75 Minuten in aller Ruhe mit dem Hund im Gefolge durch die Natur schlendern. Langsam, ohne Zeitdruck für Mensch oder Hund, ohne Ziel, das erreicht werden muss. In der Stille eines Sonntagmorgen am Stadtrand, weit genug von Straßen und Schienen entfernt. Ich gehe langsam, höre, dass ich nichts höre außer gelegentliches Rauschen, wenn ein sanfter Wind die Blätter der Kirschbäume bewegt. Oder, wenn ich darauf achte, die eigenen Schritte auf dem sandigen Pfad. Oder, wenn er besonderes Aufregendes erschnuppert, Max, wie er hechelt und schnüffelt und scharrt. Oder hin und wieder Tauben, die in der Ferne gurren. Aber fast die ganze Zeit Stille. Ruhe. Frieden. Nichts muss getan werden, nichts drängt, niemand redet, niemand erwartet eine Antwort.
Gedanken, die kommen und gehen dürfen, wie sie möchten. Über die Welt, über Gott, über das Leben, das Sterben. Gedanken, die frei sein dürfen, die wandern dürfen. Die keine Antworten suchen müssen. Belanglose Gedanken, sinnvolle Gedanken, abschweifende Gedanken, aber alle friedlich, keiner erweckt Unruhe, keiner verstört.
Stilles Reden, mit dem Universum? Mit Gott? Dankbare Gedanken, hinausgeschickt, hinaufgeschickt, losgelassen zu einem Empfänger, den ich nicht sehen kann, der mir aber an diesem Morgen, an diesem Ort, inmitten der Bäume, Büsche, Gräser, Pflanzen, Vögel, Schnecken, Käfer, Fliegen besonders nahe zu sein scheint. Ohne Blatt vor dem Mund kann ich Wünsche nennen und Dank aussprechen. Mutmaßen und hoffen. Bitten und plaudern, was mein Herz gerade bewegt.
Und später dann, im Sportstudio auf dem Laufband, Musik in meinen Ohren. Auf dem MP3-Gerät habe ich Billy Preston mitgebracht. Er jubelt musikalisch über Jesus. Er versichtert mir, dass Gott mich liebt. Er legt mir dar, dass Gott geplant hat, was geschieht. Dann lobt er wieder mit allen verfügbaren Tasteninstrumenten und mit voller Stimme seinen Herrn, auch meinen Herrn. Und ich laufe Kilometer um Kilometer, und höre zu, und stimme innerlich mit ein: With the help of the Lord, everything is possible …
Kein Kirchgang heute. Keine Liturgie. Keine Gemeinde. Und dennoch, oder vielleicht gerade deshalb, ein Sonntagmorgen, an dem der ferne Gott ein ganzes Stückchen näher rückt, an dem ich innerlich wie äußerlich erfrischt und ermutigt und gestärkt bin.
So war das heute. Und das war auch gut so.
Zum Schluss ein Tipp: Wer Sonntags immer zur Kirche, zur Gemeinde geht, der sollte das vielleicht ab und zu mal sein lassen. Wer Sonntags nie zur Kirche, zur Gemeinde geht, der sollte es vielleicht ab und zu mal tun.
Einfach so, um die Gewohnheiten zu durchbrechen. Dann wird man nämlich leichter aufmerksam und offen für Neues, Anderes, Ungewohntes.
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