Dienstag, 18. Dezember 2007

Geadelter Blog

Heute früh mit noch leicht verschlafenem Blick fand ich eine Elektronische Postnachricht (neudeutsch E-Mail), in der mir mitgeitelt wurde, dass dieses öffentliche Tagebuch (neudeutsch Blog) nach circa sechs Monaten des Bestehens in die erlauchte Runde der Relevant Blogs aufgenommen wurde.
Obwohl die beste aller Ehefrauen nunmehr erneut das Wort Narzisst im Munde führen wird, ziert ab sofort das Adelssiegel die rechte Spalte und ich freue mich über die ganz ausgezeichnete Auszeichnung.

Montag, 17. Dezember 2007

Nicht religiös, religiös, besonders religiös und tief religiös

Die WELT macht sich Gedanken über eine Studie. Fazit: Die Deutschen sind religiöser als gedacht (von wem eigentlich?) .

Da ich regelmäßig zum Gottesdienst gehe und bete und mich intensiv mit religiösen Fragen beschäftige, darf ich wohl annehmen, dass ich unter tief religiös einzustufen bin. Jüngere Menschen sind höchstens besonders religiös:
Zwar sind Glaube und Religion für die Generation der 18- bis 29-Jährigen weniger wichtig als für Ältere. Doch nur jeder Dritte von ihnen ist nicht religiös. Über die Hälfte ist als religiös einzustufen; 14 Prozent sogar als besonders religiös.
Wer mag, kann ja nachsehen, ob er nun nicht, ohne Zusatz, besonders oder gar tief ist. Hier der Artikel: Gott bewegt die Deutschen.


P.S.: Ich selbst würde mich als nicht religiös bezeichnen. Und als Nachfolger Jesu Christi. Was nun?

Weihnachten umbenennen!



In den 70er Jahren reimte Larry Norman:
It used to be the birthday of the man who saved our necks
And now it's there for Santa Claus, you spell it with an X
Nachdem wohl niemandem im postchristlichen Deutschland ein alternativer Begriff für Weihnachten eingefallen und das unsägliche DDR-Deutsch zu Recht in der Versenkung verschwunden ist, greifen die Werbestrategen vermehrt zum amerikanisch coolen X-MAS. Kein Mensch weiß ja mehr, dass Christus doch in dem X steckt...

Häufig sieht man bei den Wünschen auch frohes Fest oder angenehme / besinnliche / friedliche Feiertage. Fest und Feiertage, schön neutral. Da kann sich keiner auf den Schlips getreten fühlen. Allerdings ist das werbetechnisch eben doch etwas unbefriedigend, denn "Fest-Shopping" oder "Feiertage-Geschenke" klingt doof.

Es sollte doch den Sprachkünstlern in der Medienlandschaft gelingen, einen Begriff zu ersinnen, der mit Weihe oder Christus nichts zu tun hat und kräftig zum Kaufrausch anstachelt, oder?

P.S.: Warum Weihnachten kein christliches Fest sein kann, habe ich im Teil 13 der Serie Die Tage sind gezählt aufgeschrieben. Interessierte Menschen, denen längere Texte zumutbar sind, können hier nachlesen: Wo steht denn das geschrieben?

Samstag, 15. Dezember 2007

Seelsorgehotline für alle Fälle

Guten Tag und vielen Dank für Ihren Anruf bei der Seelsorgehotline der Gemeinde für alle Fälle.

Bitte wählen Sie aus dem folgenden Telefonmenü:
  • Wenn Sie eine Zwangsneurose haben, drücken Sie mehrfach die 1.
  • Wenn Sie abhängig sind, bitten Sie jemanden, die 2 für Sie zu drücken.
  • Wenn Sie multiple Persönlichkeiten haben, drücken Sie 3, 4, 5 und 6.
  • Wenn Sie paranoid sind, wissen wir wer Sie sind und was Sie wollen; bleiben Sie in der Leitung, damit wir Ihren Anruf zurückverfolgen können.
  • Wenn Sie unter Wahnvorstellungen leiden, drücken Sie 7 und Ihr Anruf wird an das Mutterschiff durchgestellt.
  • Wenn Sie schizophren sind, hören Sie aufmerksam hin und eine leise Stimme wird Ihnen verraten, welche Nummer Sie drücken sollen.
  • Wenn Sie manisch-depressiv sind, ist es egal, welche Nummer Sie drücken, es wird Sie sowieso nichts glücklich machen.
  • Wenn Sie Legastheniker sind, drücken Sie 9696969696969696.
  • Wenn Sie bipolar sind, hinterlassen Sie eine Nachricht nach dem Signalton oder vor dem Signalon oder nach dem Signalton. Bitte warten Sie auf den Signalton.
  • Wenn Sie an Verlust des Kurzzeitgedächtnisses leiden, drücken Sie 9. Wenn Sie an Verlust des Kurzzeitgedächtnisses leiden, drücken Sie 9. Wenn Sie an Verlust des Kurzzeitgedächtnisses leiden, drücken Sie 9.
  • Wenn Sie Minderwertigkeitskomplexe haben, legen Sie bitte auf, unsere Mitarbeiter sind zu beschäftigt, um mit Ihnen zu reden.
  • Wenn Sie klimakterisch sind, legen Sie die Pistole weg, beenden den Anruf, schalten den Ventilator ein, legen sich hin und weinen. Sie werden nicht andauernd verrückt bleiben.
  • Wenn Sie blond sind, drücken Sie keine Tasten, Sie würden nur alles kaputt machen.
Vielen Dank für Ihren Anruf. Wir freuen uns, dass wir Ihnen helfen konnten.

Freitag, 14. Dezember 2007

Christliche Angstzustände

Eigentlich sollte es keine Angstzustände bei uns Christen geben. Wenn wir schon post mortem (oder Haso zuliebe meta mortem) wären, gäbe es sie auch nicht mehr. Aber einstweilen kann man ihnen immer wieder begegnen.

Zur Zeit geht die Angst bei einigen etablierten Kirchen / Gemeinden / Organisationen / Werken beziehungsweise deren Leitern um, dass ihre Anhängerschar / Mitgliederschar / Beitragszahlerschar / Spenderschar dezimiert werden könnte durch ein Phänomen, das man mangels eines passenden Begriffes oder mangels Verständnisses, was da passiert, als neue Bewegung bezeichnet. Die Rede ist von Emerging Church / Emerging Conversation / Emerging Deutschland. (Meine constant readers wissen, dass ich Anglizismen zu vermeiden suche, wo sie nicht am Platz sind, aber in diesem Fall gibt es wirklich (noch) keinen passenden deutschen Begriff.)

Es geht Angst um, von Helmuth Matthies (idea) in Worte gekleidet:
Auf der einen Seite kämpfen einige traditionelle Werke um ihre Existenz, auf der anderen Seite präsentieren sich immer neue Bewegungen und Werke, von denen viele auch am Spendenkuchen teilhaben wollen.
Was ist passiert? Eigentlich nichts, was die Ängste rechtfertiern würde - es sei denn, man denkt in Mustern wie "meine Mitglieder / Spender / Beitragszahler / Fans / Bewunderer..." Ganz abgesehen davon, dass die fragliche neue Bewegung sich nirgends um Teilhabe am Spendenkuchen bemüht, da hat Herr Matthies wohl nicht ordentlich recherchiert.

Ich bin nicht der einzige, der sich seit vielen Jahren weigert, eine Konfession oder Denomination für die richtige (und andere für falsch) zu halten. Ich finde, wenn ich es will, in jeder Suppe ein Haar, ob es nun eine evangelikale Suppe ist oder eine katholische, eine lutherische oder eine charismatische, nicht zu vergessen die methodistische, adventistische, pfingstlerische, hausgemeindliche, mega-gemeindliche, middle-sized-gemeindliche... - die Speisekarte ist umfangreich. Ich will aber lieber die Suppe genießen, als das Haar darin zum Mittelpunkt meiner Aufmerksamkeit zu machen.

Nun fängt auch in Deutschland etwas an zu wachsen, sichtbar und spürbar zu werden, was unerhört ist: Ohne Rücksicht auf Kirchengrenzen und Gemeindezugehörigkeiten werden Christen emergent. Das macht den Kassierern und Schatzmeistern so viel Angst wie den Vorständen und Kirchenleitungen, soweit sie Mietlinge statt Hirten sind, denn es lässt sich nicht so recht katalogisieren, etikettieren und in eine Ecke stellen, denn es gibt keine emergente "Leitung", keine "Bewegung", keine "Gruppe"... Es passiert das, was die Reformation so gefährlich für die geistliche Obrigkeit gemacht hat: Gläubige fangen an, selbst zu denken, selbst in der Bibel zu forschen, ob es sich wohl so verhält, wie es ihnen von den Kanzeln und Podien gepredigt wird.

Noch ist das Ganze ein Anfang, es ist keineswegs auszumachen, wohin die emergente Reise geht, aber ich habe da so einen Traum: Eine Gemeinde Jesu Christi, die nicht darüber diskutiert, sondern tut, was wir im Neuen Testament vorfinden:
Durch die Kraft, die er euch gibt, werdet ihr in der Lage sein, euch für mich vor allen Leuten in Jerusalem grade zu machen, und auch in Judäa, in Samarien und überall auf der ganzen Erde. (Apostelgeschichte 1, 8 nach der Volxbibel)
Wenn das auch durch Emergent Conversation, Emergent Church oder Emergent Wasauchimmer geschehen kann, dann möge sich der Emergent Virus schnellstens ausbreiten und die Ängste der Mietlinge zur Gewissheit werden.

Ein paar Links für Interessierte:

Donnerstag, 13. Dezember 2007

Coco Shinomiya

Es stimmt, dass eine Theme Time Radio Hour ohne die Erwähnung von Coco Shinomiya am Ende keine vollständige Theme Time Radio Hour wäre. Es stimmt auch, dass dieser Name einen Klang hat, wie kaum ein anderer auf der Welt. Ich bin zu meiner Beruhigung nicht der einzige Mensch, der so empfindet. Clueless Virgin schrieb unlängst auf Expecting Rain:
If I had a speakeasy, her name would be the password.
If I ran a diner, she'd be Tuesday's featured beverage all winter.
If I had two more wishes, I'd spend one on good fortune to equal that name.
Es stimmt aber nicht, dass ich die Theme Time Radio Hour nur liebe, weil Pierre Mancini am Ende einmal Coco Shinomiya sagt. Oder weil Pierre Mancini in Wirklichkeit Eddie Gorodetsky ist.

Es stimmt, dass ich die Bob-Jokes liebe. Zum Beispiel:
"roses are red
violets are blue
some poems rhyme
this one doesn't"
Es stimmt aber nicht, dass ich die Sendung nur liebe, weil Herr Dylan solche Sachen loslässt, oder solche wie über Zsa Zsa Gabor:
“A mechanism of evolution. She’s been married so many times she’s got rice marks on her face.”
Ich liebe die Theme Time Radio Hour vielmehr, weil es vergleichbare Sendungen im Radio heute nirgends mehr gibt. Die Sender, die in Berlin zu empfangen sind, nerven dermaßen mit unerträglichen Sprechern und Sprecherinnen (sind die so dämlich oder tun sie nur so?), dass ich trotz gelegentlich guter Musik einfach keinen Sender einschalten mag. Dazu noch die unsäglich niveaulosen Werbespots, sogar auf Klassik Radio kommt man nicht mehr ohne davon...

Die Theme Time Radio Hour dagegen kann ich genießen, der Moderator ist humorvoll statt platt und geschmacklos, bringt Informatives statt Belangloses, moderiert unterhaltsam statt nervtötend und bringt Musik zu Ohren, die andernorts überhaupt nicht mehr zu hören ist. So manchen Künstler habe ich tatsählich erst durch die Sendungen kennen gelernt.

Ganz aktuell und neu und hierzulande zu hören wie alle früheren Sendungen dank Croz: Episode 11 Countdoun 2007
  • 01 Opening
  • 02 Eve's Ten Commandments - Helen Fleming
  • 03 "Charlton Heston"
  • 04 Rocket No. 9 - Sun Ra
  • 05 Nine Have Tried - The Carlisles
  • 06 Beat Me Daddy, Eight To The Bar - The Andrews Sisters
  • 07 7 H Du Matin - Jacqueline Taieb
  • 08 007 (Shanty Town) - Desmond Dekker
  • 09 "License To Kill"
  • 10 Six Days on the Road - Dave Dudley
  • 11 "Busman's Holiday"
  • 12 Five O'Clock Whistle - Duke Ellington & Ivy Anderson
  • 13 "Phone Call & Number Puzzle"
  • 14 Four Five Or Six - Milton Brown & His Musical Brownies
  • 15 "Died while playing cards"
  • 16 Three Hearts In A Tangle - James Brown
  • 17 Cocktails For Two - Spike Jones & His City Slickers
  • 18 I Want Two Wings - Rev. Utah Smith
  • 19 One Bad Stud - The Honey Bears
  • 20 "Big Pile of Number Ones"
  • 21 One Hand Loose - Charlie Feathers
  • 22 "Mr. Oswald" - Elvis Costello
  • 23 Less Than Zero - Elvis Costello
  • 24 Closing/End Credits
Ein Höhepunkt der aktuellen Serie war zweifellos die Show über Dreams, zu finden wie alle anderen natürlich bei Croz: Night Time in the big City - Episode 9. Auch Party ist nicht übel, zu finden ebenda.

Man muss übrigens bis zum Ende hören. Dann erklingt er, der magische Name. Coco Shinomiya.

Mittwoch, 12. Dezember 2007

Gauner in Uniform

Eine ganz vorzügliche Schimpfkanonade auf meine Heimatstadt hat sich ein frecher Mensch aus der Ostzone erlaubt. Aufmerksam geworden bin ich durch seine eigene Ankündigung in einer literarischen Kuschelecke auf Xing:
Gratis, aber nicht umsonst: Seit ein paar Tagen steht mein aktuelles Buch »DER BRANDENBURGER TOR« - ein übles Machwerk wider die Hauptstadt, bösartig und ungeniesbar - als Ebook zum kostenlosen Download bereit.
Wer so über sein Buch schreibt, macht mich neugierig. Ich habe mich also davon überzeugt, dass es so bösartig und ungenießbar ist, wie der Autor verspricht. Ein paar Kostproben (für die erste habe ich das obige Foto herausgesucht, denn das glaubt ja sonst kein Nicht-Berliner...):
Kirche.
Am Bahnhof Alexanderplatz, umgeben von einem kleinen Park, steht die Alexander-Kathedrale, ein Wahrzeichen der Stadt.
Wer sich von Süden her Berlin nähert, erblickt als erstes, hoch aufragend, das Minarett. Vom Morgen bis in die Nacht geht von hier die frohe Botschaft in jede Wohnung.
Einmal am Tag, meist in den Abendstunden, ist jede Familie vor dem Hausaltar versammelt. Und alle Blicke falten sich zum Gebet.

Kauderwelsch.
Auf dem Prenzlauer Berg lebt ein kleines Volk, das redet rückwärts.

Pissoirs.
Seit jeher waren die achteckigen Häuser aus Eisen Orte des öffentlichen Lebens.
Wichtige Entscheidungen wurden gefällt, Verabredungen getroffen: Hier war die Macht mit Händen greifbar.
Der allgemeine Verfall gab auch diese Plätze deutscher Kultur dem Rost anheim.
In einem der letzten und schönsten Pissoirs fand schließlich das Ministerium für Arbeit seine Heimstatt.

Polizei.
Ein pfiffiger Einfall: die Gauner in Uniform zu stecken.
Auf Streife entwickeln sie erstaunliche Instinkte: Diebe, Mörder und Hochverräter erkennen sie von Weitem am Geruch.
Für eine monatlich sichere Beute lassen sich viele Ganoven in den Dienst nehmen.

Reichstag.
Als Christo das Gebäude wieder auspacken wollte, machte er eine ärgerliche Entdeckung: Nur warme, dicke Luft hatte die glänzende Hülle zuletzt noch getragen.
Eine begehbare Laser-Skulptur ersetzt jetzt das Gemäuer: virtuelle Säle, Treppen und Galerien.
Funkwellen plätschern durch die Räume. Eine Kuppel aus Licht überspannt die Fata Morgana und zieht die elektrisierten Touristen magnetisch an.
Wer ist der Autor dieser Ungeheuerlichkeiten? Ein gewisser Olaf Trunschke, und das Machwerk wurde bereits mit Lobeshymnen aus berufenem Mund überschüttet, so hat ihn unter anderem DIE ZEIT preisgekrönt. Politisch korrekt sortiert von Akademie bis Zukunft, führen die Texte den Leser wortgewandt durch das Kauderwelsch der City: Hier ist zu erfahren, daß unterm Regierungspalast früher ein U-Boot vor Anker lag, was Berlin seinen Randgruppen, z. B. den Kannibalen, zu bieten hat und warum Korruption heute in jedem Supermarkt angeboten wird.

Erfreulich an der unerhörten Lektüre ist die Tatsache, dass man das Pamphlet hübsch formatiert mit zahlreichen Kreuz- und Quer-Links, die zum stundenlangen Verweilen nötigen,
Gratis, aber nicht umsonst
bekommen kann, wie der flegelhafte Schreiberling es zu formulieren unternahm. Bittesehr, hier geht es zur Lektüre für Hauptstadt-Hasser: Amokbooks

Man kann den Urheber der Ungeheuerlichkeiten auch belohnen, indem man sein Pamphlet käuflich erwirbt, zum Beispiel bei Amazon.

Mein Fazit als echter Berliner, nicht bloß zugereist wie jener freche Trunscke Olaf: Unbedingt lesen, so oder so.

Dienstag, 11. Dezember 2007

Vom angehenden Missionar zum Mörder

Der junge Mann, der am Sonntag zuerst bei Youth with a Mission (Jugend mit einer Mission) in Arvada, Colorado, zwei Menschen und dann zwei weitere in der New Life Church in Colorado Springs erschossen hat, gab zwischen den beiden Bluttaten laut CNN diesen Kommentar auf einer Webseite ab:

"I'm coming for EVERYONE soon and I WILL be armed to the @#%$ teeth and I WILL shoot to kill. ...God, I can't wait till I can kill you people. Feel no remorse, no sense of shame, I don't care if I live or die in the shoot-out. All I want to do is kill and injure as many of you ... as I can especially Christians who are to blame for most of the problems in the world."

Er war wohl einmal ein Nachfolger Jesu, sonst hätte er ja keine Schule für Missionare begonnen. Er hat weder dort noch in einer Gemeinde oder Kirche Menschen gefunden, die ihm aus seinen offensichtlichen Problemen heraushelfen konnten. Oder er wollte sich nicht helfen lassen. Aus der Missionarsausblidung hat man ihn hinausgeworfen, nachdem er bei einer Feier Songs von Marilyn Manson und Linkin Park aufgeführt hatte. Ob er anschließend von 2002 bis zu den tödlichen Schüssen vom Sonntag eine Gemeinde besucht hat, ist noch ungeklärt, aber er schien sich in den Räumlichkeiten der New Life Church auszukennen.

Es mag (wie bei einem der zwölf Apostel Jesu) solche "unvermeidbaren" Fälle geben, aber traurig finde ich es, wenn psychisch Kranke krank oder von Dämonen Geknechtete ohne Befreiung bleiben, obwohl sie engen Kontakt mit Christen haben.

Die Sache mit den Kommentaren

Da hat doch das Landgericht Hamburg gestern entschieden, dass ein Blogbetreiber Kommentare grundsätzlich prüfen muss, bevor er sie freischaltet. Die Details sind (vom Beklagten dargestellt) hier zu lesen: Callactive GmbH ./. Niggemeier II

Anlässlich dieser Entscheidung gibt es auf meinem Blog eine (diesmal ernstgemeinte) Umfrage zu den Kommentarfunktionen. Eine Auswertung der weniger ernstgemeinten Umfragen der letzten Wochen gibt es demnächst.

P.S. am 19. Dezember: Inzwischen ist die Umfrage beendet. Das Ergebnis ist wie erwartet eindeutig:

Chronische Schubladitis

Gestern fiel mir, als ich bei Haso über emergente Heilungen las, dieser Text wieder ein, den ich im September 2001 für Glaube.de geschrieben habe. Eigentlich schon ziemlich alt, mancher kennt ihn sicher, aber da ist er, leicht überarbeitet:

Was wäre das Leben ohne Schubladen: Unordentlich, unübersichtlich, unangenehm. Wir brauchen Schubladen, um Arrangements zu schaffen. Die Wäsche in diese Schublade, die Tischdecken in jene, Schal und Handschuhe für den Winter in die nächste. Am Arbeitsplatz sortieren wir Material gesondert von Schriftwechseln und Arbeitsunterlagen, Akten alphabetisch oder nach Datum. In der Werkstatt haben Schrauben einen anderen Ort als Nägel. Das ist gut so, sonst würden wir die Übersicht verlieren und erhebliche Zeit für das Suchen aufwenden müssen.

Auch sonst sind wir schnell mit Schubladen zur Hand. Das eine legen wir unter „fundamentalistisch“ ab, das nächste bekommt den Stempel „charismatisch“ aufgedrückt und manches stufen wir gar als „gefährliche Spinnerei“ oder „hoffnungslos von Gestern“ ein. So schaffen wir Ordnung für unsere Sicht der Dinge – und berauben uns selbst.

Schauen wir uns einmal an, auf welche Art und Weise in der Bibel Heilungen geschehen sind.

Da rührt Jesus aus Speichel und Erde Lehm an, um ihn auf blinde Augen zu streichen. Da wird jemand aufgefordert, sich mehrmals in das Flußwasser zu tauchen. Da fällt der Schatten der Apostel auf Menschen, die fortan gesund sind. Da verzweifeln die Jünger an einem epileptischen Knaben, weil das, was ihnen Jesus selbst beigebracht hat, auf einmal nicht mehr funktioniert. Da wird bei einem Kranken eine Hand aufgelegt, ein anderer mit Öl gesalbt. In einem Fall genügt ein Wort zur sofortigen Gesundung, bei anderer Gelegenheit müssen Aussätzige krank losgehen, um sich den Priestern zu zeigen – im Vertrauen darauf, daß die Heilung zur rechten Zeit sichtbar sein wird. Eine Frau berührt heimlich und verstohlen das Gewand des Herrn, ein Blinder schreit und lärmt, um auf sich aufmerksam zu machen. Timotheus wird angeraten, Wein zu trinken, anstatt eine Heilung für seinen schwächelnden Magen zu erwarten...

Gottes Wirken ist so vielfältig wie die Menschen, an denen er wirkt. Wir dürfen nicht sagen: „Zur Heilung eines Kranken ist es notwendig, Schema A anzuwenden. Falls das nicht funktioniert, versuchen wir es mit Schema B. Als letzte Lösung haben wir dann Schema C in der Schublade.“ Wir werden zwangsläufig scheitern.

Vielleicht sind wir deshalb dazu übergegangen, gar nicht mehr ernsthaft mit übernatürlichem Eingreifen Gottes zu rechnen. So berauben wir uns der Möglichkeit, staunend und voller Freude Zeuge dessen zu sein, was ein Gott, dem alle Macht im Himmel und auf Erden gegeben ist, tun kann und möchte.

Wenn wir zunächst in Schubladen sortieren - aussortieren - was wir von vorne herein nicht sehen, erleben und wissen wollen, alles, was nicht unserer Tradition und Vorstellung entspricht, als inakzeptabel abgestempeln, wie können wir dann Gottes Überraschungen erleben?

Wenn Christen aus unterschiedlichen Gemeinden, Kirchen und Konfessionen anerkennen könnten, daß die Gläubigen aus den anderen Gemeinschaften das gleiche Ziel, wenn auch mit unterschiedlichen äußeren Formen, verfolgen, was wäre dann nicht alles möglich. Zum Beispiel: Die Menschen, die Gott nicht kennen, mit seiner Liebe und Vergebung bekannt zu machen...

Stilfragen und Äußerlichkeiten sind wichtiger geworden als die verlorenen Menschen, die nichts von Sünde, Vergebung und neuem Leben wissen. Wir wollen allen Ernstes darüber streiten, ob diese oder jene Form der Taufe angemessen ist, ob das Reden in Sprachen eine Wirkung des Heiligen Geistes oder ein Ausbruch menschlicher Hysterie ist. Manche etablierten Christen beäugen misstrauisch jeglichen Aufbruch, einige aufbrechende Christen verteufeln das Traditionelle...

Ich meine, daß wir die Schubladen schließen und uns dem zuwenden sollten, was uns Jesus aufgetragen hat: Geht hin und macht die Menschen mit Gottes Liebe bekannt. Das ist keine Missionsbitte oder ein Missionsvorschlag, sondern Jesus hat das ernst gemeint. Er hat für uns, charismatisch oder fundamentalistisch, evangelikal oder katholisch, freikirchlich oder konfessionell, einen hohen, bitteren und teuren Preis bezahlt. Wir sollten uns schämen, wenn wir einander be- und verurteilen, anstatt alles daran zu setzen, auch unsere Mitmenschen dem Verderben zu entreißen. Aber vielleicht glauben wir ja gar nicht mehr, dass ein Mensch ohne Jesus Christus verloren geht...

Machen wir doch die Schubladen zu, ziehen wir an einem Strang, bis alle Menschen in unseren Städten und Ländern gerettet sind. Wenn das der Fall ist, können wir ja beruhigt sortieren, wer in welches Fach gehört. Wenn uns dann noch danach ist...