Montag, 30. Dezember 2013

War das nun ein gutes Jahr oder nicht?–Teil 1

Wie 2014 wird, das bleibt abzuwarten. Ich hoffe und wünsche mir und bete darum, am Ende des kommenden Jahres noch am Leben und bei robuster Konstitution zu sein, aber ich weiß auch, dass der Krebs innerhalb weniger Monate den Schlusspunkt unter mein Leben setzen kann. Meine Chancen, dauerhaft gesund zu bleiben, liegen bei 50 Prozent, dem Onkologen im Klinikum zufolge.
Aber wie und was 2013 war, das ist ja nun klar und in den letzten Stunden des Jahres erwarte ich da keine großen Überraschungen mehr. Daher sei hier eine Art Rückblick gestattet, sofern die geschätzten Blogbesucher daran Interesse haben. Falls nicht, kann ja jeder und jede woanders hinsurfen oder ein Buch zur Hand nehmen.

Januar

Im Januar erholte ich mich noch von den akutesten Folgen der Chemotherapie, war aber bereits so weit wieder hergestellt, dass wir nach Budweis reisen konnten und überhaupt die vier Wochen vor meinem Wiedereinstieg ins Arbeitsleben ausgiebig genießen konnten, unter anderem kulturellen Veranstaltungen, Besuch von lieben Menschen, die wir vorher nur virtuell über das Internet kannten und zum Geburtstag der besten aller Ehefrauen ein paar Stunden in der Steintherme Belzig. Alles in allem fühlte ich mich wohl und gesund, obwohl einige Chemotherapieschäden noch deutlich vorhanden waren.

Februar

Zurück ins Berufsleben – das war am Anfang recht anstrengend, zumal kein »Hamburger Modell« möglich war. Ich fing gleich mit 8 Stunden pro Tag an, zuzüglich Pausenzeiten, also im Durchschnitt 8 Stunden und 45 Minuten in der Firma. Das Frühstück war im Vergleich mit der heimischen Tafel eher übersichtlich:
Aber natürlich waren (und sind bis heute) Nahrungsmittel ohne chemische Konstervierungsstoffe, Rückstände von Kampfmitteln gegen Insekten, Geschmacksverstärker, Antibiotika und sonstige Giftstoffe die Quelle der Ernährung. Abgesehen vom gesundheitlichen Aspekt schmecken BIO-Produkte auch deutlich besser. Den höheren Preis nehmen wir gerne in Kauf. Und sind dankbar, dass wir uns das leisten können.
Eine Computertomographie und gründliche Untersuchung im Februar brachte das erfreuliche Ergebnis, dass keine Metastasen oder Tumore zu finden waren.

März

Am 8. März notierte ich auf meiner Facebookseite:
So manche Zuschriften, die ich von Krebspatienten oder von deren Angehörigen bekomme, treiben mir die Tränen in die Augen. Das macht aber nichts, weil sich niemand auf dieser Welt jemals seiner Tränen schämen muss.
Eine Darmspiegelung, die durchgeführt wurde, weil weder via Ultraschall noch via Computertomographie ein Teil des Darms sichtbar gemacht werden konnte, ergab Beruhigendes: Alles in Ordnung, kein Tumor, keine Schäden im Darm (abgesehen von der Operationsnarbe natürlich).
Im März gelang es mir auch nach langwierigen und mühsamen Monaten mit entsprechenden Übungen, die durch die Chemotherapie verursachte Impotenz soweit zu überwinden, dass wieder Erektionen möglich wurden. Dazu gab es im April dann einen vielkommentierten und inzwischen im Internet weit verbreiteten Bericht auf diesem Blog.
Ostern feierten wir mit internationalen Logiergästen und Berlin war im März fast durchgehend tief verschneit. Das konnte der guten Stimmung und Dankbarkeit für das tägliche Wohlergehen keinen Abbruch tun.

April

Wir hatten das Vergnügen, Meat Loaf live zu erleben. Im Rahmen seiner Abschiedstournee von den Bühnen der Welt gab er auch in Berlin ein Konzert. Wir waren und sind keine hundertprozentigen Fans, aber es hat sich gelohnt, einen der letzten Dinosaurier der Bombast-Rockmusik auch einmal auf der Bühne zu erleben.
Der Frühling kam, und zwar mit Macht: Plötzlich waren Mußestunden auf dem Balkon wieder möglich.
Meine körperliche Erholung machte trotz noch immer anstrengender Bürotage Fortschritte, so dass ich mich entschloss, beim alljährlichen Benefizlauf »Joggathon« mitzumachen. Einige Schäden aus der Chemotherapie beeinträchtigten das Leben nach wie vor, aber nicht so, dass ich nicht damit zurecht geko0mmen wäre. Und eine Stunde Joggen schien nun ein erreichbares Ziel, eine Herausforderung, die ich gerne von mir selbst annehmen wollte.
Am 30. April schrieb ich in mein Facebook-Tagebuch:
Erfreuliches vom Arzttermin: alle Blutwerte in bester Ordnung, Tumormarker im Keller, Leberwerte bessern sich weiter (sahen durch die Chemotherapie ziemlich böse aus) und sind jetzt wieder im Normalbereich. Mein Doktor: »Eine so vielversprechende Entwicklung sieht man als Arzt leider viel zu selten.«
Dazu sage ich nur: Gott sei Dank!
Und hoffe, dass ich in einem halben Jahr anlässlich der nächsten großen Untersuchungsrunde ähnlich gute Nachrichten hören werde.
Ich konnte natürlich noch nicht ahnen, dass »die nächste große Untersuchungsrunde« eine bittere und böse Überraschung zutage bringen würde.

Mai

Der Mai brachte viele schöne Momente: Unseren Hochzeitstag, Ausflüge in die Umgebung, leckere Speisen (selbst zubereitet oder in Restaurants genossen) und einen sehr schönen Kurzurlaub an der Elbe mit Natur pur, ohne Hektik, mit viel Ruhe – als die große Flut gerade ihren Anfang nahm. Wir kamen ungeschoren davon, unser Auto konnte ich noch rechtzeitig dem heimtückischen Angriff der Elbe entreißen.
Neben unserem Dodge hatte es am Abend zuvor noch vier weitere Parkplatzreihen in Richtung Ufer gegeben. Am Morgen unserer Abreise war kein Ufer mehr vorhanden …
Gesundheitlich ging es mir weiter besser, so dass ich immer mehr guter Hoffnung war, den Krebs hinter mir gelassen zu haben.

Juni

Ausgerechnet am Tag des Benefizlaufes zeigte sich das Wetter von seiner unangenehmen Seite. Der Regen nahm und nahm kein Ende, die Strecke war völlig aufgeweicht und stand teilweise unter Wasser. Na und? Unterstützt von meinem Freund Jens, der an meiner Seite lief, obwohl er deutlich schneller hätte unterwegs sein können, schaffte ich die 60 Minuten und immerhin neun Kilometer.
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Für mich war das ein gewaltiger Sieg – ein großer Schritt auf dem Weg aus der Krankheit in die Gesundheit. Diesen Sieg konnte mir dann auch im September die schlimme Diagnose nicht mehr rauben, denn geschafft war nun einmal geschafft.
Wir unternahmen im Juni unter anderem zwei 40-Kilometer-Fahrradtouren und besuchten das Sommerkonzert der Berliner Philharmoniker in der Waldbühne – alles bei wunderschönem Sommerwetter.
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Genug für heute. Der zweite Teil des Jahresrückblicks folgt morgen.
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