Ich habe, regelmäßige Blogbesucher wissen das bereits, kürzlich ein weiteres Buch aus der Feder des Leo Babauta übersetzt. Das Buch kann man als Taschenbuch oder als E-Book für den Kindle erwerben. Um die Druck-, Vertriebs und Distributionskosten kommen wir nicht herum – daher kostet das Taschenbuch nun einmal fünf Euro und neun Cent und das E-Book zwei Euro und neunundneunzig Cent.
Das Taschenbuch: http://amzn.to/2van3Ar
Das Kindle-Buch: http://amzn.to/2uGrf7C
Da Leo Babauta sein Buch genau wie die Beiträge auf seinem Blog vom Copyright ausdrücklich ausgenommen hat und zur unentgeltlichen Weiterverbreitung auffordert, stelle ich die einzelnen Kapitel meiner deutschen Übersetzung hier auf dem Blog zur Verfügung.
Wer lieber ein »richtiges« Buch in der Hand hat beim Lesen oder gerne seinen Kindle benutzt, der kann die entsprechende Ausgabe bestellen. Wer kein Geld ausgeben kann oder will, der möge hier auf dem Blog lesen, was Leo Babauta zum Thema Loslassen eingefallen ist.
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Kapitel 10
Schicksalsschläge und Verlust
Mit einem Schicksalsschlag umzugehen, ist keine leichte Sache. Den Arbeitsplatz oder die Wohnung zu verlieren, ist ein herber Schlag. Der Verlust eines lieben Menschen, der gestorben ist oder im Sterben liegt, kann uns aus der Bahn werfen. Es gibt auch »geringe« Verluste, die wir erleiden, zum Beispiel der Verlust unserer Gesundheit, wenn wir eine Erkältung bekommen oder der Verlust unseres Selbstwertgefühls, wenn wir uns fürchterlich blamieren und mit einem Vorhaben scheitern.
Diese Verluste, große und kleine, führen zu Leid. Das Leiden an Verlusten ist Teil unseres Lebens – es muss jedoch nicht unbedingt so schmerzhaft sein, wie wir es oft erleben. Wir verlängern häufig das Leiden aus Gewohnheit (ohne das natürlich zu beabsichtigen).
Lassen Sie uns ein paar Beispiele betrachten:
• Meine liebste Kaffeetasse zerbricht. Ich bin natürlich traurig oder verärgert, wenn es klirrt und die Scherben am Boden liegen. Aber dann könnte ich loslassen und weiterziehen, mein Leid wäre nicht so schlimm.
Oder ich könnte wütend und nachtragend sein und mit demjenigen, der die Tasse zerbrochen hat, eine Weile nicht mehr reden. Wenn sie mir selbst heruntergefallen ist, könnte ich jammern: »Warum ist ausgerechnet mir das passiert? Ausgerechnet meine Lieblingstasse!« Ich würde unter dem Verlust leiden und wünschen, die Tasse wäre wieder ganz und das Universum nicht so ungerecht zu mir. So verlängert sich das Leiden – verursacht durch mich selbst, nicht durch das Zerbrechen der Tasse. Ich halte krampfhaft fest, wie das Leben aussehen sollte (mit meiner intakten Tasse), anstatt zu akzeptieren, wie die Wirklichkeit nun eben aussieht.
• Amir verliert seinen Job. Das ist natürlich ein großer Rückschlag, und sein Leben ist jetzt objektiv schwieriger als zuvor. Der Verlust des Arbeitsplatzes ist ein gewaltiger Schlag gegen das Ego, darunter leidet Amir verständlicherweise.
Wiederum könnte er an dieser Stelle entweder den Verlust loslassen, seine neue Realität (er ist arbeitslos) akzeptieren und nun herausfinden, was zu tun ist. Auf Jobs bewerben, eine preiswertere Unterkunft suchen, zur Not sein Auto verkaufen und ein Fahrrad benutzen und so weiter.
Oder aber er reagiert ratlos, wütend, verärgert und verletzt und hält daran fest. So wird sein Leid verlängert, das wirkt sich wiederum auf Bewerbungsgespräche aus … es kann ihn unter Umständen sogar daran hindern, überhaupt geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um einen neuen Job zu finden. Er könnte darüber mit seiner Freundin in Streit geraten, weil er so nachtragend ist. Dieses verlängerte und verschlimmerte Leiden wird durch Amir, nicht durch den Verlust des Arbeitsplatzes, verursacht.
• Petras Mann verlässt sie und reicht die Scheidung ein. Petra ist natürlich verletzt und wütend über diesen Vertrauensbruch. Das Scheitern ihrer Ehe, der Verlust des einst besten Freundes und Gefährten schmerzt selbstverständlich. Das ist völlig normal und es ist nichts falsch daran, verletzt oder wütend zu sein. Viele Menschen versuchen, ihre Gefühle zu unterdrücken, anstatt sie zu akzeptieren, und das macht fast immer alles noch schlimmer.
Aber nach der ersten Reaktion könnte Petra loslassen, was sie war (eine verheiratete Frau mit einem Partner in ihrem Leben) und ihre neue Wirklichkeit (eine alleinstehende Frau geht durch eine Scheidung) akzeptieren, um dann entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, ihr Leben und sich selbst neu zu erfinden. Diese Gelegenheit zur Neuerfindung kann befreiend sein.
Alternativ könnte sie den Verlust, den Verrat und die Schmerzen festhalten. Sich monatelang und jahrelang wünschen, es wäre anders. Sich fragen, warum er sie nicht mehr liebt. Ihm hinterherspionieren und seine neue Freundin hassen. Monatelang in Selbstmitleid versinken, übermäßig essen, um sich zu trösten, Übergewicht bekommen und krank werden. Nie wieder ausgehen, weil sie immer noch auf ihren ehemaligen Mann fixiert ist und sich selbst nicht leiden kann, weil sie inzwischen ihren Körper hässlich findet. Dieses negative Szenario kommt leider in unserer Welt häufig in verschiedenen Ausprägungen vor. Petra verletzt sich selbst, indem sie nicht loslassen will oder kann.
• Justins Vater ist unheilbar an Krebs erkrankt. Dies ist schon deshalb extrem schmerzhaft für Justin, weil er den Verlust seines Vaters in weniger als einem Jahr bereits jetzt vorausempfindet. Seine Qualen erschweren es ihm, dem Vater durch diese schwere Zeit zu helfen, weil er statt der Suche nach Möglichkeiten, seinem Vater die Lage zu erleichtern, auf sein eigenes Leiden fixiert ist. Anstatt die Zeit zu genießen, die er mit seinem Vater noch hat und seinen Vater gerade jetzt zu ehren und zu achten, ist Justin damit beschäftigt, was geschehen wird. Er kann diese Angst vor der Zukunft nicht überwinden.
Stattdessen könnte er die drohende Zukunft und das, was er wollte, dass es stattdessen wahr wäre, loslassen. Natürlich wünscht er sich, sein Vater wäre nicht unheilbar krank. Alles andere wäre unmenschlich. Aber er könnte die Situation und sein eigenes Leiden darunter annehmen. Er könnte seinen sterbenden Vater als den einzigen Vater akzeptieren, den er hat (er hat keinen gesunden Vater mehr), und nun diesen neuen Vater lieben. Er könnte das Leid sehen, das sein Vater ertragen muss, dieses Leid akzeptieren und Mitgefühl für seinen Vater beweisen, so gut er kann. Er könnte dankbar für jeden Moment mit seinem Vater sein, dankbar für seine eigene Gesundheit, dankbar für all das was sein Vater ihm im Laufe der Jahre gegeben hat.
Obwohl Schicksalsschläge extrem schwierig und schmerzhaft sein können, große wie kleine, liegt es in unserer Hand, das aus ihnen resultierende Leiden zu verlängern oder zu verkürzen. Je nachdem, ob wir die Kunst des Loslassens verstanden haben und beherrschen oder nicht.
Wie können wir nach einem Verlust loslassen? Zunächst geht es darum, unsere Gefühle bezüglich des Verlustes zu akzeptieren. Nichts an Wut und Trauer ist falsch.
Nach der Trauer jedoch kommt die Zeit, in der wir erkennen können, dass wir krampfhaft an etwas festhalten, was bereits in der Vergangenheit liegt. Wir klammern uns an eine Vorstellung darüber, wie unser Leben unserer Meinung nach immer noch aussehen sollte, anstatt zu akzeptieren, dass das Leben jetzt anders ist. Und dieses Festhalten an unserer Vorstellung vom wünschenswerten Leben verletzt uns.
Sobald wir erkennen, dass wir uns damit nur selbst schaden, wird das Loslassen möglich. Weil wir dann nämlich die Wahl haben: an der vergangenen Wirklichkeit festhalten und uns selbst weiter verletzen oder das Gewesene loslassen und die Realität akzeptieren, wie sie ist, um weniger zu leiden. Wir richten unsere Aufmerksamkeit auf die Wirklichkeit und beginnen, das Gute in ihr zu erkennen.
Schätzen Sie, was vor Ihnen liegt. Erkennen Sie die Möglichkeit zur Neuerfindung. Entwickeln Sie Mitgefühl für sich selbst und Mitmenschen, die auch an diesem oder sonstigen Verlusten leiden. Nehmen Sie das neue Leben an, das Sie nun haben, denn es ist alles, was Ihnen jetzt zur Verfügung steht.
Dieses Annehmen ist die Kunst des Loslassens. Sie hilft enorm beim Umgang mit jeder Art von Verlust.
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Fortsetzung folgt.
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