Mittwoch, 27. Mai 2009

Die Buskampagne

Am Samstag, 30. Mai, startet in Berlin eine Buskampagne mit einem nach dem englischen Vorbild plakatierten Bus. Weil es mit dem Beschriften von Linienbussen im öffentlichen Nahverkehr bisher nicht klappt, schicken die Initiatoren nun einen Bus auf Rundtour durch Deuschland.
Die Botschaft, die verbreitet werden soll: Man ist sich ziemlich sicher, dass es keinen Gott gibt.
Manch einer regt sich fürchterlich darüber auf, ich sehe das eher ambivalent bis positiv:
  • Die Aktion rückt, falls sie Beachtung findet, die Gottesfrage in die öffentliche Diskussion und bietet auch für Christen die Möglichkeit, ihre Sicht der Dinge deutlich zu machen.
  • Auf der Internetseite der Veranstalter ist sehr deutlich zu lesen, dass Jesus rettet, wie wichtig Gott für gesellschaftliche Werte ist und vieles mehr - weil dort nämlich zahlreiche Beispiele für »weltanschauliche Verkehrswerbung« abgebildet sind. Ich glaube nicht, dass solche Sprüche in U-Bahn und Bus dazu geeignet sind, Menschen mit Gott in Berührung zu bringen, aber vielleicht haben ja diejenigen, die sie dort anbringen, andere Erfahrungen gemacht? Ich finde einige der abgelbildeten Plakate jedenfalls grottenhässlich und oberpeinlich.
  • Mancher Slogan der Veranstalter ist bestens dazu geeignet, uns (soweit wir uns als Christen bezeichnen) einen Spiegel vorzuhalten, in den es sich zu schauen lohnt:
    »Ein erfülltes Leben braucht keinen Glauben« - ist das, was unsere Mitmenschen an uns sehen, ein erfülltes Leben? Wenn nicht, warum eigentlich nicht?
    »Werte sind menschlich - auf uns kommt es an« - reden wir viel von Werten oder leben wir Werte? (Ist unser Kaffee fair gehandelt oder stammt er von Sklaventreibern via Lidl-Markt? Heißen wir Flüchtlinge und Ausgestoßene willkommen oder meiden wir sie?)
    »Aufklärung heißt, Verantwortung zu übernehmen« - übernehmen wir Verantwortung in der Gesellschaft oder verkriechen wir uns in frommen Nischen?
    »Menschenrechte sind real. Auf uns kommt es an.« - überlassen wir den Streit für die Würde des Menschen den Atheisten oder sind auch für uns Menschenrechte wichtig und schützenswert? Wenn ja, woran merkt man das bei uns?
  • Wenn wir für die Freiheit der Meinungsäußerung und Religion eintreten, dann müssen wir gleichzeitig für die Freiheit derer eintreten, die nicht unsere Meinung und Religion teilen. Alles andere wäre keine Freiheit. Ich kann mir jedenfalls kaum etwas Schlimmeres vorstellen, als einen »christlichen Gottesstaat« - das gab es schließlich schon mal. Einschließlich Krieg gegen Heiden, Mord an Andersdenkenden und Installation eines unfehlbaren Klerus mit schier unbeschränkter Machtbefugnis. Nein danke.
Von mir aus darf er gerne durch Deutschland rollen, der beklebte Bus. Nachdenken hat ja noch niemandem geschadet...

P.S.: Foto von Buskampagne.de