Mittwoch, 20. März 2013
Und heute vor einem Jahr ...
Dass sich in jener Nacht vom 20. zum 21. März 2012 so ziemlich alles änderte, ist nach wie vor menschlich nicht zu erklären.
Von mir an diesem Tag daher nichts als ein herzlich und ernst gemeintes Gott sei Dank!
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Freitag, 15. März 2013
12 Monate später
Heute vor einem Jahr brachte mich am Abend die Berliner Feuerwehr mit dem Notarztwagen ins Krankenhaus … die folgenden Tage, Wochen und Monate werden unvergesslich bleiben. Ich habe ja ausführlich berichtet, wer noch einmal die ganze Geschichte lesen oder Teile daraus in Augenschein nehmen möchte, kann dies nebenan auf dem textlastigen Blog tun: [Mein Leben mit dem Darmkrebs]. Immer wieder und immer noch erreichen mich Zuschriften von Krebspatienten oder deren Angehörigen, die aus meinen Berichten Kraft und Hoffnung schöpfen konnten, ermutigt wurden … aber auch oft genug Fragen an mich haben, die ich leider nicht beantworten kann.
Ich würde ja, wenn es sinnvoll wäre, gerne Anleitungen verfassen und denjenigen, die Rat und Hilfe suchen, zur Verfügung stellen. Zum Beispiel ...
- wie man angesichts der Diagnose »Krebs« nicht verzweifelt und kapituliert
- wie man nach einer Krebsoperation zügig wieder auf die Beine kommt
- wie man aus den Lektionen einer Rehabilitationsmaßnahme sinnvolle Lehren für den künftigen Alltag zieht
- wie man trotz Chemotherapie am Leben teilnimmt und keine weiteren Kräfte verliert
- wie man nach der Chemotherapie ins Leben ohne Medikamente zurückkehrt
- wie man schließlich doch noch hartnäckige Schäden los wird oder mindert und sich mit bleibenden Schäden arrangiert
- ... und manches mehr.
Aber es wäre töricht, solche Ratgeber aufzuschreiben, denn wir Menschen sind und reagieren und fühlen und denken unterschiedlich. Keiner der Ärzte, mit denen ich es seit jenem 15. März 2012 zu tun hatte und noch zu tun habe, würde derartige Patentrezepte verkünden.
Natürlich gibt es Erfahrungswerte und Forschungsergebnisse, die bestimmte Verhaltensweisen oder Behandlungen aussichtsreicher machen als andere, aber Garantien sind damit niemals verbunden.
- Zum Beispiel hat sich in meinem Fall bewahrheitet, dass regelmäßige und hauptsächlich auf Ausdauer abzielende sportliche Betätigung die Nebenwirkungen der Chemotherapie mindern beziehungsweise erträglicher machen kann. Aber das muss beim nächsten Patienten deshalb nicht zwangsläufig ebenso zutreffen.
- Zum Beispiel hat mir vor allem meine Frau dabei geholfen, mit den psychischen Belastungen durch eine solche Diagnose weiter zu leben anstatt zu verzweifeln, daneben der Zuspruch und das Mittragen von vielen Menschen weltweit, die ich zum Teil noch nicht einmal persönlich kannte. Aber das hilft dem nächsten Patienten, der womöglich alleine lebt, gar nichts.
- Zum Beispiel hat mir ein zunächst etwas mühseliges Programm geholfen, die durch geschädigte Nervenbahnen verursachte Impotenz zu überwinden. Aber beim nächsten Patienten kehren womöglich Libido und Erektionsfähigkeit nicht zurück.
Nein, es wäre nicht sinnvoll, solche oder ähnliche Anleitungen zu verfassen. Sachbücher aus seriöser Quelle gibt es genug zum Thema Krebs, zum Beispiel die [blauen Ratgeber], die mir zum Teil sehr hilfreich waren.
Aber nicht nur mir, sondern auch der besten aller Ehefrauen, die durch die schlimmen Zeiten hindurch mein fester Halt war, obwohl die psychische und emotionale Belastung für sie ja keineswegs geringer war, haben Menschen mitgeteilt, dass ihnen durch ihre entsprechenden Berichte und Äußerungen via Facebook und E-Mail viel Gutes widerfahren ist. Das hat zu unserem Entschluss geführt, ein Buch aus unserem Erleben und den Reaktionen darauf zusammenzustellen. Das kann zwar noch etwas dauern, aber wir wollen das Projekt angehen.
Wir wissen ja beide nicht, ob ich in einem, in zwei, in drei Jahren noch leben werde. Wenn in den nächsten vier Jahren kein Krebs auftritt, habe ich wieder die gleichen Chancen wie der Bevölkerungsdurchschnitt auf Gesundheit und Lebenserwartung. Aber einstweilen gilt es, sich mit der ungeheuren Bandbreite von 30 bis 70 Prozent Heilungschancen abzufinden. Es liegt nicht in meiner, in unserer Hand. Ich kann durch eine gesundheitsbewusste Lebensweise nur sicherstellen, dass ich mir nicht eines Tages sagen muss: Hättest du nur ... - aber das ist auch alles. Der Rest ist Gnade und Geschenk. Voller Dankbarkeit kann ich heute wieder meiner Arbeit nachgehen, lebe so gut wie beschwerdefrei und bin guter Hoffnung, dass die Gesundung in eine dauerhafte Heilung münden wird.
Und seien wir mal ehrlich: Wer von uns kann dafür garantieren, morgen noch am Leben zu sein? Eigentlich hätten wir doch alle Grund genug, unser Hiersein und Verweilen nicht für eine Selbstverständlichkeit zu halten…
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Mittwoch, 6. März 2013
Vom steten Tropfen und von acht Kilometern in 62 Minuten
Der Volksmund, so widersprüchlich er sich auch in vielen Dingen zu äußern weiß, spricht jedenfalls Wahres bezüglich der Tatsache, dass mancher Erfolg zu erreichen ist, wenn dauerhaft und zielstrebig daran gearbeitet wird. Vorausgesetzt natürlich, es kommt kein Schicksalsschlag dazwischen, der alle Pläne vereitelt.
Schon letztes Jahr hatte ich vor, mich am Benefizlauf »Joggathon« zu beteiligen, fing auch an, neben anderer sportlicher Betätigung im Fitness-Studio das Laufband zu probieren, aber dann, regelmäßige Blogleser wissen es, landete ich am 15. März 2012 im Krankenhaus, wurde bald auf die Intensivstation verlegt, operiert ... und beim »Joggathon« war ich dann im Juni nur als Zuschauer dabei, dem es trotz gelungener Krebsoperation aufgrund der Chemotherapie nicht sonderlich gut ging.
Am 2. Juni 2013 findet der diesjährige Benefizlauf statt. Im Dezember 2012 habe ich die ersten 10 Minuten auf dem Laufband trainiert, im Januar 2013 schaffte ich 30 und nun, im März 2013, hat sich die eingangs erwähnte Volksmundweisheit als zutreffend erwiesen, denn ich schaffe inzwischen wieder eine Stunde Dauerlauf bei 7,5 bis 8 km/h. Und gestern, das unterste Bild beweist es, waren acht Kilometer in 62 Minuten geschafft.
Dass ich schon vor der Krebsdiagnose sportlich aktiv war hat, wenn man den Ärzten und Therapeuten Glauben schenken mag, dazu beigetragen, dass ich mich von der Operation relativ zügig erholt habe und die Chemotherapie (verglichen mit anderen, inaktiven Patienten) relativ gut durchstehen konnte. Trotz Übelkeit, Schwäche, Lustlosigkeit und oft genug bleierner Müdigkeit war ich seit der Entlassung aus der Rehabilitation (wo körperliche Betätigung natürlich zum Programm gehörte) stur genug, regelmäßig dass Fitness-Studio aufzusuchen und so gut es jeweils ging zu trainieren. Zunächst nur im Schonprogramm ... dann etwas leistungsfähiger ... dann gingen schon 30 Minuten Ergometertraining am Stück ... dann 40 Minuten ...
Ganz offensichtlich trägt die Regelmäßigkeit und Hartnäckigkeit dazu bei, weitere Fortschritte zu machen. Nicht nur bei der Leistungsfähigkeit, sondern auch bei der Gesundung. Inzwischen sind die Nebenwirkungen und Schäden fast vollständig verschwunden. Ich habe fast ständig wieder Gefühl in Zehen und Fingern, das Fatigue Syndrom ist so gut wie überwunden und selbst die Impotenz hat sich verflüchtigt.
Nun bin ich gespannt, ob es mir dieses Jahr tatsächlich vergönnt sein wird, als Läufer für den guten Zweck am Benefizlauf teilzunehmen. Selbstverständlich, das habe ich begriffen, ist nichts im Leben. Dass ich lebe und dass ich zu Kräften komme verdanke ich in erster Linie göttlicher Gnade und Hilfe, nur in zweiter Linie dem eigenen Training. Ohne Ersteres gelänge das zweite nicht.
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