Freitag, 29. Januar 2016

Wo ist eigentlich die Vernunft geblieben?

Es scheint inzwischen vielen Menschen ein großer Teil Vernunft abhanden gekommen zu sein. Ob der Auslöser die gegenwärtige Invasion Europas durch arabische und nordafrikanische Migranten ist, oder ob sich der Mangel an Vernunft nur anhand dieser Völkerwanderung besonders deutlich zeigt, sei dahingestellt.

Dass in den sozialen Netzwerken Unfug in allen Variationen zur vollen Blüte gelangen kann, ist ja nicht neu. Das gab es schon seit deren Erfindung. Vom geteilten Bildchen, mit dem der Benutzer den angeblich gerade geänderten Nutzungsbedingungen von Facebook widersprechen will bis zur Bielefeld-Verschwörung reicht die Palette an dummen bis lustigen Lügen, Legenden und Lausbubenstreichen. Dazu kann man amüsiert den Kopf schütteln, einen launigen Kommentar hinterlassen oder, wenn man den Spaß mitmachen will, fleißig weiterspinnen, was irgendjemand ersonnen hat. Das hat unter anderem dazu geführt, dass es die Bielefeld-Verschwörung (über deren finsteres Treiben auch ich auf diesem Blog berichtet habe) bis in die ZDF-Serie »Wilsberg« und eine Tatort-Folge geschafft hat.
In letzter Zeit allerdings wird aus dem Spaß, dass jeder und jede auch noch so dahergelaufene Person im Internet jeglichen Unfug schreiben und verbreiten kann, zunehmend Ernst. Weil immer mehr Menschen glauben, was da zu lesen und zu sehen ist.
  • Die AfD sei eine Vereinigung von Neonazis, kann man lesen. Man kann aber auch lesen, dass die AfD die letzte Hoffnung sei, zu einer vernünftigen Politik zurückzukehren.
  • Die einen teilen fleißig Beitrag um Beitrag, wenn darin beschrieben wird, dass sogenannte Flüchtlinge für Einbrüche, Vergewaltigungen, Raub und sonstige Verbrechen verantwortlich sind. Die anderen schreiben unablässig und unermüdlich, dass der Islam keine Gefahr darstellt und die sogenannten Flüchtlinge alle ganz liebe Menschen sind.
  • Die einen sehen in der Bundeskanzlerin eine Lichtgestalt von historischer Bedeutung, die anderen halten sie für diejeinige, die dem deutschen Volk und Europa das Grab schaufelt.
Und alle ereifern sich immer weiter, malen den jeweiligen Teufel in grausigen Farben an die Wand und jegliches Augenmaß geht verloren. Als einer der sogenannten Flüchtlingshelfer beim Versuch, die Gegner seiner Anschauung noch weiter zu verteufeln, die Mär vom aufgrund der Zustände am Landesamt für Gesundheit und Soziales in Berlin verstorbenen 24jährigen ersann und via Facebook in die Welt schickte, dauerte es nicht lange, bis die Lüge sogar in den seriösen Nachrichtenmedien erschien. Je nach Grad der Seriosität mit Fragezeichen oder ohne.

Macht sich eigentlich niemand mehr die Mühe, die Herkunft und den Wahrheitsgehalt dessen zu hinterfragen, was bei Facebook, Twitter oder in diversen Foren behauptet und verbreitet wird? Ist denn mehrheitlich der Verstand schon so weit abhanden gekommen, dass für bare Münze genommen wird, was irgendein völlig unbekannter Mensch auf einer durch niemanden auf Authentizität überprüfbaren Plattform von sich gibt?
Die etablierten Medien tun ihren Teil zur Entwicklung hinzu, indem sie - von Ausnahmen abgesehen - zunehmend nur noch gefilterte Nachrichten veröffentlichen oder Nachrichten gar nicht verbreiten, wenn sie der jeweiligen politischen Coloeur unangenehm sind. Die Herkunft von Straftätern wird verschwiegen oder wie jüngst bei den Anschlägen in Frankreich bewusst irreführend formuliert, weil ja »ein französischer Bürger« (der ganz zufällig Mohammed Soundso heißt) politisch eher korrekt ist also von einem vor ein paar Monaten eingebürgerten Syrer zu sprechen.
Es scheint, als könne man inzwischen auch den bisher als seriös geltenden Nachrichtenmedien nicht mehr glauben, was sie verbreiten. Man muss hinterfragen, interpretieren, sieben und abwägen. Das ist schade. Das war früher nur bei Sensationsblättern wie BZ und Bild oder den Beiträgen im Unterschichtenfernsehen notwendig.

Wird sich das wieder ändern? Ist die Vernunft nur untergetaucht? Kommt sie irgendwann wieder zum Vorschein? Das bleibt abzuwarten. Ich befürchte, dass das nicht der Fall sein wird. Es sei denn, Politik und Nachrichtenredaktionen werden wieder glaubwürdig und halten sich an die Wahrheit, und zwar die ganze Wahrheit. Unwahrheiten aller Art sind und bleiben bei Facebook, Twitter und Co bestens aufgehoben.
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Freitag, 1. Januar 2016

Und noch ein Blick zurück - Musik!

Im gerade vergangenen Jahr 2015 gab es für mich neben den hier bereits genannten gelesenen Büchern auch viel neue Musik zu entdecken. Dabei handelte es sich nicht immer um Neuerscheinungen, sondern manche Alben waren nur für mich neu, obwohl sie zu Teil schon sehr lange auf dem Markt sind. Anders als bei den Büchern will ich hier aber nur die Musik aufzählen, die mich ganz besonders beeindruckt hat - es würde sonst ein zu langer Artikel entstehen.

Natürlich sind die Geschmäcker verschieden, das ist bei Büchern und Musik und überhaupt im Bereich der Kunst nun einmal so. Dem einen sein Antonio Salieri ist dem anderen sein Freddy Mercury. Und das ist auch gut so, sonst wäre es ziemlich langweilig.

Hier nun meine Favoriten 2015:
  • Van Morrison - live at Cyprus Avenue 2015. Nicht lange nach seinem Konzert in Berlin, das wir genossen haben, obwohl es von den Tontechnikern viel zu leise ausgesteuert wurde, trat Van Morrison anlässlich seines 70sten Geburtstages in der Cyprus Avenue auf, die einem seiner ersten Alben den Namen gegeben hatte. Die BBC übertrug das Konzert in ganz hervorragender HiFi-Qualität - und ich habe mitgeschnitten. Es ist eins der schönsten Konzerte des Künstlers. Inzwischen habe ich die Aufnahme rund zehn mal gehört - es wird einfach nicht langweilig, sondern ist bei jedem Anhören wieder ein großartiger Genuss.
  • Nina Simone - at Carnegie Hall. Ebenfalls ein Live-Album, die Aufnahmen stammen aus dem Jahr 1963. Ich habe in einem Plattenladen das limitierte und numerierte Doppelalbum entdeckt (ja, richtige Langspielplatten aus Vinyl!) und zu einem für eine solche Rarität unglaublich günstigen Preis (17 Euro!) gekauft. Natürlich hört man den technisch bedingten Unterschied zu heutigen Aufnahmen - aber der Mitschnitt ist für seine Zeit qualitativ hervorragend. Und Nina Simone präsentiert ihre gesamte musikalische Bandbreite, vom Jazz über den Blues bis zum Folksong. Von hauchzart bis energisch. Großartige Musik.
  • The Beatles - 1+ - limited DVD edition.  Es ist natürlich keine (für mich) neue Musik dabei. Die Beatles haben mein Leben seit der Kindheit mit ihrer Musik bereichert. Unentdeckte Lieder wird es nicht mehr geben, es sei denn, die Herren Starkey oder McCartney haben da noch was im Keller zu liegen ... aber das ist unwahrscheinlich. Was in akribischer Hand-Restaurationsarbeit aus den alten Filmen und Videos gemacht wurde, überrascht aber mit dieser Edition selbst mich. Eine solch hervorragendes Bild- und Tonqualität hätte ich nicht erwartet. Man sieht die Beatles tatsächlich so, wie sie noch nie zu sehen waren.
    Franz Xaver (rechts) - Bild von Wikipedia

  • Franz Xaver Wolfgang Mozart - Violinsonaten, Große Sonate. Wir haben im Theater eine Aufführung des Stückes »Amadeus« genossen. Zurück zu Hause habe ich mich auf die Suche nach Musik von den Kindern des Wolfgang Amadeus Mozart begeben ... und dank moderner Technik wird man heute ja schneller fündig als damals, als man noch in den Plattenladen oder die Amerika-Gedenk-Bibliothek ging, wenn man bestimmte Aufnahmen finden wollte. Der Franz Xaver Wolfgang hat einige Stücke geschrieben, die sich hinter den Kompositionen des Vaters nicht verstecken müssen, darunter die Sonaten. Die werde ich mir auch zukünftig öfter mal auflegen.
  • Keith Richards - Crosseyed Heart. Es gibt nur alle paar Jahre mal ein Album, das nur allerbeste Stücke enthält und noch dazu aus einem Guss - in sich komplett und rundum beeindruckend - ist. Keith Richards ist mit Crosseyed Heart solch ein Meilenstein gelungen. Wenn ich mein Lieblingslied nennen sollte, wüsste ich mich nicht zu entscheiden, denn es sind nur Lieblingslieder vorhanden. Höchstens ein Stück fällt ein klein wenig zurück - aber nur unwesentlich. Und Crosseyed Heart gehört zu den Platten, die bei jedem Anhören (ich habe inzwischen sicher mehr als 15 mal das Album genossen) interessanter, faszinierender und mitreißender werden. Mein Lieblingsalbum 2015.
Daneben habe ich wie bereits gesagt viele andere neue Werke kennengelernt, viele davon höre ich öfter und mit großem Genuss. Aber diese fünf sollen genügen für den Rückblick auf das vergangene Jahr.
 
Musikalische Höhepunkte gab es noch zahlreiche andere, nämlich Konzerte, die wir besucht haben. Da waren die Herren Van Morrison und Lang Lang dabei, auch Klaus Doldinger und Andrej Hermlin, vom Gospelchor über die 60ger-Jahre-Rock-n-Roll_Band bis zum Symphonieorchester und Solo-Klavierkonzert reichte die Bandbreite. Auch weniger prominente Künstler haben uns viele schöne Stunden beschert - es müssen nicht immer die Stars sein, wenn man gute Musik genießen will.
 
Nun freue ich mich schon auf das, was das neue Jahr an musikalischen erlebnissen bringen wird - heute geht es los mit einem klassischen Konzert zum Jahresauftakt. Auch meinen geschätzten Blogbesuchern wünsche ich viele wunderbare musikalische Stunden!
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