Was dem einen negativ aufstößt, mag beim anderen ein erleichtertes Aufatmen auslösen. Es kommt eben, wie so oft, darauf an ...
Die »Barna Research Group« erforscht seit über 20 Jahren (unter anderem), wie es um den Glauben der Amerikaner bestellt ist. Die aktuelle Studie beklagt nun ein »starkes Nachlassen des Engagements für den Glauben«. George Barna stellt zwar eine wachsende Zahl »wiedergeborener Christen« fest, aber er äußert sich besorgt, weil »gerade im Bereich des geistlichen Lebens, also beim Gottesdiensbesuch und der regelmäßigen Bibellektüre, eine kritische Entwicklung zu bemerken sei«.
Das kann man, falls die Zahlen stimmen, auch anders interpretieren: Eine zunehmende Zahl von Christen stellt fest, dass Jesus niemals und nirgends seine Nachfolger dazu aufgerufen hat, regelmäßige Veranstaltungen zu besuchen und täglich ein Buch zu lesen, das es noch gar nicht gab. Mehr Gläubige als früher lassen sich also nicht mehr weismachen, »geistliches Leben« bestehe in frommen Übungen und Traditionen. Und das wäre ja eine richtig gute Nachricht.
Zum zweiten beklagt sich George Barna darüber, dass »ehrenamtliches Arbeiten innerhalb zweier Jahrzehnte von 41 Prozent auf 29 Prozent geschrumpft« sei. Das allerdings wäre alarmierend, wenn unter dem Begriff »ehrenamtliches Arbeiten« der Dienst am Mitmenschen, am Nächsten, den Jesus seinen Nachfolgern so nachdrücklich ans Herz zu legen pflegte, zu verstehen wäre.
Auch hier kann aufgeatmet werden. Barna meint mit »ehrenamtliches Arbeiten« die Mitarbeite in gemeinde- und kircheninternen Diensten und Gruppen, die in der Regel nichts oder kaum etwas damit zu tun haben, ob rings um die frommen Institutionen, also außerhalb der Kirchen und Gemeinden, Not gelindert und Reich Gottes sichtbar wird.
Wäre es denkbar, dass das schrumpfende Engagement innerhalb der frommen Parallelgesellschaft durch ein zunehmendes Engagement von Christen in der echten Welt verursacht wird? Auch das wäre ja dann eine wirklich gute Nachricht.
Mit Deutschland und Europa hat die amerikanische Gesellschaft beziehungsweise Frömmigkeit im übrigen so gut wie nichts zu tun. Auch Jürgen Werth, Vorsitzender der Deutschen Evangelischen Allianz, scheint das so zu sehen. Er schreibt: »Ich glaube, dass man auch in diesem Fall keine falschen Rückschlüsse ziehen darf. Die 'religiöse' Situation in den USA ist nicht mit der in Deutschland zu vergleichen. Der christliche Glaube gehört dort noch weitgehend zum 'guten Ton', ist Teil eines allgemeinen gesellschaftlichen Konsens'. Da jedoch bricht in den letzten Jahren manches weg. Diesen Prozess haben wir in Deutschland längst hinter uns. Mein Eindruck für Deutschland: Traditionen sterben, aber der Glaube an Jesus blüht.«
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