Immer wieder gab es Aufbrüche und Ausbrüche aus verkrusteten Formen in der Kirchengeschichte. Etliche führten zur Entstehung von Sekten, etliche schufen bald nach dem Entstehen neue Strukturen und Regeln, die zügig die gewonnene Freiheit in neue Gesetzlichkeiten verwandelten. Nur ein Beispiel von unglaublich vielen: Wer heute in Amerika Menschen aus einer hutterischen Gemeinschaft sieht, wird meist mitleidig kopfschüttelnd den exotischen Anblick von Pferdekutschen zwischen all den Chevrolets, Cadillacs und anderen Autos photographieren, die Frauen in ihren Hauben, die hosenträgertragenden Männer… - kaum einer weiß, was am Anfang stand:
Die Täufer wollten Jesus im Alltag nachfolgen, ihr Leben miteinander teilen, Menschen zum Glauben an Jesus einladen und den Frieden Gottes gewaltfrei leben. Als Zeichen der Entscheidung tauften sie Erwachsene, auch wenn diese bereits als Kinder getauft waren. Auf diese „Vergehen“ stand im 16. Jahrhundert die Todesstrafe. Tausende wurden verhaftet, gefoltert und hingerichtet, weil sie ihrem Glauben treu bleiben wollten. Das (unbedingt lesenswerte) Buch Feuertaufe erzählt die erschütternde Geschichte einer faszinierenden Bewegung von Christen, die bereit waren, alles für ihren Glauben aufs Spiel zu setzen.
Und heute? Belächelt oder verspottet, kaum ernst genommen und in sich gekehrt, von der „bösen Welt“ umgeben und deutlich von ihr abgegrenzt. Man darf keine Autos haben, Frauen müssen sich so und so kleiden…
Soll das nun heißen, dass ich der Gesetzlosigkeit das Wort reden würde? Nein, das sei ferne. Ich will nur darauf hinweisen, dass es gewaltige Unterschiede zwischen den Regeln für das Leben, die wir in der Bibel finden, und den Regeln, die das organisatorische Drumherum betreffen, gibt. Ich glaube, der häufigste Fehler in der Vergangenheit war der, dass die Anhänger eines Ausbruches oder Aufbruches meinten, nun im Besitz der Wahrheit, der endgültigen Antwort auf alle Fragen zu sein.
Meine bestimmt nicht repräsentative Mini-Umfrage über die Gemeindegröße zeigt ein breit gestreutes Ergebnis. Vom Solochristen, der keine regelmäßige Gemeinschaft mit anderen Gläubigen pflegt, bis zur Großgemeinde ist alles vertreten, wobei im Augenblick die Hauskirche die Nase vorne hat.
Es wäre fatal wenn jemand „sein“ Modell der Gemeindegröße für richtig und die anderen für fehlerbehaftet halten würde. Allesamt haben sie Nachteile und Vorzüge, und allesamt werden sie so lange gebraucht, wie es Christen gibt, die sich in ihnen zu Hause fühlen. Das gilt nicht nur für die Größe, sondern auch für allerlei Konventionen und Traditionen. Der eine mag es feierlich, der andere locker. Der eine hebt gern die Hände beim Singen, der andere sitzt lieber in seiner Bank. Das ist so menschlich und so normal, wie die Tatsache, dass der eine gerne romantische Liebeskomödien sieht und der andere keinen Actionthriller auslässt. Einer mag Bob Dylan, ein anderer Hansi Hinterseer.
Wie ging es eigentlich los mit der Gemeinde und ihren Problemen?
Ein Augenzeuge berichtet:
Die allerersten Christen hingen jeden Tag zusammen, hörten den Predigten von den Aposteln zu und lebten in einer großen WG. Sie aßen zusammen, so wie sie es mit Jesus, kurz bevor er starb, auch getan hatten (das nannte man ab jetzt das Abendmahl), und beteten auch viel miteinander. Alle hatten großen Respekt vor Gott. Der wiederum bestätigte die Apostel durch heftige Wunder, damit alle sehen konnten, dass sie die Wahrheit erzählten.Zusammenfassen lässt sich sagen: Die Gläubigen trafen sich als große Versammlung, nämlich im Tempel, und in kleinen Gruppen in der Häusern. Die Großversammlungen waren allerdings nur möglich, weil diese erste Gemeinde aus Juden bestand. Heiden, und das waren alle, die keine jüdische Abstammung hatten, hätten den Tempel nicht betreten dürfen. Und die junge Gemeinde machte auch keinerlei Anstalten, überhaupt Heiden anzusprechen, mit ihrem Messias bekannt zu machen.
Die Jesus-Leute hielten ganz fest zusammen, jeder teilte alles, was er hatte, mit den anderen. Wenn jemand der Besitzer von einem Stück Land war, dann verkaufte er das Teil und gab die Kohle den Jesus-Leuten, denen es dreckig ging.
Jeden Tag hingen sie im Tempel ab und feierten auf ihren Buden zusammen das Abendmahl. Oft trafen sie sich, um zusammen zu essen, was immer superfröhlich und mit einer guten Einstellung abging. Alle waren begeistert von Gott, was wohl auch ein Grund dafür war, dass man in der ganzen Stadt gut über sie redete. Die Gemeinde, so wie man die Jesus-Familie jetzt nannte, wurde immer größer, vor allem weil Gott jeden Tag viele Menschen dazurettete.
Durch die Apostel passierten heftige Wunder bei den Menschen, die dort lebten. Die ganze Gemeinde hing oft im Tempel in der Halle von Salomo rum, sie hielten ganz fest zusammen durch ihren gemeinsamen Glauben an Jesus. Einige hatten Schiss, sich ihnen anzuschließen, aber alle hatten großen Respekt vor den Jesus-Leuten.
Immer mehr Leute fingen an mit Jesus zu leben, Männer wie auch Frauen. Da gab es so Szenen, da schleppte man die Betten und Isomatten mit Menschen auf die Straße, damit wenigstens der Schatten von Petrus über die Kranken streifen würde.
Selbst aus den Dörfern um Jerusalem herum kamen die Leute angelaufen. Sie brachten die kranken Menschen vorbei und die Leute, die fiese Geister in sich hatten, und wirklich alle wurden gesund!
Die Gemeinde wuchs und wuchs und bekam bald kapazitätsbedingte Probleme:
Die Gemeinschaft wuchs in dieser Zeit wahnsinnig schnell. Irgendwann gab es mal Probleme zwischen den Gemeindemitgliedern, die Aramäisch sprachen, und denen, die aus Griechenland kamen. Die griechischen Juden beschwerten sich darüber, dass die alleinstehenden Frauen bei der Essensausgabe, die jeden Tag organisiert wurde, zu kurz kamen.Doch dann änderte sich das Szenario ganz erheblich. Stephanus, einer dieser sieben Sozialarbeiter, wurde umgebracht und damit begann die Jagd auf die Gemeinde in der Stadt:
Darum machten die Apostel erstmal ein Meeting und sagten: „Es ist nicht okay, wenn wir das ganze Essenszeug auch noch verteilen sollen, anstatt zu predigen und von Gott zu erzählen, was ja unsere eigentliche Aufgabe ist. Wir haben da eine Idee: Lasst uns aus der Gemeinde sieben Leute aussuchen, die sich nur für diese Aufgabe zur Verfügung stellen, Männer, denen ihr vertraut und die ihren Lebensjoystick voll in die Hände des heiligen Geistes gegeben haben. Die sollen das dann regeln. Wir wollen uns voll weiter auf das Gebet stürzen und predigen.“
Alle fanden diese Idee sehr geil. Zuerst wählten sie den Stephanus, einen Mann, der einen Glauben wie eine Eiche hatte und total abgefüllt war mit dem heiligen Geist. Dann kamen noch Philippus, Prochorus, Nikanor, Timon, Parmenas und Nikolaus aus Antiochien dazu (der war erst zum jüdischen Glauben gewechselt und danach Christ geworden).
Saulus verfolgte diesen Mord an Stephanus und war mit allem einverstanden. Am gleichen Tag begann die große Jagd in Jerusalem auf alle, die sich zu den Christen zählten. Die ganze Gemeinde floh in das Umland in die Dörfer in der Gegend von Judäa und Samarien. Nur die Apostel blieben in der Stadt. Stephanus wurde von ein paar der ganz gläubigen Männer beerdigt. Alle waren total traurig über seinen Tod.Es musste also erst Mord und Todschlag an Christen geben, damit sich die Gemeinde ausbreitete. Vorher blieben sie in ihrer Hauptstadt und freuten sich über die wachsende Gemeindegröße. Die Völker ringsherum waren ihnen egal. Man hatte sicherlich viel zu tun mit dem Kümmern um die eigenen Angelegenheiten und dem Freuen über die warme fromme Kuschelecke.
Saulus war weiter sehr aggromäßig unterwegs, er wollte um jeden Preis die Christen vernichten. Er überfiel ganze Familien, ließ die Frauen und Männer verhaften und in den Knast werfen.
Die Christen, die aus Jerusalem abgehauen waren, erzählten aber überall von der guten neuen Nachricht, die es über Jesus zu erzählen gab. Einer von denen war ein Typ, der Philippus hieß. Der hing in der Stadt Samaria rum und erzählte dort allen von Jesus.
Die Leute, die da wohnten, waren total offen für das, was er zu sagen hatte. Sie hörten ihm zu und konnten sehen, was für fette Wunder er tat. Viele, die Probleme mit dreckigen Dämonen hatten, wurden davon befreit. Die Dämonen verschwanden mit einem Schrei aus den Leuten, wenn er für sie betete. Auf dieselbe Art wurden auch viele Behinderte total gesund.
In der Stadt freuten sich alle da drüber.
Was hatte Jesus den elf überlebenden Aposteln aufgetragen? Ein anderer Augenzeuge erinnert sich:
„Ihr müsst jetzt losgehen, überallhin, in die ganze Welt, und allen Menschen diese neuen guten Nachrichten weitererzählen. Alle, die ihr Vertrauen auf Gott setzen und sich taufen lassen, werden gerettet! Wer das nicht tut, wird das Ziel verpassen und verloren sein. Es gibt noch ein paar Merkmale, an denen man meine Leute erkennen kann: Dadurch, dass sie mit meiner Vollmacht abgehen, werden fiese Geister, Dämonen und so, gehorchen müssen. Sie müssen die Leute verlassen, in denen sie wohnen. Und sie werden durch die Kraft von Gott, durch seinen Geist, neue Sprachen sprechen können. Dann werden sie in der Lage sein, mit Giftschlangen zu spielen, sie werden sogar Gift trinken können, ohne dabei zu sterben. Und wenn sie für kranke Menschen beten, dann werden sie geheilt.“Den ersten Satz hatten sie vergessen vor lauter Begeisterung über den Rest. Sie hatten noch mehr vergessen, darüber mehr demnächst in der Fortsetzung.
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P.S.: Die Augenzeugenberichte sind der Volxbibel entnommen. Auf einmal liest man einen Text ganz aufmerksam, den man eigentlich längst kennt. Erstaunlich, nicht war?
P.P.S.: Ich hatte diesen Artikel längst fertig, als ich die gestrige Nachricht mit den 100.000 Volxbibeln las und hier weitergab. Das Zusammentreffen von 100.000 und diesem heutigen Beitrag ist also reiner Zufall. Falls es den gibt...