfand, sondern die Vorwürfe gegen Gott und die Bibel immer drastischer wurden - eben in dem Sinne, wie du im Post beschrieben hast - und ausserdem war mir der missionarische Eifer hinter scheinbar "objektiver" Fassade doch zu offensichtlich. Da trat der sportliche und informative Aspekt doch zunehmend in den Hintergrund und ich habe nur noch eine grosse und unüberwindliche Kluft wahrgenommen...
"...werden sie auch nicht glauben, selbst wenn jmd. von den Toten aufersteht!"

Günter J. Matthia hat gesagt…

Ich habe es ebenfalls schon erlebt, dass Menschen sagten, sie hätten Fragen zum Glauben, in Wirklichkeit jedoch wollten sie missionarisch in Sachen Unglaube an mir tätig werden. Aber, wie Du richtigerweise anmerkst, das gab es schon zu biblischen Zeiten. Ausgerechnet die Schriftgelehrten waren wohl so gelehrt, dass ihre Synapsen verklebt waren von all der Gelehrigkeit.

Don Ralfo hat gesagt…

Ich verstehe zwar die Dimension der Sünde und der ewigen Trennung von Gott. Ich kenne auch den Heiligen Geist und die Dimension des Glaubens, aber ich habe dennoch Schwierigkeiten mit dem "unmoralischen" Gott. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, daß Gott einen Mann wie Hitler "beauftragt", einen Holocaust zu initiieren. Ich kann mir genausowenig einen anderen Völkermord wie im AT beschrieben (Amoriter, Hetiter, Jebusiter etc.) als "Gottes Auftrag" an das Volk Israel vorstellen. Wenn der "Bann" vollstreckte wurde mussten auch Babys, Alte, Schwangere, Tiere und Kinder sterben. Wo ist da der Unterschied zu Auschwitz?
Sind die Getöteten bei Gott oder in der Hölle? Meine Reaktion ist:
Im Moment relativiere ich die Bibel bzw. das alte Testament. Ich glaube, daß die Propheten des AT einfach nicht so viel Offenbarung von Gott hatten und werte ihre Aufrufe zum Völkermord nicht als exaktes, reines Reden Gottes.
Die volle Offenbarung von Gott kam für mich erst mit Jesus.

Günter J. Matthia hat gesagt…

@don: beruhigend, dass ich nicht der einzige bin, der das relativiert und nicht recht verstehen kann / mag.

mir hat mal jemand erklärt, dass damals (im at) das diesseits eher unwichtig war, der tod also kein großes ding, da er ja den weg ins viel wichtigere jenseits öffnet.

hmmm...