Freitag, 18. Mai 2012

Vom Fortschritt und von der Solidargemeinschaft

Früher war alles besser? Von wegen. Vielleicht dieses oder jenes, aber nie und nimmer alles. Zumindest aus meiner bescheidenen Sicht:

Palmen in der Rehabilitationsklinik Eigentlich wäre ich im März 2012 gestorben. Wenn heute früher wäre, meine ich. Denn früher, als so mancher medizinische und technische Fortschritt noch nicht erreicht war, hätte man mir mit meinem akuten Darmverschluss womöglich Abführmittel und Klistiere verpasst, in der vergeblichen Hoffnung, dass die Krämpfe sich schon irgendwie lösen würden. Man hätte ohne die technischen Geräte der Universitätsklinik nicht sehen können, dass der Darm an zwei Stellen durch Tumore blockiert war. Niemand hätte früher auch nur den Versuch unternommen, an einem Tumor vorbei einen Abfluss für den gestauten Darminhalt zu legen … nein, früher, vermutlich muss man nur so ungefähr eine Generation zurückdenken, früher wäre ich gestorben. Wenn nicht am Darmverschluss beziehungsweise der zwangsläufig folgende Darmperforation, dann doch jedenfalls am Krebs, denn den hätte man so umfassend und sauber nicht herausoperieren können.

Medizinische Technik und Forschung sowie Weiterentwicklung der medizinischen Technik kosten einen Haufen Geld. Die Behandlung mit den Früchten der Forschung und den Errungenschaften der Technik auch. Geld, das ich nie und nimmer gehabt hätte, als die lebensrettende Behandlung durchgeführt wurde. Allein meine zehn Tage auf der Intensivstation sollen, so hörte ich am Rande mit, rund 20.000 Euro gekostet haben. Dazu kommen eine vierstündige Operation, der Aufenthalt auf der normalen Station, diverse Untersuchungen und Behandlungen, Medikamente … dann Rehabilitation und nun noch einige Monate Chemotherapie …

Ich bin ja gelegentlich versucht, zu jammern, dass ich 2012 bereits rund 400 Euro an Zuzahlungen und Gebühren begleichen musste. Aber wenn ich dann darüber nachdenke, was meine bisherige Behandlung wirklich gekostet hat und was die nächsten Monate noch kosten werden … dann schätze ich mich glücklich, in einem Land zu leben, in dem es eine auf dem Prinzip der Solidargemeinschaft basierende Krankenversicherung gibt (aus der ich eben wegen der Solidarität nie in die scheinbar »bessere« private Versicherung ausgeschieden bin).

Kranken- und Pflegeversicherung für jedermann gab es früher auch nicht. In manchen Ländern ist so etwas bis heute unbekannt.

Früher war alles besser?

Nee.

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2 Kommentare:

masp hat gesagt…

Nicht zu vergessen Deine Tapferkeit und Dein Lebenswille, der Dich all das Schwere hat ertragen lassen. Das war sicherlich kein unwesentlicher Bestandteil auf Deinem Genesungsweg. Möglicherweise spielte auch der schnelle Informationsweg per facebbok, blog, email eine kleine Rolle der das ein oder andere Gebet befördert hat. Weiterhin alles Gute.

Günter J. Matthia hat gesagt…

... und selbst der Lebenswille kommt nicht unbedingt nur aus mir selbst, sondern wird geschenkt. :-)