Mittwoch, 29. April 2015

Werdet wie die Kinder … und lauft los!

Auf einem Laufband im Sport-, Fitness- und Wohlfühlstudio muss man kaum auf den Weg achten, ob dort womöglich Wurzeln, spitze Steine oder sonstige Stolperfallen lauern. Daher kann der Blick frei umherschweifen und auch länger beobachtend irgendwo verweilen.

Gestern habe ich eine Weile zugeschaut, wie sich Kinder von A (Empfangstheke) nach B (Umkleideräume) und C (Sporträume für die Kleinen) bewegen. Sie rennen. Auch wenn es keine Eile gibt. Auch wenn die Zeit nicht drängt. Auch wenn das nicht zum Training gehört. Sie rennen, ohne darüber nachzudenken, weil ihr Körper das so will. Und weil es einfach Spaß macht!

Boy activity: Kid jumps in autumn forestMir fiel wieder ein, dass ich als Junge auch kaum ein anderes Fortbewegungstempo kannte. Ich rannte durch die Wohnung, rannte auf dem Schulhof, rannte auf dem Spielplatz, rannte auf dem Schulweg ... und erntete oft genug ermahnende und tadelnde Worte. Leider. Zum Teil durchaus begründet, zum Beispiel was das Rennen in der Wohnung betraf. Wir wohnten im dritten Obergeschoss und dass die Nachbarn unter uns den Lärm, der beim Rennen zwangsläufig entstand, nicht zu schätzen wussten, kann ich als Erwachsener sehr gut verstehen.

Über viele Jahre hinweg gewöhnt man uns mühsam ab, was Kindern ganz natürlich ist. Unser Bewegungsdrang wird in der Schule (stillsitzen!) gebremst und durch die paar Sportstunden nicht unbedingt ausgeglichen. Unsere Lebendigkeit wird zu Hause gedämpft (still sei, die Nachbarn beschweren sich!). Sogar in der Freizeit bei Ausflügen müssen wir lernen, brav auf dem Weg dahinzutrotten anstatt Hänge hinauf und hinunter zu hetzen, über Bäche zu springen (die neuen Schuhe, die frisch gewaschene Hose!).

Und als Erwachsene, wenn aufgrund der antrainierten Bewegungsarmut dann von Haltungsschäden über Herz- und Kreislauferkrankungen bis zur Fettleibigkeit das Malheur angerichtet ist, müssen wir uns oft genug geradezu zwingen, wieder in Bewegung zu kommen. Würde uns das vielleicht weniger schwerfallen, wenn wir den Begriff »Sport« mit dem Begriff »Spaß« ersetzen? Wenn wir spielen, anstatt uns abzumühen?

Manche Zeitgenossen, die ich beim Laufen oder anderen sportlichen Aktivitäten sehe, wirken dermaßen verbissen, angestrengt und übellaunig, dass ich ihnen zurufen möchte: »Lass es sein, wenn es so furchtbar ist!«

Es bringt wenig, sich zu quälen. Sich anzustrengen dagegen bringt viel. Mein Tipp für heute: Lerne es, mehr auf deinen Körper zu hören als irgendwelchen Trainingsplänen gehorsam zu sein.

Fang an zu laufen, aber mit frohem Herzen, einem Lächeln auf den Lippen und ohne den verbissenen Gedanken, irgend ein Ziel (soundsoviel Kilometer / soundso lange) erreichen zu müssen. Du musst gar nichts schaffen. Du darfst dich wohlfühlen, während du deinem Körper etwas Gutes tust. Achte auf deine Atmung, genieße draußen die Luft, die Landschaft, passe dein Tempo so an, wie dein Körper es als angenehm signalisiert. Das wird beim Anfänger deutlich langsamer sein als beim Fortgeschrittenen. Und wenn dein Körper zwischendurch ein paar Minuten gehen statt laufen möchte, dann tu genau das. Du musst ja weder eine bestimmte Geschwindigkeit noch Strecke schaffen.

Anstrengend kann (und wird) das durchaus sein. Mein Hemd und meine Sporthose sind nach einem Lauf so klatschnass wie die Socken und das drollige Schweißstopperband um die Stirn. Da ist eine Dusche dann höchst willkommen und wer immer die Waschmaschine erfunden hat: Danke! Will ich den elektronischen Laufbegleitern (Mobiltelefon draußen, Laufbandcomputeranzeige drinnen) Glauben schenken, verbrenne ich zwischen 800 und 1000 Kilokalorien. Das geht nicht, ohne ins Schwitzen zu geraten. Und auch nicht ohne beschleunigte Herzfrequenz und ein anderes Atmen als beim Lesen auf dem Sofa. Aber dass ich mich anstrenge, verdirbt mir nicht den Spaß. Im Gegenteil.

Wenn dir jegliche körperliche Betätigung bisher ein Graus sein sollte, dann versuche es doch mal damit: »Werdet wie die Kinder«, rät Jesus der biblischen Erzählung zufolge. Seine Rede handelte in dem Zusammenhang zwar nicht vom Sport, aber anwendbar ist der Rat gleichwohl auch dafür.

Lauf los - mit einem ausgelassenen Lachen im Herzen und - warum nicht? - im Mund!

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Foto: rgbstock (http://www.rgbstock.com/download/hisks/mhYgGh8.jpg)

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