Es fällt auf den ersten Blick schwer, solchen Argumentationen etwas zu entgegnen, ohne in Platitüden abzurutschen.Keine Aussage des Religionskritikers Richard Dawkins hat mehr Empörung ausgelöst als seine Bemerkung, dieser Gott sei „eine der unangenehmsten Gestalten der Weltliteratur“. Dabei übersehen die Dawkins-Kritiker, dass von Literatur die Rede ist. Betrachtet man die Bibel nicht als Heilige Schrift, sondern als fiktionalen Text, so wie wir inzwischen die blutrünstigen Sagen der Griechen und Germanen betrachten, so fällt es schwer, Dawkins nicht zuzustimmen.
Was soll man von einem Gott halten, der aus Zorn über die moralischen Verfehlungen der Menschen alles Leben auf der Erde in einer Sündflut auslöschen will? Der wegen der Homosexualität der Männer in Sodom und Gomorrha beide Städte vertilgt? Der Abraham auf die Probe stellt, indem er ihn auffordert, seinen Sohn Isaak als Opfer darzubringen? Der dem Pharao erst das Herz verhärtet, damit er das Volk Israel nicht ziehen lässt, und dann zur Strafe alle Erstgeborenen Ägyptens tötet? Der wegen des Abfalls der Israeliten am Sinai das ganze Volk auslöschen will, sich aber dann mit der Erschlagung von dreitausend Mann zufriedengibt? Der von Israel fordert, die ansässige Bevölkerung im Gelobten Land zu vertreiben oder der Vernichtung zu weihen? (Hier der ganze Beitrag)
Der eigentliche Unterschied zwischen so argumentierenden Religionskritikern und mir besteht wohl darin, dass sie, die Kritiker, die Existenz Satans in Frage stellen oder ausschließen und Sünde nicht als unüberbrückbare Trennung zwischen Mensch und Gott verstehen können oder wollen. Ein heiliger Gott kann und wird Sünde vergeben, aber gutheißen kann und wird er sie nicht. Für Vergebung ist Buße Voraussetzung, ob nun im Alten Testamend durch Opfer ausgedrückt oder im Neuen Testament durch die persönliche Annahme des Opfers, das Jesus gebracht hat.
Wenn Sünde als lässlich, unbedeutend oder nur als anders sein begriffen wird, versteht man natürlich nicht, dass der (ewige) Tod unweigerliche Folge ist - und (ewiges) Leben die Folge der Vergebung. Dann muss man eigentlich zwangsläufig wie Herr Posener fragen:
Was soll man von einem Gott halten, der nicht nur für Mord die Todesstrafe verlangt, sondern für Misshandlung oder Verfluchung der Eltern, Arbeit am Sabbat, Götzendienst, Hexerei, Totenbeschwörung, Ehebruch, Verkehr mit Tieren, zwischen Mann und Mann, mit diversen Verwandten und Coitus interruptus? Der um einer Wette willen den frommen Hiob dem Satan überlässt? Ist diese Gestalt nicht noch unangenehmer als Zeus?Zugegeben, mit der Geschichte des Hiob habe ich erhebliche Schwierigkeiten. Aber ich sehe im Alten Testament eben auch den Gott, der den König David am Leben und im Amt lässt, trotz des Mordes an einem jungen Soldaten und des Ehebruches mit dessen Frau. Weil dieser David Buße getan hat, das heißt, seine Sünde als solche begriffen und um Vergebung gebeten hat. Da wird mir der gnädige, liebende Gott sichtbar und erfahrbar, auch im Alten Testament.
Aber wenn Sünde in der Vorstellung eines Menschen nicht existiert, oder nicht so schlimm ist - dann ist wohl der Weg zum Verständnis der biblischen Texte von vorne herein verbaut.
Wie gehen meine Leser denn mit solchen Fragen nach dem unmoralischen Gott um, wenn sie ihnen gestellt werden?