Sonntag, 31. Juli 2011

Wir fühlen keine Salbungswellen …

FriendsWir sind ausgesperrt, gehören nicht dazu, Fremdkörper sind wir und wollen gar nichts daran ändern, denn es ist gut so, wie es ist. Ihr Gehabe ist uns fremd, unangenehm mitunter. Nicht, dass wir es für unecht halten, nein! Es mag schon wahrhaft so empfunden sein, was sie uns als Normalzustand beschreiben, ohne es doch wirklich zu erläutern. Sie schwelgen, schweben in emotionalen Höhenflügen über uns hinweg, sind ganz verzückt, sind überwältigt, stöhnen, weinen, schmachten, jubeln, jauchzen und fallen überwältigt auf den Boden.
Wir haben das schon hundert mal gesehen, gelesen, gehört. Wir schämen uns mitunter fremd, wenn sie im Überschwang das eine oder andere der Welt entgegenjubeln. Doch können sie ja wohl daran nichts ändern, sind so entrückt, dass wir und unsere Wirklichkeit ihrem Blick schon weit entzogen wurden.

Wir sind für sie nicht wirklich echt genug. Sie pflegen sich gerne mit Vokabeln zu schmücken, die beschreiben, dass sie weiter, tiefer, weiser, erleuchteter und eben dadurch irgendwie auch besser sind: »Wiedergeboren«, »geisterfüllt« oder »geistgetauft«, als wären Geist und Rettung ihnen vorbehalten. Sie nennen sich auch »bibeltreu« und kennen doch in weiten Teilen nicht einmal das Buch, dem treu zu sein sie sich so ernst geschworen haben. Sie halten ihre frommen Übungen peinlich genau ein, am Morgen eine »Stille Zeit« mit ausgelosten Häppchen aus der Bibel, den sonntäglichen Gottesdienst versäumen sie auf keinen Fall, im wöchentlichen Hauskreis dürfen sie höchstens bei schwerer Krankheit fehlen. Und sind sie krank, dann plagt schon das Gewissen, weil ganz offenbar der Glaube an die Heilung fehlt.
Sie sind schon eine ganz besondere Rasse, der so manches eigentümlich ist, was uns die Stirn in Falten legt. Der Herr hat ihnen Arbeitsplätze oder Wohnungen versprochen - und wohl so gut versteckt, dass sie nur schwer zu finden sind. Der Herr schenkt ihrem Sommerfest bestimmt das beste Wetter, weshalb sie keine Regenschirme oder überdachte Plätze brauchen. Der Herr wird ihnen ganz bestimmt das Konto mit genügend Euros füllen, weil sie ja treu den »Zehnten« in die Opfersammlung legen.

FriendsUnd doch gehören wir zusammen, allemal. Wir teilen nicht den Überschwang der Emotionen, doch sind wir gleichermaßen Gottes Kinder. Wir schauen uns den gleichen Jesus an und kommen wohl zu anderen Erkenntnissen, doch ist und bleibt der Nazarener ungeteilt. Wir brauchen kein Gemeindezentrum, finanzieren keine Institution, und sind doch gerne mal zu Gast in einem Gotteshaus, obwohl uns Gott auch sonst ganz nahe ist, meist außerhalb sakraler Räume. Wir hören keine Stimmen, die uns Arbeitsplatz und Wohlstand zusagen, wir mühen uns statt dessen selbst, das Leben zu bestreiten. Wir fühlen keine Salbungswellen über uns zusammenschwappen, und doch sind Geist und Friede uns zu eigen, in unserer Seele, mitten im Sturm des Lebens. Wir wollen nicht die Welt in unsere Gemeinden holen, statt dessen sind wir den Menschen zugewandt, um nachzuahmen, was von Jesus überliefert ist. Wir singen nicht mit hoch gestreckten Händen sieben mal die gleiche Strophe, und dennoch klingt in unseren Herzen manche frohe Weise, die dem Allerhöchsten dankt.

Haben wir Recht? Haben sie Recht? Ja und ja. So unterschiedlich, wie wir Menschen sind, so ganz verschieden darf sich auch gebärden, wie wir und sie und alle anderen dem einen Gott zu folgen sich anschicken. Im Überschwang Zentimeter über dem Boden schwebend der eine, ernsthaft und still in sich gekehrt der andere. Und würden wir gar eines Tages damit aufhören, den anderen so formen zu wollen wie wir selber sind, dann könnten wir womöglich gar begreifen, dass wir zusammen gehören.

Samstag, 30. Juli 2011

Ich weiß ...

... dass so manche Leser und Leserinnen ungeduldig auf die Fortsetzung der Jessika-Geschichte warten. Aber ich bin mit dem Text noch nicht zufrieden.

Geduld, so sagt der Volksmund, ist die Mutter aller Tugend.

Donnerstag, 28. Juli 2011

Einigermaßen klar ...

... sollte das Ergebnis werden. Jessika und Johannes sind zufrieden und schreiben weiter.

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Demnächst dann die Fortsetzung.

Mittwoch, 27. Juli 2011

Dylan Morrison: The Prodigal Prophet

imageWhile reading this book I often thought: How come the author knows my story so well? How come he wrote about my very personal experience? How come I didn't notice him, he must have been right there when this and that happened in my life ...

But he wasn't there, of course not. He is Irish, I am German. We have never met. We probably won't ever meet. And still this book is my book, too. Growing up in a "Christian, born-again, charismatic-Pentecostal" surrounding, getting mixed up in stuff that was clearly labelled "sinful", being lost in substance abuse – and then re-emerging to find Jesus. Then there were the Jesus People, followed by ministry in a church ... – but let's not talk about my life, this is about "The Prodigal Prophet", after all!

"Life is indeed a strange journey, the spiritual life an even stranger one. If I'd known where mine would take me I'm not sure I would have voluntarily set out on it at all." With these words Dylan Morrison starts sharing his life with us, the readers. His writing captured me from the very first sentences and didn't let me go until I had finished reading the last page. The story unfolds and does not get boring, not even once was I tempted to skip a paragraph. From the first encounter with God as a child ("He seemed to be a nice kind of God to know when the going got tough") until the speaking in tongues and the first glimpse of a prophetic gift everything seems to develop into the typical charismatic testimony: There is a God who will provide for everything, if your faith is big or strong enough.

But this story goes on, where such a book would surely end. Because God is not as simple as that. Life is not as simple as that.

"The cracks begin to show" when Ben, Dylan Morrison’s first son, falls ill after a few months on this earth. "God, God, God, you've got to help us!", they pray, the whole church involved in spiritual warfare – but God does not intervene. The child dies. The well balanced and theologically elaborated religious system fails.

"Full time ministry" in God's kingdom turns out to be full time, but Dylan Morrison starts to notice, that he is so tangled up in institutions and hierarchies that there is little room for actually ministering to people. Is this, what God has planned, what God has gifted him for? The cracks multiply and grow wider - will his (spiritual) life crash?

I won't say any more about the content of this book, because I don't want to spoil the suspense any further. Maybe I said too much already? Forgive me.

This is one of the few books with spiritual topics that I devoured breathlessly. Like in a good Stephen King or John Grisham story there are all the unexpected turns and twists, hopes and disasters. Rise and fall and get back on your feet again – if you can. But this book is not fiction, this is a real life journey. And the absent God is not really absent, after all. He just isn't where one would expect him to be. "I was shocked that I'd been sent a Divine email in the midst of a Prague concert hall."

Dylan Morrison comes to a conclusion that I share with all my heart: "The Nazarene is the one I wish to follow to my journey's end, the one whose love and spirituality I wish to share with the outcasts from the Christian camp. The scapegoated, abused and persecuted have a right to have the religious spin reversed."

If you are at the verge of a spiritual breakdown or if it already happened to you: Go ahead and buy this book. I am convinced it will touch you like it touched me.

If you are still young and wonder about all the stuff you hear about ministry and church and Spirit and faith: Go ahead and buy this book. It will help you to avoid mistakes that have already been made by others.

If you don't believe in God and muse about the fact that all Christians seem to be narrow minded and limited by tons of rules and laws: Go ahead and buy this book. You might be surprised to find out that God is not what some people make him look like.

If you are a hard-core Christian who has all the answers and knows exactly how God's promises can be set to work for everyone: Don't buy this book, don't read it. Stay away. Don't touch it. You hear me? What are you doing! I said don't! Why would you risk your reliable set of rules ...

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You can find the book on Amazon.com (international customers): Paperback  /  Kindle

For German customers (Amazon.de): Kindle / Paperback

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Außenseiter und Abenteurer

Foto: Aus dem verlinkten Artikel der F.A.Z.Die angekündigte Rezension aus meiner englischsprachigen Feder verzögert sich … kommt aber.

Ach ja, weil wir gerade über das Lesen und Englisch plaudern …

Kürzlich las ichdie Gesamtausgabe der Short Stories von Ernest Hemmingway, was ich als junger Mensch (so mit 12 oder 13 Jahren etwa) schon einmal getan hatte. Es war ein interessantes Leseerlebnis; mit so viel Abstand zwischen der ersten und nunmehr zweiten Lektüre des umfangreichen Werkes eigentlich fast wie ein erstmaliges Lesen. Als Kind hatte ich nur Zugriff auf eine deutsche Hemmingway-Gesamtausgabe, jetzt habe ich die Geschichten in der Sprache gelesen, in der sie geschrieben wurden. Für mich hat sich die Lektüre gelohnt, denn die Erzählungen gefallen mir (fast alle) noch heute ausnehmend gut.

Was unser aller Büchernörgele MRR über Hemmingway zu sagen weiß, steht in der F.A.Z. und sei den geschätzten Blogbesuchern hiermit herzlich zur Lektüre empfohlen: [Außenseiter und Abenteurer]

Montag, 25. Juli 2011

Dieser Blog bleibt ...

... ein überwiegend deutschsprachiges Exemplar. Morgen allerdings wird ein weiterer Beitrag in engelischer Sprache erscheinen, denn die Rezension eines englischen Buches auf Deutsch ist zwar möglich, aber ich habe es in diesem Falle vorgezogen, auch diese in der Sprache des rezensierten Buches zu verfassen.

Sobald die beste aller Ehefrauen Korrektur gelesen hat, kann die geschätzte Leserschaft hier in Erfahrung bringen, wie mir "The Prodigal Prophet" von Dylan Morrison gefallen hat.

Apropos Dylan: Mein Versuchsprojekt "Theme Time Radio Hour" ist hier zu finden: http://ttrh.posterous.com/

Sonntag, 24. Juli 2011

The answer to violence, is even more humanity

The island of Utøya, where at least 90 people have died after a gunman opened fire at a camp

The fact that Norway is the country with the highest quality of living & education, one of the wealthiest of the world and ranks among the top with the other Scandinavian countries when it comes to social fairness & equality makes it hard to understand what reason there possibly could be to drive someone to such actions: A right-wing conservative guy killed more than 90 people in Norway, most of them kids & teenagers.

The one thing giving hope is to see the sane reactions of the Norwegians. The title of this post is a quote from Norway’s Prime Minister Jens Stoltenberg.

In the safest, most boring country, the worst lone gunman shooting happens. The worst in the world, in history. But it will not make our country worse. The safe, boring democracy will supply him with a defense lawyer as is his right. He will not get more than 21 years in prison as is the maximum extent of the law. Our democracy does not allow for enough punishment to satisfy my need for revenge, as is its intention.

We will not become worse, we will be better. We lived in a land where this is possible, even easy. And we will keep living in a land where this is possible, even easy. We are open, we are free and we are together. We are vulnerable by choice. And we will keep on like that, that’s how we want to live. We will not be worse because of the worst. We must be good because of the best. (-Ola)

Freitag, 22. Juli 2011

Jessika–die Konfrontation /// Teil 9

Wir erinnern uns, liebe Leser? Wenn nicht, dann kann man hier noch mal nachschauen: [Teil 1] [Teil 2] [Teil 3] [Teil 4] [Teil 5] [Teil 6] [Teil 7] [Teil 8]

So. Also wird nun, da die Leser mehrheitlich so abgestimmt haben, ein Paar aus Jessika und Johannes? So ganz leicht ist das nicht, wie wir sehen werden:

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»Jana Nováková war meine Vertraute, seit vielen Jahren«, erzählte Jessika. »Sie war geachtet unter uns, vielen gab sie Rat und Hilfe aus ihrem großen Schatz von Erfahrungen und Erlebnissen. Ich hatte nicht geahnt, dass ich dich in Gefahr bringen würde, als ich dich mitnahm. Das tut mir leid, Johannes.«

Ich saß mit Jessika auf ihrem außerordentlich bequemen Sofa. Vor aus auf dem Tisch stand eine Karaffe mit einer gelblichen Flüssigkeit, die sie als Nektartrunk bezeichnet hatte. Das Getränk würde mich, hatte sie mir versichert, zügig wieder zu Kräften bringen helfen. Ich war erst etwas zögerlich, dachte an den Wein, den die alte Frau kredenzt hatte, aber wenn ich Jessika nicht vertrauen konnte, dann war es sowieso um mich geschehen. Offenbar hatte sie mich aus der Gefahr befreit und zu meiner Genesung beigetragen. Genaueres wusste ich nicht, hoffte aber, nun zu erfahren, was mit mir geschehen war. Ich nahm einen weiteren Schluck zu mir – die Flüssigkeit schmeckte nur ganz leicht süßlich, aromatisch irgendwie, und Durst hatte ich noch immer.

Ich fragte: »Du hast sie falsch eingeschätzt, obwohl sie deine Vertraute ist?«

»Sie war. Sie ist nicht mehr. Auch die Nephilim leben nicht ewig.«

»Ach so. Ich höre das nicht ohne Erleichterung.«

»Ich hatte sie falsch eingeschätzt, das stimmt. Aus Dummheit. Wir sind nicht einschätzbar, nicht von euch Menschen und auch nicht von unseresgleichen. Womöglich hat die Liebe mich zu leichtsinnig werden lassen.«

Die Liebe. Meinte sie mich? Ich hatte es längst aufgegeben, irgendwelchen Sinn und Verstand in den Erlebnissen hier in Budweis zu suchen. Jessika war nicht real, sondern ein von mir ersonnenes Geschöpf, zu Hause nur in meinen Geschichten. Wenn ich es nun hier mit einem Wesen aus Fleisch und Blut zu tun hatte, dann konnte es sich weder um »meine« Jessika handeln noch um eine Nephilim, denn diese Rasse gab es nicht. Nicht mehr. Seit tausenden von Jahren. Doch dann konnten auch die Geschehnisse der letzten Tage, einschließlich der zehn, die ich laut Jessika in Bewusstlosigkeit verbracht hatte, nicht geschehen sein. Die logische Folgerung war, dass ich den Verstand verloren hatte.

Jessika blickte mich aufmerksam an. Ich schwieg. Sie griff nach den Zigaretten, die neben der Karaffe lagen und zündete zwei an, eine reichte sie mir: »Wenn dir schwindelig wird, mach sie aus. Aber ich meine, dass du es versuchen kannst.«

CigaretteIch nahm einen Zug, einen zweiten. Kein Schwindel, keine Übelkeit. Wir heilen schnell hatte sie damals gesagt, am See in Italien, diese Fähigkeit schien sich nun auf mich übertragen zu haben. Ich fühlte mich von Minute zu Minute besser und kräftiger.

»Habe ich jetzt irgendwie dein Blut – also ich meine Nephilimblut – in meinen Venen?«

Sie lächelte. »Ein paar Tropfen mit Sicherheit. Das alleine war nicht ausschlaggebend, aber es gehörte dazu. Sonst wärest du jetzt nicht mehr hier, sondern auf der anderen Seite. Dort ist es schön, doch deine Zeit hier war noch nicht zu Ende. Sonst hätte Nitzrek niemals zugestimmt.«

Ich rauchte in Ruhe, trank einen weiteren Schluck Nektar. Meine Seele war friedlich, mein Körper entspannt, es ging mir gut. Ich musste nicht verstehen, was hier geschah, aber ich war doch neugierig, was vorgefallen war.

»Ich saß am Tisch in Jana Novákovás Wohnzimmer und trank von ihrem Roséwein. Das ist das letzte, was ich weiß. Was ist dann passiert?«

»Liebst du mich eigentlich?«, fragte Jessika. Abrupte Themenwechsel hatte sie ja schon immer gerne vorgenommen.

»Ich glaube schon, aber das geht gar nicht. Ich habe dich doch erfunden, in gewisser Weise bist du mein Kind.«

»Kann man sein Kind nicht lieben?«

»Natürlich! Aber das ist eine andere Liebe als die zwischen Mann und Frau. Von Autor und erfundener Protagonistin ganz zu schweigen.«

»Vertraust du mir?«

»Ja.«

»Na gut, das ist ein Anfang. Ich erzähle dir, was passiert ist. Alles.«

»Danke, Jessika.«

Ich beugte mich zu ihr hinüber und gab ihr einen schüchternen Kuss auf den Mund. Ihre Lippen waren sanft und warm, sie drängte nicht, wich aber auch nicht zurück. Ganz sacht tastete ihre Zunge meine Lippen ab. Der Kuss blieb kurz, weil ich noch einen Rest Vernunft zusammenkratzen konnte.

Ihre Augen strahlten glücklich, sie strich mir mit den Fingerspitzen liebevoll über die Stirn und Wangen. Sie flüsterte: »Wir haben Zeit, viel Zeit. Ich liebe dich, Johannes, aber ich will nichts erzwingen, was du nicht möchtest.«

Und dann erzählte sie mir von den verlorenen Tagen und Nächten, seit ich Frau Novákovás Wein gekostet hatte.

 

Die alte Frau war eine der ältesten Nephilim auf der Erde. Eine zurückgezogen, unauffällig lebende Künstlerin mit einem einzigen Sujet. Sie zeichnete und malte, bevor die Fotografie erfunden war, stellte auch Skulpturen her. Seit ungefähr 18XX hatte sie sich dann überwiegend des Fotoapparates bedient, in den letzten Jahren auch mehrere digitale Kameras besessen und die Computertechnik zum Bearbeiten ihrer Aufnahmen genutzt.

Ihr aktuelles Projekt, bei dem ich die Nummer 250 werden sollte, nannte sie »Das Paradies«. Es sollte eine Collage von 250 Menschen in einem Garten werden, jeweils 125 Männer und Frauen, die sie mit dem Computer aus dem Originalfoto löste und in ihre Landschaft platzierte.

»Nicht pornografisch«, sagte Jessika, »nichts, was man nicht am Strand oder in der Sauna zu sehen bekäme. Dort hat sie auch die meisten Bilder gemacht. Keine einzige Aufnahme zeigt Erotisches, nichts, was in irgend einer Weise anstößig wäre, es sei denn, jemand hält den menschlichen Körper an und für sich für anstößig. Du kannst, falls du Lust hast, nachher mal in die Sammlung schauen, ich habe Janas Festplatte an mich genommen.«

Das Kunstprojekt sollte Gleichheit in der Verschiedenheit der Schöpfung symbolisieren. Große, kleine, mittelgroße Menschen, von Kindern bis zu Greisen, dick und dünn, allerlei Rassen … die Vielfalt des Lebens vereint im Paradies.

Jana Nováková hatte viele künstlerische Erfolge gehabt im Lauf der Jahrhunderte, allerdings war sie nie selbst in Erscheinung getreten, stets hatte sie wechselnde Pseudonyme benutzt. Ihre Arbeiten, so vielgestaltig sie auch waren, hatten immer den unbekleideten Körper gezeigt, ob nun in Landschaften, als Statuen, im historischen oder religiösen Kontext oder schlicht als Portrait.

»Jana hat dich narkotisiert mit dem Wein«, berichtete Jessika, »ohne dass ich es rechtzeitig gemerkt habe. Das Mittel, welches auch immer, muss in deinem Glas gewesen sein, denn weder sie noch ich sind auch nur müde geworden. Plötzlich warst du bewusstlos. Ich geriet in Streit mit ihr, aber das half ja auch nichts mehr, das Unheil war schon angerichtet.«

Es existiere eine Hierarchie bei den Nephilim, erzählte Jessika, die unumstößlich war. Die alte Jana Nováková war wesentlich höher gestellt, daher sah Jessika zunächst keine Chance, mir zu helfen. In ihrem Streit war ihr schnell klar geworden, dass Jana mich nicht überleben lassen würde. Ihr war auch klar, dass sie die Alte nicht töten konnte, denn Nephilim sind für einander unantastbar, es sei denn, Nitzrek war auf ihrer Seite. Jessika erinnerte sich sehr genau an die Hausmeisterin, deren Dasein sie damals auf Nitzreks Geheiß beendet hatte. Immerhin meinte sie, ein paar Stunden Zeit zu haben, denn erst sollte ich ja noch fotografiert werden.

Ich wurde in einem Gästezimmer untergebracht, Jessika diskutierte noch eine Weile mit Jana in deren Wohnstube, jedoch führten ihre Argumente keine Änderung herbei. Die alte Nephilim wollte meinem irdischen Dasein nach dem Fototermin am Morgen ein Ende bereiten. Schließlich gab Jessika auf und beschloss, in der Nacht mit mir aus Budweis zu verschwinden.

»Als ich ins Gästezimmer kam, um ein paar Stunden bei dir zu warten, bis Jana tief genug schlief, um unseren Aufbruch nicht zu bemerken, hast du kaum noch geatmet. Was sie dir eigentlich für ein Mittel verabreicht hat, weiß ich nicht, aber ich habe vergeblich versucht, dich zu wecken. Nun war es ja kein Problem, dich zu tragen, aber ich bekam Angst um dich. Womöglich war die Dosis tödlich. Um zwei Uhr habe ich dich dann aus der Wohnung gebracht, in dein possierliches Automobil verfrachtet und bin mit dir in meine Wohnung gefahren.«

Ich fragte: »Warum hat sie dich eigentlich nicht ebenfalls betäubt?«

»Ich war auf der Hut. Ich habe die Weinflasche und mein Glas keinen Augenblick unbeobachtet gelassen. Als sie eine zweite Flasche holte, habe ich nichts mehr getrunken.«

»Das war sehr umsichtig, Jessika. Danke. Ich war also noch in der gleichen Nacht in deiner Wohnung, und da bin ich immer noch. Vorhin hast du was von zehn Tagen und Nächten gesagt. Stimmt das wirklich?«

Sie hatte mich auch am Morgen nicht wachbekommen und hatte dann schließlich am Vormittag Jana Nováková angerufen, um zu erfragen, womit sie mich betäubt hatte. Sie bekam keine Antwort. Statt dessen erfuhr sie, dass das Gift innerhalb von zwei bis drei Tagen tödlich sein würde, wenn sie, Jana Nováková, nicht ein Gegenmittel verabreichen würde.

»Ich rief dann einen Freund in München an, der ist Arzt und Nephilim – er ist zwar erst etwa 300 Jahre alt, aber er kennt sich sehr gut mit unserer Geschichte aus. Und vor allem mit den Kräutern, Pflanzen und chemischen Wirkstoffen, die von den Nephilim erforscht und entwickelt wurden. Er meinte, er müsse dich sehen und untersuchen und war auch gleich bereit, zu kommen.«

»Es gibt offensichtlich mehr von euch, als ich mir vorstellen konnte.«

Jessika lächelte versonnen und meinte: »Dafür, dass es uns nicht gibt, sind wir tatsächlich so selten nicht.«

Ich sei, erzählte sie weiter, immer bleicher geworden, keinen Moment zu Bewusstsein gekommen, sie hatte mir die Lippen mit Wasser benetzt, versucht, mir etwas Flüssigkeit einzuflößen, aber vergeblich. Sechs Stunden nach dem Telefonat war der Arzt da, er legte sofort eine Infusion, um die Dehydrierung aufzuhalten. Er nahm eine Blutprobe, die er allerdings erst zu Hause in seinem Labor würde untersuchen können.

»Dann ist es vielleicht zu spät, siehst du das nicht? Bitte, hilf ihm irgendwie!«, flehte Jessika.

Doktor Axel Matthäus, so hieß der Mann, runzelte die Stirn und fragte: »Kennst du jemanden hier in Budweis, der ein medizinisches Labor hat?«

»Nein, leider nicht, aber mit Geld kann man ja alles kaufen, auch ein Labor für ein paar Stunden.«

»Hier lebt doch irgendwo die legendäre Jana Nováková«, sagte der Arzt, »die könnte man fragen, ob sie ein geeignetes Labor kennt. Dem Vernehmen nach verlässt sie schon lange ihr Haus nicht mehr, aber sie kennt ja diese Stadt und ihre Bewohner wie kein anderer.«

»Das geht nicht«, antwortete Jessika, »denn ausgerechnet sie trachtet meinem Johannes nach dem Leben.«

Als er das hörte, war Doktor Matthäus nicht mehr bereit, weiter zu helfen. Er war immerhin so entgegenkommend, die Infusion und mehrere Reservepäckchen bei Jessika zu lassen, aber er erklärte kategorisch: »Ich reise ab, Jessika. Gegen Jana Novákovás Willen werde ich nicht handeln, immerhin ist sie eine Landesfürstin. Ich bin nur ein Stadtfürst, und das in einem anderen Land. Die Regeln unserer Art kann und werde ich nicht missachten. Auch du solltest lieber aufgeben, als einen derartigen Akt der Missachtung weiter zu führen.«

Und dann war er tatsächlich nach Hause gefahren. Als ich in der fünften Nacht aufhörte, zu atmen, hatte Jessika schließlich – was nur bei allergrößter Gefahr für ein Nephilimleben erlaubt war – von sich aus Nitzrek gerufen.

»Ich konnte dich mit Mund-zu-Mund-Beatmung und Herzmassage zurückholen, aber stabil warst du nicht. Ich wusste nicht, ob Nitzrek kommen würde. Aber es war meine letzte Hoffnung, denn heilen darf ich nur mit Nitzreks Einverständnis, genauso wie ich nur dann töten darf, wenn ein Auftrag gegeben wurde. Zuerst spürte ich nichts …«

Ich unterbrach Jessika: »Wir ruft man denn den oder die oder das Nitzrek?«

»Mental. Durchaus auch mit gesprochenen Worten, aber die machen es nicht aus. So etwa, wie bei den Menschen ein Gebet, ein inbrünstiges Gebet gesprochen wird. Die Seele ist beteiligt. Ob dann Nitzrek allerdings reagiert, weiß man nicht.«

»Ganz wie beim menschlichen Beten also.«

»Ganz genau so. Jedenfalls war dann plötzlich Nitzrek da und wollte wissen, warum ich aus nichtigem Anlass seine Gegenwart herbeigerufen hatte.«

»Also hast du dich seinem oder ihrem Ärger ausgesetzt, um mich zu retten? Danke, Jessika.«

Jessika lächelte und fuhr fort: »Ich plädierte, bettelte, kämpfte. Nitzrek ließ sich schließlich erweichen, allerdings zu seinen Bedingungen. Vermutlich war mein Argument ausschlaggebend, dass Jana Nováková deinen Tod herbeigeführt hatte, ohne einen Auftrag zu haben. Deine Zeit, das wusste Nitzrek, war noch nicht gekommen, und wir Nephilim töten nicht ohne die Gewissheit, dass eben dies der Fall ist. Er erlaubte mir schließlich, dich zu heilen, wenn ich dir den Rest meines Lebens angehören und dich zu unseresgleichen zählen will.«

»Aber ich bin doch …«

Sie unterbrach mich: »Hör mir jetzt einfach zu, okay? Fragen und Einwände dann später.«

Jessika hatte das Ritual, das ich in meiner Italien-Erzählung geschildert hatte, ausgeführt. Ein Schnitt in ihren und meinen Arm, damit Blut zu Blut kommt, ihr Körper auf meinem mit so viel Hautkontakt wie möglich. Allerdings ging diese Heilung über das, was ich mir seinerzeit für die Szene am See ausgedacht hatte, hinaus, denn das »zu unseresgleichen zählen« bedeutete das Einswerden der Körper im Moment des Blutsbundes. Daher hatte ich, als ich in einem Zustand des beinahe Bewusstseins war, Spermaspuren an mir entdeckt.

Nitzreks Gegenwart war erst aus dem Raum verschwunden, nachdem der Bund geschlossen war und die Heilung einsetzte. Jessika noch hatte gefragt, wie sie sich nun künftig Jana Nováková gegenüber verhalten sollte, aber nur gehört, dass es auch den Nephilim bestimmt sei, einmal zu sterben.

Am übernächsten Tag war sie am Haus der Greisin in der Branišovská gewesen und hatte beobachtet, wie ein Sarg hinausgetragen wurde. Ein Nachbar erzählte, man habe die alte Dame tot aufgefunden, als ihr Lebensmittel geliefert werden sollten. Sie sei wohl friedlich im Schlaf gestorben und habe ja schließlich ein gesegnetes Alter erreicht.

 

»Und jetzt«, erklärte Jessika und sah mir in die Augen, »liegt es in deinem Ermessen, ob du den Bund annimmst oder nicht. Du warst nicht bei Bewusstsein, sondern so gut wie tot, daher ist die Entscheidung noch nicht getroffen. Nur von meiner Seite, aber du bist völlig frei.«

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Immerhin – wie es die von mir selbst festgelegten Spielregeln verlangen, sind die beiden ein Paar geworden, mit Sex und drum und dran. So ging die Abstimmung bei der letzten Folge eben aus. Und ein »richtiges« Paar ist ja noch nicht ausgeschlossen zum jetzigen Zeitpunkt.

Nun können die geschätzten Leser mir das Autorenleben schwer oder leicht machen, je nach Antwort auf die Frage:

 

Ein Bund zwischen Johannes und den Nephilim?
Nein. Kommt nicht in Frage.
Ja. Wie sollen die beiden sonst überleben?
Schubi-dubi-du. Scha-la-la-la-la.
Auswertung

Fortsetzung? Folgt, sobald die Abstimmung ein einigermaßen klares Ergebnis hat und ich dann weitergeschrieben haben werde.

Mittwoch, 20. Juli 2011

Jessika und Johannes ...

... halten das Ergebnis der Umfrage wie folgt fest:

umfrage

Aus der Fortsetzung, die gerade entsteht:

Ich unterbrach Jessika: »Wir ruft man denn den oder die oder das Nitzrek?«
»Mental. Durchaus auch mit gesprochenen Worten, aber die machen es nicht aus. So etwa, wie bei den Menschen ein Gebet, ein inbrünstiges Gebet gesprochen wird. Die Seele ist beteiligt. Ob dann Nitzrek allerdings reagiert, weiß man nicht.«
»Ganz wie beim menschlichen Beten also.«

Na denn. Demnächst geht es weiter.

Dienstag, 19. Juli 2011

Die Fortsetzung: 1&1 und AVM und die Fritz-Box und der Kundendienst–Kundendienst? Was ist das?

Wie versprochen, dürfen die geschätzten Leser an der Fortsetzung der Erlebnisse teilhaben. Zur Erinnerung möchte vielleicht jemand noch mal nachlesen, worum es geht: [Der Beginn der Schilderung]

  • Es dauerte nur ein paar Tage mit weiterhin unterbrochenen oder gar nicht zustande gekommenen Telefonverbindungen und Internetausfällen, bis diese Antwort im Postfach landete: »Guten Tag Herr Matthia, vielen Dank für Ihre Ergänzungen zu Ihrer Support-Anfrage mit der ** Ticket-ID CID2469883 **. Wir haben diese zusätzlichen Informationen erfasst und werden uns in Kürze mit Ihnen in Verbindung setzen.«
  • Nach weiteren 24 Stunden kam dann Hoffnung auf. Der sogenannte Support ließ uns wissen: »Ein Vorabaustausch ist im Rahmen unserer Garantieleistung nicht vorgesehen. Ich habe jedoch veranlasst, dass unser Versand in Ihrem Fall eine Ausnahme macht und Ihnen eine FRITZ!Box vorab zusendet. …«
  • Also suchte ich flugs die Unterlagen heraus und schickte den Kaufnachweis per Fax an die angegebene Adresse. Nun würde der unhaltbare Zustand ein Ende nehmen und ich würde meinen Blogbesuchern berichten können, dass es letztendlich do so etwas wie Kundendienst bei 1&1 beziehungsweise AVM gibt.
  • Pustekuchen. Bereits zehn Tage später kam diese nette Information, diesmal nicht vom »Support«, sondern vom »Customer Service«: »Sehr geehrter Herr Matthia, vielen Dank für die  Zusendung Ihres Kaufbeleges. Leider ist die Garantiezeit Ihres AVM-Produktes bereits abgelaufen. Eine Überprüfung bzw. ein Austausch Ihres reklamierten Gerätes ist daher nicht mehr möglich. Bei Rückfragen stehen wir ihnen per Mail oder telefonisch in der Zeit von 9.00 - 17.00 Uhr unter der Rufnummer … gern zur Verfügung. Mit freundlichen Grüßen …«
  • Ich hielt das für ein Versehen, warb die Firma nicht mit 60 Monaten Herstellergarantie für ihre Geräte? Die Fritz!Box war noch nicht einmal 24 Monate alt … also nachschauen … im Handbuch auf Seite 91 ist für die Fritz!Box 7113 eine Garantiezeit von 2 Jahren vermerkt. Auf dem Karton der Fritz!Box 7113 ist von einer Garantiezeit von 5 Jahren die Rede. Wie auch immer. Gekauft 2009, und nun sind wir im Jahr 2011. Schwierige Rechenaufgabe, oder?
  • Nun hätte – hätte! – ich natürlich als nächstes klagen können, sollen vielleicht. Die zwei Jahre Garantiezeit waren ja noch nicht einmal abgelaufen. Allerdings fiel das Gerät nun so häufig aus, dass die beste aller Ehefrauen in ernsthafte Probleme bezüglich ihrer Kunden geriet.
  • Also resignierte ich, kaufte ein Gerät im Fachhandel und schrieb dem Kundendienst, der sich so nicht nennen mag, sondern mal Support, mal Customer Service, und auch nicht so verhält, als diene irgend jemand dem Kunden: »Na ja, sehr geehrte Damen und Herren, ich habe mir nun ein Ersatzgerät gekauft, 179 Euro ausgegeben und werde mich in den nächsten Wochen im Freundeskreis umhören, wie es um die Zufriedenheit mit dem Kundendienst bei technischen Problemen bestellt ist, wenn man bei anderen Anbietern Kunde ist. Es muss ja nicht 1&1 sein und bleiben... Mit freundlichem Gruß, G. Matthia«.
  • Ich dachte, damit wäre das Kapitel abgeschlossen. Doch nein. Weit gefehlt! Am 14. Juli kam diese putzige Nachricht an: »Guten Tag Herr Matthia, vielen Dank für Ihre Ergänzungen zu Ihrer Support-Anfrage mit der ** Ticket-ID CID2469883 **. Wir haben diese zusätzlichen Informationen erfasst und werden uns in Kürze mit Ihnen in Verbindung setzen. Freundliche Grüße, Ihr AVM-Support-Team«

So. Seither herrscht nun Schweigen und ich glaube nicht, dass da jemand bei AVM sich noch einmal die eigenen Garantiebedingungen anschaut.

Hat jemand vergleichbare Erfahrungen? Sind andere Anbieter von Telefon und Internetanschlüssen mit einem Kundendienst ausgestattet, der seinen Namen verdient?

Sonntag, 17. Juli 2011

Alles nur Show, sagte sich Astrid

imageNeu auf meinem Blog für die längeren Texte: Ein längerer Text. Die Erzählung habe ich neulich beim Stöbern in alten Dateien gefunden, sie stammt aus Zeiten, als es die DM noch gab und eine Eintrittskarte für ein Rockkonzert so um die 20 Mark gekostet hat. Das Konzert in der Erzählung fand in der Deutschlandhalle statt, die steht schon lange nicht mehr in Berlin ...

Ich habe alles etwas entstaubt und überarbeitet und aktualisiert und fand das Stück am Ende dann dem geschätzten Publikum präsentabel.

Wer lesen will, muss klicken: [Alles nur Show, sagte sich Astrid]

Donnerstag, 14. Juli 2011

Jessika–die Konfrontation /// Teil 8

So, das Warten hat lange gedauert, nicht zuletzt wegen der unklaren Abstimmung. Aber nun ein wieder etwas längerer Teil für die lesehungrigen Blogbesucher.

Zuvor der gewohnte Blick zurück: [Teil 1] [Teil 2] [Teil 3] [Teil 4] [Teil 5] [Teil 6] [Teil 7].

Und nun die Fortsetzung:

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Ich wachte nicht auf. Es war lediglich ein Dämmerzustand, ein Aufdämmern des Morgens ohne dass es wirklich hell geworden wäre, was ich wahrnehmen konnte. Wo ich mich befand konnte ich genauso wenig ausmachen wie einen auch nur ungefähr geschätzten Zeitpunkt. Meine Augen öffneten sich, um in ein Grau zu starren, das keine Formen offenbarte. Zu hören war nichts, und worauf ich lag war undefinierbar. Es fühlte sich eher an, als schwebte ich, was allerdings Unfug sein musste. Genau solcher Unfug wie das Gefühl, Flüssigkeit zu atmen.

Ganz langsam drangen Bruchstücke von Erinnerung in mein Bewusstsein, falls ich meinen Zustand so bezeichnen wollte. Ein Gesicht, das aus Millionen Falten bestand. Jessikas Hand auf meiner Stirn. Ein Glas mit Wein, Wein aus der Heimat. Wessen Heimat? Eine Zahl, 250. Ich war die Nummer 250. Die Nummer 250 der wer-weiß-wie-alten Frau.

Da ich sowieso nichts sehen konnte, schloss ich die Augen und versuchte, mit den Händen zu fühlen. Ich griff jedoch ins Leere, unter mir, über mir, neben mir.

Ich schwebe also doch. Ha ha! Ein Traum der Menschheit geht an mir in Erfüllung!

Mir fiel ein, dass das Schweben in Träumen ein recht häufiges Erlebnis ist. Also hatte ich des Rätsels Lösung: Ich schlief. Ich träumte.

So wie du alles geträumt hast, seit Jessika im Park an einen Baum gelehnt auf dich gewartet hat.

Genau so musste es sein. Alles seit jenem Zeitpunkt war so unmöglich gewesen, dass ich mich jetzt wunderte, den Traum für Wahrheit gehalten zu haben. Kein kleines Mädchen mit gebrochenem Genick auf dem schwarzen Turm. Keine nackte Jessika, die mir im Schein des Feuerzeuges den Leberfleck auf ihrem Venushügel zeigt. Kein Foto von meiner durch die nasse Badehose sichtbaren kindlichen Erektion, abgelichtet von der 13jährigen Franziska, die sich heute Jessika nannte und kein bestimmbares Alter hatte.

Du träumst also, dass du geträumt hast. Und wann willst du aufwachen?

»Jetzt«, sagte ich, riss die Augen wieder auf und starrte in das graue Nichts.

Ich schrie: »Jetzt! Jetzt! Jetzt!«

Normalerweise hört man sich ja. Aber mein Gebrüll kam nicht bei meinen Ohren an, ich musste wohl in einem schalltoten Raum sein. Nein – falsch – ich musste träumen, in einem schalltoten Raum zu sein. Oder ich schwebte in einer Flüssigkeit, die sich atmen ließ.
Und dann begann das Kribbeln, gleichzeitig überall. So ungefähr wie das Gefühl, wenn ein eingeschlafener Arm wieder durchblutet wird, aber ich fühlte das Kribbeln am ganzen Körper. Ich strich mit den Händen über meine Brust, meinen Bauch und bemerkte erst jetzt, dass ich nackt war. Das Kribbeln wurde stechend, tausende Nadeln pieksten meine Haut.

»Hol ihn raus«, glaubte ich Jessikas Stimme zu hören, aber bevor ich noch darüber nachdenken konnte, war ich wieder im schwarzen Nichts der Bewusstlosigkeit verschwunden.

 

Wieviel später ich wieder zu mir kam, vermochte ich nicht abzuschätzen. Mein Mund war ausgetrocknet. Dieses Mal fühlte ich eine weiche Unterlage, sah allerdings nichts, es war vollkommen finster. Ich streckte die Arme nach beiden Seiten aus, nach oben. Nichts. Ich strich über meinen Körper. Nackt. Auf dem Bauch fühlte ich Feuchtigkeit, ein paar Spritzer, leicht schleimig. Ich führte meine Finger zur Nase und wusste, dass es sich um Sperma handelte. Mein Penis ruhte entspannt am rechten Oberschenkel, aber auch dort fühlte ich die nur uns Männern vorbehaltene Flüssigkeit.

»Aha«, murmelte ich, »eine nokturale Ejakulation. Soll ja in den besten Familien vorkommen.«

Dass ich meine Stimme hören konnte, bestätigte meinen Eindruck, nun wirklich aufgewacht zu sein. Wo ich mich befand, blieb ein Rätsel, und ob ich blind oder tatsächlich in einem vollkommen lichtlosen Raum war, auch. Ich beschloss, vorsichtig herumzutasten, um mir ein Bild meiner Umgebung zu machen. Als ich mich vorsichtig aufsetzte, meldeten sich meine Muskeln wie nach einem Marathonlauf. Ich hatte zwar nie an einem Marathon teilgenommen, aber doch so manchen Dauerlauf absolviert, der an die Grenze meiner Leistungsfähigkeit geführt hatte. Behutsam tastete ich mich weiter, nach rechts, rutschte sitzend weiter, tastete, rutschte und kam schließlich an eine Wand, die aus dem gleichen weichen Material bestand wie die Fläche, auf der ich lag. Ich richtete mich langsam auf, obwohl meine Muskeln protestierten.

Etwa zehn Minuten später hatte ich den Raum erfühlt. Ringsherum weiche Wände, ohne Türen oder Fenster, die Ecken rechtwinklig. Da ich zum fünften Mal an eine Ecke gekommen war, musste ich mich überall entlang getastet haben. Wie hoch der Raum war, konnte ich nicht feststellen, da ich auch auf Zehenspitzen keine Decke berührte.

Inzwischen meldete sich mein Durst immer drängender. Mund und Kehle waren völlig ausgedörrt. Hunger spürte ich nicht, aber ohne ein paar Tropfen Wasser konnte ich nicht mehr lange durchhalten.

»Kann mich jemand hören?« krächzte ich mit einer Stimme, die ich kaum als meine erkannte. »Bitte, ich habe Durst.«

Ich hatte keine Antwort erwartet und es gab auch keine.

Langsam ließ ich mich an der Wand herabgleiten und begann, auf allen vieren vorwärts zu kriechen. Vielleicht war derjenige oder diejenige, die mich hier eingesperrt hatte, so gnädig gewesen, irgendwo neben mir eine Flasche mit Wasser zu hinterlassen. Das konnte ich nur herausfinden, wenn ich versuchte, nun auch den ganzen Boden abzutasten, Stück für Stück. Ob mir das allerdings gelingen konnte, abgesehen vom Bereich an den Wänden entlang, bezweifelte ich.

Gefühlte zwanzig Minuten später gab ich auf. Ich hatte nichts gefunden. Ich rief noch ein paar Mal, dann rollte ich mich in einer Ecke zusammen und beschloss, zu sterben.

 

Kühles Porzellan oder Glas an meinen Lippen. Ein Arm, ein warmer weicher Arm, der mich stützte. Wasser, köstliches Wasser in dem Gefäß, das mir jemand an den Mund hielt. Ich trank, schluckte, hustete, trank, trank, trank.
»Genug, sonst fängst du an zu kotzen«, sagte Jessika.

Mühsam öffnete ich die Augen. Ihre Miene wirkte besorgt, sie betrachtete mein Gesicht und strich mir sanft mit den Fingern über die Stirn.

»Wasser«, stöhnte ich, »bitte.«

»Einen kleinen Schluck noch, dann musst du eine Pause machen. Wenn alles wieder rauskommt, ist auch nichts gewonnen.«

Sie führte das Glas wieder an meinen Mund und ich nahm einen Schluck, bewegte das Wasser im Mund, um die wunden Schleimhäute zu benetzen, bevor ich schluckte. Vom Magen her kam ein Gefühl, das ihren warnenden Worten recht geben wollte, aber ich bezwang die Übelkeit, indem ich tief durchatmete, durchatmete, durchatmete.

Jessika lächelte. »Gut so. Das machst du prima.«

Jetzt erst sah ich mich um. Wir befanden uns in einem Schlafzimmer auf einem breiten Bett, ein deckenhoher Kleiderschrank aus dunklem Holz nahm die linke Wand ein, an der gegenüberliegenden Wand hing ein Spiegel, rechts und links von Wandleuchtern mit dicken roten Kerzen flankiert. Das Bett stand unter einem Fenster, von draußen strömte Sonnenlicht herein. An beiden Seiten das Bettes gab es Nachttische mit zu den Wandleuchtern passenden Kerzenhaltern. Gegenüber stand eine Anrichte aus dem gleichen dunklen Holz neben einer geschlossenen Türe. Über der Anrichte hing ein Gemälde, ob es ein Original oder eine Reproduktion war, konnte ich aus der Entfernung von etwa vier Metern nicht erkennen. Das abgebildete Motiv war ein Liebespaar in zärtlicher Umarmung.
Jessika saß neben mir und hielt mich im Arm, stützte meinen Kopf, wir befanden uns beide in einem textilfreien Zustand.

»Wo sind wir hier?«, fragte ich. Ist das Frau Novákovás Schlafzimmer?«

»Du bist in Sicherheit«, antwortete sie, »in meiner Wohnung.«

»In deiner Wohnung? In Berlin?«

»Nein, ich habe mehrere Wohnungen. Wir sind immer noch in Budweis.«

»Warum hast du dann im Hotel – ich meine – wieso nimmst du ein Hotelzimmer, wenn du eine Wohnung in der Stadt hast?«

»Um in deiner Nähe zu sein.«

»Aber …«

»Kein Aber und kein Wenn. Du bist erschöpft, ich habe dich so ziemlich in letzter Minute herausgeholt. Du musst jetzt wieder schlafen, später ist genug Zeit für Erklärungen.«

Ich schüttelte den Kopf. »Wo herausgeholt? Wie lange – wann – welcher Tag ist denn  heute?«

Jessika lächelte wieder und gab mir einen Kuss auf die Lippen. »Johannes, sei ein braver Junge und mach die Augen zu.«

»Nein, ich …«

Sie drückte mich auf das Kissen, holte eine leichte Decke hervor, die neben dem Bett am Boden gelegen haben musste und breitete sie über mich. Ich wollte mich aufrichten, aber ich spürte, dass meine Kräfte nicht reichen würden. Jessika stand auf und ging zur Tür.

»Ich stelle ein Glas Wasser auf den Nachttisch, falls ich nicht hier bin, wenn du aufwachst«, sagte sie und bevor ich noch antworten konnte, fielen schon meine Augen zu.

 

Alle vier Kerzen brannten, als ich aufwachte. Ich war allein. Auf dem Nachttisch stand das versprochene Glas Wasser. Wie schwach ich noch war, merkte ich, als ich mich hinüberbeugte, um an das Gefäß zu kommen. Mir wurde von der Anstrengung leicht schwindelig, dennoch trank ich die Hälfte der köstlich kühlen Flüssigkeit, bevor ich mich wieder zurücksinken ließ.

Was mit mir geschehen war, wie lange ich schon hier lag oder wie lange ich dort – was immer das Dort auch sein mochte – gefangen gewesen war, oder ob ich mir das alles in irgendwelchen Fieberträumen eingebildet hatte, konnte ich nicht ergründen. Zu verschwommen, zu wirr waren die Erinnerungen an die letzten Stunden oder Tage. Ganz deutlich jedoch war der Drang, eine Toilette aufzusuchen und die Blase zu entleeren. Ein dringender Drang. Dringender und drängender von Minute zu Minute.

Ich zweifelte nach der Anstrengung, das Glas zu erreichen und zum Mund zu führen, daran, dass mir eine Expedition aus dem Bett durch das Schlafzimmer in einen unbekannten Flur und schließlich in ein irgendwo befindliches Badezimmer gelingen würde, aber ins Bett pinkeln kam nun überhaupt nicht in Frage. Sollte ich Jessika rufen?

Das wäre ja noch schöner! Du bist doch kein kleines Kind, das Mama braucht, wenn es aufs Klo muss.

Ich setzte mich am Bettrand auf, was eine Ewigkeit zu dauern schien. Die Wände bewegten sich, der Boden schwankte, das Bett hatte Schieflage. Ich presste die Augen zusammen und atmete tief durch, einmal, zweimal dreimal. Der Schwindel ließ nach.

Na also. Jetzt auf die Beine kommen. Auf auf!

Ich kam schließlich auf die Beine und tastete mich an der Wand entlang zur Tür, jeden Moment darauf gefasst, dass meine Beine nachgeben würden. Das Zimmer drehte sich, aber mit tiefem Durchatmen bezwang ich das Schwindelgefühl erneut und schließlich hatte ich die Klinke in der Hand. Ich drückte sie herunter, aber die Tür ging nicht auf.

Du bist eingesperrt! Musst wohl auf den Teppich pinkeln …

Ich schwankte auf den Beinen, die Klinke noch in der Hand, und die Tür öffnete sich nach innen statt nach außen, was ich versucht hatte. Das unerwartete Nachgeben der Tür sorgte dafür, dass ich die mühsame Balance verlor und unsanft auf dem Boden landete. Jessika musste den Plumpser gehört haben, denn sie kam eilig ins Schlafzimmer.

»Wer hat dir denn erlaubt, aufzustehen!«

»Ich muss aufs Klo«, stöhnte ich.

Kurzerhand nahm sie mich auf ihre Arme und trug mich mit einer Leichtigkeit den Flur entlang, als wöge ich nicht mehr als zehn Kilogramm. Sie stieß eine Tür am Ende des Ganges auf und setzte mich auf die Toilette.

»Heute musst du mal im Sitzen pinkeln, Mann hin, Mann her«, schmunzelte sie und blieb neben mir stehen, um mich zu stützen.

Gefühlte fünf Hektoliter Urin fanden ihren Weg in das Becken. Jessika hielt meinen Oberkörper. Sie trug Jeans und ein schwarzes T-Shirt, die Füße steckten in Flip-Flops. Ich schaute mich um, während das Wasserlassen kein Ende nehmen wollte. Das Badezimmer war mit hellem Marmor gefliest, Wände und Boden. In der einen Ecke war eine großzügig bemessene verglaste Duschkabine untergebracht, dem Waschbecken und den Armaturen sah ich auf den ersten Blick an, dass sie der eher hochpreisigen Kategorie entstammten. Ein samtweicher Badezimmerteppich und Toilettenvorleger harmonierte farblich mit den dunkel violetten Zahnputzbechern und Handtüchern, die ordentlich gefaltet auf einem weißen Tischchen bereit lagen.

»Ganz schön nobel, dein Bad«, sagte ich, während die letzten Tropfen in die Schüssel fielen.

»Ich hoffe, das stört dich nicht?«

»Nein, absolut nicht. Gefällt mir.«

»Das ist gut so. Bleib mal bitte kurz sitzen, ich hole dir einen Bademantel. Oder willst du gleich zurück ins Bett?«

»Bademantel ist okay. Im Bett war ich lange genug.«

»Das kann man wohl sagen. Zehn Tage und Nächte immerhin.«

Sie verschwand und ich schüttelte ungläubig den Kopf, was sofort zu einem neuen Schwindelanfall führte. Ich sollte zehn Tage lang bewusstlos gewesen sein? Hier in dieser Wohnung statt in einem Krankenhaus? Ein leichtes Jucken am linken Unterarm veranlasste mich, diesen genauer zu betrachten. Ich sah eine noch deutlich gerötete Narbe wie von einem Schnitt. Sofort fiel mir die Episode ein, die ich über Jessika in Italien geschrieben hatte, der seltsam mystische Blutsbund mit dem 13jährigen Jungen, der ihr das entschwindende Leben gerettet hatte. Luca, so hieß der Junge, fiel mir wieder ein. Die Narben auf seinem und Jessikas Arm hatten genauso ausgesehen und waren verblüffend schnell verheilt.

Jessika kam mit einem weißen Bademantel zurück. Ich nahm ihren rechten Arm, dann den linken. Dort war sie, die Narbe, die meiner ähnelte, nur dass sie kaum noch auszumachen war.

»Hast du – habe ich – ich meine …«

»Es war die einzige Chance, dich zu retten. Nitzrek war zögerlich, aber schließlich hat er zugestimmt.«

Sie half mir auf die Füße und in den flauschig weichen Bademantel. Dann führte sie mich behutsam am Arm in ihr Wohnzimmer.

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So, liebe Blogbesucher und Leser, bevor die beiden sich jetzt gemütlich auf dem Sofa niederlassen, möchte ich gerne eine Entscheidung von euch. Und diesmal - ätsch! - gibt es nur zwei Möglichkeiten. :-)

Jessika und Johannes ...
... werden endlich ein Paar. Mit Sex und allem drum und dran.
... werden nie und nimmer ein Paar. Kein Sex, kein Garnichts.
Auswertung

Dienstag, 12. Juli 2011

Na gut, sagte Jessika, dann ...

... halten wir das mal fest und Johannes schreibt gefälligst weiter.

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Ich habe vermutlich zu gehorchen oder so. Fortsetzung bald! Versprochen.

Als Jesus verloren hatte

Um 19:20 schaltete ich am vergangenen Sonntag das Fernsehgerät ein, um wie gewohnt den Weltspiegel zu sehen. Doch die ARD zeigte statt dessen ein Fußballspiel, welches dann durchaus unterhaltsam anzuschauen war.

Sowohl in der brasilianischen als auch in der US-amerikanischen Fußballfrauschaft gibt es offenbar gläubige Spielerinnen, die für ihre Tätigkeit auf dem Rasen göttlichen Beistand – und somit den Gewinn des Spiels – erbitten. Damit gerät Gott, vorausgesetzt er interessiert sich für Gebete dieser Art, natürlich in eine Zwickmühle. Denn die Regeln schreiben nun einmal vor, dass im Viertelfinale ein Unentschieden nicht stattfinden kann und darf. Notfalls wird so lange ein 11-Meter-Schießen veranstaltet, bis eine Entscheidung gefallen ist.

Mir hat das Ergebnis – die Frauschaft der USA gewann schließlich – durchaus gefallen. Doch ob Gott seine Hand im Spiel hatte (Handspiel ist beim Fußball ohnehin tabu), wage ich zu bezweifeln.

Mich erinnerte das ein wenig an diese häufige Zwickmühle: Der fromme Landwirt betet um Regen, damit seine Saat auf den Feldern nicht verkümmert. Die frommen Mitglieder der Kirchengemeinde beten um Sonnenschein, weil sie einen Ausflug planen. Tja.

Und dann fiel mir eine kleine Erzählung zu einem Text aus Matthäus 15 ein, die ich vor ein paar Monaten aufgeschrieben und dann liegen gelassen hatte. Mit Fußball oder Wetter hat sie nichts zu tun, aber doch mit einer Zwickmühle, in der Jesus sich befand. Die geschätzten Blogbesucher kommen nun also – Interesse vorausgesetzt – dank des ausgefallenen Weltspiegels in den Genuss dieses Denkanstoßes. Bitteschön:

Neulich hat sich diese kleine Episode zugetragen, irgendwo in der Nähe von Tyrus und Sidon. Wir waren auf dem Weg vom Land Genezareth zum galiläischen Meer. Eine Frau aus der Gegend schrie uns hinterher: »Ach Herr, du Sohn Davids, erbarme dich! Meine Tochter wird vom Teufel übel geplagt!«

Unser Meister beachtete die Frau nicht. Er antwortete ihr kein Wort. Wir waren ganz einverstanden mit seinem Verhalten, denn was hatten wir mit den Heiden zu schaffen? Nichts, absolut gar nichts.

Nach einer Weile ging uns das Zetern ziemlich auf die Nerven. Die Frau dachte nämlich gar nicht daran, uns und ihn in Ruhe zu lassen. Sie verfolgte uns und hörte nicht auf mit ihrem Geschrei. Schließlich baten wir Jesus: »Schick sie doch fort, sonst schreit sie uns endlos nach.«

Eigentlich war unsere Bitte überflüssig, denn er war ja nicht taub, er musste folglich das Jammern genauso gut hören wie wir.

»Ich bin nicht gesandt, außer zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel«, gab er uns zur Antwort - laut genug, dass auch die Frau es hören konnte. Damit war für uns die Angelegenheit geklärt, denn sie war nun mal kein verlorenes Schaft aus unserer Herde, sondern eine Kanaaniterin. Vor solchen Leuten warnen uns die heiligen Schriften, denn sie beten auf den Höhen Stier- und Kalbsgötzen an, verehren die Liebesgöttin Astarte - wer weiß mit welchen unmoralischen Ritualen! Dass die Tochter einer solchen Frau vom Teufel übel geplagt wurde, war ja eigentlich nur logisch.

Wir gingen weiter, hielten die Sache für geklärt, aber irgendwie gelang es der Sünderin, sich durchzudrängeln und vor Jesus niederzufallen. Seinen Weg zu blockieren. Eine Unverschämtheit.

»Hilf mir!«, jammerte sie.

Er blieb stehen, etwas anderes blieb ihm ja auch nicht übrig, wenn er nicht über sie hinwegsteigen wollte. Er wies die Frau energisch zurecht: »Es ist nicht fein, dass man den Kindern ihr Brot wegnimmt und es vor die Hunde wirft.«

Bravo, dachten wir, das war ja wohl deutlich genug. Nun würde sie aufgeben, denn sie hatte Jesus ja selbst als Herrn angeredet. Folglich musste ihr klar sein, dass seine Auskunft gültig und abschließend war. Vor allem natürlich für eine heidnische Sünderin, die Götzenopfer brachte und nicht zu unserem Volk gehörte. Es gibt nun einmal geistliche Gesetze, die zu respektieren sind. Dass Jesus ihr überhaupt eine Antwort gegeben hatte, war schon großzügig.

Doch die Frau gab nicht auf. »Ja, Herr«, sagte sie, »aber doch essen die Hunde von den Brosamen, die von ihrer Herren Tisch fallen.«

Wir waren entsetzt. Sie widersprach dem Nein unseres Meisters? Sie akzeptierte nicht, dass er ihr nicht helfen wollte? Er hatte seinen Willen deutlich genug ausgedrückt. Wenn der Herr, der Sohn Davids, etwas nicht will, dann wird es nicht geschehen. Basta oder amen, so ist es jedenfalls. Damit musste sich die Frau abfinden.

Wir wussten ja mehr über Jesus als sie, nämlich dass er stets nur das tat, was er vom Vater hörte. Das hatte er uns mehrfach mitgeteilt. Also wollte offensichtlich Gott selbst nicht, dass dieser Frau oder ihrer Tochter Hilfe zuteil wurde. Das konnte sie als Kanaaniterin natürlich nicht begreifen, aber seine Auskunft war ja deutlich genug gewesen. Wir waren jedenfalls sicher, dass Jesus nun weitergehen würde. Ein Nein von Gott selbst durch den Mund seines Messias war unumstößlich.

Doch dann geschah das Unfassbare. Jesus änderte seine Meinung. Es geschah nicht sein Wille, nicht der Wille des Vaters, den er eben so deutlich erklärt hatte. Statt dessen sagte er zu der Frau: »O Frau, dein Glaube ist groß. Dir geschehe, wie du willst.«

Jesus hatte den Streit mit der Frau verloren. Er hatte versucht, sie abzuwimmeln, hatte sie fortgeschickt, ihr ein klares Nein ins Gesicht gesagt. Aber diese hilflose und geknechtete Seele hatte gegen seinen Willen und die Gebote unserer Religion gewonnen.

Sonntag, 10. Juli 2011

Hamburg

Dieser Blog lag mal wieder brach, weil der Blogger sich weniger zu Hause und mehr in einer nicht unattraktiven Hansestadt aufgehalten hat. Der hauptsächliche Anlass war der 71ste Geburtstag eines gewissen Herrn Richard Starkey, der es sich nicht nehmen ließ, an seinem Ehrentag ein Freiluftkonzert zu Gehör zu bringen.

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Falls besagter Herr auf dem Foto nicht so recht zu erkennen ist, hier noch ein Portrait.

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Die jüngeren Semester unter meinen Blogbesuchern – falls es solche gibt – sind vermutlich noch immer ratlos, daher der Hinweis, dass besagter Herr mit einer Musiktruppe namens The Beatles unter dem putzigen Künstlernamen Ringo Starr zu musizieren pflegte.

In Hamburg traf ich auch einen anderen Musiker, meinen Rockercousin Bo Heart, wir haben ein paar prima Stunden genossen.

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Ein schöner, inhaltsvoller und in der Erinnerung bleibender Ausflug vor die Tore Berlins.

Donnerstag, 7. Juli 2011

Jessika–die Konfrontation /// Teil 7

Der Blick zurück: [Teil 1] [Teil 2] [Teil 3] [Teil 4] [Teil 5] [Teil 6]. Und nun die Fortsetzung:

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Ich war nie sonderlich gut im Schätzen des Alters einer Person, ob nun männlichen oder weiblichen Geschlechts. Ich konnte auch nicht sagen, ob ich selbst älter, jünger oder eben genau meinem Alter entsprechend aussah. Als Jana Nováková ihre Türe öffnete, meinte ich, einer 120jährigen gegenüber zu stehen. Mindestens 120.

Sie hatte Jessikas Größe, dichte weiße Haare zu einem altertümlichen Kranz geflochten, trug ein beiges Sommerkleid, an den Füßen Filzpantoffeln. Frau Novákovás Haltung war aufrecht, ihre Statur schlank – aber ihre Haut schien nur aus Runzeln zu bestehen.

»Jessičhko!«, rief sie und strahlte uns mit vergnügt funkelnden Augen an. »Vítejte!«

»Das ist Johannes«, stellte mich Jessika vor, »er gehört zu mir, aber er spricht kein Tschechisch.«

»So so, warum denn nicht? Herzlich willkommen, Johannes.«

Sie trat zurück, um uns in die Wohnung zu lassen. Ich war überrascht, welcher Luxus sich mir offenbarte. Der Boden war mit einem weichen, hellgrauen Teppich ausgelegt, die Möbel von allerbester Qualität und geschmackvoll zusammengestellt. Die Luft war angenehm kühl und duftete dezent nach Limone, wie ich es aus amerikanischen Gebäuden kannte.

»Haben Sie eine Klimaanlage?«, fragte ich.

»Ich heiße Jana, wir sind per Du und jawohl, ich habe eine Klimaanlage. Setzt euch, Kinder, setzt euch.«

Wir nahmen auf dem Sofa Platz, das so bequem war, wie es aussah. Jana verschwand in ihre Küche und kam bald mit einem Tablett zurück, auf dem Gläser, eine Flasche Wein und ein Teller mit Salzgebäck standen. Sie schenkte ein, schob das Gebäck zu uns hinüber und meinte: »Kinderchen, greift zu!«

Ich antwortete: »Danke, aber ich muss gleich noch Auto fahren, in Tschechien gilt ja null Promille …«

»Ich kann dein Monstrum fahren, wenn ich darf«, sagte Jessika. »Trink ruhig einen Schluck, der Wein ist etwas ganz Besonderes.«

»Aus der Heimat«, fügte Jana hinzu.

Ich probierte – es war vermutlich der beste Roséwein, den ich je gekostet hatte. Was auf dem Etikett stand, konnte ich nicht entziffern, es mochten arabische Schriftzeichen sein. Ich blickte Jana fragend an. »Welche Heimat?«

»Na der kommt aus Israel, aus der Heimat unserer Art«, antwortete sie etwas irritiert.

Jessika erklärte: »Johannes gehört zu mir, aber er ist keiner von uns. Deshalb kann er auch nur zwei Sprachen, Deutsch und Englisch, und er muss die Gesetze und Vorschriften der Menschen beachten. Er ist aber ein Freund, vor dem wir keine Geheimnisse haben müssen. Er kennt die Nephilim, mich und andere. Wir können ihm vertrauen.«

»Ein Mensch? Einfach ein Mensch?« Jana musterte mich erstaunt, als sei ich ein exotisches Lebewesen oder eine Rarität aus dem Gruselkabinett.

»Ja«, antwortete ich, »einfach ein Mensch. Ganz normal.«

Die alte Frau schüttelte den Kopf und wandte sich an Jessika: »Aber das gibt es nicht, dass ein Mensch unser Geheimnis kennt und weiter leben darf. Das weißt du doch.«

Sie antwortete: »Nitzrek ist einverstanden.«

»Nein, das kann gar nicht sein. Das hat es zu meiner Lebzeit noch nie gegeben, und du weißt, dass ich nicht mehr die Jüngste bin.«

Merkwürdigerweise war mir keineswegs mulmig zumute. Ich vermutete, dass mir Jana Nováková trotz ihres Alters überlegen war, was die Kräfte betraf – Jessika sowieso. Kostproben ihrer Stärke hatte ich wiederholt beobachtet, zuletzt auf dem schwarzen Turm.

Beobachtet? Du hast darüber geschrieben, nichts hast du beobachtet.

In meinen Gedanken vermochte ich nicht mehr zu trennen zwischen dem, was sein konnte und dem, was unmöglich war. Inzwischen hatte ich mich an die absurde Situation gewöhnt, mit einer Frau unterwegs zu sein, die gar nicht existieren konnte, weil ich sie nur für meine Geschichten erfunden hatte. Eine Frau, die ein paar Stunden zuvor einem Kind das Genick gebrochen hatte, die Dinge von mir wusste, die sie gar nicht wissen konnte. Eine Frau, deren virtuelles Leben ich in meinen Erzählungen schon mehrmals auslöschen wollte, die jedoch jedes Mal – literarische Figuren haben nun mal ein Eigenleben, zumindest im Rahmen der jeweiligen Geschichte – einen Weg gefunden hatte, am Leben zu bleiben.

Ich lächelte zu Jana hinüber und fragte: »Wie alt sind Sie – bist du eigentlich?«

»Kannst du rechnen, Kindchen?«

»Ich glaube schon.«

»Ich bin am gleichen Tag auf die Welt gekommen wie Leonardo da Vinci, und das war im Jahr 1452.«

Ja ja, und Elvis lebt. Er spielt Poker mit Michael Jackson.

559 Jahre alt wollte die Frau sein? Ich wusste von Jessika bereits, dass die Lebensspanne ihrer Art sich viel weiter erstrecken konnte als die menschliche. Aber das war nun doch ein unvorstellbares Alter. Ich schüttelte den Kopf und meinte: »Nein, das ist Unfug. So lange lebt kein Mensch und kein Nephilim.«

»Sagt der Fachmann«, gab Jessika trocken zurück.

Die womöglich mehr als fünf Jahrhunderte alte Dame kicherte vor sich hin und schenkte Wein nach. »Trinkt, Kinderchen«, ermunterte sie uns, »es ist genug Vorrat im Haus.«

Jessika ergänzte: »Ich fahre, du brauchst keine Angst vor Führerscheinverlust und tschechischer Gerichtsbarkeit haben.«

Unmerklich hatte sich eine gewisse Gleichgültigkeit meiner bemächtigt. Zwei Gläschen Wein hatten normalerweise bei mir keine spürbaren oder sichtbaren Auswirkungen, aber jetzt bemerkte ich, dass ich die Situation wie ein Betrachter von außen wahrnahm. Das alles hier, die neben mir sitzende Phantasiegestalt aus meinen eigenen Geschichten, die gegenüber sitzende Person aus einer anderen Epoche, die luxuriöse Wohnung in einem unscheinbaren Nachkriegsbauwerk, das alles hatte nichts mit mir zu tun. Das zwölfjährige Mädchen, das in Jessikas Armen den letzten Atemzug getan hatte, die Polizei, die vermutlich hinter den Tätern her war, das war ein Film, den ich mir mit mäßigem Interesse anschaute.

Ich schloss für einen Moment die Augen, war plötzlich sehr müde.

»Was macht dein Kunstprojekt?«, hörte ich Jessika fragen.

Jana antwortete: »Das geht recht gut voran. Die Sammlung wächst. Bisher habe ich 249 Exemplare.«

Mühsam öffnete ich meine Augen, hoffte, dass mein Sekundenschlaf nicht bemerkt worden war. Doch Jana musterte mich aufmerksam, ein Lächeln auf den Lippen, das die Millionen Falten noch zu multiplizieren schien.

Jana erklärte: »Wenn ihr möchtet, zeige ich euch nachher die Sammlung.«

Ich wollte fragen, um welche Kunst es ging, aber mir fielen wieder die Augen zu. Mühsam riss ich mich zusammen.

Kaltes Wasser ins Gesicht. Steh auf und geh ins Bad.

»Ich muss mal auf die Toilette«, wollte ich sagen, aber es kam so etwas wie »I-muh-hauf-doli« aus meinem Mund. Ich wollte aufstehen, aber selbst das misslang. Die Augen bekam ich nicht mehr auf.

Ich fühlte Jessikas Arm um meine Schultern. Sie drückte mich an sich und gab mir einen Kuss auf die vom kalten Schweiß feuchten Lippen. Dann spürte ich ihre Hand auf meiner Stirn.

So hat sie auch das Kind auf dem Turm gehalten, bevor …

Noch einmal bekam ich kurz die Augen auf, für eine oder zwei Sekunden, aber ich erkannte nichts und niemanden mehr. Verschwommene Formen und Schatten, die auf mich zukamen. So weit ich auch schon weggedriftet war, ich hörte Janas Stimme noch deutlich: »Und dein Johannes wird dann die Nummer 250.«

Jessika entgegnete: »Aber doch lieber erst morgen, wenn er …«

Mehr hörte und spürte ich nicht mehr. Die Welt wurde schwarz und still.

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So, liebe Leser, nun seid ihr wieder dran.

Ja ja, der Johannes ...
... wird Schlimmes erleben.
... kommt irgendwie ungeschoren davon.
Ach du liebe Güte!
Auswertung

Fort. Setz. Ung. Folgt.

Dienstag, 5. Juli 2011

Dylan Morrison: Fluss und Eimer

Vor langer Zeit reiste eine Menschengruppe auf einem Floß einen mächtigen Strom hinunter, der sich durch abwechslungsreiche und faszinierende Landschaften schlängelte. Da mochte man gerade durch ziemlich ruhiges Wasser gefahren sein, Minuten später konnte ein Wasserfall zum lebensgefährlichen Abenteuer werden. Was die Reisenden begeisterte, war das Empfinden, der Fluss sei ein lebendiges Wesen, voller Bewegung, sein Verhalten unvorhersehbar. Während die Menschen auf dem Fluß unterwegs waren, regelmäßig auch Strudel überwanden, fielen ihnen Fische auf, die neben dem Floß schwammen, die warme Luft trug anmutige Lieder von Vögeln zu ihnen herüber.

Wann immer die Reisenden versuchten, das Floß zu lenken, landeten sie am Ufer, klatschnass. Die einzige Möglichkeit, wirklich voranzukommen, bestand darin, sich dem Floß anzuvertrauen, während die ungezähmten Wasser des Flusses die Richtung bestimmten. Das Ziel der Reise war eine Stadt an der fernen Flußmündung, berühmt für ihr Gold. Sie sollte dort liegen, wo der große Strom mit dem Meer eins wurde.

Nach ein paar Tagen beschlossen jedoch ein oder zwei Mitglieder der »Besatzung«, dass es ihnen reichte. Die Flussufer mit ihrer reichhaltigen Vegetation luden verlockend zu einer Ruhepause ein. Schließlich stimmte man über den Vorschlag ab und die Entscheidung stand fest. Das Floß wurde in eine kleine, ruhige Bucht am Ufer manövriert und ein Lager für die Nacht aufgeschlagen. Die Menschen wussten, dass Wasser lebensnotwendig war, daher gingen einige, als das Lager fertig hergerichtet war, mit ein paar alten, rostigen Eimern zur Böschung, um etwas von dem kristallklaren Wasser zu schöpfen. Die Flussfahrt war anstrengend gewesen, nun konnte man ausruhen, die Eimer waren ein perfektes Behältnis für das kostbare Flusswasser.

Am nächsten Morgen, nach einem erholsamen Schlaf, beschlossen die Reisenden, bezaubert von der wunderbaren Landschaft und den Geräuschen der Umgebung, noch einen Tag am Ufer zu verharren. Das Wasser für den Tag wurde in den rostigen Eimern vom Fluss geholt, die Gefäße bekamen nun einen Ehrenplatz im Lager. Ein paar Tage später schlug jemand vor, sich am Rand des Flusses endgültig niederzulassen und eine schlichte Siedlung zu bauen. So konnte man das Beste aus beiden Welten, den Fluss und die Landschaft, vereinen! Diese innovative Idee wurde von den Reisenden mit ganzem Herzen und einstimmig aufgegriffen. Man blieb ja schließlich nah am Fluss und konnte jederzeit sein lebendig dahineilendes Wasser erreichen.

Nach einem Monat hatten sich die Floßreisenden in Siedler verwandelt. Sie genossen die reichhaltigen Früchte, die am Ufer gediehen. Eines Abends schlug jemand vor, für die Eimer einen besonderen Ort zu schaffen, wegen ihrer Bedeutung im Leben der Gemeinschaft, während sie noch in den Kinderschuhen steckte. Das alte Floß wurde Planke für Planke zerlegt und das von den Abenteuern der Flussreise gezeichnete Holz für seine neue Nutzung vorbereitet.

Mit großem Eifer begannen die Siedler am nächsten Morgen ihr neues Projekt. Am Ende des Tages war ein kleines, verziertes Gebäude entstanden, die frisch gefüllten Eimer standen auf einem vergoldeten Altar, so dass jedermann ihnen Ehre erweisen konnte. Bis nach Mitternacht wurde ausgelassen das neue Heiligtum gefeiert, die feierliche Wohnstatt für die »geliebten« Eimer, die segensreichen Behältnisse der täglichen Wasserversorgung.

Der Hüter der Eimer wachte am nächsten Vormittag spät auf und nahm gleich die Behälter von ihrem heiligen Ort. Er ging begeistert hinunter zum Fluss, um Wasser zu schöpfen, seine tägliche ehrenvolle Aufgabe. Welch ein Schreck erwartete ihn! Vor ihm lag nur das trockene Flussbett. Kein Tropfen Wasser war in Sicht. Der Fluss hatte in der Nacht seinen Verlauf geändert, er strömte nun durch eine entfernte Gegend, in der sich eine Reihe anderer Reisender bereit machte, auf dem Fluss zur goldenen Stadt zu fahren. Während der erschütterte Hüter der Eimer seine leeren Gefäße genau betrachtete, stieg ihm deren fauliger Geruch in die Nase. Eine kleine Träne lief an seiner Wange hinunter. Verlorenes Paradies!

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Übersetzt aus dem Englischen mit freundlicher Genehmigung des Autors Dylan Morrison.

Sehr empfehlenswert (ich habe bereits die ersten Kapitel gelesen) ist auch sein Buch The Prodigal Prophet

Sonntag, 3. Juli 2011

Demnächst ...

... geht es weiter mit Jessika, kommt eine Parabel, gibt es hier wieder dies und das. Im Augenblick ist zu viel Arbeit zu tun. Anders ausgedrückt: I'm busier than a one-legged man in an ass kickin' contest.

Freitag, 1. Juli 2011

Ich habe es befürchtet ...

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... und nun entsteht gerade in meinem Kopf und per Tastatur besagte Dame. Demnächst geht es weiter mit Jessika und Johannes und nun auch Jana.