Wir neigen vermutlich alle dazu, so viel wie möglich zu schaffen. Aber könnte weniger manchmal (oder öfter) besser und gesünder sein?
Kürzlich waren wir bei einem Fest zu Gast. Dort gab es ein Buffet mit diversen Speisen. Vor uns in der Schlange war ein Mann, der sich seinen Teller dermaßen vollschaufelte, dass er Mühe hatte, das Essen zum Tisch zu tragen, ohne etwas zu verschütten. Die beste aller Ehefrauen und ich schüttelten stumm den Kopf angesichts dieses Gierhalses ... denn einerseits warteten noch viele weitere Menschen darauf, an das schon deutlich dezimierte Speisenangebot auf dem Buffet zu kommen und andererseits wirkte der Mann alles andere als unterernährt. Der Bauch schwabbelte mit enormem Überhang über den tiefgeschnallten Gürtel. Offenbar einer der Zeitgenossen, die nie genug bekommen können.
Das Phänomen kann man an vielen Stellen beobachten.
- Beim Sport zum Beispiel. Es gibt Menschen, die laufen so schnell und so lange wie nur irgend möglich, man sieht ihnen schon am verbissenen Gesichtsausdruck an, dass es eher eine Qual als eine wohltuende sportliche Aktivität ist - und natürlich haben sie hinterher, wenn sie völlig entkräftet sind, keine Lust auf den nächsten Lauf. Zu dem müssen sie sich dann regelrecht zwingen und es wird genauso eine Qual daraus.
- Oder auf Reisen: Da hetzen manche Touristen von Sehenswürdigkeit zu Sehenswürdigkeit, von Aktivität zu Aktivität und machen noch die halbe Nacht durch, weil ja die Hotelbar oder die Diskothek oder Freigetränke im Pauschalpreis inbegriffen waren ... und sind nach ihrem Urlaub erholungsbedürftiger als vorher.
- Manch einer liest auch eine spannende Lektüre (was ich gut nachvollziehen kann), bis ihm die Augen zufallen und von der Nacht nicht mehr allzu viele Stunden übrig sind. Am Morgen ist dann der Jammer gewaltig.
- Jemand kann vielleicht den Ausschaltknopf am Fernsehgerät oder Computer nicht finden, mit dem gleichen Effekt wie beim unermüdliche Leser.
Welcher Bereich im Leben auch immer es sein mag ... wir neigen dazu, erst aufzuhören, wenn wir so viel wie möglich geschafft und erledigt haben, wobei wir oft weit mehr schaffen und erledigen, als gesund wäre.
Kann man gegen diese Tendenz im Leben etwas tun? Na klar: Immer ein wenig »Hunger« aufbewahren.
- Beim Laufen neulich mit meinem Freund Jens hätten wir noch zwei oder drei Kilometer dranhängen können, so viel Kraft wäre noch übrig geblieben. Aber wir haben nach 75 Minuten wie vorher verabredet den Lauf beendet und freuen uns auf die nächste gemeinsame sportliche Verabredung.
- Wenn das Mittagessen besonders gut schmeckt und reichliche Portionen vorhanden sind, könnte ich den Teller durchaus ein zweites Mal füllen und leeren. Aber ich genieße lieber die normal bemessene Portion ausgiebig und freue mich über mein stabiles Gewicht und darauf, dass ich am nächsten Tag die immer noch genauso leckere Restportion verspeisen werde.
- Auf Reisen besuchen wir gerne ausgewiesene Sehenswürdigkeiten und nutzen besondere Angebote, wenn es welche gibt. Aber nicht um jeden Preis. Als wir vor ein paar Jahren in Rom den Vatikan besichtigen wollten und die Schlange vor dem Eingang sahen, haben wir frohen Herzens darauf verzichtet, uns fünf Stunden in der prallen Sonne auf dem Petersplatz anzustellen. Es wurde auch ohne Vatikan (oder gerade deshalb) ein wunderschöner und erholsamer Urlaubstag.
- Beim Bummel über den Kurfürstendamm oder auf der Schlossstraße kann ich Geschäfte durchstreifen, ohne etwas zu kaufen und ohne deswegen meine gute Laune einzubüßen. Vielleicht sehe ich ein dekoratives Objekt, wie neulich zwei musikalische Figuren für das Regal über dem Plattenspieler, und ich merke das Gesehene gedanklich für einen späteren Zeitpunkt vor. Ich hätte sie mir leisten können, den Trompeter und den Saxophonisten, aber ich musste sie nicht mitnehmen. Vielleicht beim nächsten Besuch des COEO-Ladens.
Liebe Blogbesucher, probiert es doch einfach mal aus: Etwas weniger tun und schaffen und dafür etwas für die Zukunft in Reserve behalten. Ich kann mir vorstellen, dass auch bei euch der Genuss deutlich größer wird und der Katzenjammer über das »zu viel« abnimmt.
Es lohnt sich!
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