Montag, 22. November 2010

Ein Leben

19 mal 140 Zeichen. Meine zweite Twitter-Erzählung. Ich dachte, es würden 21 Fortsetzungen, aber bei der 19ten war bereits das Ziel erreicht. Bei manchen Teilen gefällt mir der sprachliche Rhythmus nicht so ganz, aber die Beschränkung auf die 140 Zeichen lässt sich eben nicht aufheben. Na denn:

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Blau zeichnen sich da Höhen in der Ferne ab. Du ahnst nicht, welche Schluchten sie durchziehen, welche Steilhänge sie in deinen Weg stellen.

Du denkst noch über das Ziel nach, studierst noch nicht den Weg. Blaue Höhen - weit weg. Du wirst zur Ruhe finden, wenn dann Einsicht kommt.

Alltägliche Verrichtungen, die blauen Höhen rücken unbemerkt ein wenig näher. Tag für Tag. Nichts Besonderes, nur Alltag. Dennoch unterwegs.

Eine von 19 Twitternachrichten aus der Geschichte Der Weg macht sich dir nun begreiflich, weglos zu sein wird dir Gewinn. Nun zählt der Schritt, es zählt nicht mehr das Ziel. Ist es ein Tor?

Du isst, wenn dich hungert, du schläfst im Fall der Müdigkeit. Du hast die alte Regelmäßigkeit verbannt, du achtest jetzt auf deinen Körper.

Die blauen Höhen rücken nah, als kämen sie zu dir statt du zu ihnen. Du siehst die kleinen Wunder ringsherum. Halt sie fest in deiner Seele.

Zweisamkeit beginnt, der Weg hat dich zu ihr geführt. Das Glück. Du gehst nicht mehr allein. Dennoch musst du, ja wirst du selber schreiten.

Die Bläue weicht, da dich die Höhen nun umfangen. Dir wird erkennbar, was der Dunst verbarg. Du gehst den Weg, und er genügt auch ohne Ziel.

Was mag dich erwarten am Ende deines Weges? Ein Tor wohl - torlos schon jetzt geborgen, weil jeden Augenblick zu fühlen dir bereits gelingt.

Die Wege werden steil, Abgründe klaffen tief. Was gestern galt, muss heute nicht mehr Wahrheit sein. Was morgen stimmt, ist heute Lüge noch.

Was du geglaubt hast, darfst du weiter glauben. Doch Wissen und Erfahrung geben Widerrede deinem Geist. Die Seele ratlos, schweigend, blind.

Ganz ohne Schuld bist du in auswegloser Lage. Ein Freund gibt Rat und Hoffnung dämmert auf. Ein anderer Weg? Dein alter Weg nur neu gedacht?

Der eine rät zu diesem, der andere zu jenem Weg. Sie alle weisen dir ein Ziel, doch keiner einen Weg. Du gehst den nächsten Schritt. Allein.

Nie fragt das Leben, ob etwas dir gefällt. Statt Zweisamkeit nun wieder einzeln schreiten. Erinnerungen bleiben, an kleine Wunder unterwegs.

Zurück willst du? Dort hin, wo alles leichter fiel? Ach, alle sehnen sich nach guten Zeiten, alle könnten wohl verzagen. Doch du bist stark.

Jetzt meisterst du die Steigung, der Aufstieg wird zum Ziel des Tages. Der nächste Tag mag neue Ziele bringen. Das Heute sei sich nun genug.

Du denkst zurück. Wie leicht fiel der Beginn der Reise, denn alles war noch unbekannt. Nun kennst und weißt du, dennoch schreitest du voran.

Die einstmals blauen Höhen hast du nun bezwungen, und neue Höhe schimmert in der Ferne schon. Der Schritt, er zählt; das heute und das hier.

So gehst du eines Tages durch das Tor mit Leichtigkeit trotz all der Schwere. Der Weg, er war das Ziel, das Ziel ist nun erreicht. Zu Hause.

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Vermutlich habe ich den Sinn des Twitterns nicht begriffen, aber das macht ja nichts. Ich schaffe mir meinen eigenen Sinn. Vielleicht fällt mir ja mal wieder was dazu ein…

2 Kommentare:

die Vorgärtnerin hat gesagt…

episch, poetisch, fast pslamisch.
Jedenfalls gut und passend zu meinem Morgen.
danke

Günter J. Matthia hat gesagt…

Bitteschön, gern geschehen.