Dummheit siegt. Leider. Das widerspricht zwar der Evolutionstheorie, aber am Beispiel des Verfalls der deutschen Sprache ist der Beweis leicht zu führen.
Dummheit bezeichnet umgangssprachlich eine törichte Handlung sowie einen Mangel an Intelligenz oder Weisheit. Im Unterschied zu anderen Bezeichnungen, die auf Mangel an Intelligenz hinweisen, bezeichnet Dummheit (alltagssprachlich) aber auch die Einstellung, nicht nur etwas nicht wahrnehmen zu können, sondern auch es nicht wahrnehmen zu wollen. (-Wikipedia[1])
Vor allem der letzte Teil dieser Definition scheint mir in den letzten Jahren immer mehr um sich zu greifen. Nicht nur in den sozialen Medien, aber vor allem dort. Es mag auch sein, dass es sich eher um Faulheit in erheblichem Ausmaß handelt als um Dummheit, aber ist solche Faulheit nicht letztendlich Ausdruck der Dummheit?
Zum Beispiel der Gebrauch des Verbs »realisieren«. Jedem Menschen mit Internetzugang steht seit Jahren kostenlos der Zugang zum Duden zur Verfügung. Zu Bedutungswörterbüchern und Überstzungshilfen gleichermaßen. Wenn jemand soziale Netzwerke nutzt, ist es also weder technisch ein Problem, sich über die Bedeutung und den Gebrauch von Worten zu informieren, noch kostet es zusätzliches Geld. Und dennoch wurde und wird »realisieren« immer häufiger falsch verwendet. Der Ursprung dürfte in mangelnder Sprachkenntnis des Englischen gelegen haben. Da las jemand »he realized …« und tippte »er realisierte«. Das ist reine Dummheit im Sinne der Definition am Beginn dieses Beitrages. Aber es hat sich fortgesetzt und lawinenartig verbreitet.
Häufig zeigt sich beim Missbrauch des Verbs, dass es den Schreibenden grundsätzlich an Kenntnissen in der deutschen Sprache mangelt, wie dieses Beispiel überdeutlich demonstriert.
Auch die Behauptung, dass etwas »keinen Sinn macht« oder »Sinn macht«, häuft sich zusehends. Sinn kann man nicht machen, Sinn ergibt sich. Auch dieses schlechte, weil falsche Deutsch entspringt wohl mangelhafter Übersetzung, denn »make sense« ist im Englischen nicht nur gebräuchlich, sondern richtig. Übersetzen bedeutet aber mehr, als Wort für Wort aneinanderzureihen.
Dass so etwas massenhaft nachgeplappert wird, ist ein Ausdruck von Dummheit, denn alle Quellen zu Definition und Gebrauch des Wortes »Sinn« stehen jedermann offen. Selbst wenn also jemand aufgrund widriger Umstände keine Schule besuchen durfte oder in seiner Schulzeit so kränklich war, dass der Besuch des Deutschunterrichtes dauerhaft unmöglich wurde, zeugt es von Faulheit oder Dummheit, sich nicht spätestens als erwachsener Mensch zu informieren.
Es ist jedoch nicht nur der falsche Gebrauch von Begriffen und Redewendungen zu beklagen, sondern auch die Dummheit, die sich daran zeigt, dass manche Worte vielen Zeitgenossen gar nicht mehr bekannt sind. Zum Beispiel der Begriff »Abstimmung«. Da wird beispielsweise von der Redaktion einer seriösen Sendeanstalt zum »Voting« eingeladen. Hinz und Kunz tippen unbekümmert (meist mit Großbuchstaben am Anfang) »Voten«, wenn »abstimmen« gemeint ist. »Voten und gewinnen!«, liest man, und »Leute, Votet jetzt!«. Es ist ein Graus.
Wenn ein beeindruckendes, mitreißendes, aufrüttelndes, besonders erfreuliches oder auf andere Weise herausragendes Erlebnis gemacht wurde, dann zeigen viele Zeitgenossen inzwischen ein bedauernswertes Unvermögen, dem sprachlich Ausdruck zu verleihen.
Statt dessen schreiben sie »Ein Hammer Film«, »das war echt der Hammer« oder »boah ey! Hammer!«. Gibt es außer der Werkzeugkiste denn keine anderen Analogien mehr? Als Steigerung fällt ihnen dann nur noch »geil« ein. Ursprünglich bezeichnete das Wort umgangssprachlich sexuelle Erregung oder deren auslösendes Moment, inzwischen ist es zum Ersatzwort für »gut« geworden.
Auch die Groß- und Kleinschreibung scheint inzwischen regellos dem Belieben des Individuums vorbehalten zu sein. »Ich Arbeite gerne am Computer…« – solche Entgleisungen habe ich häufig in Bewerbungen gelesen. Vermutlich soll der Großbuchstabe die Ernsthaftigkeit unterstreichen?
Andere bitten um »Feedback« - ursprünglich ein Begriff aus der Akustik. Wenn beispielsweise Lautsprecher und Mikrophon auf der Bühne zu dicht beieinander stehen, kommt es zum Feedback. Das funktioniert auch mit manchen Instrumenten. Jimi Hendrix hat das Feedback zwischen schwingenden Gitarrenseiten mit Lautsprechern als künstlerisches Mittel eingesetzt. Will ernsthaft jemand solche Geräusche hören, wenn er um »Feedback« zu einer These oder einem Buch oder sonst etwas bittet?
Leider schaffen es solche Sprachverirrungen inzwischen sogar in den Duden. »Feedback« ist dort zu finden, »Voting« gleichermaßen. Und dem Wort »realisieren« hat der Duden vor einer Weile, o tempora, o mores, diese Definition hinzugefügt: »(in einem Prozess der Bewusstmachung) erkennen, einsehen, begreifen«. Und vom unsäglichen »Handy« will ich hier gar nicht erst reden …
Somit kann ich resigniert nur zu dem Schluss kommen: Dummheit siegt.
Quod erat demonstrandum.
[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Dummheit
2 Kommentare:
ach ... nun reg dich doch nicht so furchtbar auf.
Aufregen ist bestimmt nicht gut für Ex-Krebse.
Keine Angst - ich habe das mit einem Schmunzeln geschrieben, da ja sowieso Hopfen und Malz verloren sind.
:-)
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