Das Gefühl, in guten Händen zu sein, ist für den Erfolg medizinischer und therapeutischer Maßnahmen sicher von nicht zu unterschätzendem Wert. Der erste Tag in der Rehabilitationsklinik des Auguste-Viktoria-Klinikums in Berlin hat mir ein solches Gefühl vermittelt, was nicht zuletzt daran liegt, dass sich erstmals seit ich von meiner Krebserkrankung weiß, eine Ärztin runde 90 Minuten Zeit genommen hat, um mich zu untersuchen und mit mir über die Krankheit, den bisherigen Verlauf, meinen Zustand und die nächste Zukunft zu sprechen. Diese Frau Dr. Brandis betreut mich während der drei Wochen, die ich voraussichtlich in der Rehabilitationsmaßnahme verbringe, als behandelnder Arzt weiter. Auch einige Fragen, die mich bezüglich der Chemotherapie quälen (wirklich quälen), konnte ich bereits stellen, dazu wird es weitere Gespräche mit Antworten geben, wurde mir heute zugesagt.
Andere Ärzte, sei es im Krankenhaus vor und nach der Operation, sei es in der Hausarztpraxis, haben sich auch Zeit genommen, zugehört, Fragen beantwortet, aber immer unter einem spürbaren Termindruck, der aus meiner Sicht auch völlig verständlich ist. Ich war und bin ja nicht der einzige Patient weit und breit, die Wartezimmer sind voll, im Krankenhaus herrscht Personalmangel … beschweren will ich mich nicht, habe auch keinen ernsthaften Grund dazu. Aber das heutige lange und in ruhiger, offener Atmosphäre geführte Aufnahmegespräch war eine wohltuend andere Begegnung mit einer Fachfrau.
Zuerst, nach meiner morgendlichen Ankunft, wurden ein Ermittlungen durchgeführt: EKG aufzeichnen, Blutdruck messen, Körpergewicht ermitteln, Blut zapfen … na ja, das übliche eben. (Warum wollte eigentlich niemand Urin haben? Kommt das vielleicht morgen dran?) Dann kam das Gespräch mit der Ärztin, anschließend ging ich zur Atemschule und lernte schon am ersten Tag, dass Atmen nicht gleich Atmen ist und wie die Atmung auf Anspannung des Körpers (Beine / Füße / Arme / Hände / Hals / alle zusammen) reagiert.
Ihre Majestät, Königin (oder war sie Kaiserin?) Auguste Viktoria bewacht den Weg zur Kantine, daselbst bekam ich einen Hähnchenschenkel, Kartoffeln, Gemüse (Karotten/Erbsen) und zum Nachtisch einen Joghurt.
Anschließend durfte ich noch an einer Führung teilnehmen, während der ich erfuhr, in welchem Gebäude und wo dort genau welche Behandlungsräume zu finden sind, wo mein verschließbarer Spind sich befindet, dass ich mit dem Spindschlüssel auch meinen persönlichen Briefkasten im Untergeschoss öffnen kann (wo vielleicht wichtige Informationen zu finden sein könnten) und wie das mit den Flucht- und Rettungswegen so gedacht ist.
Zu guter Letzt lauschte ich nebst anderen heute aufgenommenen Patienten noch einem Vortrag über Inhalte und Ziele der Rehabilitation und was zu tun ist, wenn irgendwelche Maßnahmen oder Therapien dem Patienten nicht gut zu bekommen scheinen.
Und dann? Ja dann! Das ist das, was ich so wunderbar finde: Dann fuhr ich nach Hause, denn meine Rehabilitation ist eine ambulante. Circa sechs Stunden pro Tag bin ich in der Klinik, der Rest des Lebens spielt sich ohne Kasernierung ab. Darüber bin ich sehr froh.
Morgen werde ich, so der Plan, unter anderem in den Genuss von »PC Ausgleichstraining«, »Atemschule 2«, »Gehtraining (bitte warm anziehen)« und einer »Wirbelsäulen-Gruppe« kommen. Na denn!
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