Dienstag, 2. Oktober 2007

Biblische Lücken

Es gibt sie, die Lücken. Aufmerksame Bibelleser finden sie an etlichen Stellen. Zum Beispiel hier:

Mose aber antwortete dem Volk: Fürchtet euch nicht! Steht und seht die Rettung des HERRN, die er euch heute bringen wird! Denn die Ägypter, die ihr heute seht, die werdet ihr weiterhin in Ewigkeit nicht mehr sehen. Der HERR wird für euch kämpfen, ihr aber werdet still sein.
Und der HERR sprach zu Mose: Was schreist du zu mir? Befiehl den Söhnen Israel, daß sie aufbrechen! Du aber erhebe deinen Stab und strecke deine Hand über das Meer aus und spalte es, damit die Söhne Israel auf trockenem Land mitten in das Meer hineingehen! (2. Mose 14, 13-16)

Wo ist die Lücke? Ganz einfach: Wir lesen nicht, dass Mose gebetet beziehungsweise zum Herrn geschrieen hat. Wir finden nur die Antwort auf das offenbar verzweifelte Gebet. Die Lage war ernst und hoffnungslos. Vorne das Meer, hinten die bewaffnete Armee.
Die Lücke ist leicht zu schließen, denn wer die Berichte über Mose liest, weiß natürlich, dass er mit Problemen zu seinem Gott ging, auch wenn es an dieser Stelle nicht erwähnt wird. Mose wusste, woher seine Hilfe kommen würde, und er scheute sich nicht, sie einzufordern. Er war aber auch bereit, immer wieder, das zu tun, was ihm gesagt wurde, bevor er den Ausgang der Sache wissen konnte. Das nennt man Glauben, wenn das Gebet ins Handeln mündet.

Mancher schreit und schreit, und nichts geschieht, weil längst Handeln dran wäre. Mose musste etwas tun, nämlich riskieren, sich vollends lächerlich zu machen. Den Stab ausstrecken, um das Meer zu spalten - wie peinlich, wenn dann nichts passiert. Das Volk war sowieso schon stinksauer.

Wie viele Gebetserhörungen finden nicht statt, weil bei all dem Rufen, Schreien und Beten zum Herrn unser Handeln ausbleibt? Und dann beschwert man sich, dass Gott nicht zu seinen Verheißungen stehen würde...

7 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Davon ab, dass Du (leider) fürchterlich recht hast... wollt ich nur Bescheid sagen, dass ich Dich auf meinem blog verlinkt hab. Weiß nicht, ob "sich das gehört" Bescheid zu sagen. Kann ja nich schaden :)
Und außerdem wollt ich nur mal anmerken, dass ich Dich inzwischen besser verstehe, glaube ich (bin Silli / pray.de) bzw. nicht mehr auf Hab Acht bin, wenn ich Dich lese. Ist ein wenig peinlich, aber auch das zu erwähnen kann ja nich schaden.
Ähm... ja... ich schick das mal ab und geh keine rauchen...

Günter J. Matthia hat gesagt…

Hallo Trümmerlotte (was für ein vortrefflich einmaliger Name!), ob sich das gehört mit dem bescheid sagen, weiß ich auch nicht. Bin ja erst seit Juni in die Bloggerzunft gewechselt.
Jedenfalls herzlich willkommen! Über jenes Forum breite ich lieber den Mantel des Schweigens...
Immerhin: Die Welt, auch die elektronische, scheint am Ende doch klein zu sein.

:-)

Anonym hat gesagt…

Zwischen dem Schreien bzw. Beten und dem Handeln fehlt ja noch etwas: Das Hören. Solange ich nicht begreife, was Gott mir sagt, wird mein Handeln zögerlich und ziellos sein.

Mose hörte offensichtlich Gott. Auch wenn er nicht verstand, warum Gott dies oder das von ihm wollte, so hatte er doch keinen Zweifel daran, dass es Gott war, der zu ihm sprach.

Woran liegt es, dass das Hören oft so schwer ist? Fehlen uns Zeiten der Stille? Sind wir zu misstrauisch? Mir geht es jedenfalls so, dass ich oft lieber abwarte, als einen Weg einzuschlagen, den ich nicht als von Gott bestätigt empfinde. So ergeben sich dann Situationen, die in endlose Warteschleifen münden. Und irgendwie kann ich mir nicht vorstellen, dass Gott das so haben will. Vielleicht aber doch...???

Günter J. Matthia hat gesagt…

@Marion: Könnte das manchmal etwas damit zu tun haben, dass wir gar nicht wirklich damit rechnen, dass Gott uns etwas zu sagen hat? Ich habe das jedenfals gelegentlich erlebt, dass ich hinterher erst aufmerksam geworden bin, dass Gott mir vorher schon etwas gesagt hatte.

Anonym hat gesagt…

Auch so ein Thema. Bei mir kommt es oft vor, dass Einzel-Themen sich verknüpfen und ein Bild ergeben. Das sind dann meine Antworten auf Fragen oder Gebete. Oder ich bekomme Trost ganz ohne Erklärung. Dass ich direkt etwas bestimmtes tun soll, habe ich noch nicht erlebt.
Aber ich komm aus der Windelphase anscheinend auch nicht raus, was will er da machen. Ich stell mir das bildlich so vor: Eine große Kommandozentrale, die Aufgaben werden gerade verteilt. Ein Engel fragt Gott, was denn TrüLo machen soll und er guckt mich an, schüttelt den Kopf und sagt zum Engel: Vergiss es, mach noch mal ne Pülli warm...

Aber dass immer nur Jammern ohne mal zu Handeln Blödsinn ist, das versteh ich auch :)

Anonym hat gesagt…

@Günter: Ja, klar. Sicherlich rechne ich nicht auf Schritt und Tritt damit, dass Gott mir vielleicht gerade jetzt etwas klarmachen möchte. Ich mache immer wieder den Fehler, dass ich im Alltag zeitweise Gott einfach nicht auf der Rechnung habe. Aber ich erlebe auch immer wieder, dass Er sich in Erinnerung bringt. Ohne ersichtlichen Grund erfüllt mich plötzlich eine unglaubliche Freude. Oder ich bekomme den Impuls zu beten, das fühlt sich dann an wie ein kleiner Stromschlag irgendwo in der Magengegend, und ich weiß, ich muss mich irgendwo hin verkrümeln, wo ich ein paar Minuten Ruhe zum Beten habe.
Solche Dinge empfinge ich als Reden Gottes.
Andererseits habe ich viele Fragen über die Lebenssituation, in der meine Söhne und ich stehen, und die ich als sehr belastend und unbefriedigend empfinde. Hier ist so viel Stillstand und Mangel, dass ich aus meiner menschlichen Sicht heraus denke, ich sollte irgendwie aktiv werden. Ich lege diese Dinge immer wieder Gott hin, allein und auch mit anderen, aber ich bin bisher nicht fähig, eine Antwort zu erkennen. Ich rechne fest damit, dass Gott mir hierzu viel zu sagen hat. Nur wann und wie, das ist die Frage.

Günter J. Matthia hat gesagt…

@Marion: Gerade für persönliche Situationen, die man als notvoll oder unbefriedigend empfindet, ist es tatsächlich häufig so, dass man den Eindruck hat, Gott sei verstummt. Man will ja hören und handeln, aber man hört nichts.
Mancher rät, dann den Verstand zu benutzen, andere sagen, man möge abwarten, wieder andere empfehlen seelsorgerliche Gespräche, weil ein Außenstehender nicht so "betriebsblind" sei.
Eine Patentlösung (auch für solche Bereiche im eigenen Leben) hätte ich gerne, habe sie aber nicht. Alles schon ausprobiert - kein allgemein gültiges Rezept gefunden.