Montag, 16. November 2009

Der Gastgeber...

…dieses Blogs war am vergangenen Wochenende überwiegend faul. Müßig. Saumselig. Untätig. Betulich. Gelassen. Träge. Entspannt. Traumselig. Seelenbaumelig.

schläftigOben ist der Dichter beim Schlummern zu sehen, sogar zu faul zum Abtrocknen nach dem Bade war er offenbar. Daher gibt es heute und hier keinen auch nur einigermaßen sinnvollen oder zumindest Vorbereitung erfordernden Beitrag.

Etliche Fotos sind sowieso schon da, also mühelos zu bloggen. Das untere beispielsweise ist der Beweis, dass man erstens in einer Damenboutique mit nicht sonderlich kunstvoll versteckter Kamera Fotos machen und zweitens auch noch sich selbst im Motiv unterbringen kann.

spionage Vorsicht: Wer auf die Bilder klickt, bekommt die volle Auflösung – also ziemlich viele Megabytes. Sinnvoll? Nö, wozu denn.

Samstag, 14. November 2009

Auch Esel brauchen mal eine Pause

Ein Esel? Oder zwei? Oder drei? Wir sind für ein geringfügig verlängertes Wochenende in Bad Sassendorf gelandet. Der Ort ist laut Kurverwaltung ein staatlich anerkanntes Moor- und Soleheilbad für Rheuma, Herz-Kreislauf und Luftwegerkrankungen sowie Frauenleiden - was immer letzteres auch genau bezeichnen mag.

Nun leiden weder ich noch die beste aller Ehefrauen an einer der genannten Malaisen, aber da wir sowieso in diese Gegend mussten, haben wir eben ein nettes Hotel gebucht und spannen mal aus, bevor uns am Montag der Alltag wieder in seine Klauen nimmt.

Gestern (für die geneigten Blogbesucher gestern, ich schreibe dies am Freitag Abend) haben wir gestadtbummelt, wobei ich vergeblich versucht habe, einem munteren Gesellen beim Anschieben seines Esels zu helfen, im Hotelschwimmbad (angemessen bekleidet) das angenehm temperierte Wasser genossen und (angemessen unbekleidet) in der schön heißen Sauna geschwitzt, dann hat die beste aller Ehefrauen Zanderfilet (!) im Restaurant gegessen, während mir eher nach Hirsch zumute war.

Am Samstag, also für den geschätzten Blogbesucher heute, wollen wir Soest besuchen (5 Kilometer von Bad Sassendorf gelegen), da wir schon viele Jahre in der Soester Straße wohnen und nun die vermutlich einmalige Gelegenheit haben, die Namensgeberin unserer Wohnanschrift kennen zu lernen.

Ach ja: Beim Stadtbummel trafen wir Lisa und Stephan, sie lassen herzlich grüßen.

Freitag, 13. November 2009

Die Entblößung – Teil 7

Heute, liebe regelmäßige Leser, gibt es den siebten und letzten Teil der Geschichte, die als Mitmach-Experiment begonnen hat. Der eine oder die andere mag nun »schade« stöhnen oder auch nicht, aber anders als bei Jack Bauer ist ein Schluss in diesem Fall wirklich ein Schluss.

Wer die ersten Teile nicht gelesen hat, möge ich selbst den Gefallen tun, dies nachzuholen, bevor er den Schluss liest. Ich kann niemanden dazu zwingen, aber doch dringend empfehlen, sich nicht selbst den Spaß und die Spannung zu verderben. Teil 1 ///Teil 2 /// Teil 3 // Teil 4 // Teil 5 // Teil 6

Ist mein Experiment gelungen? Das zu beurteilen bleibt den geschätzten Lesern überlassen, die Meinung kann jeder und jede gerne am Ende dieser letzten Fortsetzung durch die auch diesmal vorhandene Abstimmung kundtun.

Doch nun schnell, bevor das Essen kalt wird, ins Restaurant zu Lisa und Stephan, die mir in den letzten Wochen sehr ans Herz gewachsen sind.

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»In Butter gebratenes Zanderfilet, serviert auf knackigem Kürbisgemüse, dazu Stampfkartoffeln, garniert mit einem Klecks Creme Fraiche« – Lisa war mit zufrieden mit ihrem Mittagessen. Stephan Haberling, der lieber etwas Deftiges mochte, hatte sich für ein »Rumpsteak (ca. 230 g), mariniert mit Sojasauce, braunem Zucker, Worchestersoße, beträufelt mit einem Schuss Whisky, am Grill zubereitet, dazu hausgemachte Rosmarinbutter, Steakhousepommes & Tomaten - Zwiebel – Salat« entschieden, und auch er sah keinen Grund, sich zu beschweren.

Während sie gegessen hatten, war Lisa nicht bereit gewesen, über die vielen Fragen zu sprechen, die in ihm zappelten wie der frisch gefangene Zander vermutlich im Netz, bevor er in der Küche und schließlich auf Lisas Teller gelandet war. Er hatte gefragt, nach den nur schwach verklausulierten »Briefmarken«, nach den sehr privaten Fotos auf Isis’ Notebook, nach der entblößenden Galerie, aber Lisa – getreu ihrem Motto, auf Fragen nicht immer, eher selten, zu antworten – hatte zwar freundlich geplaudert, jedoch keine Antworten gegeben.

Die Kellnerin räumte das Geschirr ab und fragte nach weiteren Wünschen.

»Zwei Latte macchiato«, bat Lisa. Die Kellnerin meinte »gerne, kommt sofort« und verschwand.

»Woher weißt du, dass ich nach einer Mahlzeit gerne Latte macchiato bestelle?«

»Ich weiß mehr über dich und kenne dich besser, als du ahnst, Stephan. Du wurdest seit über acht Monaten beobachtet. Ich selbst bin seit zwei Monaten häufig in deiner Nähe gewesen, war auch mehrmals in deiner Wohnung, wenn du unterwegs warst. Das mit dem Latte macchiato ist so typisch für dich wie die unwägbaren Nebenwirkungen für eine H1N1-Impfung.«

»Das musst du mir erklären.«

»Die Nebenwirkungen?«

»Unfug. Natürlich die Beobachtung, Beschattung, oder sollte ich eher von Ausspionieren sprechen?«

»Eigentlich solltest du nicht verwundert sein. Du weißt doch, was Isis wirklich getan hat.«

Er wusste manches, aber vieles war auch unklar, vernebelt, gemutmaßt. Sie hatte, getarnt durch Scheintätigkeiten, seit vielen Jahren für den ägyptischen Geheimdienst gearbeitet. Vor der Hochzeit waren Stephan Haberlings Vergangenheit und Gegenwart bis ins Detail durchleuchtet worden, denn obwohl ihm Isis nie Einzelheiten aus ihrer Tätigkeit verriet, war es unumgänglich, dass er einiges mitbekam. Was es mit der angeblichen Briefmarkensammlung auf sich hatte, reimte er sich nach ihrem Tod selbst zusammen.

Er blickte in Lisas Augen, die den Augen seiner Isis so sehr glichen. »Sie war hinter den Attentätern her, oder?«

»Ja. Der ägyptische Geheimdienst hatte Informationen gesammelt, die auf einen Anschlag hindeuteten. Man wusste, dass irgendwie Piloten eine Rolle spielten, die von Ägypten über den Libanon und Deutschland nach Amerika gegangen waren. Die Briefmarke mit den Piloten stand für die Namen, die Landkarten-Briefmarke für das Ziel – oder die Ziele, wie wir heute wissen.«

»Und welches Puzzleteil hattest du? Welche Rolle spieltest du überhaupt?«

Lisa wartete, bis die Kellnerin die beiden Latte macchiato hingestellt hatte und wieder verschwunden war. Dann erklärte sie: »Die ganze Geschichte darf und werde ich dir nicht erzählen. Aber du sollst wissen, dass mein vorgetäuschter Unfalltod ein geplantes Verschwinden war, weil ich, damals ebenfalls im Dienst des Geheimdienstes, vor der Enttarnung stand. Inzwischen ist viel Zeit vergangen und diejenigen, die hinter meine Tarnung gekommen waren, sind tot. Meine aktive Mitarbeit im Geheimdienst endete im Dezember 2001. Daher konnte ich es wagen, vorsichtig und in Etappen, als Lisa del Giocondo aufzutauchen und ein halbwegs normales Leben zu beginnen.«

»Und was wolltest du Isis so dringend mitteilen?«

»Ich hatte – wir hatten drei Namen. Mohammed Atta, Marwan al-Shehhi und Ziad Jarrah. Wenn ich Isis diese noch rechtzeitig, also am 10. September, hätte nennen können, vielleicht wäre noch etwas aufzuhalten gewesen. Vermutlich nicht, die Zeit war zu knapp, aber der Gedanke lässt mich seit 2001 nicht los.«

»Weißt du, warum Isis im World Trade Center war?«

»Dort war ein als Agentur für Antiquitätenhandel getarntes Büro des ägyptischen Geheimdienstes untergebracht. Es lag im 95. Stockwerk des Nordturmes, daher weiß ich zumindest, dass meine Schwester sofort tot war, nicht leiden und vergeblich um ihr Leben kämpfen musste.«

»Das hatte ich immer gehofft, aber ich wusste nichts Genaues.«

»Man hat mir aus ihrem Hotelzimmer damals unter anderem ihren Computer gebracht, nachdem die Spezialisten vom Geheimdienst mit den Untersuchungen fertig waren. In ihren Outlook-Terminen habe ich dann das Büro und die Uhrzeit des Treffens gefunden. Da stand Briefmarkensammlung vorstellen, 08:30 Uhr und der Ort, das Büro im World Trade Center. Isis war immer pünktlich. Sie muss zum Zeitpunkt des Anschlages genau dort gewesen sein.«

 

Lisa und Stephan am Schlachtensee Später spazierten Stephan Haberling und Lisa del Giocondo, obwohl leichter Regen eingesetzt hatte, um den Schlachtensee. Er verstand sich selbst nicht recht. In Lisas Nähe zu sein war wie eine Wiedergeburt. Nach dem 11. September 2001 hatte sich sein Leben nicht nur äußerlich durch den Verlust der Ehefrau, sondern – und vielleicht sogar vor allem – bezüglich seiner Einstellung zum Leben und Sterben geändert. Ob er morgen wieder aufwachen würde, spielte am Abend jedes beliebigen Tages keine Rolle. Er hatte Freundschaften, aber es gab keinen Menschen, der ihm so am Herzen lag, dass er wegen dieser Person leben wollte. Umgekehrt wusste er von niemandem, für den oder die sein Abscheiden ein unwiederbringlicher Verlust gewesen wäre. Stephan Haberling lebte gerne, aber er klammerte sich nicht an das Diesseits, seit Isis nicht mehr bei ihm war.

Und nun schien sich binnen weniger Tage, eher Stunden, alles zu ändern. Eine Frau, von der er noch so gut wie nichts wusste, die er kaum kennen gelernt hatte, stellte sein Innenleben völlig auf den Kopf. Wider jede Vernunft. Wider jeden Verstand.

»Hast du dich eigentlich in mich verliebt?«, fragte er.

Lisa zögerte keinen Augenblick mit ihrer Antwort: »Ja.«

»Einfach nur ja?«

»Einfach nur ja. Kein wenn, kein aber. Ja.«

»Aber warum tust du mir das an, mit der Entblößung in der Galerie?«

»Du bist ein wunderbarer Aber-Mensch, Stephan. Die Antwort liegt in dir, du musst sie selber finden. Du wirst sie selber finden.«

Sie wichen zwei Dalmatinern aus, die vergnügt miteinander tollten. Die Besitzerin lächelte entschuldigend-schuldbewusst und erklärte ungefragt: »Die tun nichts, die sind nur etwas wild.«

Als sie an der Dame und ihren Hunden vorbei waren, ergänzte Lisa: »Manchmal bin ich auch nur etwas wild.«

»Aber du tust auch was. Männer im Internet bloßstellen, zum Beispiel.«

»Männer? Nein. Einen Mann. Ich habe zwar schon zahlreiche Aktfotos gemacht, das gehört ja zu meinem Beruf, aber die bekamen natürlich nur die Kunden zu sehen, die sie in Auftrag gegeben hatten.«

»Was sind denn das so für Kunden?«

»Wollen wir in der Fischerhütte noch einen Kaffee trinken gehen, oder lieber nach Hause fahren?«, fragte Lisa, statt zu antworten.

Stephan nahm ganz automatisch an, dass mit zu Hause seine Wohnung gemeint war. »Ich könnte meine De Longhi veranlassen, uns zwei Getränke nach Wahl zu produzieren.«

Sie stiegen in Stephans Auto, für das sie am Elvirasteig einen Parkplatz gefunden hatten. Lisa griff unter den Beifahrersitz und warf dann etwas aus dem Fenster, als Stephan gerade losfuhr.

»Was war das denn?«

»Das Abhören hat sich seit einigen Wochen erübrigt. Ich hatte nur vergessen, die Wanze aus deinem wunderbaren HHR zu entfernen. Aber zugehört hat schon länger niemand mehr. In deiner Wohnung ist bereits alles beseitigt worden, was meine ägyptischen Freunde installiert hatten. Wir sind sozusagen freigegeben und nur noch unter uns.«

 

»Das Hemd steht dir übrigens wirklich gut«, sagte Lisa del Giocondo, als sie in Stehpan Haberlings Küche standen und darauf warteten, dass die Maschine ihre Arbeit verrichtete.

Er grinste, war gespannt, ob sie tatsächlich ein Gespräch über seine Kleidung anstoßen wollte oder wie so oft gleich wieder das Thema wechseln würde. Am Morgen hatte er sich entsprechend der Entblößung im Internet gekleidet. Und entsprechend der Reihenfolge, die er vor gefühlten hundert Jahren bei der kleinen Natalie beobachtet hatte. Zuerst das T-Shirt, dann das Freizeithemd, anschließend erst Jockey-Briefs und Jeans.

Zum Restaurantbesuch hatte er Socken und feste Schuhe angezogen, zu Hause trug er gewöhnlich nur leichte Sandalen an den bloßen Füßen, so auch jetzt wieder.

Lisa musterte ihn schmunzelnd, während er die erste gefüllte Tasse gegen eine leere auswechselte und wieder auf Caffeelatte drückte. Unvermittelt nahm sie ihn in die Arme und drückte ihn fest an sich. Er ließ es sich gerne geschehen – seinetwegen konnte dieser Augenblick sich unendlich ausdehnen. Es fühlte sich so neu und doch so alt an wie eine Erinnerung aus Kindheitstagen, die längt vergessen schien und plötzlich, vielleicht durch ein Geräusch oder einen Geruch geweckt, wieder da ist, als sei das zum Geruch oder Geräusch gehörende Ereignis erst Minuten her.

Und nun begriff er plötzlich. Er verstand und fragte sich, warum er so lange gebraucht hatte.

Sanft nahm er Lisa in die Arme, ließ seine Hände über ihren Rücken streichen. Schmiegte sie sich noch enger an ihn? Er schob behutsam den Saum ihres Pullovers in die Höhe. Sie schien erleichtert auszuatmen, zumindest deutete er das Geräusch so, das er von ihrem an seine Brust gepressten Gesicht vernahm. Sie wich einige Millimeter zurück, aber nur so weit, dass es möglich wurde, sie vom Pullover zu befreien.

Was du nicht willst, dass man dir tu, das füg auch keinem andren zu.

Wieso hatte er eine so lange Leitung gehabt? Sie hatte ihm im Internet lediglich zugefügt, was sie wollte, dass er ihr tat.

Man könnte das ja noch aufhalten. Irgendwie.

Er war gerade dabei, es aufzuhalten. Nicht irgendwie, sondern auf die einzig mögliche Art und Weise. Er tastete nach ihrem Jeansgürtel.

 

Einige Tage später fiel ihm ein, dass eine einzige Antwort noch fehlte. Sie waren vom Einkaufen nach Hause gekommen und im Treppenhaus dem stets wachsamen Nachbarn Detlef Fischer begegnet.

»Mein Nachbar, beziehungsweise sein Kollege im Polizeilabor, war überzeugt, dass die Fotos echt, also nicht nachträglich manipuliert, waren. Hat er sich einfach geirrt oder wie hast du das angestellt?«

Lisa lachte vergnügt und erklärte: »Isis und du, ihr habt es mir sehr leicht gemacht. Der hellgrüne Hintergrund mit so gut wie keinen Farbschattierungen ist ideal, wenn man jemanden oder etwas ausschneiden und vor einen anderen Hintergrund stellen will. Das geht sogar mit bewegten Objekten, zum Beispiel im Nachrichtenstudio eines Fernsehsenders. Der Sprecher steht oder sitzt vor einer grünen Fläche. Du siehst am Bildschirm etwas ganz anderes. Das wirklich etwas Kniffelige war, ein paar Kleidungsstücke aus Deinem Schrank an die Person zu bekommen. Da musste ich mit einer Schaufensterpuppe und allerlei Tricks experimentieren.«

»Und das konnten die im Polizeilabor nicht feststellen?«

Sie zuckte mit den Schultern. »Erstens bin ich Profi hinter der Kamera und bei der Bearbeitung, und zweitens wollten die Leser unserer Geschichte mehrheitlich, dass die Fotos für echt befunden werden. Gegen den Leserwillen kann selbst die Polizei nichts ausrichten.«

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So, das war es nun also, das Ende der Geschichte. Die beiden dürfen nun von uns unbeobachtet weiter leben, lieben und womöglich leiden. Wer weiß das schon, was das Leben bringen wird.

Und die geschätzten Leser? Die dürfen abstimmen, ob sie irgendwann einmal ein ähnliches Experiment an dieser Stelle lesen und begleiten möchten.

Das Experiment der Mitmach-Geschichte...
...hat mir gefallen. Bitte wieder mal so was in der Art.
...fand ich nicht gelungen. Lass es lieber sein.
Auswertung

Ich wünsche ein angenehmes Wochenende. Lisa und Stephan sind, das weiß ich aus gut unterrichteter Quelle, zu einem Wohlfühl- und Ausspann-Wochenende in Bad Sassendorf, wo immer das auch sein mag.

Donnerstag, 12. November 2009

Markus Zusak: The Book Thief

Let’s go, Saukerl! … What do you bet, you little Saumensch? … She schmunzelled. … They returned to Frau Diller’s, Heil Hitlered and waited. - Dieses Buch sollte man, wenn man es denn vermag, unbedingt auf Englisch lesen. Der Sprachwitz, der durch die bajuwarischen Brocken entsteht, geht unweigerlich verloren, wenn eine Übersetzung ins Deutsche vorliegt. Und die Sprache, die Markus Zusak entwickelt, ist ganz hervorragend geeignet, den Leser nicht mehr von der Angel zu lassen, hat er erst einmal angebissen.
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Wir begleiten in The Book Thief Liesel Meminger durch fünf Jahre ihres Lebens im Hitlerdeutschland. Sie ist neun Jahre alt, als sie einer Pflegefamilie übergeben wird, die in der Himmelstraße in Molching wohnt, einem Vorort von München.
Der Tod selbst erzählt uns ihre Geschichte, auf eine Art und Weise, die mir in der Literatur noch nicht begegnet ist. Er ist nicht der grausame Sensenmann, sondern er tut einfach nur seine Arbeit, und die fällt ihm oft genug nicht leicht. Er weiß jedoch, dass alles Meckern oder Aufbegehren vergeblich wäre, also verrichtet er seinen Dienst so human - ist das Wort angebracht? - wie möglich.
Die Zeit, in der die Markus Zusak die Erzählung angesiedelt, ist alles andere als human. Manchem ist der Tod ein willkommener Besucher, mancher sucht ihn gar bewusst, weil das Leben unerträglich geworden ist. Viele holt der Tod auch ungefragt, weil The Führer nun einmal seine Wege geht.
Liesels kindliche, aber keineswegs kindische Perspektive auf das Leben wirkt von der ersten bis zur letzten Seite des Romans glaubhaft, es gelingt dem Autor, sich und den Leser in dieses Mädchen hineinzuversetzen. Das Kleinstadtleben unter den Nazis verändert sich langsam, jedoch unaufhaltsam. Misstrauen unter Nachbarn wächst, die Juden verschwinden aus der Stadt, um später in Ketten durch Molchings Straßen nach Dachau geführt zu werden, Hunger und Mangel nehmen zu. Und dennoch bleiben Kindheitsrituale wie Fußballspiele auf der Straße unverändert, hat das Leben auch heitere Facetten.
Markus Zusak hat für dieses Buch zwar keine herausragend neue Handlung ersonnen, aber er erzählt die Geschichte auf fesselnde Weise. Sein handwerklich makelloser Umgang mit der Sprache (wobei mitunter für den deutschen Leser die bayerischen Schnipsel in den Sätzen ziemlich amüsant sein können) ist das eine, die liebevolle Gestaltung des Buches mit kleinen Skizzen und Bildern, optisch herausgehobenen Anmerkungen des Todes zum Geschehen und die gelegentlichen Zeitsprünge das andere, was dieses Werk so einzigartig macht. Ich neige nicht zu Superlativen, aber hier ist ein klares Wort am Platz: The Book Thief ist eines der besten Bücher, die ich in den vergangenen Jahren gelesen habe.

Mein Fazit: Wer sich auf die Lektüre mit ihren überraschenden Eigenarten einlässt, beschenkt sich mit einem Leseerlebnis der unvergesslichen Art. Das Buch ist manchmal dramatisch, es ist zeitweise komisch, es ist stellenweise tragisch. Das Buch ist eben wie das Leben selbst.

Den Roman gibt es für 5,95 Euro (Taschenbuchausgabe) beispielsweise bei Amazon: The Book Thief

Mittwoch, 11. November 2009

Vermehrte Anzahl unbekannter Nebenwirkungen

Ich bin alt genug, um mich an die Contergan-Katastrophe zu erinnern. Meine Mutter nahm 1965 eines der geschädigten (und von den Eltern nicht erwünschten) Kinder in unsere Familie auf, ungefähr ein Jahr lang lebte die kleine armlose Sabine mit uns, bis sie dann von einer Familie in der Nähe adoptiert werden konnte. Damals war ein Medikament, das Contergan, nicht ausreichend und umfassen getestet worden, mit fatalen Folgen.

Und nun werden Millionen Menschen gegen die sogenannte Schweinegrippe geimpft, mit einem Wirkstoff, der laut EMA (Europäische Arzneimittelagentur) unter »außergewöhnlichen Umständen« zugelassen wurde.
Im Klartext heißt das, dass es bisher nicht möglich war, umfassende Informationen über den Pandemie-Impfstoff zu erlangen. Niemand kann wirklich sagen, ob oder welche Spätfolgen die Impfung anrichten wird. Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte spricht von »einer möglicherweise vermehrten Anzahl unbekannter Nebenwirkungen.« Das ist fein formuliert. Es heißt nichts anderes, als dass die Mediziner nicht wissen, was der Impfstoff anrichten könnte.

Sicher: Es schien - falls die Horrormeldungen über die Gefährlichkeit von H1N1 stimmen - Eile geboten. Doch schon an den angeblichen Gefahren der Erkrankung haben etliche Fachleute Zweifel: Die Krankheitsverläufe seien bisher sogar milder als bei einer normalen Grippewelle gewesen.

Laut Hersteller GlaxoSmithKline aus Dresden reichen die konkreten Nebenwirkungen des Impfstoffs Pandemrix von »Hautrötung« bis hin zu »allergischen Reaktionen, die zu einem gefährlichen Blutdruckabfall führen, der unbehandelt zu einem Schock führen könne«. Klartext: Ist kein Arzt in der Nähe, stirbt eventuell der Geimpfte an den Folgen der Impfung.

Besonders fatal nennen Fachleute die Tatsache, dass sich viele Menschen bereits gegen die »normale Grippe« haben impfen lassen, bevor der H1N1-Impfstoff zur Verfügung stand. Dadurch steige das Infektionsrisiko ganz erheblich.
Unbestritten gibt es Todesfälle durch H1N1. Aber jede Saisongrippe hat bisher zu weit mehr Todesfällen geführt, als die angeblich so gefährliche H1N1-Infektion.

Haben wir es lediglich mit einem Riesengeschäft für die Pharmaindustrie zu tun? Oder sind wir Versuchskaninchen in einem Massentest von neuen Wirkstoffen? Manche Zeitgenossen wittern gar eine Verschwörung. Oder soll die Panikmache in den Medien von anderen - wirklichen - Problemen ablenken?

Ich werde mich nicht impfen lassen. Weder gegen die normale, noch gegen die sogenannte Schweinegrippe.

Mehr dazu in diesem unaufgeregten Artikel: Risiken und Nebenwirkungen

Dienstag, 10. November 2009

Gemeinsam geht es besser

Gestern in Berlin war wieder mal Gemeinsamkeit Trumpf. Der katholische König Robert und der evangelische König Wolfgang gestalteten gemeinsam einen Gottesdienst.

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Schön, dass so was möglich ist, sollte eigentlich viel öfter der Fall sein, nicht nur zu besonderen Anlässen. Die Gottesdienstbesucher waren Legion, und in der ersten Reihe saßen Königin Angela und Kaiser Horst, zwei Regenten, die sich auch sonst zu ihrem Glauben bekennen.

angela

Auch anschließend außerhalb der Kirche war Gemeinsamkeit zu sehen und zu hören. Und tatsächlich auch zu spüren. Sogar im staatsgastbedingten Megastau waren die Verkehrsteilnehmer geduldig, freundlich und zuvorkommend. Warum geht das eigentlich nicht jeden Tag?

Montag, 9. November 2009

Der Stern – 50 Pfennig.

In einem alten Album fand ich dieses leider nicht datierte Foto. Der Stern kostete offensichtlich 50 Pfennige. Ein ähnliches Modellauto besaß ich auch, mit Fernbedienung an der Strippe, die durch das Dach ging. Auch an einen Kran mit echten Ketten, aus robustem Blech, meine ich mich zu erinnern.

Das Album stammt nicht aus meiner Familie, daher kann es nicht Originalbestandteile meiner Kindheit abbilden, aber die Epoche dürfte in etwa die gleiche sein.

oldtimes

Ach, wie viele Geschichten stecken wohl in einem solchen Foto? Fünf? Zehn? Oder gar unendlich viele, die man nur zu erzählen anfangen muss?

Samstag, 7. November 2009

Die Entblößung - Teil 6

Der heroische und dramatische Dichter machen die Erregung der Leidenschaften zu ihrem vornehmsten Endzwecke. Er kann sie aber nicht anders erregen, als durch nachgeahmte Leidenschaften; und nachahmen kann er die Leidenschaften nicht anders, als wenn er ihnen gewisse Ziele setzet, welchen sie sich zu nähern, oder von welchen sie sich zu entfernen streben. Er muß also in die Handlung selbst Absichten legen, und diese Absichten unter eine Hauptabsicht so zu bringen wissen, daß verschiedene Leidenschaften neben einander bestehen können.
Weise Worte von Gotthold Ephraim Lessing in »Abhandlungen über die Fabel«. Ich würde mich nun nicht als »heroischen« oder »dramatischen Dichter« verstehen oder bezeichnen, aber zugestanden sei immerhin, dass bei manchen Texten »die Erregung der Leidenschaften« durchaus »mein vornehmster Endzweck« ist.
Offenbar sind diejenigen Leser der Entblößung, die sich an den Abstimmungen beteiligen, mehrheitlich leidenschaftlich erregt. Erst legen sie Wert darauf, dass Stephan Haberling schnellstmöglich seines Beinkleides beraubt wird, dann wollen sie ihn unbedingt im Adamskostüm vor Augen gemalt bekommen.
Nun gut. Spielregel ist Spielregel, und wie Loriot sagte: Wenn man sich nicht an die Regeln hält, macht es keinen Spaß. So sei es denn heute so weit. Allerdings bleibt es, was meinen Freund Stephan betrifft, bei der verbalen Entblößung, die zugehörigen Fotos möge sich jeder selbst ausmalen. Statt dessen sehen wir Michelangelos David, herzlichen Dank an Wikicommons.
Ach ja. Beinahe hätte ich es vergessen. Falls jemand mentale Auffrischung bezüglich der vorhergegangenen Teile benötigt: Teil 1 /// Teil 2 /// Teil 3 // Teil 4 // Teil 5

So. Nun aber wirklich Teil 6.


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Nun ja. Wenn etwas nicht aufzuhalten ist, dann muss man das Beste daraus machen, dachte Stephan Haberling, als er wieder zu Hause war. Eigentlich war er müde, aber doch so aufgewühlt, dass an Schlaf einstweilen noch nicht zu denken war.

Lisa, die tot geglaubte Schwester seiner wirklich toten Frau, hatte ihm eine Kopie des Briefes mitgegeben, den Isis am 30. August 2001 geschrieben hatte. Vieles in den Zeilen war verschlüsselt, aus Gründen, die er jetzt nach dem Abend mit Lisa besser verstand. Selbst wenn die Briefe durch vertrauenswürdige Menschen persönlich transportiert und abgeliefert wurden, bestand immer die Gefahr, dass sie in Hände gerieten, in denen sie nichts zu suchen hatten. In diesem letzten Schreiben hatte Isis allerdings die Vorsicht ziemlich außer Acht gelassen, vermutlich wegen der zunehmenden Verzweiflung über die fehlenden Puzzleteile. Stephan Haberling nahm den Brief zur Hand und las ihn noch einmal.

Geliebte A.,

ich fliege nächste Woche nach New York, vielleicht finde ich dort die fehlenden Briefmarken zu meiner Sammlung? Ich habe in den letzten Wochen das aktuelle Albumblatt bis auf zwei Exemplare gefüllt. Mir fehlen nur noch die Marke mit dem Bild der Piloten und die Marke mit der Landkarte. Falls Du inzwischen bei Deiner Suche eine der Briefmarken gefunden hast, lass es mich bitte wissen. Der Kunde muss das komplette Album so schnell wie möglich bekommen.

Ich trenne mich ungern schon wieder von S., aber in diesem Fall muss ich reisen, es ist zu wichtig, um es anderen zu überlassen.

Erinnerst du dich, als wir ungefähr 12 oder 13 Jahre alt waren und über unsere zukünftigen Männer gesprochen haben? Damals haben wir einander kindlich naiv versprochen, dass wir, falls eine von uns stirbt, den Mann heiratet, der als Witwer zurückbleibt. Nun sind wir keine Kinder mehr, aber je länger ich mit S. zusammen bin, desto mehr wünsche ich mir, dass er im Fall der Fälle nicht sein restliches Leben lang in seiner Trauer zurückbleibt. Er würde sich zurückziehen, eingraben, in ein Schneckenhaus verkriechen. Äußerlich würde alles normal aussehen, aber innerlich würde er zugrunde gehen.

Ich habe dir ja schon viel über S. erzählt, du weißt, was er mir bedeutet. Wir sind keine 12- oder 13jährigen Mädchen mehr, und ein Kindheitsversprechen von solcher Kurzsichtigkeit ist natürlich hinfällig. Aber, meine geliebte A., falls mir etwas zustoßen sollte und du noch keinen Mann gefunden hast, würdest du mir dann den Gefallen tun, S. kennen zu lernen? Nur einfach kennen lernen. Und dann folge deinem Herzen.

Ich muss schließen, es gibt noch einiges zu planen für die Reise. Ich hoffe, dass ich gesund zurückkehre, nachdem ich das Briefmarkenalbum vervollständigt und übergeben habe.

Sei lieb gegrüßt und geküsst, Deine I.

Er wusste nicht so recht, ob ihm die ganze Geschichte geheuer war. Er kannte Lisa nüchtern betrachtet überhaupt nicht, so vertraut und geliebt sie auch in seinen Empfindungen bereits sein mochte. Sein Verstand und seine Gefühle stritten erbittert um die Regierungsgewalt in seinem Leben. Wer letztendlich gewinnen würde, war nicht abzusehen. Und was die öffentliche Entblößung betraf, da war er vollends ratlos. Stephan Haberling schloss die Augen und schlief auf seinem Sofa ein.

Als er aufwachte, war er einen Moment lang versucht, alles als skurrilen Traum abzutun. Doch auf dem Boden vor dem Sofa lag der Brief, und als er seinen PC hochgefahren und die Picasagalerie geöffnet hatte, gab es nichts mehr zu mutmaßen. Auf dem neuen Bild trug er nur noch das T-Shirt, und das war kurz genug, um nichts zu verbergen.

Sein Sportlehrer hatte ihm, er mochte damals 12 Jahre alt gewesen sein, einmal gesagt: »Daran ist doch nichts peinlich, meinst du, du wärest der einzige Junge, der sich normal entwickelt?« Nach dem Schwimmunterricht pflegte der Lehrer zusammen mit den Schülern zu duschen, und der Duschraum hatte keinerlei Abtrennungen, sondern jeder konnte jeden sehen. Stephan Haberling hatte sich zur Wand gedreht und wollte nicht aufhören zu duschen, weil sein Penis steil nach oben zeigte, statt brav herab zu hängen. Mit hochrotem Kopf versuchte er krampfhaft, an irgend etwas zu denken, was die Erregung hätte verscheuchen können, aber es war ein vergebliches Unterfangen.

Der Lehrer bemerkte die Situation und reichte ihm mit seinen Worten ein Handtuch. Stephan nahm es dankbar und wickelte es um die Hüften. »Man kann nicht keine Erektion bekommen«, meinte der Lehrer, »zumindest nicht in deinem Alter. Später im Leben wird das manchmal anders herum ein Problem.«

Im Jahr 2001 war er längst nicht mehr in jenem Alter, in dem der Strudel der Hormone dafür sorgt, dass ein Junge niemals und nirgends vor dem Eigenleben unter der Gürtellinie sicher sein kann. Er war allerdings auch noch nicht in jenem problematischen Alter, von dem sein Sportlehrer damals gesprochen hatte.

Isis und er hatten eines Tages darüber gesprochen, warum es so viele Aktfotos von Frauen und so wenige von Männern gab.

»Frauen sind einfach ansehnlicher«, mutmaßte Stephan. »Männer sind grundsätzlich nicht hübsch.«

»Nein, das stimmt nicht«, widersprach Isis. »Es liegt an der Nachfrage. Männer wollen solche Fotos sehen, Frauen eher nicht.«

»Warum gibt es dann in der Antike genauso viele Statuen und Gemälde von unbekleideten Männern wie Frauen?«

Isis meinte: »Die Antike war nicht so verklemmt, vielleicht? Aber warum gibt es heute mehr weibliche Aktfotos als männliche?«

»Weil man bei Statuen und Gemälden die unschöne Wahrheit etwas aufhübschen kann. Ein Foto zeigt immer die grausame Wirklichkeit.«

»Also ich würde ein Foto von dir nicht grausam finden,« grinste Isis unternehmungslustig.

»So so.«

»Jawohl.«

»Aha.«

»Nun zieh dich schon aus. Ich hole die Kamera.«

Schon bei dem Gedanken, dass er seiner Frau Modell stehen sollte, hatte sich the exitement eingestellt, nicht weiter verwunderlich, und das war überhaupt nicht peinlich, da die beiden keine Gesellschaft hatten. Als Hintergrund wählten sie die hellgrün getünchte Gartenmauer, innerhalb des Gartens und abgeschieden von neugierigen Blicken. Er stand im Adamskostüm auf den warmen Terrassenfliesen, Isis schoss fröhlich kichernd Foto auf Foto.

»Streck dich mal nach oben, als wollest du nach den Wolken greifen.«

Er streckte sich und fragte: »Wieso das denn?«

»Um das Foto aufzuhübschen wie ein Gemälde. Dann hast du einen Waschbrettbauch und überhaupt...«

Später begutachteten sie am Bildschirm die Ausbeute des nachmittäglichen Fotovergnügens. Isis fand eines der Greif-mal-nach-den-Wolken-Bilder am schönsten, im Halbprofil, den Blick und die Arme erhoben, als wolle er etwas im Bild nicht Sichtbares erreichen. Nicht nur die Arme und der Blick richteten sich gen Himmel.

»Lass die bloß niemanden sehen«, meinte Stephan, während Isis vergnügt schmunzelnd das Dateiverzeichnis »Wolkengreifer« nannte und schloss.

Stephan Haberling war überzeugt gewesen, dass das Notebook zusammen mit Isis von dieser Welt verschwunden war. Nun hatte ihn die Entblößung im Internet eines Besseren belehrt. Irgendwie musste Lisa in den Besitz der Fotos gekommen sein, er glaubte nicht, dass Isis die Dateien kopiert und ausgerechnet ihrer Schwester gegeben hatte. Eigentlich konnte sie nur – auf welchen Wegen auch immer – den Computer bekommen haben.

Wie es Lisa gelungen sein mochte, aus den Fotos eine schrittweise Entblößung zu zaubern, war ihm allerdings schleierhaft. Er verstand kaum etwas von Bildbearbeitung am PC, er wusste nur, dass damals alle Bilder textilfrei waren, abgesehen davon, dass er die etwas zu großen Jockey-Briefs noch gar nicht besessen hatte. Auch das Freizeithemd war nicht so alt. Woher konnte Lisa wissen, was in seinem Kleiderschrank lag, und wie konnte sie ihn mit den Kleidungsstücken ausstatten und vor den Hintergrund ihres eigenen Wohnzimmers stellen? Und was, vor allem, bezweckte sie überhaupt?

Man könnte das ja noch aufhalten. Irgendwie. - Was du nicht willst, dass man dir tu, das füg auch keinem andren zu. Kryptische E-Mails einer kryptischen Ägypterin, die jetzt als Deutsche mit italienerischer Abstammung in sein Leben getreten war. Getreten? Nein, eingebrochen, auf denkbar unerhörte Weise. Er hatte keine Ahnung, was das alles zu bedeuten hatte.

Als er in die Küche gehen wollte, um seiner De Longhi eine Tasse Kaffee zu entlocken, klingelte das Telefon.

»Haberling.«

»Lisa.«

»Das ist gemein. Nun stehe ich so gut wie nackt im Internet. Und das, was noch verhüllt ist, ist unerheblich, während sich Unverhülltes erhebt.«

»Treffen wir uns heute zum Mittagessen? Hast du Zeit?«

»Lisa, bitte! Was soll das?«

»Zwölf Uhr im Tomasa? In Zehlendorf?«

Er antwortete nicht gleich. Wieder rang der Verstand mit den Gefühlen. Es war vollkommen unsinnig, mit der Urheberin der Galerie gemütlich zu speisen, statt dessen sollte er eigentlich Anzeige erstatten und die Polizei konnte dafür sorgen, dass die Fotos schnellstens verschwanden. Andererseits sehnte sich alles in ihm nach jeder Minute, die er mit Lisa verbringen konnte. Einfach in ihrer Nähe sein war schon eine Wohltat für seine Seele. Trotz aller Unverständlichkeiten und Fragwürdigkeiten.

Lisa wartete schweigend am Telefon.

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Und wie geht es nun weiter? Diesbezüglich haben wieder die Leser die Qual der Wahl.

Nachtrag 11.11.: Wer mag, kann natürlich noch klicken - aber die Entscheidung von heute früh gilt. Lisa und Stephan sind inzwischen bei Tomasa eingetroffen und essen Zanderfilet bzw. Rumpsteak.

Lecker Mittagessen mit Lisa?
Nee, nie und nimmer! Kommt nicht in Frage.
Na klar doch! Guten Appetit.
Auswertung

Fortsetzung, der regelmäßige Blogbesucher ahnt es schon, folgt.

Freitag, 6. November 2009

Ein Wort zu einigen gelöschten Beiträgen

Wo ist denn die Reihe »Das Ende der charismatischen Bewegung« geblieben, fragen sich und mich einige Leser. Die Antwort ist ganz einfach: Ich habe sie von meinen Seiten entfernt.

Der Grund ist folgender: Offensichtlich haben (hier mit Bedacht nicht näher bezeichnete) »nationale Agenturen« aus meinem Gesamttext einige Ausschnitte herausgenommen und daraus etwas konstruiert, was überhaupt nicht meiner Absicht mit dem Beitrag entsprach.
Fakt ist, dass nicht zuletzt aufgrund Ihrer Veröffentlichung, nationale Agenturen das Ende der charismatischen Bewegung in Deutschland vermelden, was so ganz sicher nicht stimmt. Das ist eine absolute Falschmeldung, die dazu geeignet ist die bestehenden Gemeinden der Bewegung unter Druck zu setzen und sie der Orientierungslosigkeit preis zu geben. … Das würde heissen, dass die Gemeinden sich quasi auflösen und ihre Inhalte preisgeben für die sie gestanden haben und es die Bewegung so nicht mehr gibt. Das kann so nicht gemeint sein.
Dies schrieb mir (unter anderem) jemand aus einer großen Gemeinde im Süden Deutschlands, deren Pastor ich außerordentlich schätze. Ich mag in manchen Punkten nicht mit dem übereinstimmen, was dieser oder andere Pastoren lehren, aber es war nie meine Intention, irgend einer Gemeinde, sei sie nun charismatisch oder nicht, Schaden zuzufügen.

Mir geht es, ob nun katholische, evangelische, methodistische, charismatische, baptistische oder sonstige Prägung vorliegt, darum, dass die Gemeinde (als Ganzes verstanden) ihrer Bestimmung näher kommt: Die Hölle zu plündern und den Himmel zu bevölkern, um es mit den Worten des von mir ebenfalls hoch geschätzten Reinhard Bonnke zu sagen.

Wenn ich also meinen als Diskussionsanstoß gedachten Beitrag hier entfernt habe, dann nicht deshalb, weil ich in den darin angesprochenen Punkten meine Meinung geändert hätte, sondern darum, weil er von gewissen Seiten her missbraucht wurde.
Ich bleibe dabei, dass aus meiner (sicherlich beschränkten) Sicht die emergente Bewegung die momentan einzig erkennbare Chance ist, als Gemeinde wieder relevant zu werden für unsere Gesellschaft. Dabei werden Fehler passieren, Irrtümer unterlaufen, Korrekturen notwendig werden.
Und ich bleibe dabei, dass die charismatische Bewegung ein wichtiger und unverzichtbarer Teil der Gemeindelandschaft ist – in dem genauso Fehler passieren und Irrtümer unterlaufen und Korrekturen notwendig sind.

Ich hoffe, dass dies dazu beitragen kann, Missverständnisse - zumindest soweit sie mich betreffen - aus dem Weg zu räumen.

Wenn das Brandenburger Tor zur Leinwand wird...


...dann heißt das, dass U2 auf der Bühne steht und ein kostenloses Mini-Konzert gibt. Mit 30 Minuten Verspätung ging es gestern Abend los, und es gab 30 statt der angekündigten 20 Minuten Musik. Da kann man ja nicht meckern.

Der Auftritt begann mit One, gefolgt von Magnificent und Sunday Bloody Sunday. Bei diesem Song war Jay-Z dabei, ein mir unbekannter Künstler, den aber der überwiegende Rest des Publikums zu kennen schien. Es folgte Beautiful Day, dann ein furioses Vertigo und zum Abschluß gab es eine wunderschöne Version von Moment of Surrender.

»Happy Birthday, Berlin!«, gratulierte Bono und verabschiedete sich mit einem Segen: »God bless you, and keep you save!« Was soll man da noch hinzufügen außer: Danke U2, für dieses nette Geburtstagsgeschenk.


Wer nicht dabei sein konnte, oder dabei war und die 30 Minuten noch mal erleben will: Bei u2tour.de gibt es Links zu den Videos und zum MP3-Download des kompletten Konzertes. Die MP3-Datei hat allerdings leider eine hundsmiserable Tonqualität. Hier klicken: U2 für die MTV EMA am Brandenburger Tor.