Montag, 5. Oktober 2009

Jubilations!

Wie regelmäßige und aufmerksame Blogleser wissen, produzieren wir (MatMil) unter anderem für einen namhaften Verlag Lehrwerke und CDs zu den Lehrwerken, die der namhafte Verlag herausgibt. Die komplette Programmierung der CD-Oberfläche und -Funktionen obliegt dabei meiner Wenigkeit.

nhl Die CDs gehen vor der Produktion beim Auftraggeber durch eine penible Qualitätskontrolle, QS genannt, bei der auch der kleinste Fehler, und sei es ein fehlender Punkt am Ende eines der enthaltenen Dokumente, einen Bug bedeutet, der dann gefixt werden muss. (Sorry für die Anglizismen, aber dieser Fachsprache bedienen sich die Verantwortlichen nun einmal.)

Heute ging das jüngste Projekt in die QS und – for the first time in history – gab es keinen einzigen Bug. Der Verantwortliche im Verlag meinte zu seinen Mitarbeitern: »Wo ein Wille ist, ist auch ein Bug.« Jedoch: Der Tag kam und ging – aber kein Bug tauchte auf.

Daher: Jubilations! Die erste schon im ersten Durchlauf Bug-Free-CD der MatMil-Geschichte!

Ganz herzlichen Dank auf diesem Wege an einen freien Mitarbeiter von MatMil, der zu meinen Bloglesern gehört und sämtliche zur CD gehörigen Dokumente produziert hat. Hut ab – 1000 Dank für diese Meisterleistung. Besser geht es ja nun wirklich nicht mehr. Demnächst wird Dir ein Bier spendiert, oder zwei, je nach Durst! Man muss ja schließlich solche Premieren entsprechend würdigen.

Na gut, dann also die Hose

auswertung Die Wahlbeteiligung war erschreckend niedrig, was womöglich das Meinungsbild der Gesamtbevölkerung erheblich verfälscht, aber so ist das nun mal mit freien und freiwilligen Wahlen. Immerhin gibt es am frühen Montag einen eindeutigen demokratischen Sieg bei der Abstimmung, denn 75% sind ja nun wirklich ein klares Ergebnis.

Ich werde also, wenn ich die Entblößung fortsetze, als nächstes den mir sehr sympathischen Stephan seines Beinkleides berauben, wie von den abstimmenden Leserinnen (und Lesern?) gewünscht. Mal sehen, wie schnell ich dazu kommen werde und was dabei so alles zum Vorschein kommt.

(Die Abstimmung unter dem ersten Teil lasse ich weiterlaufen, einfach nur so aus Spaß. Aber alle zukünftigen Stimmen können natürlich nicht mehr den Fortgang der Geschichte beeinflussen, denn wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.)

Sonntag, 4. Oktober 2009

Endzeit: Ein untrügliches Zeichen?

bobcantsing Wie in den letzten Jahren üblich, wird bereits vor dem Erscheinen viel über das jeweils nächste Bob Dylan Album diskutiert. Skeptiker gibt es dabei immer und – erstaunlich – immer wieder Stimmen, die zu erkennen geben, dass sie jetzt erst verstanden haben, dass Bob Dylan nicht singt, sondern je nach Song krächzt, gurgelt, nuschelt, bellt, grummelt… – obwohl er das mit Ausnahme von Nashville Skyline (1969) bei jedem Album seines Riesenkataloges (mit alle paar Jahre neu erfundenen Stimmen) so gemacht hat. Nashville Skyline ist bei den Fans seinerzeit ziemlich durchgefallen. Niemand will einen Bob Dylan hören, der eine ganze Platte lang »richtig« singt.

image Allerdings ist dieses Mal, da es beim kommenden Album Christmas In The Heart um ganz und gar konservativ-normale Weihnachtslieder geht und der komplette Erlös jetzt und in alle Zukunft in Zusammenarbeit mit einer Großbank an drei Wohltätigkeitsorganisationen geht, das Getöse um die CD schon recht erheblich. Die LA Times zitiert gar jemanden, der die Tatsache, dass es überhaupt erscheint, als Zeichen der Endzeit ausgemacht hat: Another sign that the end times are near.

Amüsant, sehr amüsant, all die »Fachleute«, Dylanologen, Weltverbesserer und Dösbaddel, die zum Beispiel bei Expecting Rain (in meiner Linkliste zu finden) und andernorts ihre Meinung hinausposaunen, bevor die CD überhaupt erschienen ist. Ich muss leider noch warten, bis ich das Endzeitzeichen zu hören bekomme. Und ich weigere mich, die Soundschnipsel, die verfügbar sind, vorher anzuhören.
offen

Samstag, 3. Oktober 2009

Experimente mit der Schärfentiefe






...ohne weitere Worte.
Oder na ja, so viel doch: Die Kamera und ich, wir lernen einander gerade besser kennen.

Freitag, 2. Oktober 2009

Die Entblößung - Teil 1

Eine faire Warnung vorab: Diese Geschichte endet mitten drin. Einstweilen. Wie es weiter geht, darüber dürfen am Ende dieses ersten Teiles die geschätzten Blogbesucher abstimmen.

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Der E-Mail-Posteingang war so unübersichtlich wie meist nach einem Wochenende ohne Aufruf der iGoogle-Seite. Beim Löschen der unerwünschten Nachrichten hätte Stephan Haberling beinahe die E-Mail ungelesen gelöscht, die in den nächsten Tagen für eine ganz und gar unerwartete Wendung in seinem Leben sorgen sollte. Natürlich konnte er das nicht wissen, der Betreff ließ auch nicht auf persönlichen oder wichtigen Inhalt schließen, deutete eher auf Spam hin. »Ist das dein Bild auf dieser Seite?« stand da. Eigentlich ein typischer Lockvogel-Betreff. Der Absender namens alter.ego@... ließ ebenfalls kein persönliches Schreiben, sondern irgendwelchen Müll erwarten.
Was wäre geschehen, wenn er diese E-Mail nicht geöffnet hätte? Diese Frage stellte sich Stephan Haberling in den nächsten Tagen wohl häufiger als irgendeine andere. Wäre nichts geschehen? Hätte die Entblößung nicht stattgefunden? Oder hätte er nur nichts davon gewusst?
Solche Fragen sind bekanntlich müßig, denn sie ändern nichts daran, dass etwas getan wurde, dass ein Umstand eingetreten ist. So auch in diesem Fall – er hatte die E-Mail geöffnet und gelesen. Eine Möglichkeit des Entlesens existiert nun einmal nicht. Und das Vergessen, das ahnte er bald, würde so leicht nicht fallen.

»Lieber Stephan, mir scheint, dass dieses Foto dich zeigt«, las er, »aber ich bin mir nicht ganz sicher. Und wie kommt es ins Internet? Wer hat es aufgenommen, wo und wann? Wirf doch mal einen Blick darauf, vielleicht ist es für dich ja interessant? Es grüßt herzlich: Alter Ego.«
Es folgte ein Link, und den einfach zu klicken, hütete sich Stephan Haberling. Auf solche simplen Tricks der Virenschleudern fiel er nicht herein. Zunächst schaute er sich den Seitenquelltext an, ob hinter der angezeigten Adresse womöglich eine Umleitung versteckt sei. Dies war jedoch nicht der Fall. Die Verknüpfung führte direkt zu einem öffentlichen Fotoalbum auf Picasaweb, in dem es nur ein einziges Bild zu sehen gab.
Es zeigte, ein Zweifel schien kaum angebracht, tatsächlich ihn selbst. Allerdings war er ratlos, von wem, wann und wo es aufgenommen sein mochte. Auch der Titel der Galerie machte ihn stutzig: »Die Entblößung« stand da. Die Galerie gehörte einem gewissen alter.ego – also mit großer Wahrscheinlichkeit dem Absender der E-Mail.
Die abgebildete Person – Stephan Haberling selbst, soweit er es zu beurteilen vermochte – stand in einem ihm unbekannten Raum und reckte sich in die Höhe, um einen Halogenstrahler zu erreichen. Bekleidet war er mit Sandalen, Jeans und Freizeithemd, die durchaus zu seiner Garderobe gehören mochten. Bei den Jeans war er unsicher, denn die sahen ja alle ähnlich aus, aber das Hemd erkannte er mit ziemlicher Sicherheit. Natürlich war es keine Sonderanfertigung vom persönlichen Schneider nur für ihn, sondern Kaufhausware, aber immerhin hatte er ein solches Kleidungsstück im Schrank und trug es auch recht gerne.
Sein Gesicht war auf dem Bild nach oben gerichtet, das Foto war im Halbprofil aufgenommen, aber es schien keine Verwechslung möglich: Da war er selbst zu sehen, wo und wann und warum auch immer.
Stephan Haberling grübelte, während er das Bild betrachtete. Er suchte in seinen Erinnerungen, aber er wurde nicht fündig. Weder erkannte er den Raum, noch hätte er sagen können, wann er sich jemals nach einem Halogenstrahler ausgestreckt hätte und dabei fotografiert worden wäre. Vielleicht war es doch nur ein Fall von verblüffender Ähnlichkeit?
Und wer war eigentlich dieser Mailabsender? Das musste sich ja wohl klären lassen. Ein Klick zurück zum E-Mail-Posteingang und dann ein Klick auf »antworten« öffnete das Formular. »Wer sind Sie oder wer bist du?«, tippte er. »Kennen wir uns?« Dann klickte er auf »senden« und widmete sich anderen Nachrichten.

Am nächsten Tag war eine Antwort eingetroffen, die jedoch keine Antwort auf seine Frage beinhaltete. Statt dessen las er: »Das zweite Foto ist da.«
Die Galerie zeigte tatsächlich ein weiteres Bild. Eigentlich war es das gleiche Foto, auf den ersten Blick jedenfalls. Jedoch fehlten die Sandalen, er – oder der ihm verblüffend ähnliche Unbekannte – stand nun barfuss an der gleichen Stelle, in der gleichen Haltung. Bis auf die nun bloßen Füße war auch bei genauer Betrachtung kein Unterschied erkennbar. Erneut durchforstete Stephan Haberling seine Erinnerung, aber weder der Raum noch eine auch nur annähernd ähnliche Situation kam ihm in den Sinn.
Er antwortete nicht auf die Mail.

Das dritte Foto, das sich am Morgen des nächsten Tages zu den anderen beiden gesellt hatte, ließ ihn bereits ahnen, dass der Titel der Galerie von jenem mysteriösen »alter ego« mit Bedacht gewählt worden war. Nun war auch das Hemd verschwunden. Jeans und T-Shirt trug er – oder der Unbekannte mit der verblüffenden Ähnlichkeit – noch, keine Sandalen, kein Hemd. Das T-Shirt war, genau wie Jeans und verschwundenes Hemd, kein Einzelstück, er vermochte nicht zu sagen, ob es ihm gehörte oder nicht. Weiße T-Shirts gab es so häufig wie triefende Nasen im November, und selbstverständlich besaß Stephan Haberling mehrere. Er trug sie auch gerne unter Oberhemden oder Pullovern, wie so viele andere Männer verabscheute er die Feinripp-Unterhemden, die zu seiner großen Verwunderung nach wie vor verkauft wurden. An wen auch immer, jedenfalls nicht an ihn.
Keine E-Mail diesmal, vermutlich ging »alter ego« mittlerweile davon aus, dass er schon aus Neugier Picasaweb einen täglichen Besuch abstatten würde. Zu recht.
Wie würde die Entblößung weitergehen, was als nächstes offenbaren? Stephan Haberling vermutete, dass am nächsten Tag das T-Shirt verschwinden würde, aber natürlich konnte er nicht sicher sein. Erst die Sandalen, dann das Oberhemd. Wenn er selbst sich auszöge, und nicht ein Unbekannter ihn – falls man das überhaupt so sagen konnte in diesem Fall – hätte er zunächst das Oberhemd, dann das T-Shirt abgelegt, anschließend dann die Sandalen, falls er auch aus der Hose zu schlüpfen gedachte.
zille Ihm fiel Natalie ein, seit der Kindheit hatte er nicht mehr an sie gedacht. Sie war in seinem Alter, Tochter der Nachbarn und häufige Spielkameradin, seit die beiden eingeschult worden waren. Im Sommer kam sie oft mit zum Baden, da ihre alleinerziehende Mutter kaum die Zeit fand, mit Natalie an einen See oder ins Freibad zu gehen. Schon beim ersten Ausflug an den nahegelegenen See war Stephan aufgefallen, dass Natalie sich »verkehrt herum« auszog. Sie entledigte sich zuerst der Schuhe, dann der Hose und des Schlüpfers, bevor sie sich daran machte, den Oberkörper von den Textilien zu befreien. Badebekleidung war damals aus finanziellen Gründen weder in Stephans Familie noch bei Natalie vorhanden, also ging man, wenn der Ausflug zum Schwimmen diente, an eine der FKK-Badestellen. Stephan zog sich von oben nach unten aus, wie alle anderen, die er kannte. Wenn es einige Stunden später wieder nach Hause gehen sollte, schlüpfte er zuerst in die Unterhose und Jeans, während Natalie die umgekehrte Reihenfolge ihres Entkleidens wählte. Zuerst griff sie zu Hemd und Bluse, dann erst wurde ihre untere Körperhälfte mit Textilien bedeckt.
Warum ihm nun diese Erinnerung an Kindheitstage einfiel, konnte Stephan nicht sagen, abgesehen von dem Umstand, dass die ersten drei Bilder in der Galerie nicht seiner gewohnten Reihenfolge entsprachen, Kleidungsstücke abzulegen.

Am Morgen des vierten Tages, noch im Bett, überlegte Stephan Haberling, was »alter ego« eigentlich bezwecken wollte. Es gab keinen Hinweis darauf, ob die Galerie irgend einen Sinn hatte außer dem, eine Entblößung – seine Entblößung womöglich – vorzuführen. Sicher war er sich immer noch nicht, ob die Bilder wirklich ihn zeigten. Er war nie in dem Raum gewesen, der auf den Bildern zu sehen war, und schon gar nicht mit jemandem, der ihn unter einem Halogenstrahler fotografiert hätte. Noch dazu mehrmals, nach dem Ablegen eines Kleidungsstückes nach dem anderen...
Da die Bilder keine wesentlich jüngere Person zeigten, hätte eine Erinnerung da sein müssen, wenn die Aufnahmen tatsächlich stattgefunden hätten.
Wenn nicht – was dann? Spielte ihm hier jemand einen Streich? Wozu? Einfach nur so? Oder doch mit einem Hintergedanken, einem Ziel? Mit Photoshop, oder wie konnte das technisch vonstatten gehen? Diesbezüglich war er wenig bewandert.
Stephan Haberling stand ohne Ergebnis seiner Grübeleien auf und schaltete den Computer ein. Eine neue E-Mail von alter.ego lag im Posteingang bereit.

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So, liebe Leser, wie soll es weiter gehen mit der Entblößung? Die Fortsetzung ist noch nicht geschrieben...


Welches Kleidungsstück fehlt am vierten Tag?
Die Jeans.
Das T-Shirt.
Auswertung


P.S.: Ich werde bis Sonntag Abend warten, wer oder was hier die Wahl gewinnt.

Update 5. Oktober: Wer mag, kann weiter abstimmen, aber die Geschichte wird nun so fortgesetzt, wie es die Mehrheit bis zum Montag. dem 5. Oktober, gewünscht hat: Die Hose muss weg.

Update 12. Oktober: Hier geht es zur Fortsetzung: Die Entblößung - Teil 2

Donnerstag, 1. Oktober 2009

Kein Twitter-Account


Wenn ich twittern/tweeten würde, könnte ich heute die Welt wissen lassen beziehungsweise fragen:

Armbanduhr zu Hause vergessen. Bin ich jetzt zeitlos?

Aber ich habe eben keinen Twitter-Account. Daher wird die Welt nichts von dieser schwerwiegenden Frage erfahren.

Microsoft hat fertig: Security Essentials

Lange hat es gedauert, ich war so frei, unter Windows 7 bereits die Testphase mitzumachen, und nun kann jeder die Früchte der Betaphase ernten. Kostenlos. Ohne Haken und Ösen*. Microsoft hat seine Anti-Viren Software freigegeben.



Ein paar Millionen Menschen mit Windows-PCs werden erleichtert aufatmen, dass die Zeit der täglichen Popups (im Fall von kostenloser Software wie Avira) und die Zeit der Kosten von Kauf-Programmen vorbei ist.
Eine Handvoll Herzen bei den Herstellern von Bezahlprogrammen werden brechen.
Die Apple- und Linux-Fans werden sich wieder ins Fäustchen lachen, denn sie haben so gut wie keine Viren-Probleme.

Security Essentials ist - nomen es omen - eine essentielle Sicherheitslösung, kein Programmpaket mit Back-Up-Software, Wiederherstellungskonsole und anderen Komponenten. Für Heimanwender und kleine Home-Office Netzwerke aber genau das Richtige. Mehr dazu hier beim Spiegel.

Meine mehrmonatige Testphase auf dem Windows-7-Rechner verlief jedenfalls so zufriedenstellend, dass auch auf unseren anderen PCs jetzt Avira entfernt und Security Essentials installiert wird. Der Rechner wird nicht spürbar ausgebremst, es nerven keine überflüssigen Meldungen und Kauf-mich-endlich-als-Bezahlversion-Pop-Ups, und die täglichen Updates laufen genauso unauffällig im Hintergrund wie die ganze Software.

Mein Fazit: Empfehlenswert!

*Die einzige Öse: Wer ein geklautes Windows hat, wird Security Essentials nicht ohne weiteres installieren können. Und das ist auch gut so.

Programmhinweis: Morgen gibt es auf diesem Blog endlich mal wieder etwas aus der Rubrik »Erzähltes«.

Mittwoch, 30. September 2009

Unser Bruder Judas

Einige biblische Texte hört man selten in einer Predigt und liest auch kaum jemals eine Auslegung dazu. Zum Beispiel diese drei Verse aus Apostelgeschichte 1, in denen Petrus über Judas berichtet:
…denn er gehörte zu uns und hatte dieses Amt mit uns empfangen. Der hat einen Acker erworben mit dem Lohn für seine Ungerechtigkeit. Aber er ist vornüber gestürzt und mitten entzweigeborsten, sodass alle seine Eingeweide hervorquollen. Und es ist allen bekannt geworden, die in Jerusalem wohnen, sodass dieser Acker in ihrer Sprache genannt wird: Hakeldamach, das heißt Blutacker.
Im Matthäusevangelium finden wir eine abweichende Version, dort tut Judas Buße (»Ich habe Unrecht getan, dass ich unschuldiges Blut verraten habe«), gibt das Geld zurück und erhängt sich anschließend. Hier in der Apostelgeschichte kauft er ein Feld mit seinem Lohn für den Verrat und stürzt, was zu einer tödlichen Verletzung führt.
Er stirbt allein in einer Blutlache. Oder allein am Strick. Wie auch immer: Er stirbt in dem Wissen, dass er ein Sünder ist und denkt möglicherweise bis zum letzten Moment seines Lebens, dass Gott ihn nicht mehr haben will.

Für Judas gibt es kein Ostern. Er gibt keine Auferstehung. Ihm leuchtet nicht das Licht, das von keiner Finsternis überwältigt werden kann. Judas hat keine Erwartungen an die Zukunft, weiß nicht, dass Jesus auferstanden ist. Er legt seine Finger nicht in die Wundmale seines Rabbi. Er nimmt nicht an der Mahlzeit am Seeufer teil, die Jesus seinen fischenden Jüngern vorbereitet. Er wird nie mit Freude erfüllt, erlebt nicht, wie der Heilige Geist auf die versammelten Jünger fällt.
Er war auch nicht mehr dabei, als Jesus vor seiner Kreuzigung mit seinen Jüngern das Brot brach und den Wein austeilte. Er weiß nichts vom Abendmahl, von Versöhnung durch das Opfer des Lammes für die Sünden der Welt.*
Er wählt den Tod, bevor er erkennen kann, dass der Tod besiegt ist.

Unser Bruder Judas. Hat er etwas getan, was nicht vergeben werden könnte? Wieso scheitert er, der Jesus verrät, und Petrus, der seinen Meister drei Mal verleugnet und sich dabei selbst verflucht, wird zum Felsen, auf dem die Gemeinde gebaut werden kann? War die Sünde des Judas schlimmer als die des Petrus? Gab es für seinen Fall keine Vergebung?
Keineswegs, und wenn wir schon bei der Sache sind: Weder Petrus noch Judas waren besser oder schlechter als irgendjemand von uns. Wir sind alle schuldig vor Gott, daran gibt es nichts zu zweifeln. Es sei denn, jemand unter meinen Lesern wäre frei von jeglicher Schuld – in diesem Fall: Herzlichen Glückwunsch.
Aber wir, die wir uns als Menschen verstehen, die Vergebung brauchen, haben mit Petrus etwas gemein, was Judas nicht vergönnt war. Wir hatten oder haben jemanden, der uns von der Gnade, der Möglichkeit, dass uns vergeben wird, zu berichten wusste. Womöglich liegt hier die Ursache dafür, dass Judas so früh zu Tode kam, egal ob er nun gestürzt ist oder sich erhängt hat:
Judas ist allein. Er trägt seine Last mit sich in den Tod, weil er aus der Gemeinschaft ausgeschlossen ist, in der er das Wort von der verfügbaren Gnade hätte vernehmen können. Seine Ohren hören nichts von Vergebung, von Liebe, von neuem Anfang. Das alles erzählt ihm niemand in seiner Einsamkeit.

Wie hätte wohl die erste Gemeinde ausgesehen, wenn Judas wie Petrus Vergebung empfangen hätte? Jesus hatte wieder und wieder gesagt, dass seine Jünger Vergebung in seinem Namen predigen (und praktizieren!) sollten. Es war gerade die Vergebung von Sünden, die Jesus häufig Widerspruch von seinen religiösen Zeitgenossen einbrachte. Die Sache war ihm so wichtig, dass er nicht davon abließ, sich den Menschen zuzuwenden, ihre Sünden zu vergeben und Gnade zu verkünden. Wäre Judas ein Apostel geworden, in dessen Verkündigung »Amazing Grace« die zentrale Rolle gespielt hätte?

Womöglich war Judas dazu vorherbestimmt, Jesus zu verraten. Es kann sein, dass sich alles bis zum Verrat so entwickeln musste. Darüber debattieren Theologen – hier ist es nicht entscheidend. Meine Frage ist vielmehr: Ist Judas zu früh in den Tod gestürzt? Er hat sich der Gnade, von der er als Nachfolger Jesu oft gehört hatte, nicht bedient. Aber hat ihn jemand aus dem Kreis der Jünger aufgesucht, ihn an die Vergebung erinnert? Vermutlich war es für die übrigen Jünger zu schmerzhaft, ausgerechnet zu dem zu gehen, der ihren Meister an die Feinde verkauft hatte. Es war wohl leichter, ihn als das Problem zu identifizieren, als denjenigen, der an allem schuldig geworden war. Das würde auch mir leicht fallen: Judas ist der Verräter, nicht ich!
Hand aufs Herz: Wir suchen alle gerne nach dem Sündenbock, damit wir uns nicht mit der beklemmenden Wahrheit beschäftigen müssen, dass wir keineswegs ohne Schuld sind.

Haben die Jünger Buße getan, dass sie Judas in seinen Tod, ob nun durch Erhängen wie bei Matthäus oder Sturz wie bei Lukas, haben laufen lassen? Sie waren beauftragt, der Welt die frohe Botschaft der Gnade zu verkünden, und die Gnade brauchten sie selbst genauso wie jeder von uns. Vielleicht auch wegen der Tatsache, dass sie ihren Bruder Judas alleine gelassen haben.
Wir alle, sofern wir noch sündigen (was bei mir der Fall ist), müssen immer wieder hören, wer Gott ist und was er will, was er für uns bereits getan hat. Wir müssen einander von unseren Fesseln der Schuld befreien helfen, indem wir einander an das Bekenntnis der Schuld und die Vergebung erinnern. Wir müssen durch die Isolation durchdringen, die ein Sünder um sich aufgebaut haben mag, damit wir mit ihm vor Christus stehen und um Gnade bitten können. Sonst landet er womöglich im Selbstmord, oder seine Eingeweide platzen aus dem aufgerissenen Bauch – ohne dass ihn jemand jemals darüber informiert hat, dass absolute keine Sünde zu groß für Gottes Gnade ist.

Niemand muss ihm Gericht und Verdammnis predigen: Judas weiß genau, dass er schuldig geworden ist. Er ist einsam, ausgestoßen, weil er sich selbst aus dem Kreis der Jünger entfernt hat. Also selbst schuld? So gesehen bestimmt. Aber keiner kommt und lädt ihn zum Abendessen ein. Niemand bringt ihm eine warme Mahlzeit, es gibt keine kleine Geste, die sagt: Du bist dennoch nicht allein. Er kann sein Herz nicht ausschütten, seine Verzweiflung nicht mitteilen, es gibt keinen Arm, der sich tröstend um seine Schulter legt und ihm einen Funken Wärme schenkt.

Judas hat als Jünger Kenntnis von dem, was Jesus getan und verkündet hat. Nur in seiner dunkelsten Verzweiflung ist dieses Wissen verschüttet unter Schuld und Schmerz. Wie sieht es mit unseren Nachbarn aus? Hat ihnen jemand von der Gnade Gottes erzählt? Wer bereitet ihnen eine warme Mahlzeit, die ausdrückt: Du bist nicht allein! Wer hilft dem kaum Deutsch sprechenden Kind aus der Nachbarschaft bei den Hausaufgaben, damit es weiß, dass sein Schicksal nicht belanglos ist? Wer schenkt dem Obdachlosen einen Mantel, einfach weil er ein Mensch in Not ist? Wer lässt die zornigen Jugendlichen, die Autos anzünden und überhaupt alles zerstören wollen, spüren, dass nicht die ganze Welt gegen sie ist?

Vielleicht sind wir zu beschäftigt mit dem Hören von Predigten, der Anbetung, dem »Soaken« und der Organisation des nächsten Gemeindefestes. Während wir das 99ste Buch über die Gaben des Heiligen Geistes lesen, geht Judas hinaus auf das Feld und kommt zu Tode.

Tröstlich: Er ist selber schuld, er hätte schließlich auch zu uns kommen können, die Tür ist ja jeden Sonntag offen, oder etwa nicht?


* Nachträgliche Streichung / Korrektur: Gemäß dem Bericht im Lukasevangelium hat Judas am Abendmahl teilgenommen - das hatte ich nicht im Kopf beim Schreiben (siehe Kommentare).

P.P.S.: Inspiriert wurde dieser Text von einer Predigt, die Nadia Bolz-Weber geschrieben hat (einige Passagen habe ich von ihr übernommen / übersetzt).

Dienstag, 29. September 2009

Nur ein Glas pro Tag!


Gefunden: Irgendwo im Netz, weißnichtmehrwo. Prost!

Montag, 28. September 2009

Gestern: Wählen gegangen.

Wir Berliner sind ja nun mal wir Berliner. Nicht unbedingt so, wie die Bewohner des übrigen Landes. Auch an den Wahlergebnissen ist das jedes Mal abzulesen.
Bei obigem Ergebnis war ich mit meinen beiden Stimmen beteiligt, denn das ist der Wahlkreis, dem ich wegen des Wohnortes zugeordnet bin. Auch bei dem folgenden Ergebnis ist naturgemäß meine Wahl enthalten:
Nichts zu tun habe ich mit dem, was in jenem Teil unserer Stadt zustande gekommen ist, der auch 20 Jahre nach dem Ende der Teilung der Stadt zeigt, dass eben nicht immer zusammenwächst, was zusammen gehört.
Oder gehört hier etwas einfach nicht zusammen und wird daher auch nicht zusammenwachsen?
Wie auch immer - nun wird sich zeigen, ob die neue Bundesregierung, die ja zum Teil die alte sein wird, in der Lage ist, sich an die Wahlversprechungen zu erinnern und - wenn das der Fall sein sollte - diese auch in konkrete Politik umzusetzen. In spätestens vier Jahren wird der Wähler darüber befinden, ob und wie das gelungen ist.